Riftvalley: Studie liefert Indizien für Superplume-Theorie

Lavasee im Nyiragongo-Krater im Riftvalley. © Marc Szeglat

Ein Kontinent zerreißt – Das Ostafrikanische Rift und die Superplume-Theorie

Der Osten des afrikanischen Kontinents wird von einem tiefen Graben durchzogen, der von Mosambik bis zum Roten Meer reicht und seine Finger sogar bis in den Libanon ausstreckt. An diesem über 6.000 Kilometer langen Graben droht Afrika zu zerbrechen – und er könnte die Geburtsstätte eines neuen Ozeans sein, dessen Verlauf von einer Reihe von Sodaseen an seinem Boden markiert wird. Entlang des Ostafrikanischen Grabenbruchs, der kurz Riftvalley genannt wird, erstrecken sich nicht nur Seen, sondern auch Vulkane. Diese einzigartige Landschaft ist sichtbarer Ausdruck eines Prozesses, der tief im Erdinneren beginnt: der Plattentektonik.

Riftvalley- Karte. © WIKIPEDIA CC

Geografisch besteht das Rift aus zwei Hauptästen. Der östliche Riftarm verläuft durch Äthiopien, Kenia und Tansania, während der westliche Arm entlang der großen Seen Ostafrikas – wie dem Tanganjikasee oder dem Malawisee – verläuft. Gemeinsam bilden die beiden Arme eine Zone, in der sich die Afrikanische Kontinentalplatte langsam, aber unaufhaltsam in zwei Teile aufspaltet: die Nubische und die Somalische Platte. In einigen Millionen Jahren könnten sich die beiden Platten so weit voneinander entfernt haben, dass sich zwischen ihnen ein Ozean befindet und die Somalische Platte eine große Insel bildet.

Die Bewegung dieser Platten ist langsam und beträgt nur wenige Millimeter pro Jahr. Wo sich die Erdkruste dehnt und auseinanderzieht, entstehen tiefe Störungen und der Boden senkt sich ab. Magma steigt auf und formt Vulkane wie den Nyiragongo, den Erta Ale und den exotischen Ol Doinyo Lengai.

Plattentektonik oder Superplume als Motor der Erddynamik unter dem Riftvalley?

Brodelnde Lava. © Marc Szeglat

Doch was treibt diesen gewaltigen Prozess an? Neben den bekannten Spannungen durch Plattenbewegungen gerät seit Jahren eine andere Erklärung in den Fokus: die Superplume-Theorie. Diese besagt, dass unter Ostafrika ein riesiger, heißer Aufstrom von Magma aus dem tiefen Erdmantel – eine sogenannte Mantelplume – die Lithosphäre von unten aufwölbt, erwärmt und schwächt. In der Folge wird das Auseinanderbrechen der Kontinentalplatte erleichtert. Hinweise auf die Existenz eines Superplumes lieferten Modelle des Untergrunds, die mithilfe der seismischen Tomografie erstellt wurden. Die Modelle deuten auf ungewöhnlich hohe Temperaturen und eine geringere Dichte im unteren Mantel unter Ostafrika hin. Diese thermische Anomalie könnte erklären, warum genau hier ein vom Vulkanismus begleiteter Rifting-Prozess stattfindet.

Untersuchungen von Proben vulkanischer Gesteine, die von den Vulkanen des Rifts stammen, zeigten jedoch eine ungewöhnliche Heterogenität der Vulkanite, weswegen einige Forscher der Meinung sind, dass man es mit zwei einzelnen Mantelplumes zu tun hat, die nur an der Basis im tiefen Erdmantel miteinander verbunden sind. Einer dieser Plumes soll sein Zentrum unter Äthiopien haben, der andere unter Kenia und Tansania liegen.

Kritiker der Theorie sehen in der Superplume eine überflüssige Erklärung. Sie argumentieren, dass die beobachteten Phänomene auch durch oberflächennahe tektonische Prozesse erklärbar sind – etwa durch Spannungen im Zusammenhang mit der Bewegung der Afrikanischen Platte und benachbarten Mikroplatten.

Edelgas-Isotopen-Analyse belegt eine gemeinsam Quelle im tiefen Erdmantel

Nun hat eine neue Studie Indizien gefunden, dass doch etwas an der Superplume-Theorie dran sein könnte: Die Forscher um Fin Stuart und Biying Chen von der University of Glasgow untersuchten magmatische Gase des neu erschlossenen Menengai-Geothermalfelds in Kenia. Sie konzentrierten sich in ihren Analysen auf Spuren der Edelgase Helium und Neon und schlossen auch Kohlendioxid-Analysen mit ein. Die Gase und Fluide aus den Bohrungen des Geothermalfelds sind bei ihrer Entnahme noch nicht der Atmosphäre ausgesetzt gewesen, weswegen sie reiner sind als etwa Gasproben, die man an Fumarolen gewonnen hat. Ihre Analyse zeigte, dass die Isotope der Edelgase aus dem tiefen Erdmantel stammen. Darüber hinaus wurden sie mit den Neon- und Helium-Isotopen verglichen, die aus Fluideinschlüssen in Vulkaniten unterschiedlicher Riftvulkane stammten. Die Analyse bestätigte, dass die Isotopen-Signaturen identisch sind – was als Beweis angesehen werden kann, dass sie von einer gemeinsamen Quelle stammen. Bei dieser Quelle könnte es sich um den Superplume handeln.

(Quelle: Forschungsarbeit „Neon Isotopes in Geothermal Gases From the Kenya Rift Reveal a Common Deep Mantle Source Beneath East Africa“ | AGU)

Tansania: Erdbeben M 4,5 nahe Ol Doinyo Lengai

Erdbeben am Südufer des Lake Natron in Tansania erschütterte auch Ol Doinyo Lengai

Datum: 07.05.2025 | Zeit: 07:35:59 UTC | Koordinaten: -2.574 ; 35.983 | Tiefe: 10 km | Mb 4,5

Entlang des Ostafrikanischen Riftvalleys kommen Erdbeben vergleichsweise selten vor, sieht man einmal von den starken Schwarmbeben ab, die sich Ende letzten Jahres und Anfang dieses Jahres am äthiopischen Ende des Grabenbruchs ereigneten und mit der Intrusion magmatischer Gänge zusammenhingen. Umso bemerkenswerter ist ein Erdbeben der Magnitude 4,5, das sich gestern Morgen in Tansania ereignete. Das Epizentrum lag am Südufer des Lake Natron und nur 20 Kilometer vom Vulkan Ol Doinyo Lengai entfernt. Der Erdbebenherd wurde in 10 Kilometern Tiefe fixiert, was bedeutet, dass es sich um ein flach liegendes Erdbeben gehandelt hat, dessen Tiefe aber nicht genau festgestellt werden konnte. Es ist nicht auszuschließen, dass der Erdstoß die Aktivität des Vulkans beeinflussen wird.

Das Satellitenfoto visualisiert nicht nur die Lage des Erdbebens, sondern zeigt auch die Störungszonen, die den Verlauf der Grabenschultern des Ostafrikansichen Riftvalleys markieren. Zudem erkennt man die zahlreichen Vulkane und Krater (bei denen es sich um Calderen und Maare handelt) der Gegend, in der sich ein Teil Ostafrikas vom Rest des Kontinents abspaltet. Links unten sind die Krater-Highlands zu sehen, zu denen bedeutende Calderen wie Empakai und Ngorongoro gehören. Am rechten Bildrand liegt der mächtige Kilimandscharo. Um den Ol Doinyo Lengai zu erkennen, muss man einen daumenbreit unterhalb der Erdbebenmarkierung blicken. Er schaut wie ein Pickel auf einer Störungslinie aus.  Obwohl es einer der kleineren Vulkane der Gegend ist, ist er der aktivste.

Aktuelle Sentinel-Aufnahmen zeigen eine schwache thermische Anomalie im Krater, die davon zeugt, dass weiterhin natriumkarbonatitische Lava in einem Hornito brodelt. Die Aktivität hat sich in den letzten Wochen vom zentralen Hornitokomplex etwas in Richtung Nordosten verlagert. Einen stärkeren Lavaüberlauf konnte ich auf den Satellitenbildern der letzten Wochen nicht ausmachen. Allerdings hüllt sich der Vulkan auch oft in Wolken, so dass man da Geschehen nicht lückenlos verfolgen kann.

Auf den Satellitenbildern ist auch zu erkennen, dass die Gegend ungewöhnlich grün ist und im Norden des Lake Natrons strömen schlammige Fluten in den See, der früher oft Niedrigwasser hatte und sich dann aufgrund einer Algenblüte rot färbte. Im Mai sollte die kleine Regenzeit eigentlich langsam enden, so dass die Pisten, die in das Areal führen, abtrocknen und wieder besser passierbar sind. Vielleicht bekommen wir dann wieder Aufnahmen vom Ol Doinyo Lengai geliefert.

Äthiopien: Erdbeben am 24. Februar

Weitere Erdbeben in der Awash-Region in Äthiopien – Stärkste Erschütterung Mw 5,3

In der äthiopischen Awash-Region kam es heute Nacht zu drei mittelstarken Erdbeben. Das stärkste Beben hatte die Magnitude 5,3. Zwei weitere Erschütterungen erreichten Magnituden von Mw 4,7 und Mw 4,5. Da die Tiefen der Erdbebenherde nicht genau bestimmt werden konnten, wurden sie auf 10 Kilometer fixiert. Es ist gut möglich, dass sie tatsächlich flacher lagen. Der Grund für die ungenaue Tiefenbestimmung liegt darin, dass es in der Region zu wenige Seismografen gibt. Auch die Lokalisierung der Epizentren ist ungenau.

Die Beben stehen im Zusammenhang mit den Magmenintrusionen von Oktober 2024 und Januar 2025, die auch mit einer verstärkten Spreizung des auslaufenden Ostafrikanischen Riftvalleys einhergingen. Zwischen den Vulkanen Fentale und Dofan intrudierte Magma in Form eines Gangs, wodurch sich der Boden stellenweise um bis zu 130 cm hob. Am Ausgangspunkt der Intrusion, dem Vulkan Fentale, sank der Boden um mehr als einen Meter ab. Seit Mitte Januar schwebte über der Caldera des Fentale eine lange Zeit als rätselhaft eingestufte Wolke, die später als Methan identifiziert wurde. Diese Wolke ist auf dem jüngsten Satellitenbild nicht mehr zu erkennen, dafür aber Fumarolen am Südrand der Caldera.

Die Intrusion schuf mehrere neue Thermalgebiete mit starker hydrothermaler Aktivität. Fotos aus der letzten Woche dokumentierten sogar Schlammgeysire.

Beeinflussen Beben bei Awash den Vulkan Erta Alé?

In den letzten Tagen gab es auch Erdbeben in anderen Regionen des Ostafrikanischen Rifts, unter anderem in Mosambik und Eritrea. Letzteres Beben hatte eine Magnitude von 4,3 und manifestierte sich unweit der äthiopischen Vulkane Dallol und Erta Alé. An diesem Vulkan gab es in den vergangenen Monaten häufige Lavaüberläufe, die seit der Intrusion bei Awash im Januar jedoch nicht mehr aufgetreten sind. Sentinel-Satellitenaufnahmen zeigen im Infrarotspektrum noch einige Hotspots, bei denen es sich um heiße Förderschlote der Hornitos handelt, doch Lavaströme fehlen. Ob das Zufall ist oder ob die Aktivität durch die Vorgänge im 550 Kilometer entfernt gelegenen Awash abgewürgt wurde, ist eine interessante Frage. Die Forschung geht davon aus, dass starke Erdbeben mit einer Magnitude ab 6 Vulkanausbrüche bis in eine Entfernung von 1000 Kilometern beeinflussen können. Vielleicht reichten die Beben im 5er-Bereih auch aus um den Erta Alé zu beeinflussen.

Fentale: Anhaltende Dampfemissionen

Satellitenfoto zeigt anhaltende Dampfemission am Fentale – Seismizität rückläufig

Auf dem jüngsten öffentlich zugänglichen Sentinel-Satellitenfoto vom äthiopischen Vulkan Fentale, das am 27. Januar aufgenommen wurde, erkennt man weiterhin die stationäre Wolke über der Caldera hängen, während es in der Umgebung des Vulkans wolkenlos ist. Bei genauerer Betrachtung des Fotos erkennt man entlang der Ränder eines alten Lavastroms Dampf aufsteigen. Hierbei handelt es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um fumarolische Aktivität entlang neu gebildeter Frakturen im Calderaboden. Diese Rissbildungen und Entgasungen dürften mit der Magmaintrusion in Verbindung stehen, die in der ersten Monatshälfte aktiv war.

Entlang der Intrusion konnte man auf einer Länge von ca. 35 Kilometern eine signifikante Bodenhebung ausmachen, die bis zu 130 Zentimeter betrug. An einigen Stellen kam es auch zu Subsidenz, so z. B. in der Schlussphase der Intrusion, als am Fentale der Boden absackte. Durch diese Bodenbewegungen könnten die Risse entstanden sein, aus denen nun die Fumarolengase magmatischen Ursprungs austreten. Ich vermute, dass sich trotz der Deflation unter dem Vulkan noch Magma befindet. Ob es allerdings bald zu einer Eruption kommen wird, lässt sich ohne weitere Daten nicht seriös beurteilen. Das Eruptionsrisiko steigt aber, wenn weitere Intrusionen stattfinden sollten.

Die Intrusion des magmatischen Gangs ging mit einer Rifting-Episode entlang des Awash-Segmentes des ostafrikanischen Grabenbruchs einher. Intrusion und Rifting lösten einen Schwarm mittelstarker Erdbeben aus. Die seismische Aktivität hat in den letzten Tagen deutlich nachgelassen, so dass es so aussieht, als käme die aktuelle Episode zu einem Ende. Es war aber schon die zweite Gangbildung der letzten Monate und es kann gut sein, dass weitere Episoden stattfinden werden.

Die starke Erdbebentätigkeit bei Awash hatte offenbar keinen anregenden Einfluss auf den ca. 550 Kilometer entfernt liegenden Vulkan Erta Alé. Auf dem Satellitenbild vom gleichen Datum erkennt man im Infrarotbereich nur drei kleine Hotspots, die von heißen Förderschloten der Hornitos zeugen.

Ostafrikanisches Riftvalley aktiver als angenommen

Der Lake Magadi liegt am Boden des Ostafrikanischen Riftvalley in Kenia. © Marc Szeglat

Afrika könnte schneller zerbrechen als angenommen, erklärt Geoforscherin Cynthia Ebinger

Der afrikanische Kontinent droht entlang des 6000 Kilometer langen Ostafrikanischen Riftvalleys zu zerbrechen. Ein langsamer geologischer Prozess, der nicht ohne Wehen abläuft, wie die jüngsten Ereignisse in Äthiopien zeigen: Im Awash-Gebiet, dort, wo sich das Riftvalley zum Afar-Dreieck weitet, manifestierten sich seit September 2024 Hunderte, wenn nicht sogar Tausende Erdbeben, von denen nur die stärksten mit Magnituden ab 4 mithilfe einer seismischen Messstation nachgewiesen werden konnten. Die Beben sind dabei nur Symptome eines beschleunigten Auseinanderdriftens der sich trennenden Erdkrustenplatten entlang des Riftvalleys. Gleichzeitig kommt es zur Intrusion eines Magmatischen Gangs, wobei die Wechselwirkungen zwischen Magmaintrusion und Rifting noch nicht ganz verstanden sind. Den Geoforschern stellt sich die Frage, ob es aufgrund der Magmaintrusion zu einem beschleunigten Auseinanderdriften kommt oder ob das Magma nur in den Spalt eindringt, der durch das Auseinanderdriften entsteht, wobei sich die Prozesse auch gegenseitig bedingen und verstärken könnten.

Als genereller Motor hinter dem Abspaltungsprozess Ostafrikas vom Rest des Kontinents wird eine gigantische Mantelplume vermutet, die unter dem Grabenbruch aufsteigt und mit gegenläufig rotierenden Konvektionströmen die Erdkruste zerreißt und die so entstehenden Erdkrustenplatten in unterschiedliche Richtungen verschiebt. Mit der Folge, dass sich entlang des heutigen Riftvalleys ein Ozean bildet, ähnlich wie es vor Jahrmillionen mit dem Atlantik geschah.

Bis vor kurzem nahm man an, dass die Öffnung des Rifts noch mindestens 10 Millionen Jahre lang dauern könnte, doch laut Cynthia Ebinger, Geowissenschaftlerin an der Tulane University in den USA, gibt es Hinweise, dass die Geburt eines neuen Ozeans wesentlich schneller ablaufen könnte als bislang angenommen. Einer dieser Hinweise war eine massive Intrusion nebst Schwarmbeben im Afar-Dreieck, die wohl ähnlich ablief wie das aktuelle Ereignis bei Awash. Damals, wie heute, bildeten sich große Risse und die damaligen Erdverschiebungen bildeten den Anstoß, bisherige Theorien zu überdenken und neue Modelle des Riftings zu erstellen.

Cynthia ist Expertin für die Tektonik des Riftvalleys und erforscht den Grabenbruch seit mehr als 40 Jahren. In einem Interview, das der brasilianische Ableger der BBC Ende letzten Jahres mit ihr führte, erklärte sie, dass es den Forschern gelungen sei, den zeitlichen Ablauf der Öffnung des Rifts zu einem Ozean genauer festzulegen. Sie meint, dass die Öffnung 10 Mal schneller abläuft, als bis dato angenommen. Zudem könnten starke Erdbeben den Prozess noch einmal beschleunigen, so dass die Öffnung innerhalb von 500.000 bis 1 Million Jahren vollendet sein könnte. Für uns Menschen sind das immer noch sehr lange Zeiträume, für die Erde allerdings nur ein Augenblick.

Äthiopien: Interferogramm zeigt Deflation am Fentale

Erste Statements von Forschern zur Magmenintrusion in äthiopischer Awash-Region

Seit einigen Wochen hält uns das Geschehen um eine Magmenintrusion in Kombination mit einem Riftingprozess im äthiopischen Teil des Ostafrikanischen Grabenbruchs bei Awash in Atem.  Gestern wurde von inoffizieller Stelle ein neues Interferogramm zu den Bodendeformationen der Region veröffentlicht. Es zeigt, dass zwischen dem 10. und 22. Januar am Fentale Subsidenz stattfand, während es im Norden des Gebiets am Dofan-Vulkan weiterhin zum Uplift gekommen ist. Es sieht so aus, als würde das Magma des Gangs vom Fentale ausgehend in Richtung Dofan migrieren. Kurz nach Einsetzen der Subsidenz am Fentale erschien die mysteriöse Wolkenbildung über der Caldera. Die Autoren der Wissenschaftswebsite „Il Mondo dei Terremoti“ liefern nun einen neuen Erklärungsversuch des Phänomens: Durch die Subsidenz infolge der Deflation senkte sich der Calderaboden nebst Grundwasser ab und näherte sich dem Magmenkörper. Durch den erhöhten Wärmefluss verdunstet das Grundwasser und es kommt zu diffusen Gasaustritten. Diese führen in Verbindung mit der erhöhten Luftfeuchtigkeit zu Kondensation, wodurch sich Wolken direkt über dem Vulkan bilden.




Von offizieller Seite aus wurden auch die Satellitendaten zur Bodenhebung zwischen dem 29.12.24 und dem 10.01.25 neu ausgewertet und zu einem Interferogramm zusammengefasst. Dadurch wird ein komplexes Muster einer großflächigen Intrusion bestätigt, das mit einem Riftingprozess einhergeht. Die Bodenhebung erreichte tatsächlich an einigen Stellen bis zu 130 Zentimeter. Die Bodenverformungen erstrecken sich vom Fentale-Vulkan im Süden bis hinter den Dofan-Vulkan im Norden der Awash-Region und folgen dem Verlauf des Riftvalleys.

Die seismische Krise, die mit dem Riftingprozess und der Magmaintrusion einhergeht, hat sich zwar abgeschwächt, dennoch werden täglich noch ein bis zwei Beben mit Magnituden im Viererbereich registriert. Laut dem oben genannten Artikel wurden seit Beginn der Krise mehr als 154 Erdbeben mit einer Magnitude von M ≥4 aufgezeichnet, darunter 12 Beben mit M ≥5.

Die Autoren sind der Ansicht, dass es sich auch ohne sichtbaren Vulkanausbruch um eines der faszinierendsten vulkanischen Ereignisse der letzten Jahre handelt. Hätte sich dieses Phänomen in einem anderen Teil der Welt zugetragen, würde es vermutlich weitaus mehr mediale Aufmerksamkeit erhalten.

Äthiopien: Wärmeanomalie nahe Dofen-Vulkan

Wärmenanomalie nahe Vulkan Dofen im Awash-Erdbebengebiet detektiert

Im äthiopischen Teil des Riftvalleys kam es im Anfangsbereich des Afar-Dreiecks bei Awash in den letzten Monaten zu zahlreichen mittelstarken Erdbeben mit Magnituden im Vierer- und Fünferbereich. Sie standen mit einer Magmenintrusion in Verbindung, die den Boden auf einer Länge von ca. 35 Kilometern um bis zu 130 Zentimeter anhob. Durch die Intrusion stieg der geothermische Gradient und es kam zu hydrothermalen Erscheinungen, zu denen 2 phreatische Eruptionen und die Neubildung von heißen Quellen bzw. Mudpools zählten. Heute wird auf MIROVA erstmalig eine mittelstarke thermische Anomalie angezeigt. Sie hat eine Leistung von 59 MW und geht von einem Gebiet südlich des Vulkans Dofen aus, in dem sich die zuletzt aufgetretene phreatische Eruption ereignet haben muss. Die Quelle der Wärmeanomalie ist bis jetzt unklar, doch es könnte sich um eine weitere phreatische Eruption handeln, obgleich diese normalerweise nicht so eine starke Wärmequelle darstellen. Möglich ist daher auch ein Vegetationsbrand als Quelle der Wärmestrahlung. Die nächsten Messungen bringen vielleicht neue Erkenntnisse.

Bereits am Wochenende berichtete ich über ein weiteres Phänomen, das mit der Intrusion in Verbindung gebracht wird: Am Fentale-Vulkan im Süden des von der Intrusion heimgesuchten Gebiets wurde auf Satellitenbildern eine vermeintliche Dampfwolke entdeckt. Neue Bilder bestätigten das Phänomen und zeigten, dass es ortsstabil ist. Allerdings ändern sich die Strukturen an seinem Rand. Die australischen Kollegen von Extrem Pursuit vertreten nun die neue Theorie, dass sich in der Fentale-Caldera ein Kratersee gebildet haben könnte, von dem eine starke Dampfentwicklung ausgeht. Wobei bei den Lufttemperaturen in der Gegend schon sehr heißes Wasser austreten muss, damit man eine starke Dampfentwicklung erkennt. Gestützt wird die These durch eine Kombination von mehreren Filtern, die unterschiedliche Wellenlängen des Lichts untersuchen und auf ein Wasservorkommen schließen lassen. Zudem gab es am 17. Januar eine schwache thermische Anomalie, die ebenfalls von MIROVA detektiert wurde. Schwefeldioxidwolken konnten noch nicht nachgewiesen werden. Bis jetzt gibt es keine Bestätigungen des Phänomens von Beobachtern vor Ort, von daher muss man die Erklärungsversuche zur Anomalie noch als Spekulationen ansehen.

Die Erdbebentätigkeit im Awash-Gebiet geht auf verringertem Niveau weiter: Gestern manifestierten sich 4 Beben mit Magnituden zwischen 4,4 und 4,6. Erdbeben mit Magnituden kleiner als 4 können aufgrund des Fehlens eines vernünftigen seismischen Netzwerkes nicht detektiert werden.

Nyiamuragira: Neuer Lavastrom unterwegs

Nyamuragira mit hoher Wärmestrahlung – Lavastrom auf der Westflanke

Da aktuell der äthiopische Teil des Ostafrikanischen Riftvalleys und insbesondere das Afar-Dreieck im Fokus  der vulkanischen- und seismischen Interessengemeinschaft steht, weil es dort anhaltend eine starke Seismizität gibt, die mit Magmenintrusion im Zusammenhang stehen könnte, habe ich gerade man nachgeschaut, was die anderen Vulkane des Riftvalleys so treiben und ob sich vielleicht die Beben auf andere Vulkane auswirken könnten. Die stärkste Aktivität der 4 in Eruption begriffenen Vulkane des Großen Afrikanischen Grabenbruchs, wie das Riftvalley mit seinen beiden Armen auch genannt wird, zeigt der Nyamuragira ind er Demokratischen Republik Kongo. Er liegt im Westarm des Grabenbruchs und einige Tausend Kilometer von den Geschehnissen in Äthiopien entfernt. Er fiel mir heute Morgen durch eine starke Emission von Wärmestrahlung auf die von MIROVA registriert wurde. Sie hatte eine Leistung von 2623 MW. Auf Sentinellbildern ist zu erkennen, dass die Wärme nicht nur vom Krater ausgeht, sondern auch von einem Lavastrom, der ziemlich weit die Nordwestflanke de Vulkans hinabgeflossen sit und sich im unteren Bereich in mehrere Finger aufteilt.  Im letzten Update zu diesem Vulkan konnte ich nur von einer größeren Lavaansammlung im Krater berichten. Vom weiter südlich gelegenen Nyiragongo geht momentan nur eine geringe bis moderate Wärmestrahlung aus und aus dem Krater steigt einen diffuse Gaswolke aus.

Ein weiterer aktiver Vulkan des Riftvalleys ist der Ol Doinyo Lengai in Tansania. Hier zeigen Satellitenbilder im Infrarotbereich kleine thermische Anomalien, die typisch für die Aktivität der Hornitos im Krater sind. Gelegentlich kommt es zum Kollaps eines oder mehrerer Hornitos, und die Lavateiche in ihrem Inneren laufen aus und bilden kleine Lavaströme auf dem Kraterboden. Auch an diesem Vulkan setzt sich die typische Aktivität fort, ohne, dass man eine Änderung erkennen könnte, die mit den Ereignissen weiter Nördlich im Afar-Dreieck zusammenhängen.

Der bislang einzig eruptierende Vulkan des Afar-Dreiecks bleibt der Erta Alé. Er liegt ca. 480 Kilometer Luftlinie von der von Erdbeben geplagten Awash-Region entfernt. Auch er zeigt sich von denn Erschütterungen dort unbeeindruckt, obwohl er von der Entfernung her sehr wohl im Wirkungskreis des Erdbebens lag. Satellitenbilder enthüllen hier die Thermalsignatur eines kleinen Lavastrom im Osten der Caldera. Wenn man genau hinschaut erkennt man noch einen pixelgroßen Hotspot im Norden des Schildvulkans.

Alles in allem lässt sich sagen, dass die Seismizität im Süden der Awash-Region lokal begrenzt ist und sich bislang nicht auf andere Gebiete der plattentektonischen Naht des Riftvalleys ausweitet. Allerdings ist eine recht große Region betroffen und auf eine Länge von fast 50 Kilometern wurden Bodendeformationen per InSAR-Verfahren festgestellt. Vorausgesetzt die Daten sind korrekt. Ich schränke hier bewusst ein, weil sie nicht von einer der eigentlich zuständigen offiziellen Quellen oder veröffentlicht oder wenigstens kommentiert wurden.

Äthiopien: Erdbebenserie nahe Vulkan Fentale

Drei Erdbeben mit Magnitude über 4 im äthiopischen Riftvalley nahe Vulkan Fentale – Anwohner sprechen von Schwarmbeben

Datum 27.09.24 | Zeit: 04:36:21 UTC | 9.057 ; 40.099 | Tiefe: 10 km | Mb 4,9

In Äthiopien ereignete sich eine kleinere Erdbebenserie mit drei Beben, deren Magnituden im Bereich von 4 lagen. Das stärkste Beben trat gestern um 04:36:21 UTC auf und erreichte eine Magnitude von 4,9. Das Hypozentrum wurde in einer Tiefe von 10 Kilometern verortet, möglicherweise lag es jedoch flacher, was nicht exakt bestimmt werden konnte. Das Epizentrum wurde vom EMSC 11 km nordwestlich von Āwash lokalisiert. Der Nationalpark liegt am südlichen Ende des Afar-Dreiecks, einer Region mit aktivem Vulkanismus und intensiver tektonischer Aktivität am auslaufenden Ostafrikanischen Rift. Die Erdbeben traten in unmittelbarer Nähe des Fentale-Vulkans auf, der durch eine große Caldera geprägt ist.

Berichte von Anwohnern, die in sozialen Medien geteilt wurden, deuten darauf hin, dass die von den Seismografen erfassten Beben nur die stärksten eines Erdbebenschwarms waren, der bereits seit einer Woche andauern soll. Es liegen keine mir bekannten Seismogramme zu diesen Ereignissen vor, jedoch ist das seismische Netzwerk in dieser Region nicht besonders dicht ausgebaut, sodass schwächere Erdbeben möglicherweise nicht erfasst werden. In unserer Facebook-Gruppe wurde ein Beitrag geteilt, der Fotos von Erdspalten zeigt, die angeblich durch den Erdbebenschwarm entstanden sind. Die Authentizität dieser Fotos lässt sich aus der Ferne jedoch nicht überprüfen. Sollte dies zutreffen, könnte es sich um vulkanisch bedingte Erdbeben infolge einer Magmaintrusion handeln, was auf einen drohenden Vulkanausbruch hindeuten könnte. Es sind jedoch auch rein tektonische Beben möglich, da die Region in der Dehnungszone des Riftvalleys liegt. Bei tektonischen Beben dieser Stärke würde man jedoch eher Risse in Hauswänden und auf asphaltierten Straßen erwarten als größere Bodenspalten, da solche Spalten in der Regel auf zusätzliche Bodendeformationen hinweisen.

Laut dem Global Volcanism Program (GVP) ist Fentale ein großer Stratovulkan mit einer 2,5 x 4,5 km großen Gipfelcaldera, der am nördlichen Ende des äthiopischen Teils des Riftvalleys liegt. Nach der Bildung der Caldera, die durch Ablagerungen pyroklastischer Ströme geprägt ist, eruptierte der Vulkan Lavaströme aus Obsidian, die heute am Grund der Caldera zu finden sind. Der letzte Ausbruch ereignete sich im Jahr 1820, als basaltische Lavaströme aus einer Eruptionsspalte an der Flanke des Vulkans austraten. Der Fentale zeichnet sich also durch ein großes chemisches Spektrum der eruptierten Lava-Art aus.  Die letzte Eruption, bei der basaltische Lava gefördert wurde, könnte der erste Ausbruch eines neuen Eruptionszyklus gewesen sein, nachdem zuvor rhyolithische Lava gefördert wurde, die einen langen Reifungsprozess hinter sich hatte.

Zuletzt gab es in der gleichen Gegend im Oktober 2023 ein Erdbeben Mb 4,8, ohne dass es kurzfristig erkennbare Auswirkungen hatte.