Forscher warnen: Zunahme starker Erdbeben steht bevor

Erdbeben gelten als unberechenbar und ihre Manifestationen scheinen willkürlich zu sein. Trotz aller Fortschritte in der Erdbebenforschung gelingen zuverlässige Vorhersagen nicht. Dennoch warnen Seismologen nun vor einer 5-7 jährigen Phase mit erhöhter Erdbebenaktivität. Besonders schlimm soll es die Staaten entlang des Äquators treffen: Die Forscher warnen vor einer 25-30 prozentigen Zunahme starker Erdbeben mit Magnituden größer als 7.

Doch wie kommen die Forscher zu diesem Ergebnis? Schon lange gibt es Hypothesen über Erdbebenzyklen und tatsächlich wurden Häufungen starker Erdbeben statistisch nachgewiesen, doch bisher gelangen keine überzeugenden Erklärungen für dieses Phänomen. Das Geowissenschaftler-Team um Roger Bilham (UNI Colorado at Boulder) und Rebecca Benedickt (Uni Montana) wollen dem Rätsel auf die Spur gekommen sein. Sie untersuchten zunächst Erdbebenstatistiken des letzten Jahrhunderts und entdeckten 5 Phasen erhöhter Aktivität und korrelierten diese mit Phasen, während dessen sich die Rotationsgeschwindigkeit der Erde periodisch verlangsamte und wieder beschleunigte. Diese Variation der Rotationsgeschwindigkeit findet in Zyklen zwischen 24 und 33 Jahren statt. In diesem Zeitraum durchläuft die Erde ein Maximun-Minimium-Maximum Durchgang der Rotationsgeschwindigkeit. Die Ursache der variablen Rotationsgeschwindigkeit der Erde ist der Austausch des Drehimpulses zwischen den festen und den flüssigen Bestandteilen des Erdkörpers. Soll heißen: der flüssige äußere Erdkern, Gesteinsschmelze im Erdmantel, die Ozeane und die Atmosphäre haben ein anderes Drehmoment als der innere Erdkern, Teile des Erdmantels und die feste Erdkruste. Nach einer bestimmten Periode ist der Unterschied so groß, dass sich die Drehmomente austauschen und es so zur Abbremsung (und anschließenden Beschleunigung) der Erdrotation kommt. Dabei soll sich der gesamte Erdkörper leicht verformen. Die Auswirkungen dieser Deformationen sind in der äquatorialen Gegend des Planeten am größten. Hier wirken auch die stärksten Fliehkräfte. Nicht umsonst ist die Erde ein leicht abgeflachtes Ellipsoid und keine Kugel. Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass durch die Übertragung des Drehmoments die Abflachung geringer wird und dass die Lithosphäre langsamer abbremst, als die plastische Schmierschicht des oberen Erdmantels. Dadurch schwingt die Erdkruste Richtung Westen auf und es entstehen Spannungen im Gestein. Diese sind in den bekannten Erdbebenregionen entlang der Subduktionszonen am Größten. Die Erdbeben häufen sich 5-6 Jahre nach der größten Verlangsamung der Erdrotation. Dies aktuelle Bremsphase begann im Jahr 2011. Von jetzt an, bis zum Jahr 2022 besteht also eine besonders hohe Gefahr starker Erdbeben.

Ich möchte anmerken, dass 2010 und 2011 besonders viele starke Erdbeben (Japan, Haiti) stattfanden, dass gleiche gilt für ein Maximum der vulkanischen Aktivität, welches ich beobachten konnte. Dahingegen waren die letzten 3 Jahre vergleichsweise ruhig, während 2017 in der Tat ein Anziehen der Erdbebenaktivität zu beobachten ist. Forscher gehen heute immer mehr davon aus, dass auch der Mondzyklus und das Klima einen Einfluss auf seismische- und vulkanische Aktivität haben. Umstände, die noch vor wenigen Jahren von den meisten Forschern belächelt wurden. Inzwischen scheint es als bewiesen, dass das System Erde äußerst dynamisch ist und viel sensibler auf Veränderungen reagiert, als man es noch vor wenigen Jahrzehnten glauben wollte.

Quelle:  Geological Society of America (GSA), BILHAM, Roger, Geological Sciences and CIRES, University of Colorado at Boulder and BENDICK, Rebecca, Department of Geosciences, University of Montana, Missoula

Erdbebenzyklen

Statistische Untersuchungen in Bezug auf die Häufigkeit starker Erdbeben ließen einige Wissenschaftler die Hypothese aufstellen, dass es einen Erdbeben-Zyklus geben könnte. Die prominentesten Vertreter dieser Theorie sind der russische Seismologe Wladimir Kosobokow vom Internationalen Moskauer Institut für Seismographie und mathematische Geophysik, sowie sein chinesischer Kollege Professor Dr. Lei Jun von der Universität Peking. Sie untersuchten vor allem das Auftreten starker Erdbeben mit einer Magnitude größer 8.5. Das Resultat ihrer Untersuchungen ist, dass solche starken Erdbeben in Clustern vorkommen die einem 50 jährigen Zyklus unterliegen. In der Zeit zwischen dem gehäuften Auftreten starker Erdbeben gibt es zwar auch noch vereinzelte Beben katastrophalen Ausmaßes, diese seien aber weitaus seltener, als während der Hochphasen des Zyklus.

Zur Hochphase des letzten Zyklus ereigneten sich einige der stärksten Erdbeben seit Beginn der seismologischen Beobachtung. Das Stärkste Beben fand 1960 in Chile statt. Es hatte eine Magnitude von 9.5. In den Jahren 1957, 1964 und 1965 ereigneten sich Erdbeben in Alaska, die eine Magnitude zwischen 8.7 und 9.2 hatten. Es folgte eine Ruhephase, in denen es keine Erdbeben stärker als 8.5 gab. Erst 2004 kam es vor Sumatra zu dem katastrophalen Beben der Stärke 9.1, das den Tsunami auslöste, der mehr als 230.000 Menschen das Leben kostete.
Drei Monate später kam es ebenfalls vor Sumatra zu einem Erdbeben der Stärke 8.6. Nach diesem Ereignis stellte Wladimir Kosobokow einen Algorhytmus zur Vorhersage starker Erdbeben auf und vertrat die Hypothese, dass es in den nächsten Jahren zu einer erneuten Häufung von Erdbeben mit einer Magnitude größer als 8.5 kommen sollte. Als mögliche Orte zog die Westküste von Nordamerika, Sumatra, Kaschmir und Chile in Betracht. Mit dem Beben vom 27.02.2010 in Chile, das eine Magnitude von 8.8 erreichte, scheint sich seine Vorhersage bestätigt zu haben.
Da Erdbeben und Vulkanausbrüche oft miteinander assoziiert sind und sich in den gleichen Regionen ereignen, liegt die Vermutung nahe, dass auch der Vulkanismus einem Zyklus unterliegt, in dessen Hochphasen es vermehrt zu großen Vulkanausbrüchen kommt.
Fest steht, dass Erdbeben Vulkanausbrüche hervorrufen können. Starke Erdbeben sollen noch bis zu einem halben Jahr nachwirken und Vulkane in mehreren Hundert Kilometern Entfernung zum Epizentrum beeinflussen können.
Eine mögliche Ursache für Zyklen mit erhöhter geologischer Aktivität der Erde könnte in den Bewegungen der Konvektionsströme im Erdmantel liegen. Dort rotieren in riesigen Zellen Ströme aus plastischem Gestein und Magma. Diese Konvektionsströme sind der Motor hinter der Plattentektonik und sind noch unzureichend erforscht. Die Dynamik des Erdkörpers erzeugt neben Erdbeben und Vulkanausbrüchen auch das Erdmagnetfeld, das uns gegen kosmische Strahlung schützt. Vor allem der Sonnenwind ist von dem 11-jährigen Aktivitätszyklus der Sonne abhängig.