Nach Verlangsamung der Bodenhebung erfolgt wieder eine Beschleunigung – Seismizität weiterhin hoch
Auf Island ist die Seismizität weiterhin hoch und gestern wurden auf der gesamten Insel innerhalb von 48 Stunden über 300 Erdbeben detektiert. Weit über 200 Beben ereigneten sich im Bereich der Reykjanes-Halbinsel. Heute ist das Wetter wieder schlecht und es werden – wie in der Vorwoche – wieder weniger Beben registriert, was aber an Wind und Regen liegen dürfte. Auffällig ist weiterhin die hohe Seismizität im Westen des Fagradalsfjall. Unklar hingegen ist der Grund für die Bebentätigkeit. Werden hier Störungszonen infolge des Magmenaufstiegs bei Svartsengi aktiviert, oder regt sich unter Fagradalsfjall selbst Magma? Eine signifikante Bodenhebung gibt es hier aktuell nicht.
Anders sieht es hingegen weiterhin im benachbarten Svartsengi-Gebiet aus: Nach der Verlangsamung der Heberate in der vergangenen Woche hat sie sich in den letzten 2 Tagen wieder beschleunigt. Möglicherweise nimmt auch das Wetter Einfluss auf die GPS-Messungen, oder aber der Magmenaufstieg unterliegt größeren Schwankungen. Ich schätze, dass aktuell gut 4 Kubikmeter Magma vom tieferen Reservoir in das flachere unter Svartsengi strömen. Seit dem Ende der letzten Eruption Anfang April hob sich der Boden bereits um gut 15 Zentimeter und hat damit mehr als die Hälfte der Hebungsrate hinter sich gebracht, die es bis zur Parität zum Bodenhebungsniveau wie vor der letzten Eruption braucht. Ab diesem Zeitpunkt beginnt die Eruptionswahrscheinlichkeit wieder deutlich zu steigen.
Der Professor Haraldur Sigurdsson schrieb jüngst in seinem Blog, dass praktisch unter der gesamten Reykjanes-Halbinsel Schmelze in einer Tiefe von 8 bis 10 Kilometern vorhanden sei und man eine große Schmelzschicht in ca. 25 Kilometern Tiefe vermute. Ob das Magma weiter aufsteigt, würde in hohem Maße von den Bewegungen entlang der kontinentalen Naht zwischen Eurasien und Nordamerika abhängen, wo sich die beiden Platten voneinander entfernen. Die Plattenbewegungen erfolgen nicht gleichmäßig, sondern in Schüben. Aktuell würde es viele Krustenbewegungen geben, die sich über die gesamte Strecke vom Reykjanes-Rücken im Südwesten bis zum Hengill im Osten erstrecken. Daher ist mit weiterem Magmenaufstieg zu rechnen. Haraldur findet die Frage spannend, ob auch die Beben am Grjotarvatn mit diesem Ereignis zusammenhängen, und will die Situation weiter beobachten.