Campi Flegrei: Studie weist neue Bruchzone nach

Neue Studie weist vulkanotektonische Bruchzone anhand von Erdbebenanalysen nach – Belastungsprobe fürs Calderadach der Campi Flegrei

Die besorgniserregende Unruhe unter der Campi-Flegrei-Caldera bei Neapel hat eine neue Dimension erreicht. Forschende der Universität Rom und des italienischen Geoforschungsinstituts INGV berichten in Communications Earth & Environment (Nature, 2025), dass sich unter der dicht besiedelten Region offenbar eine dehnungsorientierte vulkanotektonische Verwerfung bildet. Die Analyse markiert einen Wendepunkt im Verständnis der jüngsten seismischen Aktivität und könnte entscheidend sein für die Bewertung künftiger Gefahren.

Seit 2005 hebt sich der Boden in der Caldera wieder, zuletzt um bis zu anderthalb Meter. Gleichzeitig nahmen Erdbeben und Gasemissionen deutlich zu: Anzeichen, dass sich aufgrund steigenden Fluiddrucks Spannungen im Untergrund aufbauen. Bisher verteilten sich die kleinen Beben diffus unter dem Gebiet, ohne klare Struktur. Doch ab 2023 änderte sich das Muster: Mehr als die Hälfte aller Erdbeben konzentriert sich seither entlang einer klar definierten, schräg verlaufenden Ebene im Zentrum der Caldera.



Störungszone. © Giordano, G. et al.

Das internationale Forschungsteam nutzte präzise Erdbebendaten aus den Jahren 2019 bis 2024 und kombinierte statistische Verfahren mit einer Monte-Carlo-Analyse, um die räumliche Verteilung der Hypozentren zu rekonstruieren. Bei einer Monte-Carlo-Analyse handelt es sich um ein statistisch-mathematisches Simulationsverfahren, bei dem Variablen nach dem Zufallsprinzip verändert werden – solange, bis ein wahrscheinliches Modell entsteht. Das Ergebnis: eine rund 53 Grad geneigte Struktur mit Nordwest-Südost-Ausrichtung – ein deutlicher Hinweis auf die Entstehung oder Reaktivierung einer Bruchzone.

„Wir beobachten hier die Geburt oder Reaktivierung einer Verwerfung in Echtzeit“, schreiben die Forscher. Der Übergang von verstreuter Mikroseismizität zu einer konzentrierten Aktivität zeige, dass das Gestein unter Pozzuoli an seine Belastungsgrenze gelangt sei. Der Untergrund beginne, sich spröde zu verformen – ein Stadium, in dem Risse sich rasch ausweiten und in einem späteren Unruhestadium als Aufstiegswege für Fluide oder Magma dienen könnten.

Für die Bevölkerung in der Region bedeutet das nicht zwangsläufig einen unmittelbar bevorstehenden Ausbruch, wohl aber eine wachsende seismische Gefahr. Eine stabile, zusammenhängende Verwerfung könnte stärkere Erdbeben ermöglichen, als bislang angenommen. Zudem verändert sich die Art der Deformation in der Caldera, was auf eine neue Phase der magmatischen Aktivität hindeutet.

Die Forschenden betonen, dass die Campi-Flegrei weiterhin intensiv überwacht werden müssen. Ihre neue Analysemethode könne auch auf andere Vulkansysteme angewendet werden, besonders dort, wo Unruhephasen bisher schwer zu deuten waren. Die Studie liefert damit nicht nur ein Warnsignal für Pozzuoli, sondern auch ein Werkzeug, um künftige vulkanische Krisen besser zu verstehen und rechtzeitig zu erkennen.

(Quellennachweis: Giordano, G. et al. (2025): Birth and growth of a volcanotectonic fault during the current volcanic unrest at Campi Flegrei caldera (Italy). In: Communications Earth & Environment, 6, Artikel 28803. DOI: 10.1038/s43247-025-02803-2. Lizenz: Creative Commons Attribution 4.0 International (CC BY 4.0).)