Kilauea mit hoher Seismizität am 25.11.23

Erdbebentätigkeit am Kilauea hat wieder angezogen

Seit gestern bebt auf Hawaii die Erde wieder besonders oft. Das HVO registrierte am Kilauea mehr als 220 Erdbeben. Viele davon manifestierten sich entlang des oberen Südwestrifts, aber auch das Südostrift war betroffen gewesen. Diese Beben lagen alle in geringen Tiefen und deuten auf Bewegungen magmatischer Fluide hin. Insbesondere trifft dies zu, da auch eine hohe Inflation registriert wird. Insgesamt herrscht im Gipfelbereich des Kīlaueas ein hohes Inflationsniveau, das über dem Niveau vor dem jüngsten Ausbruch im September 2023 liegt und den höchsten Stand seit der Leilani-Eruption in 2018 aufweist. Bei den effusiven Eruptionen, die wir in den letzten Jahren im Halema’uma’u-Krater bewundern durften, akkumulierte sich das Magma vor der Eruption häufig nordwestlich oder südlich des Kraters, reichte aber nicht so weit das Südwestrift hinunter, wie es jetzt der Fall ist. Daher kann man nicht mit Bestimmtheit sagen, dass sich die kommende Eruption nicht außerhalb des Kraters ereignen wird.

Nachdem es im Sommer zu einem Rückgang der Seismizität im Küstenbereich von Pahala kam, zieht die Tätigkeit dort seit einigen Tagen wieder an. Es steigt also mehr Schmelze vom Mantelplume unter Hawaii auf und speist die tief gelegenen Speichersysteme der beiden Vulkane Kilauea und Mauna Loa.

Am Mauna Loa gibt es auch noch eine leichte Bodenhebung, doch seit meinen letzten Berichten im Frühjahr hat sie deutlich nachgelassen. Von meiner Seite aus gab es lange kein Update zum Mauna Loa, weil die Messwerte zur Bodendeformation offline waren. Nun sind sie seit einigen Wochen aber wieder online und man sieht im Graf deutlich, dass sich die Kurve abgeflacht hat. Mit der aktuellen Verstärkung der Bebentätigkeit unter Pahala könnte sich dieser Umstand aber bald ändern und wieder eine höhere Inflation nebst Bodenhebung einsetzten. Von einem neuen Ausbruch scheinen wir aber weit entfernt zu sein.

Erta Alé mit Wärmestrahlung

Wo wir gerade bei Schildvulkanen sind: Ein weiterer Vertreter dieses Vulkantyps liegt in der äthiopischen Wüste Danakil. Hier wurde nachts eine hohe Wärmestrahlung mit 102 MW Leistung detektiert. Sie könnte von verstärkter effusiver Aktivität aus einem der drei tätigen Hornitos stammen. Auf einen neuen Lavasee dürfte man dort erst einmal vergeblich hoffen, einfach weil es keinen Krater mehr gibt. Neue Drohnenaufnahmen bestätigen, was schon länger vermutet wurde: Die Lavastromeruptionen der letzten Monate füllten den Krater komplett auf.

Island: Atempause für Grindavik

Nur wenige Erdbeben am Dyke – Experten entwickeln Notfallpläne für Kampf gegen Lava

Heute Nacht wurden seit Mitternacht nur 90 Erdbeben entlang des Dykes bei Grindavik detektiert. Ihre Anzahl hat weiter abgenommen. Rückläufig ist auch die Bodenhebung bei Svartsengi, die ungefähr auf die Werte zurückgekehrt ist, wie wir sie vor dem 10. November sahen. Ob es ein langfristiger Trend ist oder nur eine kurze Verschnaufpause, werden die nächsten GPS-Messugnen zeigen.

IMO-Wissenschaftlerin Kristín Jónsdóttir meinte in einem Interview mit isländischen Medien, dass die Geowissenschaftler von der Schnelle der Entwicklung des magmatischen Gangs überrascht worden seien. Vielfach wird die Situation mit den Vorgängen am Vulkan Krafla verglichen, der zwischen 1975 und 1984 aktiv war. Allerdings verhält sich jeder Vulkan zumindest in Details anders, so dass man Erfahrungen von dem einen Vulkan nicht 1:1 auf den anderen übertragen kann. Die 1970iger Jahre stehen bei den Isländern gerade hoch im Kurs, denn neben den Krafla-Bränden gab es in dieser Dekade noch einen anderen bemerkenswerten Vulkanausbruch auf Island: 1974 brach auf der Westmännerinsel der Vulkan Eldfjall aus. Er befindet sich auf der Insel Heimaey und bildete sich direkt hinter dem gleichnamigen Fischerort. Lava strömte in die Stadt, schnitt eine Schneise durch sie und drohte die schmale Hafeneinfahrt zu verschütten. Damals nahm man den Kampf gegen die Gesteinsschmelze auf, baute Erdwälle und pumpte große Mengen Meerwasser auf die Lavaströme, um sie abzukühlen. Tatsächlich gelang es zu verhindern, dass die Hafeneinfahrt komplett blockiert wurde. Gestern besichtigten Experten der EU Grindavik, um zu prüfen, ob man im Falle einer Eruption hier ähnlich wie auf Heimaey vorgehen könne.

Wasser spielt auch eine Rolle bei dem Erdbebenschwarm, der sich gestern beim Geothermalkraftwerk Hellisheiði im Osten der Reykjanes-Halbinsel ereignete. Wie oben genannte IMO-Wissenschaftlerin meinte, würden die Beben dort nicht natürlichen Ursprungs sein, sondern durch eine Wasserinjektion in den Untergrund hervorgerufen werden. Offenbar pumpt man große Mengen Wasser in die Bohrlöcher am Kraftwerk, um Erdwärme zu gewinnen. Das löste gestern Abend sogar noch ein Erdbeben M 3,4 aus.

Ätna schießt sich ein – News vom 24.11.23

Staat: Italien | Koordinaten: 37.73, 15.00 | Aktivität: Strombolianisch

Ätna mit frequenten strombolianischen Eruptionen – Paroxysmus könnte bald anfangen

Der Ätna ist aktuell in seinem Gipfelbereich nicht nur wolkenfrei, sondern erzeugt auch am laufenden Band strombolianische Eruptionen, die sich auf den Livecams gut beobachten lassen. Auf einer der Kameras vom Neuen Südostkrater sieht es so aus, als würde durch die Scharte in der Südflanke bereits glühende Lava fließen. Auf den Standbildern lässt sich schlecht beurteilen, ob es sich um glühende Tephra handelt, die über den Boden rollt, oder ob tatsächlich ein Lavastrom unterwegs ist. Der Tremor erzeugt aber noch sein Zackenmuster, ohne definitiv durchzustarten. Von daher könnte der Paroxysmus noch etwas auf sich warten lassen, sofern es denn einen geben wird.

Über Nacht blieb der Paroxysmus aus. Dafür gab es gemäß des fluktuierenden Tremor kurzlebige Phasen erhöhter strombolianischer Tätigkeit, die es heute Morgen sogar bis in die deutschen Nachrichtensender schaffte. Die Szenerie ist atemberaubend, denn im Laufe der Woche fiel viel Schnee und der fast volle Mond beleuchtete die Szenerie. Entsprechend tolle Fotos wurden in den sozialen Medien geteilt.

Die Eruptionen förderten eine größere Menge glühender Tephra, die sich im Kraterbereich, aber auch auf den Flanken des Neuen Südostkraters ablagerten bzw. die Flanken hinabrollten. Das verursachte eine moderte Wärmestrahlung mit 85 MW Leistung. Vor gut 10 Jahren erlebte ich am Ätna selbst einmal so eine lange Aufheizphase vor einem Paroxysmus. Sie zog sich gut 5 Tage hin, und als dann endlich der Hauptausbruch begann, befand ich mich wieder auf dem Weg zum Flughafen. Ich bin gespannt, wie lange das aktuelle Spielchen weitergeht? Natürlich muss es nicht zwingend zu einer paroxysmalen Eruption kommen, doch die Wahrscheinlichkeit dafür ist groß. Aber wie wir in den letzten 2 Wochen am Beispiel Island gesehen haben: Vulkane scheren sich einen Dreck um Erwartungen und Wahrscheinlichkeiten.

Ätna wird unruhiger – News vom 24.11.23

Staat: Italien | Koordinaten: 37.73, 15.00 | Aktivität: Fumarolisch

Zunahme der strombolianischen Aktivität am Ätna – Vulkan hängt in Wolken

Heute Nacht hatte der diensthabende Vulkanologe vom INGV Catania ein bisschen was zu tun, als er auf seine Monitore schaute und die Instrumente am Vulkan Ätna überwachte: Via LiveCam beobachtete er eine Zunahme der strombolianischen Aktivität und brachte um 4:22 UTC eine Meldung heraus, die auf der Website des INGV veröffentlicht wurde. Darin hieß es, dass neben glühender Tephra auch etwas Vulkanasche ausgestoßen wurde, die nach Modellberechnungen in Richtung Nordnordost driftete. Die Vulkanasche stieg aber nicht so hoch auf, dass eine VONA-Warnung für den Flugverkehr ausgegeben wurde.

Während die normale Erdbebentätigkeit unter dem Vulkan gering bleibt, fährt der Tremor wieder Achterbahn bzw. versucht sich an dem Zackennahtprogramm einer Nähmaschine. Es gibt einen frequenten Wechsel der Tremoramplitude und die Peaks reichen bis in den roten Bereich hinein. Außerdem registrierte MIROVA nachts eine moderate Wärmestrahlung mit 140 MW Leistung. Für mich sieht es nach wie vor aus, als würde sich der Vulkan auf einen neuen Paroxysmus vorbereiten. Wann es soweit sein wird, lässt sich aber nicht bestimmen.

Lavastrom vom ursprünglichen Südostkrater während Paroxysmus

Aufgrund des Paroxysmus und der gesteigerten Aktivität des Ätnas veröffentlichte das INGV am Dienstag wieder ein Wochenbulletin, das die Aktivität der Periode vom 1. bis 19. November dokumentierte. In erster Linie beschrieb man die Auswirkungen der paroxysmalen Episode vom 12.11.2023 und konzentrierte sich auf die Verbreitung der Lavaströme, die bei diesem Ereignis gefördert wurde. Besonders interessant ist, dass ein kleinerer Lavastrom von einem neuen Förderschlot im ursprünglichen Südostkrater ausging, der seit mindestens 12 Jahren inaktiv war. Eine spannende Entwicklung, wie ich finde. Auf der Karte sieht man auch gut, dass alle Förderschlote -auch die in der Bocca Nuova- praktisch auf einer Linie liegen. Sie markiert wahrscheinlich einen Riss durch den Gipfelbereich des Vulkans Ätna.

Interessant ist auch der Umstand, dass sich der Tremor auf einen Bereich unterhalb des Südostkraterkomplexes konzentrierte, so wie man es schon im letzten Monatsbulletin lesen konnte. Offenbar steckt ein Magmenkörper in einer Tiefe von 2700 bis 2900 m über dem Meeresspiegel. Unklar ist, ob neues Magma aus größerer Tiefe aufsteigt. Wenn dem so ist, dann ist der Aufstiegsweg frei und das Magma migriert ohne größere Blasenbildung nach oben. Dagegen spricht, dass chemische Analysen des paroxysmal eruptierten Materials weiter entwickelt waren als die Lava, die in den vorherigen Eruptionsphasen eruptiert wurde. Das spricht für eine längere Verweildauer der Schmelze in einem Magmenkörper. Kurz vor dem Paroxysmus gab es eine signifikante Bodenhebung von ca. 3 µrad. In erster Linie sprangen Klinometer oberhalb der Höhe der Tremorquelle an, aber auch auf der Nordostflanke gab es Klinometer, die auf 1400 und 1200 m Höhe installiert sind, die eine erhebliche Bodenverformung gemessen haben. Die Vermutung liegt nahe, dass vor dem Paroxysmus Magma aus einem Reservoir aufstieg, das sich im Frühsommer unter der Nordflanke des Vulkans gebildet haben könnte, als es dort zu zwei Schwarmbeben kam. Dass die Schmelze während des finalen Aufstiegs aber keinen Tremor erzeugte oder Erdbeben auslöste, ist schon seltsam.

Campi Flegrei: Erdbeben Md 3,1

Erdbeben der Magnitude 3,1 unter der Campi Flegrei

Datum 24.11.2023 | Zeit: 18:41:46 UTC | Lokation: 40.8315 ; 14.1365  | Tiefe: 2,8 km | Md 3,1

Gestern schrieb ich noch, dass die seismische Aktivität unter dem süditalienischen Calderavulkan Campi Flegrei deutlich abgenommen hat. Da gab es dann auch gleich eine Reaktion vom Vulkan: Sie kam in Form von 4 Erdstößen, von denen der Stärkste eine Magnitude von 3,1 hatte. Das Hypozentrum befand sich in 2,8 km Tiefe. Das Epizentrum lag auf dem nordwestlichen Kraterrand der Solfatara. Ein Schwarmbeben, wie man es vor dem Abflauen der Aktivität gesehen hätte, blieb erst einmal aus. Allerdings setzte heute Morgen wieder Erdbebentätigkeit ein und es gab seitdem 10 schwache Erschütterungen. Die Erdbebensequenz zeigt, dass die Campi Flegrei wahrscheinlich nur etwas verschnaufte und ihre aktuelle Hebungsphase noch nicht für beendet erklärt werden kann – besonders, da sich der Boden ja noch leicht hebt.

Dieses Heben und Senken des Untergrundes der Caldera ist kein neues Phänomen der Region, denn Spuren von Bohrmuscheln an den Säulen des Marcellums aus der Römerzeit zeugen davon, dass das ganze Areal damals um mehrere Meter tiefer lag als heute. Tatsächlich finden sich vor der Küste von Pozzuoli römische Artefakte Unterwasser. Sie sind im archäologischen Unterwasserpark von Baiae zu bewundern. Natürlich nur wenn man eine Genehmigung hat, dort abzutauchen. Die Artefakte liegen in Wassertiefen zwischen 5 und 13 m und belegen, dass die Küste tatsächlich einmal bis zu 15 m höher lag als heute. Also hat es bereits zu Zeiten der Römer erhebliche Bodenbewegungen gegeben, ohne dass es zu einem Vulkanausbruch gekommen wäre. Den letzten Ausbruch vor der Römerzeit gab es im 17. vorchristlichen Jahrhundert. Er hatte einen VEI von 4. Die erste Eruption nach der römischen Epoche, die zwischen den Jahren 753 v. Chr. bis 476 n. Chr. definiert wird, ereignete sich erst im 12. Jahrhundert nach Christus. Also gab es einen Zeitraum von 2900 Jahren ohne nennenswerte eruptive Tätigkeit, während der sich der Boden im Küstenbereich von Pozzuoli um gut 15 Meter verformte. Offenbar hatten die Römer ihre Gebäude an der Küste zu einem Zeitpunkt errichtet, als sich die Bodenhebung nahe eines Maximums befand.

Die Bodenhebung der aktuellen Phase, die im Jahr 2005 anfing und zunächst nur eine geringe Bodenverformung aufwies, nahm im Jahr 2011 Fahrt auf. Seitdem hob sich der Boden um 112 cm. Mir ist nicht bekannt, wo die natürliche Nulllinie liegt, aber berücksichtigt man die Ruinen in 13 m Wassertiefe, dürfte noch deutlich mehr Bodenhebung drin sein, bevor es zu einer Eruption kommt. Was jetzt nicht heißen soll, dass es erst zu einem Ausbruch kommen wird, wenn sich der Boden um mindestens weitere 13 Meter gehoben hat.

Das Phänomen hinter der Bodendeformation von Pozzuoli nennt man Bradyseismos. Er wird sehr wahrscheinlich von magmatischen Fluiden hervorgerufen, die in das Hydrothermalsystem der Caldera eindringen. Unklar ist, was in größeren Tiefen passiert und ob dort die Bodenhebung von einem großvolumigen Magmenkörper gesteuert wird. Klar scheint zu sein, dass die Fluide irgendwoher kommen müssen. Wahrscheinlich stammen sie aus dem Magma in größeren Tiefen. Dafür sprechen chemische Analysen der Fluide, die in der Solfatara austreten. Es gibt aber auch ältere Spekulationen, dass vor der Küste Meerwasser in den Untergrund verschwindet, sich durch Magma in großen Tiefen erwärmt und unter dem Vulkan aufsteigt und so den Boden hebt.

Mir scheint es so, als wäre noch einiges an Forschungsarbeit nötigt, bevor man die Vorgänge in der Caldera wirklich versteht. Übrigens, wer sich die Shakemap genauer anschaut, erkennt, dass viele Erdbeben wie die Perlen auf einer Schnur geometrisch angeordnet zu sein scheinen. Ein Phänomen, dass bereits früher beobachtet wurde und wahrscheinlich auf Messungenauigkeiten zurückzuführen ist.

Island: Bodenhebung bleibt hoch

Bodenhebung unter Svartsengi bleibt hoch – Gedankenmodell zur Intrusion

Während die Erdbebenanzahl gegenüber den Vortagen gering ist – es gibt minutenweise gar keine Bebentätigkeit mehr, obwohl man auf dem Seismogramm auch einige stärkere Erdbeben erkennt – kann man das von der Bodenhebung im Bereich Svartsengi-Eldvörp nicht behaupten. Dort hebt sich der Boden weiter rasend schnell und hat seit dem 10. November um 180 mm zugelegt. Man rechnet mit einem Magmenzufluss zwischen 50 und 70 Kubikmeter pro Sekunde.

So wie es aussieht, stammte das Magma der Dyke-Intrusion, die am 10. November stattfand, zumindest teilweise aus der Akkumulation unter Svartsengi. Das erklärt die starke Subsidenz von Svartsengi, die gleichzeitig mit der Dyke-Intrusion stattfand, obwohl das Areal von Svartsengi westlich des Rifts liegt. Die Frage ist nur, ob das Magma von Svartsengi in Richtung Osten ausbrechen wollte und dabei das Rift schuf, oder ob es unabhängig davon zu einer Riftbildung kam und das Magma dann die Lücke füllte. Da ich ja schon die ganze Zeit über vermute, dass der magmatische Hauptaufstiegsort aus der Tiefe unter Svartsengi liegt und die Schmelze dann diagonal nach Osten aufsteigt und für die drei Eruptionen am Fagradalsfjall verantwortlich war, favorisiere ich die erste Variante und kann mir folgendes Szenario vorstellen: Am 10. November wollte die Schmelze final aufsteigen, um am Fagradalsfjall zu eruptieren. Doch die Schwächezone, die das Magma bei früheren Ausbrüchen nahm, war durch vorherige Schmelzdurchgänge verfestigt, so dass der Druck nicht reichte, um durchzubrechen. Das Magma suchte sich dann den schwächsten Weg entlang einer bereits existierenden Schwächezone und der Gang intrudierte. Das ist aber nur ein Gedankenmodell ohne wissenschaftliche Belege. Die Realität könnte auch ganz anders aussehen!

Unabhängig von Gedankenmodellen sammelt sich aber weiter Schmelze im Sill unter Svartsengi an und der Zufluss ist bis zu 10 Mal höher als es vor dem 10. November war. Man kann daraus schließen, dass die Gefahr einer Eruption noch lange nicht vorbei ist. Es könnten sich weitere vertikal verlaufende Intrusionen bilden, oder die aktuelle wird remobilisiert. Allzu sicher sollte man sich in Grindavil noch nicht fühlen: Das Spielchen könnte sich über Wochen und Monate hinziehen.

Island: deutlicher Rückgang der Seismizität am 23.11.2023

Signifikanter Rückgang der Erdbebentätigkeit – Warnstufe für Grindavik reduziert

Offenbar war es doch nicht nur der starke Wind, der in den letzten zwei Tagen die Aufzeichnung der Erdbeben behinderte, denn heute ist das Wetter besser und es wurden nur noch eine Handvoll Erdbeben entlang des magmatischen Gangs festgestellt. Die Bewegungen des Untergrunds haben sich deutlich abgeschwächt und es scheint kein neues Magma mehr in den Gang zu strömen. Die Schmelze ist dabei, sich zu verfestigen, und bewegt sich kaum noch. Das gilt insbesonders für den Südteil des Gangs, der unter Grindavik verläuft. Daher wurde bereits gestern Abend die Gefahrenkarte geändert und für heute kündigte man an, auch die Warnstufe in Grindavik von Notfallstufe auf die Gefahrenstufe zu reduzieren. In der Ankündigung heißt es, dass der nationale Polizeikommissar dies in Absprache mit dem Polizeichef in Suðurnes entschieden habe. Die Wahrscheinlichkeit eines plötzlichen Ausbruchs innerhalb der Stadtgrenzen von Grindavík nimmt täglich ab und wird derzeit als gering eingeschätzt. Mit der Reduzierung der Warnstufe werden auch die Zugangsbeschränkungen für Grindavik gelockert. Die Bewohner dürfen wieder temporär in den Ort zurückkehren, um sich um ihre Wohnungen und Wertgegenstände zu kümmern. Einsatzkräfte sind im Ort unterwegs.

Zwar geht man nicht mehr von einem Vulkanausbruch im Stadtgebiet aus, hält einen Vulkanausbruch im Gebiet zwischen Hagafell und Sýlingarfell für möglich.

Die letzten GPS-Messungen gestern Abend bestätigten eine anhaltende Bodenhebung im Bereich von Svartsengi. Kurzfristig hält man hier das Ausbruchsrisiko noch für gering, obwohl die Daten eine erhebliche Magmenakkumulation im Untergrund zeigen. Allerdings befindet sich der wachsende Magmenkörper in ca. 5 km Tiefe und vor einem Ausbruch rechnet man mit weiteren Warnsignalen wie starker Erdbebentätigkeit.

Wie es längerfristig auf der Reykjanes-Halbinsel weitergeht, lässt sich nicht prognostizieren. Die meisten Geowissenschaftler rechnen mit einer lang anhaltenden Phase erhöhter seismischer und vulkanischer Aktivität.

Warnung am Kanlaon – News vom 23.11.23

Staat: Philippinen | Koordinaten: 13.25123.68 | Aktivität: Dom

Kanlaon seismisch unruhig – Gefahr phreatischer Eruptionen gestiegen

Der philippinische Vulkan Kanlaon zeigt Anzeichen erhöhter seismischer Aktivität, die  auf Magmenbewegungen hindeuten und letztendlich in einem Vulkanausbruch gipfeln könnte. Am 22. November 2023 wurden zwischen 3:58 und 5:00 Uhr insgesamt 15 vulkantektonische Erdbeben registriert, mit Energien zwischen ML1,4 und ML4,2. Diese flach liegenden Erschütterungen traten in Tiefen von 0 bis 2 Kilometern unterhalb der Nordflanke des Kanlaons auf.

Seit dem 1. Mai 2023 wurde ein erhöhter Ausstoß von vulkanischem Schwefeldioxid (SO2) beobachtet, der zuletzt am 14. November 2023 eine Durchschnittsmenge von 1.017 Tonnen/Tag erreichte.

Bodenverformungsdaten seit Oktober 2023 zeigen eine kurzfristige Inflation der südwestlichen Mittelhänge und seit März 2022 eine längerfristige Inflation des gesamten Vulkangebäudes.

Obwohl die Überwachungsparameter in den vergangenen Monaten im Einklang mit hydrothermalen Aktivitäten waren, weisen anhaltende vulkantektonische Erdbeben auf mögliche Felsbrüche im Gebäude hin, die weitere Unruhen verursachen könnten.

PHILVOLCS weist die Bevölkerung wird darauf hingewiesen, dass Alarmstufe 1 für Kanlaon gilt. Sollte der beobachtete Anstieg der Überwachungsparameter anhalten, könnte der Vulkanstatus auf Alarmstufe 2 angehoben werden, um vor möglichen zunehmenden Unruhen zu warnen. Es wird dringend empfohlen, wachsam zu sein und die permanente Gefahrenzone (PDZ) von vier Kilometern um den Vulkan nicht zu betreten, da die Wahrscheinlichkeit plötzlicher und gefährlicher phreatischer Ausbrüche ohne Vorwarnung steigt. Die Luftfahrtbehörden werden darauf hingewiesen, Flüge in der Nähe des Vulkangipfels zu vermeiden, da ein plötzlicher phreatischer Ausbruch für Flugzeuge gefährlich sein kann. PHIVOLCS überwacht die Aktivitäten des Vulkans Kanlaon genau und informiert alle Beteiligten über etwaige neue Entwicklungen.

Der Kanlaon ist ein aktiver Stratovulkan auf den Philippinen. Er befindet sich auf der Insel Negros und ist einer der aktivsten Vulkane des Landes. Seine Höhe beträgt etwa 2.465 Meter über dem Meeresspiegel. Kanlaon ist bekannt für seine periodischen Ausbrüche und vulkanische Aktivitäten. Es ist wichtig zu beachten, dass dieser Vulkan als potenziell gefährlich gilt und von den philippinischen Vulkanologen und Behörden genau überwacht wird.

Der Kanlaon ist nicht der einzige Vulkan der Philippinen, der unruhig ist. Der Taal stößt weiterhin Dampf aus und emittiert dabei über 4000 Tonnen Schwefeldioxid am Tag. Der Mayon baut an seinem Lavadom, von dem 3 glühende Lavaströme abgehen. Sporadisch bilden sich pyroklastische Dichteströme und Aschewolken.

Island: Neues aus Grindavik am 22.11.23

Satellitenebild mit Graben, Erdbeben und Gefahrenzone. © Uni Reykjavik

Detektierte Seismizität weiterhin gering – Inflation verstärkt

Auch heute registrieren die Seismometer auf der isländischen Reykjanes-Halbinsel vergleichsweise wenige Erdbeben. Wie IMO berichtet, wurden nachts nur 50 Erdbeben festgestellt. Das ist der niedrigste Wert seit Beginn der seismischen Krise. Die Geowissenschaftler gehen davon aus, dass aufgrund des starken Windes nicht alle schwachen Erdbeben registriert werden konnten. Doch ich denke, dass es tatsächlich einen Rückgang der Seismizität gegeben hat, denn den Wind hatten wir bereits gestern, und seitdem reduzierte sich die Anzahl der registrierten Erdbeben nochmals. Allerdings lässt sich nicht genau sagen, um wieviel schwächer die Aktivität geworden ist. Trotzdem dehnt sich der Untergrund bei Svartsengi immer weiter aus und der Magmenzufluss soll sich sogar noch verstärkt haben.

Auf der Seite Visir wurde ein Interview mit dem in den USA lebenden isländischen Vulkanologen Haraldur Sigurðsson veröffentlich, der meinte, dass sich das Magma im Dyke langsam verfestigt und die Magmenbewegungen abnehmen. Er sagt weiter, dass, wenn er in Grindavík leben würde, er noch vor Weihnachten nach Hause gehen würde. Na, wenn das nicht mal eine positive Aussage ist. Andere Vulkanologen sind nicht ganz so optimistisch und halten die Ausbruchsgefahr weiterhin für groß.

Selbst wenn es widererwartend nicht unmittelbar zu einem Vulkanausbruch kommen sollte, so ist die generelle Meinung der Geowissenschaftler, dass auf Reykjanes unruhige Zeiten bevorstehen. Man geht davon aus, dass wir erst den Anfang einer seismischen und vulkanischen Aktivitätsphase erleben. In den nächsten Jahrzehnten könnte man noch zahlreiche vergleichbare Episoden erleben, von denen einige in Eruptionen gipfeln werden.

Die Politiker Island bleiben indes nicht untätig und diskutieren darüber, wie man den Grindavikings am besten unterstützen kann. Wie immer stellt sich die Frage, wie schnell, unbürokratisch und nachhaltig politische Versprechen sind. Diskutiert werden soll in einer der nächsten Sitzungen auch, wie man der internationalen Presse besseren Zugang nach Grindavik geben kann. Zwar wurde in der Nähe von Reykjavik ein Pressezentrum eröffnet, doch noch immer sehen sich die meisten Journalisten und Fotografen ausgesperrt. Einer von ihnen ist unser Vereinsmitglied Carsten Peters, der vor Ort mächtig für Wirbel sorgte und seinem Unmut Luft gemacht hat. Auf seinem Drängen hin wurde wohl das Pressezentrum eröffnet.

Natürlich habe ich mir auch bereits die Frage gestellt, wie man im Falle einer Eruption Zugang zur Eruptionsstelle bekommen könnte und entsprechende Stellen angeschrieben. Außer eine kurze IMO-Notiz, dass man meine Anfrage weitergeleitet hätte, ist noch nichts gekommen. Auf der einen Seite kann ich das nachvollziehen, auf der anderen Seite sind Einschränkungen für die Presse immer skeptisch zu betrachten.