Vesuv: Außergewöhnliche Erdbeben registriert

Vulkanologen berichten von ungewöhnlichen Erdbeben am Vesuv – wahrscheinlich langperiodische Ereignisse

Der süditalienische Vulkan Vesuv stellt in aktiven Zeiten eine ernste Bedrohung für die knapp 700.000 Menschen dar, die in der Roten Gefahrenzone des Vulkans leben. Daher gehört der Feuerberg zu den am besten überwachten Vulkanen der Welt. Das INGV-Neapel veröffentlichte gestern den Monatsbericht für November. Daraus geht hervor, dass ungewöhnliche Erdbebensignale auftraten.




Insgesamt wurden vom seismischen Netzwerk des Vesuvs, das aktuell aus 18 dauerhaft installierten Messstationen besteht, 84 Erdbeben registriert, wobei das stärkste Ereignis am 14. November eine Magnitude von 2,4 erreichte. Auf Jahressicht wurden 884 Erdbeben erfasst. Die Anzahl der Beben lag im November damit leicht über dem Durchschnitt, doch insgesamt zeigen die beobachteten Parameter keine signifikanten Veränderungen.

Spektrogramme

Allerdings verzeichneten die Seismometer zwischen dem 14. und 19. November zusätzlich zehn seismische Ereignisse, deren Eigenschaften deutlich von den typischen vulkanotektonischen Beben des Vesuvs abwichen. Das auffälligste dieser Signale trat am 14. November um 20:38 UTC auf und weist ein Spektrum mit dominanten Frequenzen zwischen 3 und 4 Hz auf. Von den Vulkanologen wurden diese Beben nicht weiter spezifiziert.

Diese niedrigen, engbandigen Frequenzen unterscheiden sich klar von den hochfrequenteren vulkanisch-tektonischen Ereignissen, die durch spröde Gesteinsbrüche infolge von Fluidaufstieg entstehen. Die beobachteten Signale weisen stattdessen Merkmale niederfrequenter oder hybrider Ereignisse auf. Solche Signale entstehen häufig durch Bewegungen und Resonanzeffekte von Fluiden (z. B. Gas, Dampf oder hydrothermal erwärmtes Wasser) in Frakturen oder Kanälen innerhalb des vulkanischen Systems. Die Herdtiefe der Ereignisse wird auf etwa 4 bis 5 km geschätzt und liegt damit im Bereich des oberen magmatischen bzw. hydrothermalen Reservoirs.

Ähnliche niederfrequente oder resonanzartige Ereignisse wurden in der Vergangenheit nur selten registriert, sind aber am Vesuv dokumentiert. Frühere Untersuchungen beschreiben vergleichbare Signale als fluidinduzierte Resonanzen, die auf dynamische Prozesse innerhalb des magmatisch-hydrothermalen Systems hinweisen können. Im aktuellen Datensatz zeigen die Ereignisse jedoch keine Anzeichen für eine großräumige strukturelle Veränderung oder eine Zunahme magmatischer Aktivität.

Interessant ist allerdings, dass die anderen 84 Erdbeben im Bulletin als vulkanotektonisch bezeichnet werden, was angesichts der postulierten Schrumpfungs- bzw. Setzungsbeben widersprüchlich erscheint. Die Setzung des Gran Cono soll weitergehen und spiegelt sich in einer leichten Subsidenz wider. Die restlichen geophysikalischen und geochemischen Parameter des Vesuvs sind unverändert.

Obwohl es also eine Setzung des Hauptkegels des Vesuvs gibt, zirkulieren Fluide im magmatischen System, die einerseits von der Restwärme des Magmenkörpers angetrieben sein könnten, andererseits aber auch erste Hinweise auf dessen erneute Aufheizung liefern könnten.

Mayon: Neue Lava-Spines am Lavadom

Instabile Lava-Spines am Mayon-Dom. © DOST-PHILVOLCS

Intrusion am Mayon bildet Lava-Spines: Neue Aktivität verursacht steigendes Gefahrenpotenzial

Der Mayon, einer der aktivsten und zugleich ikonischsten Stratovulkane der Philippinen, zeigt gesteigerte Aktivität. Neue Nahaufnahmen des Gipfels, die in wolkenfreien Momenten zwischen dem 8. und 10. Dezember 2025 gefertigt wurden, dokumentieren frische, dunkle Lava-Spines, die aus dem Lavadom im Gipfelkrater ausgetreten sind. Diese turmähnlichen Gebilde aus erkalteter Lava werden aus dem Dom gedrückt, wenn frische Lava durch den Schlot in diesen intrudiert. Das ist ein deutliches Warnsignal, dass sich am Mayon demnächst Ungemach ausbreiten könnte.

Dieses Ungemach könnte in Form von pyroklastischen Strömen über das Umland des Mayons hereinbrechen: Sie können entstehen, wenn Teile des Lavadoms instabil werden und kollabieren. So ein Kollaps kann jederzeit und ohne weitere Vorwarnung eintreten. Da der Dom den Förderschlot verstopfen kann und somit die Entgasungsprozesse der Magma beeinträchtigt, könnte sich zudem ein hoher Gasdruck aufbauen, der Explosionen generiert, was wiederum zu pyroklastischen Strömen führen könnte.

Die jüngsten Messdaten unterstreichen diese Einschätzung. Das aktuelle Tagesprotokoll verzeichnet 15 Felssturzereignisse, ein Wert, der über dem langjährigen Durchschnitt liegt und mit der frischen Lava sowie dem instabilen Material am Dom zusammenhängt. Am Banaag-Sektor wurde nachts zudem ein schwaches Kraterglühen beobachtet, das jedoch nur mit Teleskop sichtbar war und auf hohe Temperaturen im Gipfelbereich hinweist.

Die Gasemissionen bleiben ein wichtiger Indikator: Der zuletzt gemessene SO₂-Ausstoß lag bei 534 Tonnen pro Tag, ein Wert, der auf fortgesetzte Entgasung und damit auf frisches Magma im System hindeutet. Es gibt mäßige Dampfemissionen, die in Richtung Westnordwest und West verdriften. Gleichzeitig bestätigen Bodenverformungsdaten, dass das Vulkangebäude derzeit aufgebläht ist, was ein klassisches Signal für zunehmenden inneren Druck darstellt.

Trotz dieser Hinweise blieb die seismische Aktivität niedrig. In den vergangenen 24 Stunden wurden keine vulkanischen Erdbeben registriert; auch in einem Zwei-Wochen-Fenster blieb die Seismik unauffällig. Dies ist nicht untypisch für den Mayon, da viele seiner Domprozesse ruhig und ohne starke Erdbebensignaturen ablaufen, was auf freie Magmaaufstiegswege in der Tiefe hindeutet.

Die Behörde DOST-PHIVOLCS hält weiterhin Alarmstufe 1 aufrecht, warnt jedoch eindringlich vor dem Betreten der sechs Kilometer breiten permanenten Gefahrenzone. Mögliche Gefahren bleiben phreatische Explosionen, Felsstürze, pyroklastische Ablagerungen sowie Lahare bei starken Regenfällen.

Magmalink zwischen Sakurajima und Kirishima nachgewiesen

Verborgene Vulkanverbindungen: Neue Studie zeigt überraschenden Magmalink zweier Vulkane im Süden Japans

Japan gilt als eine der aktivsten vulkanischen Regionen des Pazifischen Feuerrings, wobei besonders die Vulkane im Süden als ausgesprochen aktiv und gut erforscht gelten – und doch überrascht die Wissenschaft immer wieder mit neuen Erkenntnissen darüber, wie komplex das unterirdische System der Insel Kyūshū tatsächlich ist. Eine Studie eines Forscherteams um E. Brothelande von der University of Miami zeigt, dass zwei der bedeutendsten Vulkane der Region – die Aira-Caldera mit dem aktiven Sakurajima sowie die Kirishima-Vulkangruppe – tiefer miteinander verbunden sein könnten, als bislang angenommen.

Blitz am Sakurajima. © Marc Szeglat

Die Aira-Caldera liegt im Süden Kyūshūs, eingebettet in die Meeresbucht von Kagoshima. Der eindrucksvolle Stratovulkan Sakurajima dominiert hier nicht nur die Landschaft, sondern auch den Alltag der Bevölkerung: Mehrmals pro Woche – oft sogar mehrmals am Tag – kommt es zu kleineren Explosionen und Ascheemissionen. Die Aktivität ist anhaltend, aber vergleichsweise moderat, wobei GPS-Messungen über viele Jahre eine stetige Inflation des tieferliegenden Magmareservoirs belegen, was ein Hinweis darauf ist, dass kontinuierlich Magma aus dem Mantel in das System nachströmt.

Rund 60 Kilometer nordöstlich erhebt sich die Kirishima-Vulkangruppe, ein Komplex aus mehr als 20 einzelnen Vulkanzentren. Besonders bekannt ist der Shinmoedake, der 2011 und 2017 mit einer Serie explosiver Ausbrüche und starkem Lava-Dom-Wachstum international Aufmerksamkeit erregte. Seitdem zeigt das System immer wieder Phasen erhöhter Aktivität mit explosiven Eruptionen, so auch 2025. Messdaten deuten auf ein dynamisches Gleichgewicht zwischen Magmazufuhr und periodischer Entgasung hin.

Die beiden Vulkane liegen in der Kagoshima-Rift-Zone. Sie bildet eine lokal ausgeprägte Dehnungszone im südlichen Kyūshū, die eng mit der Dynamik des Back-Arc-Rifts infolge der Subduktion am Ryūkyū-Graben verknüpft ist. Die beiden Vulkane haben also eine tektonische Verknüpfung.

Die neue Studie analysierte geodätische Messungen aus den Jahren um die Shinmoedake-Eruption von 2011. Zu dieser Zeit war auch der Sakurajima sehr aktiv. Computermodellierungen der Daten lieferten ein Ergebnis, das ebenso erstaunlich wie eindeutig ist: Während das Kirishima-System im Jahr 2011 schlagartig Magma freisetzte und inflationäre Bodenhebung zeigte, setzte in der Aira-Caldera fast zeitgleich eine deutliche, zuvor Deflation ein und der Boden, der sich zuvor 20 Jahre lang gehoben hatte, begann sich zu senken. Die Forscher schlussfolgern daraus, dass beide Systeme durch ein gemeinsames tiefes Reservoir verbunden sein könnten. Magma scheint – zumindest episodisch – zwischen den Vulkanen „umzupumpen“, was bedeutet, dass Aktivität an einem Vulkan unmittelbare Auswirkungen auf den anderen haben kann.

Für die Region Kyūshū bedeutet dies eine wichtige Erweiterung des bisherigen Gefahrenbildes. Die Vulkane arbeiten offenbar nicht isoliert, sondern als Teile eines vernetzten Systems. Eine zukünftige größere Eruption könnte daher nicht nur lokal, sondern regional beeinflusst werden – ein Aspekt, der für das vulkanologische Monitoring und für den Zivilschutz gleichermaßen relevant ist.

Die angewandten Techniken der Forschung lassen sich vielleicht auch an anderen Vulkanen anwenden, denn es gibt mehrere benachbarte Vulkane, bei denen man seit langem vermutet, dass die Magmenreservoire verlinkt sein könnten. Zu diesen Feuerbergen zählen unter anderem Mauna Loa und Kilauea (wo die Verlinkung inzwischen ebenfalls nachgewiesen wurde), als auch der Vesuv und die Campi-Flegrei-Caldera.

Quelle: Brothelande, E., Amelung, F., Yunjun, Z. et al. Geodetic evidence for interconnectivity between Aira and Kirishima magmatic systems, Japan. Sci Rep 8, 9811 (2018). https://doi.org/10.1038/s41598-018-28026-4, Lizenz der CC

Island: Erdbeben Mb 5,0 am Reykjanes-Ridge

Mittelstarkes Erdbeben Mb 5,0 erschüttert Reykjanes-Ridge bei Island – bis jetzt keine Auswirkungen auf Svartsengi

Am Morgen des 9. Dezember 2025 ereignete sich in der Region südwestlich von Reykjavík ein Erdbeben der Magnitude 5,0. Der Erdstoß mit einer Tiefe von etwa 10 Kilometern wurde um 10:12 Uhr UTC registriert und lag rund 328 Kilometer süd-südwestlich der isländischen Hauptstadt sowie etwa 286 Kilometer südwestlich von Grindavík. Trotz der Stärke des Erdbebens gibt es bislang keine Wahrnehmungsmeldungen, da das Epizentrum offshore und weit entfernt von besiedelten Regionen liegt.

Erdbeben Reykjanes-Ridge. © EMSC

Das Erdbeben manifestierte sich an jenem Teil des Mittelatlantischen Rückens, der als Reykjanes-Ridge bekannt ist: hierbei handelt es sich um jenen Teil des submarinen Gebirges, der bei Island aus der Tiefe des Ozeans aufsteigt und die gleichnamige Halbinsel bildet, auf der wir seit 2021 die intensive vulkanische Aktivität sahen. Die Insel liegt genau auf dem divergenten Mittelatlantischen Rücken, jener kontinentalen Naht, an der die Eurasische und die Nordamerikanische tektonische Platte auseinanderdriften. Dieses Auseinanderbrechen der Erdkruste führt regelmäßig zu Erdbeben und vulkanischer Aktivität, da hier Magma aus dem Erdmantel an die Oberfläche steigt und neue Kruste bildet.

Island ist somit nicht nur ein Stück Land, sondern eine lebendige Schnittstelle zweier Kontinentalplatten. Die kontinuierliche Bewegung von etwa zwei Zentimetern pro Jahr verursacht Spannungen in der Erdkruste, die sich immer wieder in Form von Erdstößen entladen, wie es heute wieder passiert ist.

Der Erdstoß stand zwar in einem tektonischen Zusammenhang mit den Geschehnissen auf der Reykjanes-Halbinsel, zeigte bis jetzt aber keine Auswirkungen auf die im Untergrund brodelnde magmatische Aktivität. Unter dem Svartsengigebiet hebt sich der Boden langsam weiter, wobei die aktuellen GNSS-Messwerte eine weitere Verlangsamung der Heberate andeuten. Entweder verlangsamt sie sich, weil aus dem tiefen Reservoir weniger Schmelze aufsteigt, oder weil der flach liegende Magmenspeicher aufgrund des hohen Gegendrucks der bereits vorhandenen Schmelze nicht mehr neues Magma aufnehmen kann. Theroretisch müsste der Druck groß genug sein um eine neue Eruption zu triggern.

Aufgrund des schlechten Wetters auf Island – heute Morgen gab es um Reykjavik herum Schneechaos – können schwache Erdbeben nicht detektiert werden, so dass die IMO-Shakemap ungewöhnlich leer ist.

Piton Fournaise: Bodenhebung hält an

Piton Fournaise mit Ocean Entry (Archivbild). © Marc Szeglat

Bodenhebung am Piton Fournaise hält an – Lage entspannte sich etwas

Am Piton de La Fournaise auf La Réunion hat sich die Situation seit dem Wochenende etwas entspannt, endgültige Entwarnung kann jedoch nicht gegeben werden. Wie das zuständige Observatorium OVPF in einem Bulletin mitteilte, hat die seismische Aktivität in den vergangenen 24 Stunden ein Niveau erreicht, das dem vor der flachen Magmaintrusion vom 5. Dezember 2025 entspricht. Hatte es während der Hauptphase der Intrusionen gut 400 Beben gegeben, reduzierte sich deren Anzahl inzwischen auf 1 bis 3 vulkanotektonische Erdbeben pro Stunde. Das tiefere Magmaspeichersystem lädt weiter auf. Mittelfristig gesehen bereitet sich der Vulkan also weiterhin auf einen Ausbruch vor, unmittelbar ist die Gefahr einer Eruption aber geringer geworden.




Ein Anhalten der flachen Intrusion kann derzeit ausgeschlossen werden und der Aufstiegsprozess gilt als zum Stillstand gekommen. Jede weitere Magmainjektion aus dem Reservoir wird sich durch eine neue seismische Krise bemerkbar machen.

Die anhaltenden Erschütterungen und die langsame Aufwölbung des Gipfelbereichs weisen jedoch darauf hin, dass der Druck im oberflächennahen Magmareservoir weiterhin zunimmt. Dieser Druckaufbau kann sich über mehrere Tage bis Wochen erstrecken, bevor das Dach des Reservoirs aufbricht. In diesem Fall könnte Magma erneut zur Oberfläche vordringen und potenziell einen Ausbruch auslösen. Ebenso ist es möglich, dass der Prozess ohne unmittelbare eruptive Aktivität wieder zum Erliegen kommt.

Auch wenn der Piton de la Fournaise seit Sommer 2023 ungewöhnlich ruhig ist, gilt es als sehr wahrscheinlich, dass der Vulkan wieder ausbrechen wird. Ein genauer Zeitpunkt lässt sich aber nicht bestimmen. Der Fournaise ist ein Hotspot-Vulkan wie jene auf Hawaii und liegt mitten auf der somalischen Platte, die als Teil Afrikas ein Stück des Bodens des Indischen Ozeans bildet. Eine ortsstabile Mantelplume fördert primitives Magma aus dem Erdmantel bis direkt unter dem Vulkan. Während die Erdkruste langsam über diese Direktleitung hinwegwandert, bildet sich eine Vulkankette. Im Falle von La Réunion wird der Piton Fournaise vom größeren, aber als erloschen geltenden Piton des Neiges dominiert. Vor der Küste setzt sich die Spur bereits erodierter Inselvulkane des Hotspots fort.

Island: Neuer Gletscherlauf der Skafta hat begonnen

Neuer Gletscherlauf in der Skaftá auf Island: Einblick in ein verborgenes System unter dem Vatnajökull

Auf Island hat ein erneuter Gletscherlauf in der Skaftá eingesetzt. Der Fluss entwässert den Westen des Vatnajökull-Gletschers, unter dem der subglaziale Vulkan Grimsvötn verborgen liegt. Bereits in der Nacht zum Sonntag begann der Wasserstand des Flusses, langsam zu steigen, und stabilisierte sich im Verlauf des Montags. Der Abfluss bleibt bislang moderat, dennoch zeigt das Ereignis einmal mehr die komplexen Prozesse unter dem Vatnajökull, wo sich Schmelzwasser in zwei subglazialen Kavernen sammelt und in unregelmäßigen Abständen schlagartig entleert.

Gletscherlauf 2021

Unter dem Eis des Vatnajökull existieren zwei bedeutende Wasseransammlungen, die als östliche und westliche Skaftárkessel bekannt sind. In diesen Hohlräumen sammelt sich Schmelzwasser, das durch die geothermisch bedingte Eisschmelze entsteht, sodass sich über Monate oder Jahre hinweg große Wassermengen ansammeln können. Sobald der Wasserdruck eine bestimmte Schwelle übersteigt, hebt er die darüberliegende Eiskappe an und schafft sich einen schmalen Abflussweg. Das Wasser strömt dann in kurzer Zeit in die umliegenden Flussläufe, was sich an rasant steigenden Pegeln bemerkbar macht. Welche der beiden Kavernen diesmal der Auslöser ist, lässt sich aufgrund der ähnlichen chemischen Signaturen des austretenden Wassers derzeit noch nicht sicher feststellen. Fest steht, dass das Wasser stark nach Schwefelwasserstoff riecht, ein Indiz dafür, dass es sich tatsächlich um Schmelzwasser handelt, das infolge der geothermischen Aktivität des Vulkans entstanden ist.

Der Gletscherlauf auf Island ist im Kontext von Vnet von gewisser Relevanz, da die Entleerung eines solchen Schmelzwasserbeckens in seltenen Fällen den Druck im Untergrund so verändert, dass vulkanische Aktivität begünstigt wird: Durch die Druckentlastung auf den Boden und dem darunter befindlichen Magma können in seltenen Fällen Eruptionen des Grimsvötn getriggert werden, doch die meisten Gletscherläufe verlaufen ohne anschließende Eruption.

Der aktuelle Gletscherlauf in der Skaftá gilt als vergleichsweise mild, die Infrastruktur ist vorerst nicht gefährdet. Dennoch erinnern diese Vorgänge daran, wie aktiv und empfindlich das Zusammenspiel von Eis, Wasser und Vulkanismus im Inneren des Vatnajökull geblieben ist.

Merapi: Pyroklastischer Strom glitt 1500 m weit

Erneuter Abgang eines pyroklastischen Dichtestroms am Merapi – Datenlage verschlechtert sich

Der indonesische Vulkan Merapi, der an der Grenze zwischen der Sonderregion Yogyakarta und Zentraljava liegt, zeigte gestern Nachmittag erneut deutliche Aktivität. Um 15:48 Uhr WIB kam es nach Angaben der Geologischen Behörde zum Abgang eines pyroklastischen Dichtestroms. Er glitt ca. 1.500 Meter talwärts und folgte einer südwestlichen Bahn in Richtung des Einzugsgebiets des Flusses Boyong.




Merapi

Seismische Messungen registrierten vom Dichtestrom ausgelöste Bodenerschütterungen und Vibrationen, die eine maximale Amplitude von 13 Millimetern sowie eine Dauer von 132 Sekunden aufwiesen. Zum Zeitpunkt des Ereignisses herrschte Wind aus östlicher Richtung, was den Transport und die Verteilung der Vulkanasche begünstigte.

Neben dem pyroklastischen Strom gingen auch 93 teils glühende Schuttlawinen ab. Zudem wurden 43 Hybriderdbeben detektiert, die auf anhaltenden Magmenaufstieg hindeuten.

Der Aktivitätsstatus des Merapi bleibt weiterhin auf Alarmstufe III, einem Niveau, das bereits seit dem 5. November 2020 besteht. Die Behörden betonen eindringlich, dass sowohl die Bevölkerung als auch Besucher der Region die geltenden Sicherheitsempfehlungen strikt einhalten müssen. Aufenthalte in potenziellen Gefahrenzonen sind zu vermeiden; der empfohlene Sicherheitsradius richtet sich nach den Vorgaben des BPPTKG und dient dem Schutz vor möglichen weiteren pyroklastischen Strömen oder sonstigen vulkanischen Gefahren. Die Sperrzone verläuft asymmetrisch und ist den unterschiedlichen Gefahrenbereichen angepasst. Sie schwankt zwischen 3 und 7 Kilometern. Als besonders gefährdet gelten die Abflussrinnen, Schluchten und Flussläufe im Südwesten des Merapi.

Leider wird die öffentlich zugängliche Datenlage der indonesischen Behörden immer schlechter: Die offiziellen Behörden-Webseiten werden nicht mehr regelmäßig gepflegt und sind voller toter Links. Die letzten aktuellen Bulletins zum Merapi stammen von Ende Oktober und werden seitdem entweder nicht mehr veröffentlicht oder wurden an Stellen verschoben, wo sie nicht mehr auffindbar sind. Wenn etwas veröffentlicht wird, dann in sozialen Medien als nicht übersetzbares – oder nur mit einigem Aufwand übersetzbares – Fotodokument mit eingebundener Schrift auf Indonesisch. Ein Trend, der scheinbar immer weiter um sich greift, nicht zuletzt, weil man offenbar Aufwand scheut und Mitarbeiter immer mehr die Fähigkeiten verlieren, vernünftig am PC zu arbeiten, und stattdessen auf ihren Smartphones rumwursteln!

Japan: sehr starkes Erdbeben vor Hokkaido

Sehr starkes Erdbeben Mw 7.6 vor der Küste Hokkaidō in Japan – Tsunamiwarnung und mehrere Verletzte

Heute Nachmittag ereignete sich um 14:15 UTC (23:15 JST) in der japanischen Region Hokkaidō ein sehr starkes Erdbeben der Magnitude Mw 7.6. Das Hypozentrum lag bei den Geokoordinaten 41.035° N, 142.148° E in einer Tiefe von 58 km. Das Epizentrum wurde 81 km nordnordöstlich von Hachinohe verortet. Der nächstgelegene Besiedlungsschwerpunkt ist Aomori, etwa 121 km vom Epizentrum entfernt. Das Beben schreckte viele Menschen aus dem Schlaf, die aufgeregt auf die Straßen liefen. Ersten Berichten zufolge kam es zu Schäden und Verletzten. Es folgten mehrere Nachbeben. Eine Tsunamiwarnung wurde ausgegeben: das Warnzentrum hielt Wellenhöhen von bis zu 3 m für möglich.

Japan. © EMSC

Bereits kurz nachdem die Tsunamiwarnung für die Küstenregionen der Präfekturen Hokkaidō, Aomori und Iwate herausgegeen worden war, wurden an mehreren Häfen erste Tsunamiwellen registriert. Sie erreichten an der Küste von Aomori und Hokkaidō etwa 40 cm Höhe.

In der Küstenstadt Hachinohe in der Region Aomori meldeten Medien mehrere Verletzte. Unter den Opfern befinden sich Gäste eines Hotels, die offenbar von herabgefallenen Teilen verletzt wurden. Es kam zu Panikartigen Zuständen während der Evakuierung aus Hotels und Wohnhäusern.

Rasche Evakuierungen wurden veranlasst, der Zugverkehr wurde zeitweise eingestellt, Stromausfälle und Unterbrechungen in Teilen der Infrastruktur wurden berichtet. Trotz der Warnung vor einem stärkeren Tsunami wurden größere Überflutungen bislang nicht bestätigt.

Die Hypozentraltiefe von 58 km weist auf ein Zwischenbeben innerhalb der subduzierten Pazifischen Platte hin, die vor der Ostküste Nordjapans unter die Platte Nordamerikas abtaucht. Die Subduktionszone am Japangraben stellt eine südwestliche Verlängerung des Kamtschatka-Kurilengrabens dar, wo es vor der Südspitze Kamtschatkas Ende Juli ebenfalls eine Starkbebenserie gegeben hatte.


Diese tektonische Situation macht die Region um Hokkaidō und das nördliche Honshū besonders anfällig für starke Erdbeben — und gelegentlich auch für Tsunamis. Doch in diesem Fall blieb das Worst-Case-Szenario glücklicherweise aus: Die registrierten Tsunamiwellen waren deutlich kleiner als prognostiziert, und größere Schäden sind derzeit nach ersten Berichten ausgeblieben.

Barren Island: Ocean Entry fotografiert

Lavastrom auf Barren Island fließt ins Meer – Fotos eines Seglers veröffentlicht

Die effusive Tätigkeit auf der zu Indien gehörenden Vulkaninsel Barren Island in der Andamanensee hält weiter an. Besonders gute Wetterbedingungen ermöglichten die Erstellung erster brauchbarer Fotos des Ereignissen, auch wenn aus einiger Entfernung aufgenommen. Diese Aussage trifft sowohl auf Satellitenfotos zu, auf denen die Insel erstmals seit Wochen wolkenfrei zu sehen ist, als auch auf Bilder eines Seglers, der sich der Insel so weit wie erlaubt näherte.

Barren Island

Auf den Aufnahmen des Seglers, die während der Abenddämmerung entstanden und von mir mittels KI weiterbearbeitet wurden, erkennt man, wie ein verzweigter Lavastrom vom Calderarand aus den niedrigen Hang auf der Nordseite der Insel hinabfließt und ins Meer mündet. Nimmt man die Satellitenaufnahme zur Hilfe, wird klar, dass der Lavastrom einem Förderschlot bzw. einer kurzen Spalte an der Basis des Schlackenkegels entspringt und zum eil gedeckelt in einer Tube fließt, bis er am Calderarand wieder Tageslicht erblickt.

Auch am Hauptkrater erkennt man einen Hotspot. Der Krater ist dafür bekannt, strombolianische Eruptionen zu erzeugen. Offenbar ruht diese Art der Tätigkeit momentan, zumindest wurden keine Fotos veröffentlicht, auf denen man solche Ausbrüche sieht. Diese Vermutung wird auch durch das Fehlen von VONA-Meldungen gestützt, wobei nicht jeder form der strombolianischen Tätigkeit genug Asche auswirft um VONA-Meldungen zu erzeugen.

Die Seiten MIROVA/MODIS zeigen an, dass die Sentinel-Satelliten mittelstarke thermische Anomalien detektieren, die bei den jüngsten Messungen eine Leistung von 36 MW hatten. Für ein offen fließender Lavastrom ist das nicht viel, allerdings ist er auch relativ kurz und fließt größtenteils über einen Steilhang, was die Messungen beeinflusst.

Barren Island ist eine der abgelegensten und zugleich beeindruckendsten Landschaften Südasiens. Die unbewohnte Insel erhebt sich rund 135 Kilometer nordöstlich von Port Blair aus dem Ozean und markiert den Gipfel eines durchaus großen Vulkans, dessen Basis etwa 2.250 Meter tief auf dem Meeresboden liegt. Von oben wirkt der Vulkan wie ein nahezu perfekter Kegel: Die Insel misst etwa 3 Kilometer im Durchmesser und ragt 354 Meter über den Meeresspiegel hinaus.

Bei meinen Recherchen zu der Vulkaninsel bin ich auf den Fakt gestoßen, dass es einst eine zweite Insel gleichen Namens gab: Sie lag vor New York und ist heute Teil des Festlandes von Brooklyn.