Weitere Erdbeben unter den Campi Flegrei – 23 Beben seit gestern
Pozzuoli, 04.05.2025 – Unter dem Calderavulkan Campi Flegrei hat es in den letzten Tagen weitere Erdbeben gegeben und ein Abflauen der bradyseismodalen Aktivität ist nicht in Sicht. So wurden alleine seit gestern 23 schwache Erschütterungen mit Magnituden im Bereich der Mikroseismizität festgestellt.
Die Beben fokussierten sich nicht auf ein bestimmtes Areal, sondern verteilten sich über das Gebiet der Phlegräischen Felder, wobei es sein kann, dass die Beben für eine genaue Lokalisierung zu schwach waren. Die Hypozentren lagen überwiegend in geringer Tiefe, was typisch für Beben im Bereich des Hydrothermalsystems ist. Neue Daten vom INGV
Die Vulkanologen vom INGV veröffentlichten auch ihr neues Wochenbulletin für den Beobachtungszeitraum 26. Mai bis 1. Juni. In dieser Periode wurden 49 Beben registriert. Das stärkste hatte eine Magnitude von 1,9.
Die Bodenhebung setzte sich mit einer Geschwindigkeit von 15 mm pro Monat fort. Seit Januar 2024 hob sich der Boden um 280 mm. Die Hebung seit Beginn der Hebungsphase liegt bei gut 1480 mm.
Der Gasausstoß folgt generell den langjährigen Trends, doch in der letzten Woche stürzte der CO₂-Ausstoß deutlich ab und nahm Werte ein, wie sie vor der Phase signifikant erhöhter Aktivität seit August 2024 typisch waren. Ob das einen dauerhaften Rückgang des Gasausstoßes signalisiert, ist bis jetzt unklar. In einigen Gebieten gab es öfters größere Schwankungen. Die Gastemperatur der Pisciarelli-Fumarole lag im Durchschnitt bei 96 Grad.
Die süditalienische Caldera befindet sich seit 2005 in einer Hebungsphase, die als Bradyseismos bekannt ist. Der Motor hinter diesem Phänomen ist Magma, das von einer tiefen Quelle ausgehend Fluide mobilisiert, die das Hydrothermalsystem unter Druck setzen. Ob auch Magma in geringe Tiefe aufgestiegen ist, konnte bis jetzt wissenschaftlich nicht eindeutig belegt werden, wird von einigen Autoren aber als wahrscheinlich angesehen.
Geringe Gasemissionen bei steigender Seismizität deuten auf Verstopfung des Taal-Fördersystem hin – phreatische Eruption möglich
Manila, 06.06.2025 – Auf den Philippinen zeigt nicht nur der Kanlaon Anzeichen steigender Aktivität, sondern auch der Taal. Dieser erzeugte bereits in der letzten Woche einen phreatischen Ausbruch und könnte nun vor der nächsten Eruption stehen, worauf steigende Seismizität bei rückenläufigem Gasausstoß hindeutet.
Taal mit Volcano Island (Archivbild)
Die von PHIVOLCS veröffentlichten Daten zeigen, dass der Schwefeldioxidausstoß in den vergangenen Tagen kontinuierlich zurückging. Parallel dazu nahm die Seismizität zu. Heute wurden 16 vulkanisch bedingte Erdbeben gemeldet, inklusive 8 Tremorphasen, die zwischen 2 und 32 Minuten dauerten. Am Vortag waren es 9 Erschütterungen. Der Schwefeldioxid-Ausstoß fiel von 1351 Tonnen am Tag, die noch am 2. Juni gemeldet wurden, auf nur noch 381 Tonnen in den letzten 24 Stunden vor Veröffentlichung des Berichts. Die Daten sprechen für eine Blockade des Fördersystems, wodurch Gase nicht mehr wie gewohnt entweichen können, wodurch sich ein zunehmend hoher Gasdruck aufbaut. Diese könnte letztendlich eine Eruption auslösen. In den letzten Monaten konnten wir ähnliches Verhalten am Taal öfter beobachten. Letztendlich löste sich das Problem durch dampfgetriggerte Explosionen, wobei es im letzten Jahr auch zu phreatomagmatischen Eruptionen kam, die frische Lava mit ausstießen.
Genaue Prognosen, wann eine Explosion eintreten wird, lassen sich nicht erstellen, doch meistens lösen sich solche Verstopfungen nach wenigen Tagen. Die Eruptionen manifestieren sich aus dem Krater auf Volcano Island, einer Insel im See der großen Taalcaldera. Diese liegt gut 50 Kilometer von Manila entfernt, der Hauptstadt der Philippinen.
Die Taal-Caldera formierte sich in einer Serie gewaltiger Eruptionen in der zweiten Hälfte des Pleistozäns. Nach der letzten Eiszeit gab es aber auch starke Eruptionen, die, sollten sie heute auftreten, große Zerstörungen verursachen würden, die auch Manila betreffen würden.
Dramatische Videos zeigen Flucht: Paroxysmale Eruption und pyroklastischer Strom werfen Frage nach der Sicherheit am Ätna auf
Nach dem starken paroxysmalen Vulkanausbruch am Ätna, in dessen Folge ein pyroklastischer Strom entstand, der erst ins Valle del Leone und dann ins Valle del Bove floss, sind nun Diskussionen um die Sicherheit am Vulkan entbrannt. Diese werden vor allem in den sozialen Netzwerken geführt, dürften hinter verschlossenen Türen aber auch in den zuständigen Behörden und bei Tourenanbietern geführt werden. Grund für diese Diskussionen ist nicht allein die Tatsache, dass es einen Vulkanausbruch gab, sondern dass bei schönstem Wetter viele Vulkanwanderer unterwegs waren, denen der pyroklastische Strom sehr nahe gekommen ist. Teils dramatisch wirkende Videos wurden veröffentlicht, die zahlreiche flüchtende Wanderer zeigen.
Ein Videoclip -den ich gestern schon zeigte- dokumentiert die panische Flucht einer großen Gruppe bzw. mehrere geführter Wandergruppen in unmittelbarer Nähe zum pyroklastischen Strom. In Anbetracht dieser Bilder grenzt es an ein Wunder, dass es keine Todesopfer oder ernsthaft verletzten Personen jenseits von verstauchten Knöcheln gab. Wenn ich es richtig interpretiere flüchteten die Menschen über die Ascherutsche unterhalb des Pizzo Deneri und waren nicht unmittelbar in Lebensgefahr, doch zum Zeitpunkt des Abganges des pyroklastischen Stroms konnte man das sicherlich nur schwer einschätzen und die Fluchtreaktion war gerechtfertigt.
Im Jahr 2006 bin ich am Ätna in eine ähnliche Situation geraten, mit dem Unterschied, dass ich direkt vor dem Südostkraterkegel stand. Zum Glück erkannte ich die Gefährlichkeit der Situation und habe ca. 10 Minuten vor dem Abgang eines größeren pyroklastischen Stroms -der aber deutlich kleiner war als der aktuelle- die Gefahrenzone rennend verlassen und war gerade außer Reichweite des Stroms, als er abging.
Das INGV veröffentlichte heute einen Artikel nebst ausführlicher Erklärung, nach der die Vulkanologen des Observatoriums durchaus in der Lage sind, Paroxysmen in einem sehr frühen Aufbaustadium zu erkennen und auch davor zu warnen. Nur leider werden diese Warnungen nicht an die Öffentlichkeit weitergegeben, sondern versickern unbeachtet beim Zivilschutz. Ein System, diese Warnungen an Anwohner und Touristen auszugeben, fehlt.
Das Früherkennungssystem des INGV basiert auf einer KI, die Messdaten der 160 Überwachungsstationen auswertet, die am Ätna installiert sind. Damit zählt der Vulkan zu den am besten überwachten Feuerbergen der Welt. Es gibt auch ein teils automatisiertes Warnsystem, das die Informationen an den Zivilschutz weiterleitet, so dass die Öffentlichkeit bereits einige Stunden vor einem Paroxysmus vor dem Ausbruch gewarnt werden könnte.
KI-Basiertes Frührwarnsystem am Ätna.
Das schreibt das INGV zu den Vorgängen am 2. Juni (Zusammenfasung):
Bereits vor dem Ereignis schlug das Frühwarnsystem ETNAS (ETna iNtegrated Alert System) des INGV-Observatoriums Alarm. Es zählt zu den modernsten seiner Art weltweit und kombiniert Daten aus über 160 geophysikalischen und geochemischen Messstationen am Ätna. Das System basiert auf einem Machine-Learning-Algorithmus, der Veränderungen in Echtzeit erkennt und je nach Gefahrenlage verschiedene Warnstufen (F1, F2, I0, I1) ausgibt.
ETNAS unterscheidet dabei zwischen zwei Eruptionsszenarien: Lavafontänen (F-Warnungen) und magmatische Intrusionen (I-Warnungen). Bei letzterem wird ein möglicher Bruch an der Oberfläche durch aufsteigendes Magma angezeigt. So konnte etwa 2018 ein Eruptionsspalt 20 Minuten vor dem tatsächlichen Aufbrechen korrekt vorhergesagt werden.
Im aktuellen Fall wurde frühzeitig die höchste Warnstufe F2 aktiviert, was auf eine unmittelbar bevorstehende oder bereits laufende paroxysmale Eruption hinweist. Die automatische Alarmierung erfolgte über E-Mail und SMS an Katastrophenschutz und regionale Behörden – ein entscheidender Zeitvorsprung, um Schutzmaßnahmen einzuleiten.
Allerdings gibt es auch jenseits des KI-basierten Warnsystems Hinweise auf einen Paroxysmus, die selbst von ambitionierten Vulkanspottern und Hobbyvulkanologen erkannt werden: In der Regel gehen Paroxysmen mit strombolianischen Explosionen einher, die oft Stunden oder sogar Tage im Voraus beginnen. Jedoch gipfelt nicht jede strombolianische Aktivität in einem Paroxysmus mit Lavafontänen, Aschewolken und Lavaströmen. Ein relativ verlässlicher Indikator ist ein rapider Anstieg des seismischen Tremors. Um Fehldeutungen zu vermeiden, wurde ein Schwellenwert definiert, der den „Point of no Return“ markiert – jenen Bereich, ab dem fast sicher mit einem größeren Ausbruch zu rechnen ist. Diese Erkenntnisse sind in der Szene seit etwa 2014 bekannt, werden nun aber durch die KI automatisch erkannt und verarbeitet.
Das trügerische an dem Paroxysmus vom 2. Juni bestand darin, dass sich der Ausbruch drei Wochen nach einer vergleichsweise mild verlaufenden Eruptionsserie manifestierte. So dachten auch erfahrene Vulkanbeobachter, es würde sich um eine Fortsetzung dieser Aktivität handeln. Wäre ich selbst am Vulkan gewesen, wäre ich auch ziemlich nahe herangegangen um gute Fotos zu schießen. Unklar bleibt bis jetzt, ob das Früherkennungssystem des INGV es besser wusste und die Gefahr erkannte: der pyroklastische Strom ging ziemlich unvermittelt ab ohne dass es zuvor eine paroxysmale Hauptphase gegeben hätte. Diese baute sich erst im Zuge des Abgangs auf.
Wichtig wäre es nun, die Informationen über den Vulkanzustand an die Öffentlichkeit zu transportieren, am besten mit den Systemen, die ich schon in meinem letzten Artikel beschrieb. Cellbroadcast ist da meiner Meinung nach das zeitgemäße System der ersten Wahl. Darüber hinaus müssten besonders gefährdete Regionen deutlich markiert werden, damit Vulkanwanderer wissen auf was sie sich einlassen. Tatsächlich wurden jüngst vor dem Gipfelbereich neue Warnschilder aufgestellt, doch anderorts fehlen diese. Nach wie vor bin ich gegen generelle Besteigungsverbote und allumfassende Sperrungen, aber für mehr Information und Aufklärung.
Mittelstarkes Erdbeben Mw 5,0 erschütterte die beliebte Ferieninsel – zahlreiche Wahrnehmungsmeldungen
Datum: 03.06.2025 | Zeit: 11:26:31 UTC | Koordinaten: 34.974 ; 25.841 | Tiefe: 10 km | Mw 5,0
Heraklion, 04.06.2025 – Im Südosten der bei deutschen Urlaubern beliebten griechischen Insel Kreta hat sich erneut ein mittelstarkes Erdbeben ereignet. Die Magnitude wird vom GFZ mit 5,0 angegeben, während das EMSC eine Stärke von 4,9 meldet. Die Tiefe des Hypozentrums wurde von beiden Erdbebendiensten mit 10 Kilometern angegeben. Das Epizentrum lag kurz vor der Küste, etwa 10 Kilometer ost-südöstlich von Ierápetra.
Der Erdstoß ereignete sich am gestrigen Mittag um 11:26:31 UTC und war in einem Umkreis von über 500 Kilometern spürbar. Augenzeugen in der Nähe des Epizentrums beschrieben das Beben als stark und langanhaltend. Gegenstände fielen aus Regalen, Lampen schwankten – größere Schäden wurden jedoch nicht gemeldet.
Obwohl die Bevölkerung Kretas zunehmend besorgt über die Erdbeben ist, reagiert man dort insgesamt noch vergleichsweise gelassen – im Gegensatz zur Türkei, wo es bei ähnlich starken Beben regelmäßig zu Panikreaktionen kommt und Menschen teils sogar aus Fenstern springen, wie es zuletzt vorgestern der Fall war. In Bezug auf die Türkei könnte gezielte Aufklärung helfen: Nicht jede Störungszone ist groß genug, um katastrophale Starkbeben hervorzurufen, so dass Schäden meistens gering ausfallen und ein vergleichbare geringes Sterberisiko besteht. Fluchtreaktionen sind in erster Linie entlang der beiden großen Störungszonen im Norden und Osten Anatoliens angebracht.
Auffällig ist, dass es in den vergangenen Wochen überdurchschnittlich häufig zu vergleichbaren Erdstößen im Raum Kreta gekommen ist. Offenbar drückt die Afrikanische Platte verstärkt gegen die Eurasische Platte und verursacht Spannungen im Untergrund, die sich in zahlreichen Erdbeben in der Ägäis und angrenzenden Gebieten wie der Türkei entladen. Auf der Shakemap sind auch Erdbeben im Gebiet nordöstlich von Santorin erkennbar.
Die Kräfte der Plattenkollision, an der nicht nur die beiden großen Kontinente beteiligt sind, sondern auch mehrere kleinere Platten wie die Ägäische, Ionische, Anatolische und Arabische Platte, erzeugen Krustenbewegungen in unterschiedliche Richtungen. So kommt es im Back-Arc-Bereich der Hellenischen Subduktionszone auch zu Krustendehnungen, von denen Kreta besonders betroffen ist. Deshalb weist die Insel eine Längsausdehnung in Ost-West-Richtung auf. Diese bedingt eine Reihe parallel verlaufender Störungszonen, die senkrecht zur Subduktionszone ausgerichtet sind. Eine dieser Störungszonen im Osten Kretas ist die Ierapetra-Fault-Zone, die für den aktuellen Erdstoß verantwortlich gemacht wird. Zuletzt ereignete sich hier im vergangenen Jahr ein ähnliches Beben.
Langanhaltende Ascheemission am Kanlaon beobachtet – Seismizität erhöht
Manila, 04.06.2025 – Nachdem der Kanlaon in der letzten Woche recht ruhig war, gibt es diese Woche erneut Anzeichen erhöhter Unruhen. So eruptierte der Vulkan am Montag fast eine halbe Stunde lang Vulkanasche. Sie erreichte laut VAAC Tokio eine Höhe von 3300 m und driftete in Richtung Westen. In den Orten unter der Eruptionswolke kam es zu leichtem Ascheniederschlag.
Die Vulkanologen von PHILVOLCS veröffentlichten eine Schautafel zum Geschehen, der man die wesentlichen Daten entnehmen kann. Demnach erreichte die Aschewolke eine Höhe von 1200 m über dem Krater und 29 Minuten an. Die Emission wurde von vulkanischem Tremor begleitet. Zudem stieg auch die Seismizität an und es wurden 37 vulkanotektonische Erdbeben registriert. Der Schwefeldioxidausstoß belief sich auf 1460 Tonnen am Tag. Am Tag zuvor wurden gut 400 Tonnen SO₂ mehr ausgestoßen. Der Vulkan gilt weiter als aufgebläht. Diese Aufblähung zeugt von einer größeren Magmenakkumulation unter dem Feuerberg. Weitere Ascheeruptionen, die auch durchaus stärker werden können, gelten als wahrscheinlich.
Der Kanlaon ist seit gut einem Jahr sehr aktiv. Eine größere Eruption gab es zuletzt am 13. Mai, als sogar ein pyroklastischer Strom entstand. Am 25. Mai ereignete sich dann ein Lahar, als sich auf dem Vulkanhang Regenwasser mit der abgelagerten Asche mischte. Dabei wurde 1 Haus zerstört und 7 weitere beschädigt.
Kanlaon ist ein 2435 m hoher Stratovulkan auf der philippinischen Insel Negros. Er liegt zwischen den Provinzen Negros Occidental und Negros Oriental. Obwohl der Kanlaon in den letzten Monaten oft eruptierte, werden seine Ausbrüche selten so stark, dass sie große Landstriche verwüsten. Doch auch von den schwächeren Eruptionen mit einem VEI2 geht ein gewisses Zerstörungspotenzial aus. Besonders gefährlich sind dabei die pyroklastischen Ströme.
Fuego eruptiert wieder regelmäßiger – Vulkanasche in 4300 m Höhe detektiert
Antigua, 03.06.2025 – Der guatemaltekische Vulkan Fuego eruptiert seit Mitte Mai wieder regelmäßiger und löste heute 2 VONA-Warnungen aus, nach denen Vulkanasche bis auf eine Höhe von 4300 m aufstieg und nach Südwesten driftete. Der Vulkan hatte eine fast 4-monatige Pause eingelegt, nachdem er sich Mitte Januar verausgabt hatte. Zur alten Bestform kehrte er indes bisher nicht zurück.
Wie aus den täglichen Updates von INSIVUMEH hervorgeht, werden am Fuego zurzeit stündlich zwischen 2 und 4 Eruptionen registriert, während der Vulkan noch im letzten Jahr zwei bis dreimal so häufig ausbrach. Ob und wenn ja, wie hoch glühende Tephra ausgestoßen wird, bleibt unklar, da es aufgrund hartnäckiger Bewölkung kaum visuelle Observierungen gibt. Dennoch werden in den Bulletins ein glühendes Leuchten beschrieben und Geräusche, die sich anhören wie von einer Lokomotive.
Die Vulkanologen warnen vor leichtem Aschenniederschlag in Orten um den Vulkan und betonen die Möglichkeit, dass Lahare entstehen könnten. Der Fuego hatte am 9. März einen Paroxysmus erzeugt und die Ruhephase kurzzeitig unterbrochen gehabt. Das Ereignis lagerte größere Aschemengen ab, von denen nun die erhöhte Lahargefahr ausgeht. Prognosen über den weiteren Eruptionsverlauf lassen sich aufgrund wissenschaftlicher Messdaten aktuell nicht erstellen, doch erfahrungsgemäß erholte sich der Vulkan von seinen Tiefphasen in den letzten Jahren immer wieder und nahm nach einigen Monaten seine gewohnte Aktivität wieder auf. Sehr zur Freude der Vulkantouristen und deren Guides.
Die längste Ruhephase der letzten Jahrzehnte ereignete sich nach der starken Eruption von 2018, als ein Paroxysmus so stark wurde, dass pyroklastische Ströme entstanden, ähnlich wie es gestern am Ätna der Fall gewesen ist. Mit dem Unterschied, dass die pyroklastischen Ströme am Fuego stärker waren, bewohntes Gebiet erreichten und über 250 Menschen töteten. Ein dramatisches Beispiel dafür, dass auch nicht dombildende Vulkane mit einer vergleichsweise dünnflüssigen Lava große pyroklastische Ströme hervorbringen können. Eine Erkenntnis, die erst in den letzten Jahren immer besser dokumentiert wurde. Neben dem Fuego und Ätna traten pyroklastische Ströme während Paroxysmen am Stromboli, Manam und Klyuchevskoy auf. Alle entstanden in ähnlicher Situation durch partiellen Kraterwandkollaps, während sich ein Lavastrom seinen Weg bahnte.
Teilkollaps der nördlichen Südostkraterflanke verursachte pyroklastischen Strom – Wanderer am Ätna flüchteten panisch
Catania, 03.06.2025 – Paroxysmus und pyroklastischer Strom sorgten gestern am Ätna für Alarmstimmung: Als es gegen 09:24 Uhr zum Teilkollaps der Nordflanke des Südostkraters kam und der pyroklastische Strom durch das Valle del Bove floss, befanden sich zahlreiche Wanderer auf dem Grat der Serra delle Concazze, die das Valle del Bove nach Norden begrenzt. Von dem Grat aus hat man einen schönen Überblick über das Tal und auf die Gipfelkrater und befindet sich doch in relativer Sicherheit – relativ, weil es im Extremfall doch zu Auswirkungen an den Rändern der großen Depression im Osten des Ätnas kommen kann.
Bei besonders starken Eruptionen und starkem Südwind sind auf der Serra und auch im darunterliegenden Wald bereits große Lavabrocken eingeschlagen, die Autoscheiben zerstört und Menschen in arge Bedrängnis gebracht haben. Gestern dann der pyroklastische Strom, der so weit floss, dass er den Fuß der Klippen des Grates erreichte, auf dem sich die Wanderer befanden. Videoaufnahmen dokumentieren ihre Flucht vor der herannahenden Glutwolke, deren oberer, aschebeladener Teil drohte, über den Grat zu schwappen.
Doch in welcher Gefahr befanden sich die Menschen wirklich? Die Steilwände zum Valle del Bove hin sind gut 200 Meter hoch und stellen ein ernstzunehmendes Hindernis für pyroklastische Ströme dar – obgleich wirklich große Ströme auch solche Hindernisse überwinden könnten. In der Größenordnung des aufgetretenen Stroms bestand zumindest nicht die Gefahr, dass der besonders heiße basale Teil des pyroklastischen Stroms die Wanderer erreichte. So hätten sie in erster Linie mit der Aschewolke Bekanntschaft machen können – was aber auch mehr als unangenehm ausgehen kann.
Doch das Gefährlichste an einem pyroklastischen Strom ist der brandheiße untere Teil, in dem es bis zu 1000 Grad heiß sein kann – eine Temperatur, die alles Leben in Sekundenschnelle auslöscht. Nicht umsonst wird eine spezielle Form der pyroklastischen Ströme auch Glutwolke genannt. 1000 Grad dürfte der Strom am Ätna gestern nicht erreicht haben, aber Temperaturen von über 400 Grad sind durchaus realistisch. Forscher des INGV wollen demnächst in das Gebiet vordringen, um Proben zu sammeln – vielleicht weiß man anschließend Genaueres.
In den sozialen Medien wurden die unterschiedlichsten Kommentare geteilt, und auf Facebook postete ein Ortsansässiger, dass sogar ein Verwandter umgekommen sein soll, der sich in 100 bis 200 Metern Entfernung zum pyroklastischen Strom aufgehalten habe. Seine Lungen sollen verbrannt und mit Wasser gefüllt gewesen sein. Meiner Meinung nach handelt es sich um eine Fakenews. Das Profil der Person ist jedenfalls verriegelt und nicht öffentlich zugänglich. Bestätigungen über Opfer gab es in der Presse nicht.
Das andere Extrem stellen Kommentare von Vertretern der Touristikbranche dar, die sinngemäß meinten, es habe keine Gefahr bestanden und sie hätten die Situation unter Kontrolle gehabt. Wer so etwas schreibt, hat das Wesen des Vulkanismus nicht verstanden und keine Ahnung von Vulkangefahren. Natürlich stehen hier in erster Linie Sorgen vor Gewinneinbußen und darüber im Raum, dass die Zugangsregeln zum Vulkan verschärft werden könnten.
Ich persönlich bin prinzipiell dagegen, den Zugang zu Vulkanen zu sperren, doch ich bin ebenso der Meinung, dass Massentourismus auf aktiven Vulkanen nichts zu suchen hat. Im Brennpunkt meiner Kritik stehen insbesondere die Bustouren, die man im Süden des Vulkans veranstaltet. Hier werden Hundertschaften von Touristen bis 300 Höhenmeter Meter unterhalb der Gipfelkrater gefahren, ohne dass man die Menschen vorher vernünftig über die Vulkangefahren aufklärt. Dabei stolpert dann jeder – auch kleine Kinder, Alte und Kranke – schlecht ausgerüstet und ungeachtet des Wetters durchs vulkanische Hochgebirge, die nicht geringste Ahnung davon zu haben, dass man in Gefahr geraten kann und wie man sich dann richtig verhält. So etwas wird allein des Geldes wegen gestattet. Individualtouristen, die auf eigene Faust den Vulkan erkunden wollen und vergleichsweise wenig Geld einbringen, werden unter dem fadenscheinigen Sicherheitsargument hingegen schnell vom Berg verbannt.
Tatsächlich fehlt auch ein funktionierendes Warnsystem. Vulkanampeln könnten Touristen schon an den Aufstiegsrouten signalisieren, ob ein Aufstieg relativ gefahrlos ist. Zudem wäre ein Cell-Broadcast-System sinnvoll, das automatisch per Smartphone vor gefährlichen Situationen warnt. Unsere vulkanologische Gesellschaft plante vor gut zehn Jahren ein Projekt, Informationstafeln am Ätna aufzustellen, doch es scheiterte am behördlichen Desinteresse und einer gewissen Blockadehaltung vor Ort. Man wollte sich nicht in seinen Zuständigkeitsbereich hineinreden lassen.
Die Vulkanologen vom INGV berichteten gestern zeitnah über die Entwicklungen am Ätna und sprechen bei Gelegenheiten wie dieser allgemeine Warnhinweise aus. Nur: Wer nicht aktiv auf die Website des INGV schaut, wird in der Regel davon nichts erfahren. Dabei wäre es natürlich ein Leichtes, an touristischen Hotspots Monitore zu betreiben oder wenigstens QR-Codes zu installieren, die auf die Seite des INGV verlinken.
Was trotz aller Fortschritte in der Vulkanologie nach wie vor fehlt, sind längerfristige Warnungen vor größeren Eruptionen. Eine Warnung vor dem Paroxysmus, in dessen Zuge der pyroklastische Strom gestern auftrat, gab es nicht – oder praktisch erst, als sich dieser bereits aufbaute. Längerfristig betrachtet lassen sich solche Ausbrüche bislang nicht prognostizieren.
Erste Daten zum pyroklastischen Strom
Die Vulkanologen posteten gestern Abend, dass es im Zuge der Eruption eine leichte Bodenhebung von 0,2 µrad gab und eine Dehnungsvariation an der Station Monte Ruvolo von etwa 120 Nanostrain. Zudem wurde eine Tremorquelle in 2500 Metern Tiefe unter den Gipfelkratern ausgemacht. Der pyroklastische Strom entstand durch einen Teilkollaps der nördlichen Südostkraterflanke, wo nun eine tiefe Scharte klafft. Doch das kalte Material der Kraterflanke hätte bei einem normalen Kollaps nur eine Schuttlawine bzw. einen Bergsturz ausgelöst. Damit ein pyroklastischer Strom entstehen konnte, muss ein nicht unerheblicher Teil des Materials aus heißer Lava bestanden haben, die reich an Gasen war. Diese Gase wurden während des Kollapses explosionsartig freigesetzt und fragmentierten das Gestein. Auf Videoaufnahmen ist zu erkennen, dass das teilweise erst geschah, als die Massen bereits unterwegs waren. Wahrscheinlich drückte sich ein zäher Lavastrom durch die Flanke, was den Kollaps und den pyroklastischen Strom auslöste. Luftbilder nach dem Ereignis zeigen die neu entstandene Narbe im Südostkraterkegel. Große pyroklastische Ströme können übrigens spielend Entfernungen von 10 Kilometern und mehr zurücklegen. In so einem Fall wären am Ätna auch die Orte unterhalb des Valle del Bove gefährdet. Die Länge des Stroms gestern schätze ich auf ca. 3,5 Kilometer.
Erdbeben Mw 5,8 verursachte leichte Schäden nahe Marmaris in der Türkei – Zahlreiche Verletzte und ein Todesopfer
Datum: 02.06.2025 | Zeit: 23:17:27. UTC | Koordinaten: 36.706 ; 28.241 | Tiefe: 68 km | Mw 5,8
Marmaris, 03.06.2025 – Gestern Abend erschütterte ein starkes Erdbeben der Magnitude 5,8 den westtürkischen Küstenort Marmaris. Das Epizentrum lag nur 17 Kilometer südlich des beliebten Ferienorts. Obwohl der Erdbebenherd in der relativ großen Tiefe von 68 Kilometern lag und sich damit bereits in der Asthenosphäre befand, entstanden in Marmaris und umliegenden Orten leichte Schäden wie Gebäuderisse.
Obwohl größere Schäden ausblieben und keine Gebäude einstürzten, gab es 69 Verletzte und sogar eine 14-Jährige, die infolge einer Panikattacke verstarb. Auch die Mehrzahl der Verletzungen war auf Panikreaktionen zurückzuführen, ähnlich wie es bereits beim letzten Erdbeben am 23. April nahe Istanbul der Fall gewesen ist: Die Menschen sprangen in Panik aus Fenstern, um sich vor einer drohenden Katastrophe in Sicherheit zu bringen. Das zeigt, wie nervös man in den türkischen Gebieten ist, in denen man in den nächsten Jahrzehnten mit einem Starkbeben rechnen muss.
In den sozialen Medien wurden Videos geteilt, auf denen schwankende Lampen und auf Tischen tanzendes Geschirr zu sehen sind. Außerdem zeigten sie, wie sich Menschen auf freien Plätzen versammelten. Alles in allem scheinen die Folgen des Erdbebens bis auf die Panikreaktionen überschaubar zu sein.
Das Erdbeben war in einem großen Umkreis von fast 1000 Kilometern zu spüren gewesen. Dem EMSC liegen hunderte Wahrnehmungsmeldungen vor, u.a. aus Griechenland, Ägypten und Rumänien. Besonders stark erschüttert wurde auch die griechische Insel Rhodos, die nur wenige Kilometer vor der türkischen Küste bei Marmaris liegt.
Tektonische Situation bei Marmaris und Rhodos
Tektonisch betrachtet ist die Situation in dieser Region des Mittelmeeres sehr komplex und in der Nähe des Erdbebengebiets bei Marmaris verlaufen mehrere dominante Störungszonen: Nördlich von Marmaris liegen die Ausläufer der Nordanatolischen Verwerfung, die für die Erdbeben im Raum Istanbul verantwortlich ist. Im Westen ist es die hellenische Subduktionszone, die Sorgen bereitet, und im Süden befindet sich der Strabo-Graben. Parallel zu diesem Graben verlaufen die STEP-Störungszone und weiter nördlich die Fethiye-Burdur Fault Zone und die Rhodos-Störungszone, bei denen es sich um Übergangsstörungen handelt, die in der Hellenischen Subduktionszone münden. An einer dieser Störungen am Rand des Rhodos-Beckens manifestierte sich das aktuelle Erdbeben.
Richtiges Verhalten bei Erdbeben
Sollte man in die Situation kommen, sich einem Erdbeben ausgesetzt zu sehen, ist es wichtig, sich richtig zu Verhalten und Ruhe zu bewahren. Der Sprung aus einem höher gelegenen Fenster ist sicherlich nur der letzte Ausweg, wenn ein Gebäude bereits dabei ist, zusammenzustürzen. Nur wer auf sicherem Weg ein Gebäude innerhalb weniger Sekunden verlassen kann, sollte dies auch tun. Ist das nicht möglich, wird empfohlen, sich neben stabilen Möbeln auf den Boden zu legen und den Kopf zu schützen.
Moderates Erdbeben im Vulkansystem Ljósufjöll beim Grjotarvatn auf Island
Reykjavik, 02.06.2025 – Erst gestern schrieb ich über den geologischen Umbau des Riftsystems auf der Reykjanes-Halbinsel, der sich unter Umständen auch bis auf die Snæfellsnes-Halbinsel im Westen Islands auswirken könnte, da gab es heute wie zur Bestätigung gleich zwei Erdbeben mit den Magnituden 3,4 und 3,2 beim Grjotarvatn im Ljósufjöll-System.
Wie IMO mitteilte, handelt es sich bei dem stärkeren Beben um das zweitstärkste in dem Areal seit Beginn der Aktivität im Jahr 2021. Stärker war nur das Beben M 3,7 vom 8. Mai dieses Jahres. Auffällig ist, dass die Beben im Dreierbereich i immer kürzerer Folge erscheinen, was für einen allgemeinen Trend der Aktivitätssteigerung spricht.
Das Epizentrum der Beben wurde rund 28 km nördlich von Borgarnes verortet. Das Hypozentrum beider Erdbeben lag in 18 Kilometern Tiefe. Es folgten weitere Beben, so dass ein kleiner Schwarm entstand. Die Tiefe der Hypozentren legt nahe, dass die Beben durch Gesteinsbruch infolge von Magmenbewegungen verursacht wurden. Der Erdbeben stützen die Hypothese, dass sich Magma im oberen Bereich der Asthenosphäre akkumuliert und versucht, in die Erdkruste einzudringen.
Während man auf Snæfellsnes noch auf Signale einer signifikanten Bodendeformation wartet, erhält man sie tagtäglich von der weiter südlich gelegenen Reykjanes-Halbinsel. Die Bodenhebung bei Svartsengi hält unverändert an, sieht man einmal von der Fluktuation der Messgenauigkeit ab. Seit Anfang April hob sich der Boden an der Messstation SENG um gut 230 mm. Es fehlen noch 30 mm zum Gleichstand mit der Hebung von vor der letzten Eruption. Dieser sollte in den nächsten 10 Tagen erreicht sein. Die Eruptionswahrscheinlichkeit wächst proportional zur Bodenhebung. Anzeichen für ein baldiges Ende der Aktivität gibt es nicht. Und selbst wenn sie ein spontanes Ende finden sollte, ist es wahrscheinlich nur eine Frage von Monaten, bis ein anderes Vulkansystem auf Reykjanes oder Snæfellsnes erwachen wird.