Semeru: Schwerverletzte Personen durch pyroklastische Ströme

Pyroklastische Ströme am Semeru: 3 Schwerverletzte, Sachschäden, Evakuierungen und höchste Warnstufe

Der Vulkan Semeru auf Ostjava hat am Dienstag mit einer Serie großer pyroklastischer Ströme für Aufregung gesorgt. Zwischen 14:13 Uhr und 18:11 Uhr WIB gingen mehrere pyroklastische Dichteströme ab, die weit über die Grenzen des Sperrgebiets hinaus glitten und teilweise eine Reichweite von mehr als 17 Kilometern hatten. In der Folge erlitten 3 Menschen schwere Verbrennungen. Zudem entstand Sachschaden und es wurden Evakuierungen veranlasst.




Die rasche Intensivierung der Aktivität führte dazu, dass die indonesische Geologische Behörde die Warnstufe innerhalb weniger Stunden gleich zweimal heraufsetzte. Um 16:00 Uhr wurde der Status zunächst von Stufe II auf Stufe III erhöht, nur eine Stunde später folgte der Sprung auf Stufe IV, die höchste Alarmstufe für Vulkane im Land.

Laut Behördenchef Muhammad Wafid deuten die seismischen Daten darauf hin, dass sowohl explosive Eruptionen als auch Schuttlawinenabgänge weiterhin anhalten. Die dichten Wolken und unbeständigen Wetterbedingungen hätten jedoch eine kontinuierliche visuelle Überwachung erschwert. Gleichzeitig nahm die Anzahl der harmonischen Erdbeben zu – ein klarer Hinweis auf weiter aufsteigendes Magma im Inneren des Vulkans. Es gibt zudem Hinweise, dass weitere Dichteströme abgegangen sein könnten.

Die Behörden weiteten daraufhin die Sperrzone am Semeru deutlich aus: Der gesamte südöstliche Bereich entlang des Flusses Besuk Kobokan bis zu einer Entfernung von 20 Kilometern vom Krater gilt nun als Hochrisikozone. Zusätzlich wird die Bevölkerung aufgefordert, sich nicht innerhalb von 500 Metern entlang des Flussufers aufzuhalten. Auch der Umkreis von acht Kilometern rund um den Gipfel wurde gesperrt.

Parallel dazu wurde die Schadensbilanz aktualisiert. Drei Personen – alles Männer in den 40igern – erlitten schwere Verbrennungen und werden medizinisch behandelt. Ein weiterer Einwohner aus dem Dorf Maron wurde beim Überqueren der Curahkobokan-Brücke verletzt. Zudem musste ein Mann aus Sumbersari unter schwierigen Bedingungen aus seinem Zuhause evakuiert werden. Die Tatsache, dass die Menschen im Randbereich eines pyroklastischen Stroms nicht umgekommen sind, zeigt, dass die Überlebenschance davon abhängt, in welcher Zone eines Dichtestroms man gerät. Erfahrungsgemäß sinkt der Grad der Verbrennungen mit jedem Kleidungsstück, das man trägt. Shorts und T-Shirts sind in der Nähe aktiver Vulkane unangebracht. Zudem zeigt das Geschehen, dass man an dombildenden Vulkanen auch außerhalb des Sperrgebiets nicht sicher ist.

Auf der Curahkobokan-Brücke standen auch Schaulustige, die mit ihren Handys filmten, wie ein pyroklastischer Strom unter der Brücke durchfloss. Bilder aus dem bebauten Flussbereich unter der Brücke zeigen auch, dass der pyroklastische Strom metergroße Gesteinsbrocken mit sich brachte, die noch dampften, als man sie Stunden nach dem Ereignis mit Wasser beschüttete.

Mehr als 950 Menschen mussten inzwischen ihre Häuser verlassen. Die meisten stammen aus den Bezirken Pronojiwo und Candipuro und wurden in Schulen, Moscheen sowie Gemeindezentren untergebracht. Bilder zeigen zerstörte oder beschädigte Häuser am Flussbett im Bereich der Brücke. Die Datenerfassung zu weiteren Schäden und Betroffenen läuft weiter.

Campi Flegrei: Anstieg der Fumarolentemperatur

Erdbeben Campi Flegrei. © EMSC/Leaflet

Anstieg der Fumarolentemperatur in der Solfatara – Sorge vor phreatischen Eruptionen in den Campi Flegrei wächst

Die Erdbeben in der süditalienischen Caldera Campi Flegrei bei Neapel gehen weiter und es gibt keine Anzeichen für eine etwaige Entspannung der Situation. Im Gegenteil, die neuesten geophysikalischen Messungen zeigen, dass die Fumarolentemperatur in der Solfatara um 3 Grad auf 173 Grad Celsius angestiegen ist. Auf einer Fachtagung äußerten Vulkanologen, dass die Gefahr phreatischer Explosionen steigt.

In den letzten 24 Stunden gab es unter der Caldera 56 Erdbeben. 43 davon konzentrierten sich auf einen Schwarm, der gestern Vormittag begann und dessen stärkste Einzelerschütterung eine Magnitude von 2,7 hatte. Das Hypozentrum dieses Bebens lag in 2,8 Kilometern Tiefe. Das Epizentrum wurde unter der auslaufenden Tangentiale der Galeria Solfatara nördlich des gleichnamigen Kraters lokalisiert.

BG-Fumarole. © INGV

Dem INGV-Wochenbericht für die Periode vom 10. bis 16. November ist zu entnehmen, dass es in der 46. Kalenderwoche 88 Erdbeben gegeben hatte. Die Bodenhebung blieb bei 25 mm im Monat. Die Rohdaten deuten möglicherweise einen leichten Rückgang an. Der Kohlenstoffdioxidausstoß zeigte keine wesentlichen Schwankungen und ist weiterhin sehr hoch. Die Gastemperatur der Pisciarelli-Hauptfumarole liegt weiterhin bei 94 Grad, gemessen in 5 m Entfernung zum Hauptgasstrom. Angestiegen ist hingegen die Gastemperatur der Fumarole Bocca Grande im Solfatara-Krater. Sie stieg in den letzten Wochen von 169 auf 172 Grad. Ein neu installierter Temperatursensor maß sogar 173 Grad. Dieser Wert wurde schon früher als Maximalwert angegeben, jetzt soll es ein Durchschnittswert sein.

Geowissenschaftler tagten in Bagnoli und diskutierten die Vulkangefahren

Nicht zuletzt die gestiegene Gastemperatur und die beschleunigte Bodenhebung schüren Sorgen um phreatische Explosionen. Auf einer Fachtagung, die letzte Woche Dienstag im Auditorium in Bagnoli abgehalten wurde, wiesen Geowissenschaftler auf die steigende Wahrscheinlichkeit für das Auftreten dieser gefährlichen Phänomene hin und machten deutlich, dass diese dampfgetriebenen Explosionen ohne jegliche Vorwarnung auftreten könnten.

Die Tagung wurde vom INGV-Präsidenten Fabio Florindo eröffnet, der die Bedeutung einer kontinuierlichen Überwachung betonte. Ebenfalls anwesend waren Nello Musumeci, Minister für Zivilschutz und Meerespolitik, Paola Pagliara, Direktorin für Risikovorhersage und Prävention im Zivilschutz, sowie Stefano Branca, Direktor des Vulkan-Departements des INGV. Die wissenschaftliche Leitung übernahm Lucia Pappalardo, Direktorin des Vesuv-Observatoriums und wissenschaftliche Leiterin des LOVE-CF-Projekts, die die neuesten Erkenntnisse zum Zustand des magmatischen Systems präsentierte. Demnach soll sich das Magma vor allem in zwei Tiefenbereichen ansammeln: in rund 6–8 Kilometern sowie in etwa 12–16 Kilometern Tiefe. Annahmen über flachere Magmaakkumulationen wurden verworfen. Stattdessen geht man davon aus, dass magmatische Gänge bis auf 3–4 Kilometer Tiefe vordringen, dort jedoch relativ rasch abkühlen und erstarren.

In einem späteren Rai-Uno-Interview mokierte der Zivilschutz-Minister Nello Musumeci, dass es den Bürgern von Pozzuoli an Risikobewusstsein fehlen würde. Bisher seien auch nur ca. 5% der bereitgestellten Hilfsgelder für freiwillige Umsiedlungsmaßnahmen abgerufen worden. Auch Maßnahmen zur Wiederherstellung der Gebäudesicherheit würden nicht in genügend großem Umfang durchgeführt werden. Ein Problem bestehe wohl darin, dass viele Gebäude keine gültige Baugenehmigung hätten und Hausbesitzer fürchteten, Hilfsgelder zu beantragen. Eine Baugenehmigung wird wohl unwirksam, sobald durchgeführte Arbeiten von den eingereichten Plänen abweichen. Daher müsse man über eine Generalamnestie in Bezug auf Bausünden nachdenken.

Mount Rainier: Zeitung berichtet über Schwarmbeben

Vermeintliches Schwarmbeben am Mount Rainier – bis jetzt vom USGS unbestätigter Bericht in der Daily Mail

Die renommierte britische Zeitung „Daily Mail“ berichtet heute in ihrer Onlineausgabe über einen starken Erdbebenschwarm, der sich seit 3 Tagen unter der Westflanke des Mount Rainier abspielen soll. Demnach begann das Schwarmbeben, das auch tremorähnliche seismische Signale hervorgebracht haben soll, am Abend des 15. Novembers und hielt für die nächsten 72 Stunden an. Dabei werden in dem Artikel Screenshots der Seismogramme vom PNSN (Pacific Northwest Seismic Network) gezeigt. Offizielle Berichte von Seiten der Seismologen oder Vulkanologen des USGS konnte ich bis jetzt nicht finden.

Vermeintlicher Tremor Mount Rainier

In dem Artikel heißt es, dass es eine erhöhte Ausbruchsgefahr des Vulkans geben soll und dass über 3 Millionen Menschen des Großraums Seattle vom Vulkan bedroht seien. Es wird ein durchgehendes Erdbebensignal beschrieben, das wie vulkanischer Tremor aussehen soll. Ich habe mir heute die aktuellen Helicoder-Seismogramme beim PSNS und CVO angeschaut:  Das Seismogrmm vom PSNS sieht noch so aus wie auf der Abbildung hier gezeigt. Beim CVO konnte ich zwei temporäre Tremorbänder identifizieren und fühlte mich an das erinnert, was wir schon von anderen Vulkanen her kennen: entweder Phasen, die auf starken Sturm hindeuten, oder von Menschen gemachte Unruhen. Allerdings gibt es abseits der vermeintlichen Tremorsignale durchaus zahlreiche Zipper, die von schwachen Erdbeben zeugen könnten, doch auch hier kommen andere Ursachen in Betracht. Das Seismogramm vom PSNS sieht für mich gestört aus.  Auf der offiziellen CVO-Shakemap sind nur einige wenige Erdbeben geringer Magnituden zu sehen.

Erdbeben St. Helens

Ich nahm die Gelegenheit wahr und schaute mir bei dieser Gelegenheit die Shakemap vom etwas weiter südlich gelegenen Mount St. Helens an und musste feststellen, dass es hier in den letzten Tagen tatsächlich vermehrt zu schwachen Erdbeben gekommen war: Innerhalb von einer Woche manifestierten sich ca. 25 Beben mit Magnituden im Bereich der Mikroseismizität. Das stärkste Beben brachte es gestern auf Mb 1,3 in 4,5 Kilometern Tiefe. Das Epizentrum manifestierte sich im Bereich des Lavadoms, der zwischen 2004 und 2008 wuchs.

Auf der Shakemap des Mount Rainier sind aktuell nur 5 Mikrobeben mit Magnituden kleiner 1 eingezeichnet, die sich in Tiefen von mehr als 5 Kilometern abspielten. Eins der Beben lag unter dem Gipfel, die 4 anderen unter der Westflanke.

Ganz abwegig ist der Gedanke aber nicht, dass sich der Mount Rainier langsam auf eine Eruption vorbereiten könnte, denn im Sommer gab es tatsächlich einen stärkeren und langandauernden Erdbebenschwarm, der von offizieller Seite kommuniziert wurde. Außerdem deuten die Messwerte einer GPS-Station im Gipfelbereich an, dass es eine leichte Bodenhebung geben könnte.

Den in den letzten 72 Stunden registrierten Tremor sehe ich als eine Gerätestörung an, wenigstens solange, bis offizielle Kanäle etwas anderes verkünden.

Update: Inzwischen gibt es vom USGS nicht nur keine Bestätigung für den vermeintlichen Tremor am Mount Rainier, sondern sogar ein Dementi! Wie vermutet handelt es sich bei dem Signal entweder um eine Störung oder um starken Wind, ggf. mit Schneesturm.

Semeru: Pyroklastische Ströme auf Livestream

Massive Front eines pyroklastischen Stroms am Semeru. © Afar-TV

Livestream zeigt anhaltende Abgänge pyroklastischer Ströme am Semeru – hohes Gefahrenpotenzial

Ein Livestream von Afar-TV bestätigt meine vorherige Hypothese, dass es sich nicht um den Abgang eines pyroklastischen Stroms am Semeru handelt, sondern um eine anhaltende Serie. Obwohl sich der Semeru in dichte Wolken hüllt – in Indonesien hat die Regenzeit begonnen – sieht man massiv wirkende Fronten von pyroklastischen Strömen aus den Wolken am Fuß des Vulkans brechen.




Den Bildern wohnt eine düstere Ästhetik inne, die nicht darüber hinwegtäuschen sollte, wie gefährlich pyroklastische Ströme sind. Die massive Front des Dichtestroms, die plötzlich unterhalb der Wetterwolken auftaucht, zeigt, dass es sich um massive Abgänge handelt, die offenbar besiedeltes Gebiet außerhalb der Sperrzone erreichen, wie man anhand des Feldes im Vordergrund schließen kann. Menschen, die in den Dichtestrom geraten, haben nur geringe Überlebenschancen. In den harmlos erscheinenden Wolken der Dichteströme kann es verdammt heiß sein, zudem droht Tod durch Ersticken, denn atembare Luft gibt es im Inneren eines Dichtestroms nicht. Selbst im Randbereich eines Dichtestroms können die Gase mehrere hundert Grad heiß sein: ein Atemzug und die Lunge verbrennt und füllt sich mit körpereigenem Wasser. Selbst ohne Verbrennungen verstopft die dichte Asche die Atemwege. Natürlich ist auch die Haut Verbrennungen ausgesetzt. Was aus den Aufnahmen nicht ersichtlich wird, ist, dass die Dichteströme auch metergroße Lavablöcke transportieren können, die Häuser zum Einsturz bringen.

Im Nachgang der pyroklastischen Ströme drohen Lahare: Vermischt sich das abgelagerte Material der Dichteströme mit Regenwasser, entsteht eine Schlammlawine, die durchaus noch heiß sein kann. Neben Schlamm werden wiederum große Lava-Blöcke und Baumstämme von den Fluten mitgerissen. Oft verkeilen sich die Baumstämme an Brückenpfeilern, wodurch der Abfluss blockiert wird. In der Folge kann die Brücke überflutet und mitgerissen werden. Eine äußerst gefährliche Situation für die Bewohner der Ortschaften am Fuß des Vulkans.

Semeru: Pyroklastischer Strom erreicht Grenze des Sperrgebiets

Pyroklastischer Strom am Semeru. © MAGMA

Aktueller Vulkanausbruch am Mount Semeru: Pyroklastische Ströme bedrohen Anwohner

Am indonesischen Vulkan Semeru kam es heute zu einem erneuten Vulkanausbruch, bei dem Vulkanasche bis zu 2 Kilometer über Gipfelhöhe des 3676 m hohen Vulkans aufstieg. Die Aschewolke war jedoch nur Begleiterscheinung eines größeren pyroklastischen Stroms, der eine Gleitstrecke von ca. 7 Kilometern hatte und somit fast den Rand der Sperrzone und damit besiedeltes Gebiet erreichte.




Regionale Medien berichten, dass die regionale Katastrophenschutzbehörde BPBD Warnsirenen an den Hängen des Semeru ausgelöst hat und zwei Einsatzteams entsandte, um Anwohner vor Ort dringend aufzufordern, sich von den gefährdeten Flussbereichen fernzuhalten. Es wird dringend empfohlen, im südöstlichen Bereich entlang des Besuk Kobokan Aktivitäten innerhalb von 8 Kilometern vom Gipfel zu vermeiden. Zudem sollten sich Menschen auch außerhalb dieses Bereichs mindestens 500 Meter von den Flussufern entfernen, da pyroklastische Ströme und Lahare bis zu 13 Kilometer weit reichen können.

Am Mittwoch wurde gegen 14:30 Uhr WIB (Westindonesische Zeit) erstmals ein heißer pyroklastischer Dichtestrom registriert. Innerhalb von nur 30 Minuten erreichte dieser eine Entfernung von rund 5 Kilometern vom Kraterrand. Zuletzt wurde er in einer Entfernung von etwa 7 Kilometern vom Gipfel beobachtet und war zum Zeitpunkt der Meldung nach wie vor aktiv.

Videoaufnahmen zeigen, wie sich ein Dichtestrom ungewöhnlich langsam auf der Schotterfläche eines sanft geneigten Flussbettes fortbewegt. Andere Bilder zeigen, wie der pyroklastische Strom zuvor unter einer Brücke hindurchfließt, auf der Schaulustige standen. Dennoch schließe ich aus der Schilderung der Ereignisse, dass es zu einer Serie pyroklastischer Ströme gekommen ist, die der Spur des ersten Dichtestroms folgten.

Bei pyroklastischen Strömen handelt es sich um eine schnell fließende Mischung aus Vulkanasche, heißen Gasen und Gesteinsfragmenten, die sich mit hoher Geschwindigkeit durch Täler und Flussläufe rund um den Vulkan bewegt. Die Gefahr durch diese pyroklastischen Ströme ist enorm, da sie alles auf ihrem Weg zerstören können.

Neben den pyroklastischen Strömen bildete sich eine dichte, graue Aschesäule, die bis zu 2.000 Meter über den Gipfel aufstieg. Der Ausbruch dauerte etwa 16 Minuten und 40 Sekunden und wurde seismisch mit einer maximalen Amplitude von 40 mm registriert.

Bereits seit Ende Oktober zeigt der Semeru eine gesteigerte Aktivität. So kam es gestern zu 156 explosiven Eruptionen und zahlreichen Abgängen von Schuttlawinen. Diese zeugen von anhaltendem Domwachstum. Wahrscheinlich geht von dem flachen Pancake-Dom eine zähe Lavazunge aus, die sich auf die obere Vulkanflanke hinausschob. Ein Abbruch von der Lavafront könnte die pyroklastischen Dichteströme ausgelöst haben.

Der Vulkan bleibt weiterhin aktiv, weshalb Anwohner und Besucher aufgefordert sind, die Warnungen der Behörden strikt zu befolgen und die Gefahrenzone nicht zu betreten.

Island am 19.11.2025: Schwarmbeben bei Reykjanes

Schwarmbeben vor der Südwestspitze von Reykjanes – Mehr als 200 Beben seit gestern Abend

Gestern Abend begann gegen 21:00 UTC ein Schwarmbeben vor der Küste der Westspitze von Reykjanes. Seitdem manifestierten sich mehr als 200 Erschütterungen mit Magnituden kleiner als 3. Die stärkste Magnitude wird mit Mb 2,3 angegeben. Die Erdbebenherde streuen, liegen aber überwiegend vergleichsweise flach, in weniger als 10 km Tiefe. Die Epizentren bilden einen Cluster ca. 6 km südwestlich von Reykjanestá, jenem Ort, der für seinen Leuchtturm bekannt ist.

Island. © IMO

Laut Aussage von IMO-Naturgefahrenspezialistin Bryndís Ýr Gísladóttir gegenüber der Lokalpresse sind Schwarmbeben in dieser Region seit der Reaktivierung der Aktivität auf Reykjanes nicht selten und stellen keine unmittelbare Gefahr für die Bevölkerung dar, obgleich die stärksten Erschütterungen in der Region gespürt werden konnten.

Meiner Erfahrung nach kommt es zu stärkeren Schwärmen in diesem Bereich des Reykjanes-Spaltensystems, je näher die Eruption bei Svartsengi rückt, das nur wenige Kilometer vom Reykjanes-System entfernt liegt.

Die Bodenhebung bei Svartsengi schwächte sich in den letzten Tagen leicht ab, geht aber dennoch weiter. Sie hat inzwischen Größen erreicht, die typisch für den Beginn einer neuen Eruption oder Gangintrusion sind. Demnach kann der erwartete Ausbruch nun jederzeit einsetzen, ohne dass es zu weiteren Vorwarnzeichen kommt, wenn man den heutigen Schwarm bei Reykjanestá nicht als solches interpretieren will. Bereits vor den letzten Eruptionen wurde die direkte Vorwarnzeit, die durch den Beginn einer seismischen Krise bei Svartsengi gekennzeichnet war, immer kürzer und lag zuletzt bei deutlich unter einer Stunde. Etwas mehr Zeit verschafft die Beobachtung der Drucksteigerung in Bohrlöchern des Geothermalkraftwerks Svartsengi.

In den letzten Tagen gab es nicht nur Erdbeben auf der Reykjanes-Halbinsel, sondern auch unter dem Mýrdalsjökull mit der Katla und an der westlich gelegenen Hekla. Im Umfeld dieses Vulkans auf Südisland gibt es eine leichte Bodenhebung von ca. 20 mm. Möglich, dass wir hier den übernächsten Ausbruch auf Island sehen werden. Der Aufheizungsprozess der Hekla verläuft typischerweise vergleichsweise still und bereits vereinzelt auftretende Beben gelten als Hinweis hierauf.

Ätna: Bodenverformung bei Pedara

Nach Schwarmbeben unter der Ätna-Südflanke: Bodenverformung von 15 mm bei Pedara

Die Auswirkungen des kleinen Erdbebenschwarms, der sich am 17. November unter der Südflanke des Ätnas südlich des Ortes Pedara ereignete, sind offenbar noch größer als zunächst gedacht und es entstanden Risse im Asphalt von Straßen vor einer Schule bei Tremestieri. Nun bestätigte der Direktor des Ätna-Observatoriums, dass es zu Bodenverformungen von ca. 15 mm kam, von denen der Bereich zwischen der Schule „Madre Teresa di Calcutta“ und der Provinzstraße Tremestieri–Mascalucia am meisten betroffen ist.




Welcher Art die Bodenverformungen genau sind, wurde nicht zur Gänze erklärt. Es ist von einer Verschiebung die Rede und ich gehe davon aus, dass sich der Boden entlang der Tremestieri-Verwerfung hangabwärts bewegte. Die Tremestieri-Verwerfung gilt quasi als Stopper größerer Störungszonen, entlang derer sich die Ostflanke des Ätnas Richtung Meer verschiebt. Die drei stärksten Beben hatten laut INGV-Angaben die Magnituden 2,6, 2,4 und 2,3 und lagen in geringen Tiefen. Eigentlich ist es verwunderlich, dass die Bodenbewegungen nicht stärkere Erschütterungen hervorbrachten. Dabei ist das Phänomen nicht einzigartig: Bereits am 20. April 2008 kam es in der gleichen Region zu einem vergleichbaren Ereignis, bei dem das stärkste Beben Mb 3,2, sogar leichte Gebäudeschäden verursachte.

Interessant ist, dass nur wenige Tage später, am 13. Mai 2008, eine intensive Eruption begann, die mit einem Paroxysmus begann und zur Bildung einer Fraktur am Rand des Valle del Bove führte, aus der mehrere Monate lang ein Lavastrom floss.

Studien zeigen, dass es einen Zusammenhang zwischen dem langsamen Abgleiten der Ätna-Ostflanke und stärkeren Eruptionen gibt: Beide Phänomene stehen in einer komplexen Wechselwirkung und können sich gegenseitig verstärken, aber auch dämpfen. Es gibt auch Studien, die belegen, dass Magmenaufstieg die Störungszonen aktivieren kann, und so kommt es im Vorfeld stärkerer Eruptionsereignisse nicht selten zu ungewöhnlichen Erdbeben, die im größeren Zeitrahmen betrachtet dann wieder weniger gewöhnlich erscheinen.

Der INGV-Direktor Dr. Stefano Branca meinte jedenfalls, dass sich der Ätna derzeit in einer normalen Phase der Magmazufuhr aus größerer Tiefe befindet. Seiner Meinung nach ist die jüngste seismische Aktivität weder außergewöhnlich noch besorgniserregend und es bleibt abzuwarten, wie sich die Situation weiterentwickelt.

Island: Kollaps des Golfstroms befürchtet

KI-generiertes Bild anhand eines realen Fotos von Reykjavik. © Marc Szeglat

The Day after Tomorrow: Island erklärt möglichen Abriss der AMOC als Nationale Bedrohung

Wer erinnert sich nicht an die dramatischen Szenen aus dem Film „The Day after Tomorrow“, als Regisseur Roland Emmerich im Jahr 2004 New York einfrieren ließ? Als Grund für die neue Eiszeit postulierte der Regisseur und Drehbuchautor den Zusammenbruch der AMOC (Atlantische Meridionale Umwälzzirkulation), einem marinen Strömungssystem im Atlantik, zu dem auch der Golfstrom gehört. Neue wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen, dass dieses Szenario im 21. Jahrhundert deutlich wahrscheinlicher wird als man bislang angenommen hat. Was damals vielfach als Vision eines Filmemachers belächelt wurde, könnte bereits in wenigen Jahrzehnten Realität werden. Eine Prognose, auf die Island mit der Deklarierung einer „nationalen Sicherheitsbedrohung“ reagierte. Politiker sprechen von einer „existentiellen Gefahr für Klima und Gesellschaft“.

Das vergleichsweise milde Klima Islands hängt maßgeblich von einem komplexen Netzwerk warmen Wassers ab, das vom Atlantik her Wärme nach Norden transportiert. Ohne diese Strömungen wäre Island – und gesamt Nord- und Mitteleuropa – deutlich kälter und stürmischer, so der isländische Umwelt-, Energie- und Klimaminister Jóhann Páll Jóhannsson. Die AMOC funktioniert dabei wie ein riesiges Förderband: Kaltes Wasser aus der Polarregion fließt in der Tiefe des Atlantiks in den Süden und verursacht einen oberflächennahen Rückstrom warmen Wassers aus den Tropen. Infolge des vermehrten Süßwassereintrags in den Atlantik durch das klimawandelbedingte Schmelzen arktischer Gletscher droht das Förderband der AMOC aus dem Gleichgewicht zu geraten und könnte kollabieren.

Die Wahrscheinlichkeit hierfür wird in neuen Studien als besorgniserregend hoch eingestuft: Sollte wider Erwarten das 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens erreicht werden, liegt die Wahrscheinlichkeit eines AMOC-Abrisses bei 25%. Doch an ein Erreichen dieser Klimaschutzziele glaubt kaum noch jemand. Verharren die globalen CO₂-Emissionen auf aktuellem Niveau, beträgt sie etwa 37 % und folgen die Emissionen dem derzeitig steigenden Trend, liegt die Wahrscheinlichkeit eines AMOC-Versagens bei rund 70 %. In diesem Jahrhundert wohlgemerkt. Selbst wenn es nicht zu einem vollständigen Abriss der AMOC kommt, ist die Wahrscheinlichkeit einer Abschwächung sehr groß. Bereits eine signifikante Abschwächung des Warmwasserrückstroms wäre so, als würde man die Heizung Europas zurückdrehen.

Ein Kollaps der AMOC hätte nicht nur für Island gravierende Folgen. Laut Forschenden könnten in Teilen Mitteleuropas die Temperaturen um fünf bis 15 Grad sinken, was eine „moderne Eiszeit“ bedeuten würde. Darüber hinaus drohten massive globale Wetter- und Klimaveränderungen: ein Anstieg des Meeresspiegels an der US- und europäischen Ostküste, Störungen der Monsunsysteme in Afrika und Asien sowie eine mögliche Ausbreitung von Meereis bis nach Großbritannien. Island selbst könnte in eine starke regionale Abkühlung geraten und zeitweise von Meereis umgeben sein.

Im August informierte Minister Jóhannsson die Regierung über neue Forschungsergebnisse, die ernste Zweifel an der Stabilität der AMOC äußerten. Bereits im September stufte der Nationale Sicherheitsrat Islands den möglichen Zusammenbruch erstmals als nationale Sicherheitsbedrohung ein – ein Novum für klimabedingte Risiken im Land. Diese Einstufung fordert nun eine koordinierte und hochrangige Reaktion der Regierung, um Präventions- und Anpassungsstrategien zu entwickeln.

Der Minister warnt eindringlich: „Das Klima könnte sich so drastisch verändern, dass eine Anpassung unmöglich wird.“ Für Island, dessen Wirtschaft stark von der Fischerei abhängt, wäre ein Zusammenbruch ein „existenzielles Risiko“. Auch Mitteleuropa steht vor schweren Herausforderungen, während sich die globale Klimakrise weiter zuspitzt.

Die Auswirkungen einer kleinen Eiszeit wären weltweit spürbar – von zerstörten Ernten bis zu katastrophalen Überschwemmungen. In Deutschland wäre mit einem Klima ähnlich wie auf Kamtschatka zu rechnen: kalte, schneereiche Winter die bis in den Frühling dauern und nur eine kurze Vegetationsperiode während des Hochsommers.

(Quellen der wichtigsten Studien zum potenziellen AMOC-Amok:

Smolders, E. J. V., van Westen, R. M., & Dijkstra, H. A. (2024). Probability estimates of a 21st-century AMOC collapse. arXiv:2406.11738. https://arxiv.org/abs/2406.11738

van Westen, R. M., Vanderborght, E. Y. P., Kliphuis, M., & Dijkstra, H. A. (2024). Substantial risk of 21st century AMOC tipping even under moderate climate change. arXiv:2407.19909. https://arxiv.org/abs/2407.19909

Bellomo, K., Meccia, V., Fabiano, F., D’Agostino, R., Corti, S., & von Hardenberg, J. (2023). Influence of the Atlantic Meridional Overturning Circulation on future climate change impacts. In: Proceedings of the XXVIII General Assembly of the IUGG. Potsdam: GFZ German Research Centre for Geosciences. DOI: 10.57757/IUGG23-0905)

Ätna: Schwarmbeben bei Pedara bestätigt

Erdbebenschwarm bei Pedara im Süden des Ätnas bestätigt – Risse im Asphalt vor einer Schule

Gestern berichtete ich über die drei Erdbeben mit Magnituden im Zweierbereich, die sich an der unteren Südflanke des Ätnas zwischen Nicolosi und Pedara manifestierten, und mutmaßte, dass es weitere Erdbeben mit geringeren Magnituden gegeben haben könnte. Heute wurde die Ätna-Erdbebenkarte des INGV aktualisiert und es erschienen nicht nur die drei bereits beschriebenen Erdbeben, sondern noch 6 weitere Beben mit Magnituden zwischen 1,5 und 2,0. Es entstanden neue Risse im Asphalt vor einer Schule bei Tremestieri. Die Beben wurden vermutlich durch Spannungen an der Trecastagni-Tremestieri-Verwerfung verursacht.

Aktualisierte Ätna-Shakemap. © INGV

Nachdem es bereits Ende Oktober einen tiefen Erdbebenschwarm im Westen des Ätnas gegeben hat, überraschte mich das gestrige Schwarmbeben im Süden nicht: Bereits vor 3 Wochen schrieb ich, dass sich am Ätna oft Schwarmbebenserien ereignen, die in größeren Tiefen im Westen beginnen und sich über mittlere Tiefen im Süden bis in den Osten des Vulkans fortpflanzen, wo die Beben meistens in Tiefen von weniger als 5 Kilometern auftreten. Meiner Meinung nach werden diese Beben von aufsteigendem Magma einer Intrusion verursacht, das die lokalen Störungszonen während des Aufstiegs nach und nach aktiviert. Folglich kann man im Osten des Ätnas in den nächsten Wochen ebenfalls mit Schwarmbeben rechnen.

Leider lässt der INGV-Wochenbericht noch auf sich warten. Sollte er gleich noch kommen, ergänze ich diesen Artikel um weitere Informationen.

Neue Beben auf Vulcano

Vulcano. © INGV

Die Beben unter dem Ätna sind aber nicht die einzigen Erschütterungen unter sizilianischen Vulkanen: Unter der Fossa 2 auf Vulcano manifestierten sich seit dem 16. November ebenfalls 8 schwache Erschütterungen in geringen Tiefen, von denen sich 7 Beben direkt unter dem Vulkankegel ereigneten. Ein weiterer Erdstoß wurde unter der Bucht von Porto di Levante lokalisiert. In den letzten 4 Wochen gab es eine deutliche Steigerung dieser Erdbeben, die ich hier schon als signifikant bezeichnen würde. Leider gibt es momentan keine Wochenberichte des INGV, so dass wir uns bis Anfang Dezember gedulden müssen, um Einblick in die weiteren geophysikalischen und geochemischen Daten zu bekommen. Mich würde ein steigender Kohlendioxidausstoß ebenso wenig überraschen wie weitere Erdbeben.