Island: Schwarmbeben am Herdubreid am 03.11.24

Erhöhte Erdebentätigkeit an mehreren Lokationen auf Island – Schwarmbeben am Herdubreid

An mehreren Orten in Island ist es heute zu einer erhöhten Erdbebentätigkeit gekommen. Landesweit wurden innerhalb von 48 Stunden 237 Erschütterungen registriert. Die Erdbeben häufen sich in den Regionen, in denen es bereits in den vergangenen Tagen seismische Aktivitäten gab. Besonders auffällig ist ein intensives Schwarmbeben südlich von Herdubreid, wo es etwa 60 Beben gab und weiterhin neue hinzukommen. Der stärkste Erdstoß hatte eine Magnitude von 2,8 und ein Hypozentrum in 6,5 Kilometern Tiefe. Über die Ursache des Schwarms kann nur spekuliert werden. Eine Magmaintrusion, die vom Magmenkörper unter der Askja ausgeht, ist nicht auszuschließen, da Herdubreid mit diesem Zentralvulkan gekoppelt ist. An der Askja wird Bodenhebung festgestellt, doch gestern begann das GPS-Signal, eine Senkung des Bodens zu registrieren. Dies könnte jedoch auch auf Messfehler zurückzuführen sein. Ebenso gut könnte Magma in Richtung Herdubreid abgeflossen sein. Auch unter der Askja selbst wurden einige Erdbeben verzeichnet.




Im Bereich des Vatnajökull manifestierten sich ebenfalls Erdbeben an den subglazialen Vulkanen Bardarbunga und Grimsvötn bzw. Grimsfjall. Dort wird ebenfalls eine Bodenhebung registriert, die sich im Oktober auf etwa 6 Zentimeter belief. Allerdings kann es insbesondere hier zu Messungenauigkeiten infolge witterungsbedingter und jahreszeitlicher Einflüsse kommen. Daher sollten wir die Einschätzungen der Vulkanologen des IMO abwarten, bevor über eine bevorstehende Eruption am Grimsfjall spekuliert wird. Insgesamt entfallen 114 der 237 Erschütterungen in Island auf die Region des Vatnajökull einschließlich Askja und Herdubreid.

Natürlich ereigneten sich auch zahlreiche Erdbeben in der Reykjanes-Region. Das stärkste Beben dort hatte eine Magnitude von 3,0 und trat in 8,3 Kilometern Tiefe auf. Das Epizentrum lag vor der Küste an der Südwestspitze der Halbinsel, genauer gesagt 5,8 Kilometer ostnordöstlich des Vogelfelsens Eldey. Im Bereich der Shakemap des Reykjanes-Rückens werden 68 Erschütterungen angezeigt. Möglicherweise hängt dies mit steigenden Spannungen im Untergrund zusammen, da sich der Boden bei Svartsengi weiterhin hebt.

Gestern ereignete sich zudem ein stärkeres Erdbeben am Reykjanes-Rücken: Es hatte eine Magnitude von 4,5 und ein Epizentrum 340 Kilometer südwestlich von Grindavík. Insgesamt gibt es entlang des Mittelatlantischen Rückens, der Island durchquert, erhebliche Spannungen, die ebenfalls seismische Aktivität auslösen können.

Iran: Erdbeben Mb 4,6 nahe Teheran

Mittelstarkes Erdbeben erschüttert iranische Hauptstadtregion – Anwohner aus dem Schlaf gerissen

Datum 03.11.24 | Zeit: 01:46:13 UTC | Koordinaten:  35.490 ; 52.570 | Tiefe: 33 km | Mb 4,6

Im Norden des Irans ereignete sich heute Nacht um 01:46:13 UTC (05:46:13 Uhr Lokalzeit) ein Erdbeben der Magnitude 4,6. Das Hypozentrum lag laut Angaben des EMSC in 33 Kilometern Tiefe. Das Epizentrum befand sich 37 km nordnordöstlich von Īstgāh-e Rāh Āhan-e Garmsār bzw. ca. 100 Kilometer südöstlich von Teheran. Dem EMSC liegen Wahrnehmungsmeldungen aus der Hauptstadt vor, nach denen mehrere Personen vom Erdbeben aus dem Schlaf gerissen wurden.

Für die lokalen Medien scheint es von besonderer Bedeutung zu sein, dass der Erdstoß auch in der rund 150 Kilometer entfernten Pilgerstadt Ghom spürbar war und Menschen erschrocken auf den Erdstoß reagierten.

Berichte über größere Schäden oder Verletzte liegen derzeit nicht vor.

Wie so oft gibt es auch diesmal unterschiedliche Angaben zu den geophysikalischen Daten des Erdbebens, denn laut GFZ hatte der Erdstoß eine Magnitude von 4,7 und ein Hypozentrum, das in 10 Kilometern Tiefe fixiert wurde.

Im Iran treten immer wieder starke Erdbeben auf, da hier drei große tektonische Platten aufeinandertreffen: die Arabische, Indische und Eurasische Platte. Diese Plattenkollisionen wirken sich auch auf die benachbarten Länder aus. So starben bei einer schweren Erdbebenserie im Nachbarland Afghanistan im Herbst 2023 mehr als 1500 Menschen. Doch das aktuelle Erdbeben manifestierte sich nicht direkt an einer Störungszone, die mit den Plattengrenzen der Kontinente assoziiert ist, denn diese verlaufen im Süden und Osten des Landes. Vielmehr war eine Störung im Norden der Zentraliranischen Mikroplatte für das Beben verantwortlich. Auch das Nord-Teheran-Störungssystem könnte sich verantwortlich zeigen, denn einige Störungen beschreiben östlich der Stadt einen Boden bis in den Süden Teherans.

Nicht auszuschließen ist, dass einige Menschen bei den Erschütterungen des Erdbebens zunächst an neue israelische Bombardements dachten. Es bleibt zu hoffen, dass sich die Konfliktparteien mäßigen, doch die menschliche Vernunft gewinnt ja selten.

Hawaii: Schwarmbeben am Seamount Kama‘ehuakanaloa

Schwarmbeben erschüttert Kama‘ehuakanaloa Seamount vor Big Island Hawaii

Datum 02.11.24 | Zeit: 07:03:36 UTC | Koordinaten: 18.873 ; -155.219| Tiefe: 11 km | Mb 3,3

Der submarine Vulkan Kama‘ehuakanaloa (früher als Lō‘ihi Seamount bekannt) wird heute von einem Erdbebenschwarm erschüttert, der heute Nacht begann und bis zur Stunde anhält. Der Schwarm manifestiert sich unter der Südostflanke des Seamounts. Das EMSC registrierte bis jetzt mehr als ein Dutzend Erschütterungen mit Magnituden ab 2. Der stärkste Erdstoß brachte es auf M 3,3 und hatte ein Hypozentrum in 11 Kilometern Tiefe. Das Epizentrum lag 46 km südöstlich von Pāhala, wo es in größerer Tiefe ebenfalls vermehrt bebte.

Die Beben am Seamount könnten mit dem Aufstieg magmatischer Fluide in Verbindung stehen. Die Tiefen der Erdbebenherde sprechen dafür, dass ein Magmenkörper von der Asthenosphäre aus aufsteigt und von unten gegen die Ozeankruste drückt. Zu einem Ausbruch scheint es indes noch nicht gekommen zu sein, dafür liegen die Hypozentren zu tief.

Im Jahr 1996 fand der bislang jüngste Ausbruch des submarinen Vulkans statt. Der Eruption voran ging eine seismische Krise mit mehr als 4000 Erdbeben. Das Stärkste hatte eine Magnitude von 4,9. Die Eruption brachte zwei unterseeische Lavaströme hervor und es kam zum Absacken des Kraterbereichs.

Kama‘ehuakanaloa ist der jüngste Vulkan der Hawaiian-Emperor-Kette. Der Vulkan ist ein faszinierendes Beispiel der Bildung einer neuen Vulkaninsel, denn hier steht der nächste hawaiianische Inselvulkan in den Startlöchern. Der Gipfel des Seamounts liegt 975 m unter dem Meeresspiegel. Seine Basis in mehr als 3000 m Tiefe. Seine Aktivität wird durch den Hawaiian-Hotspot angetrieben, einen Mantelplume, der Magma erzeugt. Während sich die pazifische tektonische Platte über diesen Hotspot bewegt, steigt das Magma durch den Meeresboden auf und bildet vulkanische Strukturen wie Kama‘ehuakanaloa.

Der Seamount wurde im Jahr 2021 von Lō‘ihi in Kama‘ehuakanaloa umbenannt und bedeutet soviel wie „das rötliche Kind des Kanaloa“. Bei Kanaloa handelt es sich um den hawaiianischen Gott des Meeres. Das „Rötlich“ bezieht sich auf die Farbe des Lavagesteins des Vulkans.

Indischer Ozean: Erdbeben Mb 5,1

Erdbeben Mb 5,1 am Zentralindischen Rücken – Vulkaninsel La Réunion in relativer Nähe

Datum 31.10.24 | Zeit: 22:24:43 UTC | Koordinaten:  -20.060 ; 66.560 | Tiefe: 10 km | Mb 5,1

Ein Erdbeben der Magnitude 5,1 ereignete sich gestern Abend um 22:24:43 UTC am Zentralindischen Rücken. Das Hypozentrum wurde in 10 Kilometern Tiefe erfasst. Das Epizentrum wurde vom EMSC 331 km östlich von Port Mathurin (Mauritius) verortet. Die Vulkaninsel La Réunion mit dem Piton de la Fournaise liegt etwa 500 Kilometer vom Epizentrum entfernt.

Genauer betrachtet manifestierte sich der Erdstoß an einer Transformstörung des Rodrigues-Bruchgebiets. Hierbei handelt es sich um eine tektonisch aktive Region im Indischen Ozean, östlich von Madagaskar zwischen La Réunion, Mauritius und Rodrigues. Es ist geprägt durch zahlreiche transformierende Schwachstellen und Brüche, die durch die Interaktion der umliegenden tektonischen Platten – hauptsächlich der afrikanischen und indo-australischen Platte – entstehen. Entlang der Transformstörung gleiten die tektonischen Platten seitlich aneinander vorbei. Daher ist es unwahrscheinlich, dass selbst starke Erdbeben große Tsunamis auslösen.

Das aktuelle Erdbeben löste keine Wahrnehmungsmeldungen aus, doch noch stärkere Erschütterungen waren ind er Vergangenheit auf Mauritius und La Reúnion zu spüren gewesen. Erdbeben mit Magnituden größer als 6 könnten auch das Verhalten des Vulkans Piton de la Fournaise beeinflussen.

Auswirkungen des Bebens auf den Vulkan Piton Fournaise

Der Piton de la Fournaise ist einer der aktivsten Vulkane des Indischen Ozeans, obwohl er sich in den letzten Monaten eher von seiner ruhigen Seite zeigte: Statistisch gesehen bricht der Vulkan 2 Mal pro Jahr aus, aber die letzte Eruption ist bereits 449 Tage her. Im Monatsbericht für den Oktober heißt es, dass es 22 schwache vulkanotektonische Erdbeben gab. 99 seismische Signale deuteten auf Steinschläge und Kollaps-Ereignisse hin. Sie hingen mit der Deflation des Gipfelbereichs zusammen, die sich auch im Oktober fortsetzte. Es sieht also nicht danach aus, als würde sich der Piton Fournaise auf eine Eruption vorbereiten, eher im Gegenteil: Man kann sich auf eine länger andauernde Ruhephase einstellen. Es sieht also nicht dadurch aus, als würde sich das Beben im Rodrigues-Bruchgebiet auf den Fournaise auswirken.

Österreich: Spürbares Erdbeben am 31.10.24

Spürbares Erdbeben der Magnitude 3,5 erschüttert Region um Innsbruck – Fenster klirrten

Datum 31.10.24 | Zeit: 19:19:41 UTC | Koordinaten: 47.202 ; 11.381 | Tiefe: 10 km | Mb 3,4

Am Donnerstagabend um 20:19:41 Uhr manifestierte sich in Österreich ein Erdbeben der Magnitude 3,5. Die Tiefe des Hypozentrums wurde auf 10 Kilometer fixiert, was bedeutet, dass es sich um flach liegendes Erdbeben handelte. Das Epizentrum wurde vom EMSC 7 km südlich von Innsbruck lokalisiert. Wie so häufig gibt es von den verschiedenen Erdbebendiensten unterschiedliche Interpretationen der Daten: beim EMSC hat es eine Magnitude von 3,4 und das österreichische Geosphere kam auf eine Magnitude von 3,6. Die Österreicher lokalisierten das Epizentrum 19 Kilometer südlich von Innsbruck und verortete das Beben 6 km südlich von Fulpmes in nur 2 Kilometern Tiefe.

Der Erdstoß war in mehreren Regionen Tirols zu spüren gewesen, besonders natürlich in der Nähe des Epizentrums. Laut einigen Berichten bewegten sich kleinere Gegenstände, Fenster und Möbel knarrten und Gläser klirrten. Schäden sind bisher nicht bekannt.

Es war nicht der erste Erdstoß in dieser Region, denn bereits am Vortag gab es einige Kilometer südlich ein Beben der Magnitude 2,6. Österreich wurde im Oktober von 15 Beben heimgesucht. Die Beben sind als Indizien zu interpretieren, dass die Orogenese der Alpen nicht abgeschlossen ist. Es gab auch einige besonders flach liegende Erdbeben, die mit Bewegungen an instabilen Berghängen im Zusammenhang stehen könnten.

Die Tektonik um Innsbruck wird von 2 Störungszonen bestimmt. Die dominantere Störung ist die Inntal-Scherungszone, die, wie der Name bereits vermuten lässt, im Inntal verläuft bzw. dieses prägt. Westlich von Innsbruck zweigt die Brenner-Normalstörung von der Inntal-Scherungszone ab. Sie verläuft in einem Winkel, der die Störungszone südlich von Innsbruck in die Gegend von Fulpmes führt, wo sich der aktuelle Erdstoß ereignete.

Erdbeben mit Magnituden über 3 sind an der Brenner Normalstörung selten. Das stärkste dokumentierte Beben ereignete sich hier 1902 und hatte eine (rekonstruierte) Magnitude von 4,2.

Island: Erdbeben bei Krysuvik am 31.10.24

Schwarmbeben bei Raufarhólshellir und Krýsuvík – 109 Beben in 48 Stunden

Auf der isländischen Reykjanes-Halbinsel hat sich die Seismizität in den letzten 24 Stunden deutlich erhöht. Nachdem zuerst ein Schwarmbeben nahe der Lavahöhle Raufarhólshellir eingesetzt hatte (Vnet berichtete), setzten in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag auch wieder Beben im Krýsuvík-System ein. Während bei Krýsuvík gut 35 Beben registriert wurden, manifestierten sich nahe der Lavahöhle mehr als 40 Beben. Auch am Fagradalsfjall, Keilir und Stóra-Skógfell gab es eine Handvoll Erschütterungen. Insgesamt wurden auf Reykjanes in den letzten 2 Tagen 109 Beben gezählt. Ein deutlicher Anstieg gegenüber dem Wochenanfang, wobei ich ja bereits erwähnte, dass das seismische Netzwerk aufgrund des schlechten Wetters gestört gewesen sein könnte, so dass die ganzen schwachen Beben nicht registriert werden konnten.

Die Ursache für die beiden Schwarmbeben bei Raufarhólshellir und Krýsuvík dürfte tektonischer Natur sein. Eine Möglichkeit ist, dass hier Störungen auf geänderte Spannungen im Untergrund reagieren, die durch die Magmenakkumulation unter Svartsengi und die damit einhergehende Bodenhebung zustande kommen. Die Bodenhebung liegt bei 22 Zentimetern seit Anfang September. Die Messungen der letzten Stunde deuten eine Verlangsamung der Bodenhebung an, aber wir müssen gucken, ob sich hier ein neuer Trend abzeichnet, oder ob es andere Ursachen wie Messabweichungen geben kann.

Auch bei Krýsuvík scheint sich der Boden ein wenig zu heben, doch das könnten Auswirkungen der Inflation bei Svartsengi sein. Hier gab es in den letzten Monaten öfter leichte Hebungen und Senkungen im Rhythmus des Geschehens bei Svartsengi.

Einige Beben gab es auch wieder im Bereich des Vatanjökulls und am Grimsfjall scheint sich der Boden zu heben. In den letzten 2 Wochen gab es einen vertikalen Versatz von 2 Zentimetern, der mit einer gleich großen horizontalen Verschiebung in Richtung Norden einherging. Allerdings sind diese Daten mit Vorsicht zu genießen. Hier könnten andere Einflüsse als Inflation am Werk sein.

USA: Starkes Erdbeben vor der Küste am 30.10.24

Starkes Erdbeben Mw 6,0 vor der US-Küste bei Oregon – Kein Tsunamialarm ausgelöst

Datum 30.10.24 | Zeit: 20:15:19 UTC | Koordinaten: 43.544 ; -127.799 | Tiefe: 10 km | Mw 6,0

Vor der Küste des US-Bundesstaates Oregon manifestierte sich gestern Abend um UTC ein starkes Erdbeben der Magnitude 6,0. Das Epizentrum wurde 278 km westlich von Bandon lokalisiert. Das Hypozentrum wurde auf 10 Kilometern Tiefe fixiert, was bedeutet, dass der Erdbebenherd nicht genau lokalisiert werden konnte, dass die Seismologen aber davon ausgehen, dass es ein Erdbeben in geringer Tiefe war. Gegen diese Annahme sprechen allerdings die wenigen Wahrnehmungsmeldungen, die bei den Erdbebendiensten eingegangen sind, denn obwohl das Epizentrum über 250 Kilometer vor der Küste lag, hätte es von den Anwohnern der Küstenregion stärker zu spüren gewesen sein müssen, als es offensichtlich der Fall war. Laut Angaben des USGS bestand keine Tsunamigefahr. Es wurde aber darauf hingewiesen, dass Erdbeben dieser Magnitude Schäden an der Infrastruktur auslösen können und man mit Nachbeben rechnen muss. Beides trat offenbar nicht ein.

Dennoch ist der Erdstoß von wissenschaftlichem Interesse, denn er manifestierte sich an der Mendocino-Transform-Fault, die wiederum die südliche Begrenzung der Juan-de-Fuca-Mikroplatte gegen den Pazifik darstellt. Die Mendocino-Transform-Fault bildet unmittelbar vor der Westküste der USA eine Triple-Junction (Dreierkreuzung), wo sie mit der Cascadia-Störungszone und der San-Andreas-Störung zusammentrifft. Alle drei Störungszonen haben für sich genommen sehr hohe Erdbebenpotenziale, und sowohl an der Cascadia-Störungszone im Norden als auch an der bekannten San Andreas-Störung im Süden fürchtet man, dass sich in den nächsten Jahrzehnten Starkbeben ereignen könnten, die Metropolen wie Los Angeles, San Francisco oder Seattle treffen könnten und das Potenzial haben, enorme Schäden und hohe Opferzahlen zu verursachen. Beben entlang der kleineren Mendocino-Transform-Fault sind zwar häufig, aber wirken sich an Land für gewöhnlich weniger schlimm aus. Dennoch ist es theoretisch denkbar, dass ein Starkbeben entsteht, das einen Tsunami auslöst, obwohl diese Gefahr an Blattverschiebungen nicht so groß ist wie an Subduktionszonen mit vertikalem Versatz.

Island: Schwarmbeben bei Raufarhólshellir

Schwarmbeben nahe des Lavatunnels Raufarhólshellir auf der isländischen Reykjanes-Halbinsel

Heute Nachmittag manifestierte sich auf der isländischen Reykjanes-Halbinsel ein Schwarmbeben, das sich bis jetzt aus 30 Erschütterungen zusammensetzt. Das stärkste Beben hatte eine Magnitude von 2,1 und ein Hypozentrum in 8 Kilometern Tiefe. Das Epizentrum wurde 2,4 km westsüdwestlich von Raufarhólshellir verortet. Hierbei handelt es sich um eine der längsten Lavatubes auf Island. Die Lavahöhle ist 1300 Meter lang und wird von der Hauptstraße gequert, die von der Südküste von Reykjanes zur Hauptstadt Reykjavik an der Nordküste der Halbinsel führt.

Lavahöhlen bzw. Tubes entstehen, wenn sich auf einem fließenden Lavastrom eine Erstarrungskruste bildet, unter der der Lavastrom weiterhin fließt. Endet die Eruption, fließt die Lava ab und zurück, bleibt ein röhrenförmiger Tunnel. Die Raufarhólshellir ist teilweise für Besucher erschlossen worden. Der Eintritt kostet ca. 57 €. Die Wände sind illuminiert und im Winter gibt es herrliche Eisstalagmiten zu bewundern.

Raufarhólshellir bildete sich während des Leitahraun-Ausbruchs vor etwa 5200 Jahren, der sich östlich des Bláfjöll-Gebirges im Hengill-System ereignete. In der Region gab es bereits im Frühsommer Schwarmbeben und es stellt sich die Frage, ob sie rein tektonischer Natur sind oder mit dem Magmatismus/Vulkanismus zusammenhängen, der auf Reykjanes in eine neue Aktivitätsphase eingetreten ist.

Neben dem Erdbebenschwarm gab es auch an anderen Lokationen auf Reykjanes Erdbeben, darunter auch im Krysuvik-System und am Fagradalsfjall. Insgesamt wurden 54 Erdbeben innerhalb von 2 Tagen detektiert.

Neue Erdbeben wurden auch im Areal von Vatnakökull festgestellt. Hier bebte es im Bereich Bardarbunga/ Grimsfjall und unter der Askja. Der Boden im Bereich des Calderavulkans außerhalb der Eisbedeckung des Gletschers hält weiter an und summierte sich inzwischen auf mehr als 80 Zentimeter. Island hat mehrere vulkanische Baustellen und es sieht nicht so aus, als würde es in den nächsten Jahren langweilig werden, auch wenn das Thema aus dem Fokus der allgemeinen Berichterstattung verschwunden ist.

Türkei: Erdbeben Mb 5,0 am 27.10.24

Mittelstarkes Erdbeben in Region Gaziantep – Zahlreiche Wahrnehmungsmeldungen

Datum 27.10.24 | Zeit: 17:07:10 UTC | Koordinaten: 37.637 ; 36.072 | Tiefe: 10 km | Mb 5,0

Die türkische Erdbebenregion bei Gaziantep wurde von einem mittelstarken Erdbeben der Magnitude 5,0 heimgesucht. Das Epizentrum des Erdstoßes wurde 30 km nordöstlich von Kozan verortet. Die Tiefe des Erdbebenherds wurde auf 10 Kilometer fixiert, was bedeutet, dass der Erdstoß in geringer Tiefe stattfand. Diese Daten stammen vom EMSC. Nach Angaben des GFZ lag die Magnitude bei 4,8. Der türkische Erdbebendienst stellte die Tiefe des Erdbebenherds mit 20 Kilometern fest.

Auf der Shakemap mit den Wahrnehmungsmeldungen erkennt man, dass der Erdstoß noch im 400 Kilometer entfernten Beirut wahrgenommen werden konnte. Nahe des Epizentrums könnte es zu leichten Gebäudeschäden gekommen sein. In bereits vorgeschädigten Häusern könnten auch größere Schäden aufgetreten sein. Meldungen hierüber liegen aber nicht vor.

Es gab mehrere schwächere Nachbeben, wobei das Hauptbeben wiederum als Nachbeben der katastrophalen Erdbebenserie vom Februar 2023 betrachtet werden kann, die in der Region extreme Verwüstungen verursachte und mehr als 57.000 Menschenleben forderte. Gut 316.000 Wohnungen wurden damals unbewohnbar und ca. 1,9 Millionen Menschen verloren ihr Zuhause. Die Region hat sich noch lange nicht von den Auswirkungen der Katastrophe erholt. Viele Menschen leben noch heute in Notunterkünften und Containerhäusern.

Die Ursache für die außerordentlich hohe Seismizität der Region liegt nach allgemeiner Auffassung in der Ostanatolischen Verwerfungszone begründet. Sie stellt die 1200 Kilometer lange Nahtstelle zwischen der Anatolischen und Arabischen Platte dar und zählt zu den aktivsten Störungszonen der Welt. Im Bereich der Küstentiefebene bei Adana, in der sich der Erdstoß gestern manifestierte, zweigt eine weitere bedeutende Störungszone von der Ostanatolischen Störung ab: die Levante-Störung. Einige Autoren machen sie für den Doppelschlag der beiden katastrophalen Erdbeben vom Februar letzten Jahres verantwortlich. Die Levante Störung ist genauso lang wie die Ostanatolische Verwerfung und verläuft von Nord nach Süd im Küstenbereich der Arabischen Halbinsel und mündet in den Ozeanischen Rücken des Roten Meeres, über das sie mit dem Ostafrikanischen Graben gekoppelt ist. Entlang der Levante-Störung stoßen mehrere Kontinentalplatten zusammen, doch die Prozesse entlang dieser Störungszone sind noch nicht gut verstanden.