La Palma: Eruptionszyklen entschlüsselt

Ausbruch des Tajogaite-Vulkans auf La Palma 2021. © Marc Szeglat

Neue Studie zeigt mit Hilfe von Paläomagnetik Zyklen der vulkanischen Aktivität auf La Palma

Die vulkanische Aktivität auf La Palma verlief in mehreren deutlich voneinander getrennten Phasen. Das geht aus einer neuen Studie hervor, die ein internationales Forschungsteam mithilfe paläomagnetischer Analysen erstellte. Dabei wurde das Alter von acht holozänen Ausbrüchen genau bestimmt.

La Palma sorgte vor 4 Jahren für einiges an Aufregung, als es am Cumbre Vieja zu einem Vulkanausbruch kam, der mehrere Monate anhielt und große Schäden an der Infrastruktur anrichtete. Damals wurden innerhalb von 90 Tagen fast 3000 Gebäude zerstört. Praktisch eine ganze Siedlung wurde dem Erdboden gleichgemacht. Kein Wunder also, dass man daran interessiert ist, Eruptionen besser vorhersagen zu können, um auch Neubauprojekte besser planen zu können, was bekanntermaßen sehr schwierig ist.

Ein Forscherteam unter Leitung von Andrea Magli fand heraus, dass sich während der letzten 4.000 Jahre Eruptions- und Ruhephasen auf La Palma abwechselten, so dass sich Eruptionszyklen herausbildeten. In einer frühen Eruptionsphase ereigneten sich innerhalb von 1700 Jahren nur 3 Eruptionen, gefolgt von einem Jahrtausend der Ruhe. Die aktuelle Periode ist hingegen deutlich aktiver: In den letzten 1100 Jahren kam es statistisch betrachtet etwa alle 100 Jahre zu einem Ausbruch – zuletzt 2021 beim Cumbre Vieja, bei dessen Ausbruch der Schlackenkegel Tajogaite entstanden war. Zu beachten gilt allerdings, dass solche Betrachtungen stark glätten, denn tatsächlich ereigneten sich in den letzten 100 Jahren 3 Eruptionen auf La Palma.

Die Erkenntnisse stammen aus einer paläomagnetischen Untersuchung, bei der die Ausrichtung magnetischer Mineralien in Lavagestein analysiert wurde. Diese richten sich beim Abkühlen der Lava nach dem Erdmagnetfeld aus und speichern so Informationen über den Zeitpunkt des Ausbruchs. Da sich das Magnetfeld der Erde im Laufe des Holozäns in seiner Polarität bereits 5 Mal verändert hat, lassen sich die Proben bestimmten Zeiträumen zuordnen – vorausgesetzt, man vergleicht sie mit weiteren Methoden wie Kohlenstoff-14-Datierung oder der Stratigraphie.

Die Forscher analysierten 300 Gesteinsproben von acht dokumentierten Ausbrüchen auf La Palma. Dabei wurden die Proben mit höchster Präzision entnommen und später im Labor in Rom untersucht. Die Resultate lieferten nicht nur Datierungen, sondern auch neue geologische Erkenntnisse: So könnte etwa ein Drittel des Südens der Insel in einem besonders intensiven Eruptionszyklus innerhalb von 2–3 Jahrhunderten entstanden sein.

Langfristig soll das Projekt auf den gesamten Kanarischen Archipel ausgeweitet werden. Proben wurden bereits auf Teneriffa und El Hierro entnommen, weitere Untersuchungen auf Gran Canaria, Fuerteventura und Lanzarote sind geplant. Ziel ist es, Aktivitätsmuster der letzten 10.000 Jahre zu identifizieren und dadurch das Vulkanrisiko auf den Inseln besser einzuschätzen.

Meiner Meinung nach bringen diese Erkenntnisse allerdings wenig in Bezug auf die Vorhersage von Eruptionen, sondern bestätigen nur, dass man sich aktuell in einem Eruptionszyklus befindet. Der nächste Ausbruch könnte in ein paar Jahrzehnten erfolgen oder aber auch erst in Jahrhunderten. Ebensogut könnte der aktuelle Eruptionszyklus jederzeit enden.

Was mich persönlich interessieren würde, wäre, was solche Eruptionszyklen erzeugt. letztendlich gibt es diese auch in anderen Vulkanregionen, etwa auf der isländischen Reykjanes-Halbinsel.

Übrigens, auf La Palma erwägt man den Bau von gleich 3 Seilbahnen. Eine soll über den Tajogaite hinwegführen. Offenbar plant man nicht besonders langfristig auf La Palma. (Quellen: Studie bei Science Direct, Presseberichte)

Cumbre Vieja: Gaswarnung auf La Palma

Ausbruch des Tajogaite-Vulkans auf La Palma vor 3 Jahren. © Marc Szeglat

Erhöhte Kohlendioxidkonzentration aktiviert Notfallprotokoll auf La Palma

Fast drei Jahre sind vergangen, seit der vulkanische Rücken Cumbre Vieja auf der Kanareninsel La Palma ausbrach. Bei diesem Ausbruch entstand ein neuer Schlackenkegel, der später den Namen Tajogaite erhielt. Dieser wuchs auf einer Eruptionsspalte, die sich am Rand der Gemeinde Los Llanos de Aridane öffnete. Aus der Spalte und später aus dem Schlackenkegel strömten Lavamassen, die Schneisen der Zerstörung hinterließen und große Schäden an der Infrastruktur verursachten. Noch heute, drei Jahre nach der Naturkatastrophe, arbeitet man an der Beseitigung der Schäden. Während der Wiederaufbau im Gange ist, lauert eine unsichtbare Gefahr im Untergrund: Vulkan und Lavafeld emittieren weiterhin hohe Mengen vulkanischer Gase, von denen Kohlendioxid die größte Sorge bereitet. Dieses farb- und geruchslose Gas ist schwerer als Sauerstoff und sammelt sich in Senken an, wodurch es den Sauerstoff verdrängt. Für Mensch und Tier ist dies eine äußerst gefährliche Situation, da Erstickungsgefahr besteht. Aus diesem Grund wurden im Aridane-Tal 1.156 Gasmessgeräte in Innenräumen und weitere 194 an öffentlichen Orten installiert, um die Kohlendioxidkonzentration ständig zu überwachen. Ein Notfallprotokoll wurde entwickelt, das Behörden und Einsatzkräfte alarmiert, sobald kritische Grenzwerte überschritten werden. Dieses sogenannte Peinpal-Protokoll wurde nun aktiviert, da die Grenzwerte für Kohlendioxid an mehreren Messpunkten in Puerto Naos überschritten wurden. Evakuierungen waren bisher nicht nötig, jedoch rückte die Feuerwehr aus und informierte die Bewohner über die erhöhten Gaskonzentrationen. Die Einsatzkräfte sorgten für eine gründliche Belüftung der betroffenen Gebäude und warnten davor, Keller zu betreten, in denen sich das Gas besonders stark ansammelt. Sollten die Gaswerte jedoch weiter ansteigen, könnten vorübergehende Evakuierungen erforderlich werden, die in enger Abstimmung mit den Rettungskräften durchgeführt würden.

Wie viel Kohlendioxid hat sich angesammelt?

Genaue Angaben zur Konzentration des Gases wurden nicht veröffentlicht. Im Schatten des Vulkans Tajogaite dürfen Häuser betreten werden, in deren Raumluft weniger als 700 ppm Kohlendioxid gemessen wird. Werden Spitzen von 1.600 ppm Kohlendioxid erreicht, wird evakuiert. Dieser Grenzwert wurde jedoch bisher nicht erreicht. Im vergangenen Monat wurden im Freien hohe Kohlendioxidkonzentrationen gemessen. Laut dem Monatsbulletin des IGN wurden in Puerto Naos und La Bombilla CO2-Konzentrationen von 34.450 ppm und ein Sauerstoffgehalt von 20,0 % festgestellt, während der Normalwert bei 20,9 % liegt. Beide Messungen wurden im Freien durchgeführt. In der Gegend von Puerto Naos betrug der im Freien gemessene maximale CO2-Wert 200.000 ppm, während der Sauerstoffgehalt ein Minimum von 20,0 % erreichte. Es sammelt sich also so viel Kohlendioxid in Bodennähe an, dass fast 1 Prozent des Sauerstoffs aus der Atemluft verdrängt wird.

Droht ein neuer Vulkanausbruch?

In einigen Berichten wird spekuliert, dass der Vulkan wieder erwachen könnte. Generell kann ein Anstieg der Gaskonzentrationen auf einen bevorstehenden Vulkanausbruch hindeuten, doch in diesem Fall befindet man sich in einem posteruptiven Stadium, in dem sich die Erde noch nicht vollständig beruhigt hat. Vulkanische Gase entweichen aus dem sich abkühlenden Lavafeld und dringen aus Spalten, die bis in das Fördersystem des Vulkans hinabreichen. Entgasungsaktivität ist in dieser Phase normal. Sie kann variieren, wobei auch das Wetter eine entscheidende Rolle spielt, wie viel Gas sich in Bodennähe ansammelt. Besonders nach starken Regenfällen oder bei Windstille können die Konzentrationen steigen. Hinweise auf einen erneuten Vulkanausbruch auf La Palma sind zumindest kurzfristig nicht zu erkennen.

Cumbre Vieja mit Bodenhebung und Schwefelbrand

INSAR-Aufnahmen zeigen Bodenhebung im Süden von La Palma

Erst gestern schrieb ich über den Cumbre Vieja und muss mich korrigieren: offenbar geht die erhöhte Seismizität im Süden von La Palma doch mit einer Bodenhebung einher. Sie wird zwar nicht von den GPS-Stationen am Boden erfasst, ist aber auf einer INSAR-Aufnahme vom 10 September sichtbar. Die Bodenhebung beträgt demnach bis zu 6 cm. Die Vulkanologen sind nun angehalten, diese Daten mit Messungen am Boden zu verifizieren. An der Messstation LP 03 wird zwar keine Bodenhebung gemessen, dafür aber einen leichten horizontalen Versatz in Nord-Süd-Richtung. Die Bodendehnung liegt hier bei 6-7 mm und bildet einen längerfristigen Trend ab. Manche Autoren verweisen auf die „Zipper“ der Messungen in der Ost-West Richtung, doch dabei handelt es sich offenbar um Fehlmessungen.

Schwefelbrand am Tajogaite

In einem Artikel von „Volcanes y Ciencia Hoy“ wird auf ein -bisher nicht dokumentiertes- Phänomen am Cumbre Vieja hingewiesen. Dabei handelt es sich um blau brennende Schwefelgase, so wie wir sie vom Kawah Ijen her kennen. Die Schwefelgase entzünden sich, wenn sie mit Temperaturen von mehr als 600 Grad Celsius ausströmen. Tatsächlich gibt es am Kegel des Tajogaite (so wird der neu entstandenen Kraterkegel genannt) Fumarolen, die bis zu 1000 Grad heiße Gase ausstoßen. Um ihre Münder herum gibt es Schwefelablagerungen und bisweilen soll man auch Rotglut in den Öffnungen sehen. Schon alleine die hohen Gastemperaturen deuten darauf hin, dass sich in dem System Cumbre Vieja noch (oder schon wieder) Schmelze befindet. Die Seismizität in der Tiefe bildet den Magmenkörper in ca. 12 km Tiefe ab. In ihm wird 8-9 Mal soviel Schmelze vermutet, wie bei der Eruption gefördert wurde. Das Magma bewegt sich und verursacht die Seismizität. Bis jetzt steigt es aber nicht auf. Doch das könnte sich ändern, sobald weiteres Magma aus der Tiefe nachströmt.

Die Situation auf La Palma ist angespannt. Die Leute sind nervös und es gibt Spekulationen über eine Reaktivierung des Vulkanausbruchs. In den nächsten Tagen wird sich der Vulkan wohl nicht reaktivieren, doch der längerfristige Verlauf ist nicht absehbar.

Cumbre Vieja mit Seismizität im September

Der neue Krater Tajogaite. © Martin Kinzel via FB

Cumbre Vieja: 1 Jahr danach

Staat: Spanien | Koordinaten: 28.57, -17.84 | Eruption: Fumarolisch

Vor fast einem Jahr machte ich mich auf dem Weg zum Vulkanausbruch des Cumbre Vieja auf La Palma, der am 19. September begann. Damals hatte sich auf der Vulkanflanke eine Eruptionsspalte geöffnet. Sie befand sich kurz oberhalb des Ortsrand von El Paraiso. Innerhalb weniger Stunden erreichte die Lava den Ort und schnitt eine Schneise der Zerstörung durch den Westen der Insel. Nach gut 2 Wochen erreichten Lavaströme die Küste und hatten auf ihrem Weg Hunderte Häuser zerstört. Vulkanasche legte nicht nur den Betrieb des Inselflughafens lahm, sondern verschüttete Dutzend Häuser und Straßen. Pflanzungen erstickten. Im Dezember 2021 versiegten die Lavaströme und es wurde stiller um den Vulkan. Man begann mit den Aufräumarbeiten und lockerte langsam die Zugangsbeschränkungen zu den evakuierten Stadtteilen, wobei es den Bewohnern zahlreicher Häuser bis heute noch nicht gestattet wurde, diese wieder zu betreten. In einigen Gebäuden am Lavafeld werden noch extrem hohe Kohlendioxid-Konzentrationen gemessen. Dabei sammelt sich das geruchslose Gas in tödlichen Konzentrationen an.

Auch ein Dreivierteljahr, nachdem die letzte Lava eruptiert wurde, ist das Lavafeld im Untergrund heiß und der Vulkan unruhig: unter hohem Druck schießt Dampf aus Fumarolen am neu entstandenen Seitenkrater Tajogaite und es kommt zu schwachen Erdbeben. Im Laufe dieses Jahres nahm die Erdbebentätigkeit ab, doch seit Mitte August verzeichnen die Seismografen einen erneuten Anstieg der Aktivität. Die meisten Erschütterungen haben Magnituden im Bereich der Mikroseismizität, doch es gibt auch Erdstöße mit Magnituden im 2er-Bereich. Interessant ist, dass sich die Beben nicht nur in der Nähe des Seitenkraters Tajogaite ereignen, sondern auch unter der Südspitze der Insel. Die Hypozentren liegen in Tiefen zwischen 10 und 15 km und befinden sich damit in einem Bereich, der typisch für vulkanisch-bedingte Erdbeben ist, die durch Eindringen von Magma im Grenzbereich zur Erdkruste ausgelöst werden. In den Listen des IGN sind fast 120 Erdbeben aufgeführt, die sich in den letzten 10 Tagen ereigneten.

In den Sozialen Medien mehren sich die Spekulationen über eine bevorstehende Reaktivierung des Vulkans. Diese Spekulationen werden von Berichten der Anwohner geschürt, die vermehrt Ascheablagerungen in ihren Gärten beobachten und laute Geräusche vom Vulkan hören. Ob die Asche durch Wind remobilisiert wird, oder ob Gasjets aus den Fumarolen Asche ausstoßen ist nicht geklärt. Anwohner berichten davon, dass die Erde zittert und dass es zu starken Schlägen kommt. Tiere werden zunehmend nervös. Nervös sind die Anwohner auch, weil die Vulkan-Ampel immer noch auf „gelb“ steht. Das bedeutet generell, dass es ohne weiter Vorwarnungen zu Eruptionen kommen könnte. Der Zugang zum Tajogaite ist weiterhin gesperrt. Ob es tatsächlich zu einer Reaktivierung der Eruption kommen wird bleibt unklar. Einige geophysikalischen Parameter sind zwar weiterhin auffällig, doch vor einem neuen Ausbruch würde man stärkere Schwarmbeben und Inflation erwarten. Diese bleibt aktuell aus. Tatsächlich gibt es Hinweise auf Bodenhebung im Süden von La Palma

Magmenaufstieg am Cumbre Vieja begann 2008

Natürlich ist der Vulkan ein beliebtes Forschungsobjekt geworden. Die Auswertung der Daten zeigten, dass der Magmenaufstieg unter La Palma bereits im Zeitraum 2008-2013 begann. Damals veränderte sich das Verhältnis der Helium-Isotope, die in dem Wasser der kalten Kohlensäurequelle Dos Aguas nachgewiesen wurden. Es zeigte, dass sich Magma in der Lithosphäre unter der Insel sammelte. Der weitere Magmenaufstieg wurde durch eine Serie von Schwarmbeben markiert, die 2017-2018 auftraten. Damals wurde bereits ein Magmenkörper in 10-13 km Tiefe angelegt. Der oberste Magmenkörper intrudierte dann in den Monaten vor der Eruption. Diese Forschungen zeigen: „Gut (oder schlecht, je nach Standpunkt) Ding will Weile haben“.