Campi Flegrei: Studie belegt Dauer früherer Aufheizungsphasen

Unruhen in den Campi Flegrei halten an – Studie enthüllt Besorgniserregendes

Die süditalienische Caldera Campi Flegrei liefert seit Jahren Stoff für zahlreiche Studien und Artikel, da es so aussieht, als würde sich der Vulkan auf einen neuen Ausbruch vorbereiten. Die Symptome sind eigentlich eindeutig, werden allerdings kontrovers diskutiert und unter dem Begriff Bradyseismos zusammengefasst und oft verharmlost. Wohl aus Angst davor, dass man die dichtbesiedelte Region als unbewohnbar deklarieren muss. Auch gestern gab es wieder ein Schwarmbeben und die Vulkanologen bestätigten eine Bodenhebung mit einer Geschwindigkeit von 20 mm pro Monat. Zudem werden große Mengen magmatischer Gase freigesetzt.

Die aktuelle Phase erhöhter Unruhen begann bereits vor 20 Jahren und beschleunigte sich in mehreren Stufen. Bereits im letzten Jahrhundert gab es mehrere Bodenhebungsphasen, die aber nicht länger als 3 Jahre anhielten. Den Bodenhebungen folgten Absenkungen, ohne allerdings das Höhenniveau wie vor den Hebungsphasen zu erreichen.

Forscher aus aller Welt arbeiten daran, die Prozesse im Untergrund zu entschlüsseln, und versuchen, Vorhersagemodelle zu entwickeln, ob und wann es zu einem neuen Vulkanausbruch in den Campi Flegrei kommen könnte. Der letzte Ausbruch manifestierte sich im Jahr 1538, als der Schlackenkegel Monte Nuovo entstand. Hierbei handelte es sich um einen als normal groß einzustufenden Vulkanausbruch, der vermutlich einen VEI 2 hatte. Deutlich größer waren da die beiden Eruptionen von vor 15.000 Jahren (VEI 7) und 39.000 Jahren (VEI 7–8), die enorme Auswirkungen auf die Umwelt hatten. Bei dem älteren Ausbruch wurden etwa 300 Kubikkilometer Tephra freigesetzt. Während in dem Ballungsraum bei Neapel bereits ein normalgroßer Ausbruch besorgniserregend wäre, fürchtet man doch vor allem eine dieser superstarken Eruptionen mit hohem Explosivitätsindex, die europaweite Auswirkungen hätte und den Großraum Neapel komplett zerstören würde. Doch wie wahrscheinlich ist es, dass es in den nächsten Jahrzehnten zu so einem Ausbruch kommen könnte?

Forscher der Universität Göttingen veröffentlichten nun eine Studie, die sich vor allem mit der Eruption von vor 39.000 Jahren beschäftigte. Sie fragten sich, wie lange die Aufheizungsphase des Vulkans dauerte, und lieferten ein beunruhigendes Ergebnis. Sie untersuchten Gesteinsproben des Kampanischen Ignimbrit. Hierbei handelt es sich um ein Vulkangestein, das während der Eruption meterhoch abgelagert wurde. Die Forscher setzten hochpräzise Elektronen-Mikrosonden ein und untersuchten die chemischen Wachstumsringe magmatischer Kristalle, die im unterirdischen Magmaspeicher kurz vor der Eruption entstanden. Diese Ringe wirken wie geologische Zeitzeugen der Prozesse im Erdinneren.

Finale Aufheizungsphase der Supervulkaneruption vor 39.000 Jahren dauerte nur ca. 60 Jahre

Im Fokus der Analyse stand die Verteilung des Spurenelements Barium entlang der Ränder von Sanidin-Kristallen. Die Daten deuten darauf hin, dass ein Zustrom frischen Magmas aus der Tiefe unmittelbar vor der Eruption erfolgte. Modellierungen dieser chemischen Profile legen nahe, dass dieser letzte Magmen-Nachschub das bereits vorhandene, ältere Magma innerhalb von nur etwa 60 Jahren zur Explosion brachte.

Entscheidend für die Dauer dieses Zeitraums ist jedoch die Temperatur des aufsteigenden Magmas. Die Studienergebnisse zeigen, dass bei Temperaturen von etwa 970 Grad Celsius der Zeitraum von der Magmazufuhr bis zur Eruption sogar auf wenige Monate bis maximal vier Jahre schrumpfen kann. Liegt die Temperatur hingegen niedriger, zum Beispiel bei 850 Grad, kann sich die Vorwarnzeit auf bis zu mehrere Jahrhunderte ausdehnen.

Angesichts der seit Jahren zunehmenden Bodenhebung und damit einhergehenden Erdbebenaktivität der seit 20 Jahren dauernden Unruhephase unter den Phlegräischen Feldern werfen diese Erkenntnisse ein neues Licht auf die Vorgänge im Untergrund. Die Ergebnisse liefern zwar keine Hinweise auf eine unmittelbar bevorstehende Eruption, zeigen aber, dass es nicht unbedingt Jahrhunderte dauern muss, bis es zu einer neuen extrem starken Eruption kommen könnte.

Meine Interpretation

Geht man von einer 60-jährigen Aufheizungsphase aus und impliziert, dass man sich aktuell in einer befindet, wäre bereits 1/3 dieser Zeit verstrichen und es würden noch 40 Jahre verbleiben, um die Menschen des Großraums Neapel umzusiedeln und Europa katastrophenfest zu machen. Freilich weiß man nicht (oder will es nicht wissen), ob es sich bei der aktuellen Unruhephase bereits um die finale Aufheizungsphase des Calderavulkans Campi Flegrei handelt.
(Quellen: Pressemeldung Uni Göttingen; Springer-Nature-Link)

Campi Flegrei: Schwarmbeben am 07.04.25

Neuer Erdbebenschwarm in den Campi Flegrei – Stärkste Magnitude M 2,4

Datum: 07.04.2025 | Zeit: 07:43:32 UTC | Koordinaten: 40.8372 ; 14.1398 | Tiefe: 2,6 km | Md 2,4

Nach einigen ruhigeren Tagen in der süditalienischen Caldera kam es heute Morgen um 07:43:32 UTC zu einem Erdbeben der Magnitude 2,4. Die Tiefe des Erdbebenherdes wurde vom INGV mit 2,6 Kilometern angegeben. Das Epizentrum lag nördlich der Solfatara, in der Nähe der Tangentiale (Stadtautobahn) Richtung Neapel. Der Erdstoß war in den oberen und unteren Stadtteilen von Pozzuoli deutlich zu spüren gewesen, obwohl er unter der eigentlichen Wahrnehmbarkeitsgrenze von 3,0 lag. Wie ich bereits berichtet habe, spürte ich vor 2 Wochen tatsächlich ein Beben M 1,2, als ich mich an der Solfatara aufhielt. Dass so schwache Erdstöße spürbar sind, liegt einerseits an den geringen Herdtiefen und zum anderen an der Beckenstruktur der Caldera, die Erdbebenwellen verstärkt.

Das Beben kam aber nicht alleine, sondern in Begleitung von 18 weiteren Erschütterungen geringerer Magnituden. Sie verteilten sich auf das Areal in und um die Solfatara und reichten bis zum Astoni-Krater im Norden der Caldera.

Das INGV und die Commune Puzzuoli reagierten schnell und brachten Sondermeldungen heraus. Der Bürgermeister von Pozzuoli wies auf die Notfallrufnummern hin, unter denen sich besorgte Bürger melden können und wo auch Schäden aufgenommen werden.

Die Erdbeben sind Ausdruck des Bradyseismos genannten Phänomens, in dessen Folge sich der Boden im zentralen Calderabereich hebt. Die Hebung begann 2005 und beträgt inzwischen gut 144 Zentimeter. Die Hebegeschwindigkeit betrug zuletzt 20 mm im Monat und reduzierte sich von ihrer Maximalgeschwindigkeit letzten Monat, als sie infolge eines sehr starken Erdbebenschwarms auf 30 mm hochgeschnellt war.

Motor des Phänomens sind magmatische Fluide und auch Magma selbst, das sich auf mehreren Ebenen des Untergrunds der Caldera ansammelt. Es ist durchaus möglich, dass am Ende des Hebungsprozesses ein Vulkanausbruch stehen wird. Ein weiteres Szenario ist ein Abklingen der Hebung und eine anschließende Senkungsphase.

Campi Flegrei: Studie untersucht tieferen Untergrund

Der Monte Nuovo (rechts) ist die jüngste vulkanische Manifestation in den Campi Flegrei. Links im Bild lassen sich Unterwasserruinen erahnen. © Marc Szeglat

Forscher durchleuchten Untergrund der Campi Flegrei bis in 20 Kilometer Tiefe und entdecken magmatische Strukturen

Die Campi Flegrei beschäftigen uns seit Jahren und stehen wegen einer ungewöhnlich langen Phase des Bradyseismos genannten Phänomens oft in den Schlagzeilen. Es kommt zu einer starken Bodenhebung, die einhergeht mit intensiver Erdbebentätigkeit und dem massiven Ausstoß magmatischer Gase. Bisherige Untersuchungen des Untergrunds reichten meistens nur wenige Kilometer in die Tiefe hinab, nun lieferte ein neuer Forschungsansatz ein deutlich weitreichenderes Bild, das bisherige Vermutungen und Modelle zu bestätigen scheint.




Ein internationales Forschungsteam hat mithilfe einer neuartigen 3D-Magnetotellurik-Tomographie erstmals das magmatische System unter der Campi-Flegrei-Caldera bei Neapel untersucht und ist mit seinen Bildgebungsverfahren bis in eine Tiefe von 20 Kilometern vorgedrungen – deutlich tiefer als es bisher möglich war. Die in der Fachzeitschrift Nature Communications Earth & Environment veröffentlichte Studie wurde vom italienischen Institut für Geophysik und Vulkanologie (INGV) in Zusammenarbeit mit der Universität Oxford, dem Trinity College Dublin und der Universität München durchgeführt. Erstautor der Studie ist Roberto Isaia.

Die Campi Flegrei gelten als eines der gefährlichsten Vulkansysteme Europas. Ein genaues Verständnis ihrer inneren Struktur ist daher entscheidend für die Beurteilung vulkanischer Risiken. Die neue Untersuchung liefert ein detailliertes Bild des gesamten Caldera-Komplexes, einschließlich seines untermeerischen Teils, und erlaubt erstmals Einblicke in tiefere magmatische Prozesse.

Zur Erfassung der inneren Strukturen kam die Magnetotellurik zum Einsatz – eine geophysikalische Methode, die natürliche Schwankungen elektrischer und magnetischer Felder misst. Diese erlaubt Rückschlüsse auf den elektrischen Widerstand des Untergrunds, ein Parameter, der stark vom Vorhandensein magmatischer oder hydrothermaler Fluide beeinflusst wird.

Die Analyse der gewonnenen Daten ermöglichte es dem Team, Zonen mit teilweise geschmolzenem Gestein sowie mögliche Förderkanäle für Magma und Fluide zu identifizieren. Solche Strukturen spielen eine zentrale Rolle im Verständnis vulkanischer Aktivität und ihrer potenziellen Gefährdung.

Es wurden u.a. unterirdische Strukturen identifiziert, die vermutlich eine entscheidende Rolle bei der Migration von Magma und Fluiden während früherer Unruhezustände gespielt haben und bei künftigen vulkanischen Aktivitäten erneut von Bedeutung sein könnten. Natürlich spielen diese Strukturen auch bei der aktuellen Unruhephase eine Rolle.

Modell des Krustenaufbaus der Campi Flegrei. © nature.com / Roberto Isaia

Das geophysikalische Modell beschreibt ein dreistufiges Krustensystem:

  • In Tiefen von über 8 km liegt eine abgegrenzte Zone mit einem kristallinen Brei, in dem teilweise geschmolzenes Magma gespeichert ist.
  • Zwischen 3 und 8 km Tiefe befinden sich kristallisierte Magmalinsen sowie kanalartige Strukturen, durch die Fluide und Magma entlang geologischer Bruchzonen aufsteigen könnten. Die Magmalinsen sind allerdings so klein, dass sie unter der Auflösungsschwelle der angewandten Methoden liegen.
  • In weniger als 3 km Tiefe findet sich eine Zone mit verändertem Caldera-Füllmaterial, das mit hydrothermalen Fluiden, Salzlösungen und alten magmatischen Intrusionen interagiert.
  • Zur Überfläche hin ist die Caldera mit einer tonartigen Deckschicht versiegelt

Diese Struktur deutet auf ein transkrustales Leitungssystem hin, in dem tiefliegende Magmazonen über vertikale Kanäle mit dem flachen hydrothermalen System verbunden sind. Da erstmals die Struktur des Magmenkörpers zwischen 8 und 20 Kilometer Tiefe erfasst wurde, lässt sich dessen Volumen nun besser abschätzen. Unklar scheint aber noch zu sein, wie tief er hinab reicht.

Die Ergebnisse sind entscheidend für das Verständnis vulkanischer Prozesse und verbessern die Interpretation laufender Überwachungsdaten. Das Modell liefert wertvolle Anhaltspunkte für die Optimierung von Messnetzwerken und kann helfen, frühe Anzeichen möglicher Eruptionsprozesse – etwa durch Bodenhebung, Entgasung oder seismische Aktivität – besser zu deuten. Damit trägt die Studie zur Verbesserung der Risikoeinschätzung und der Überwachung des Campi-Flegrei-Systems bei.

Die Studie war auch technisch anspruchsvoll, da die Campi-Flegrei-Region stark besiedelt ist und elektromagnetischen Störungen durch menschliche Aktivitäten ausgesetzt ist. Durch speziell entwickelte Messprotokolle konnte dennoch eine hohe Datenqualität gewährleistet werden.

Angesichts der aktuellen Unruhen in der Region liefern die Forschungsergebnisse wichtige Grundlagen für die Vulkanüberwachung und das Risikomanagement. Sie tragen dazu bei, präzisere Vorhersagemodelle zu entwickeln und die Sicherheit der Bevölkerung in einem potenziell gefährdeten Gebiet zu erhöhen. (Quellen: nature.com: https://doi.org/10.1038/s43247-025-02185-5; Pressemeldung INGV)

Aktuelle Entwicklungen in den Campi Flegrei

Übrigens bewegte sich die Seismizität der Campi Flegrei in den letzten Tagen auf normalem Niveau. Das stärkste Beben hatte eine Magnitude von 2,0. Im neusten Wochenbulletin der INGV heißt es, dass die Bodenhebung von 30 mm pro Monat auf 20 mm pro Monat zurückgegangen sei. Damit liegt man aber immer noch auf überdurchschnittlichem Niveau.

Campi Flegrei: Dokumentation der jüngsten Erdbebenschäden

Blick über Pozzuoli und dem Hafen Darsena. © Marc Szeglat

Erdbebenschäden und Bodenhebung der Campi Flegrei in Fotos dokumentiert – viele Probleme hausgemacht

Der süditalienische Calderavulkan Campi Flegrei sorgt seit Monaten für Schlagzeilen, weil er immer wieder Schwarmbeben erzeugt, die sich über die Zeit hinweg in ihrer Intensität steigerten. So manifestierte sich am 13. März der bislang stärkste Erdbebenschwarm, der in den Campi Flegrei in den letzten Jahrzehnten mit modernen Messmethoden erfasst wurde. Das stärkste Einzelbeben dieses Schwarms brachte es auf eine Magnitude von 4,6 und stellte somit ein weiteres Superlativ als das stärkste Beben auf, das je in den Campi Flegrei gemessen wurde. Anfänglich wurde die Magnitude des Bebens mit 4,4 angegeben, zwei Tage später wurde der Wert korrigiert.

Das Beben verursachte einige Schäden an Gebäuden in Pozzuoli und anderen Gemeinden und es gab sogar eine verletzte Person, die in ihrem Bett von herabfallenden Deckenteilen getroffen wurde. Die Menschen gerieten in Panik und stürmten ein leerstehendes NATO-Gelände, in der Hoffnung, sich dort auf sicherem Boden zu befinden. Der Erdbebenschwarm ging mit einer Beschleunigung der Bodenhebung auf eine Rate von 30 Millimetern im Monat einher, was die schnellste Hebungsrate in der aktuellen Phase des als Bradyseismos bezeichneten Phänomens darstellt. Die Hebungsphase begann im Jahr 2005 und beschleunigte sich seit 2011 signifikant. Mit einer Dauer von nun 20 Jahren ist es zudem die längste Hebungsphase seit Beginn des 20. Jahrhunderts. Die vorherigen Phasen dauerten 2 bis 3 Jahre. Zwischen den Hebungsphasen gab es Senkungsphasen des Bodens, doch netto blieb über die Jahrzehnte hinweg immer eine Hebung vorhanden. Dennoch gab es in der Antike noch stärkere Bodendeformationen als heute, denn es gibt noch Ruinen aus der Römerzeit, die vor der Küste unter Wasser liegen. Seit der Antike muss es also zu einer Bodensenkung gekommen sein, die stärker als die Hebungen bis heute war.

Auf diesem Panorama erkennt man links das Maar des Lago d’Averno sowie rechts der Mitte den Schlackenkegel des Monte Nuovo. © Marc Szeglat

So viele Bodendeformationen und Erdbeben gehen natürlich nicht spurlos an den Bauten in den Campi Flegrei vorbei. So stattete ich der Region einen Kurzbesuch ab, um die Schäden an den Gebäuden zu dokumentieren und ein paar Aufnahmen der vulkanischen Manifestationen zu machen. Da ich hier als Jugendlicher meinen Erstkontakt zu aktiven Vulkanen hatte, fühle ich mich der Gegend besonders verbunden und besuchte sie auch als Erwachsener immer wieder gerne, wobei ich am liebsten auf dem Campingplatz im Solfatara-Krater campierte. Leider wurden der Platz und die Solfatara nach einem tragischen Unfall im Jahr 2018 gesperrt und es sieht auch nicht so aus, als würde sich daran wieder etwas ändern. Umso erstaunlicher finde ich es, dass man die (touristische) Infrastruktur im Krater nicht zurückbaut, sondern einfach vor sich her gammeln lässt. Ein Phänomen, das leider in ganz Süditalien weit verbreitet ist und sich nicht nur auf Bänke und Zaunpfähle beschränkt, sondern auch Hotels, Sportstadien und Fabrikgebäude umfasst, einmal ganz abgesehen von normalen Wohnhäusern, die von ihren Besitzern aufgegeben wurden. Solch aufgegebene und verwahrloste Infrastruktur nimmt nicht nur Platz weg und verschandelt die Gegend, sondern stellt auch eine zusätzliche Gefahrenquelle in Bezug auf Naturkatastrophen dar: Die nicht gepflegten und damit in ihrer Substanz geschwächten Gebäude reagieren natürlich besonders empfindlich auf Erdbeben und Bodenverformungen und könnten im schlimmsten Fall bei mittelstarken Erdbeben kollabieren, bei denen es in gesünderen Gebäuden bestenfalls ein paar Risse geben würde. Aber offenbar sind italienische Kommunen und der Staat so pleite, dass Gelder für Abriss und Sanierungen fehlen. Natürlich verschwinden entsprechende Gelder auch in mafiosen Strukturen. Davon betroffen sind auch Gelder in Millionenhöhe (vielleicht sogar in Milliardenhöhe) die von der EU für Infrastrukturprojekte zur Verfügung gestellt werden!

Spaziergang durch Pozzuoli

Bei meinem Spaziergang durch Pozzuoli, den ich 2 Wochen nach dem Beben machte, stieß ich noch auf zahlreiche Spuren der Erschütterung. Vor allem handelte es sich hierbei um abgeplatzten Putz von Hauswänden, aber auch um festere Trümmerstücke, die von Fassaden und Dachgiebeln abbrachen. Es gab auch geplatzte Leitungen und Erdfälle und ich sah mehrere Teams, die Gasleitungen auf ihre Dichtigkeit überprüften.

Bei genauerer Betrachtung der abgeplatzten Putzflächen an den Häusern fiel mir auf, dass man hier teilweise nachträglich unter dem Putz Kabel und Rohre verlegt hatte, was natürlich den Putz schwächte. Zudem können andere Materialien in einer Hauswand durch unterschiedliches Schwingungsverhalten während eines Erdbebens diese destabilisieren. Darüber hinaus sah ich aber auch genügend tiefgehende Risse und Balkone in einem desolaten Zustand, wo rostige Metallarmierung sichtbar war. Selbst ohne Erdbeben sind diese Balkone einsturzgefährdet, und bei einem Erdbeben im Fünferbereich wird die eine oder andere dieser baufälligen Konstruktionen einstürzen. Auch hier sehe ich die Probleme hausgemacht, indem man seit Jahrzehnten nichts in Sanierungsarbeiten investiert hat oder diese stümperhaft ausführte. Patina ist ja schön und gut, aber wenn es an die Substanz geht, wird es halt lebensgefährlich und schäbig. Von wegen Dolce Vita! Und wo bitte ist mein Helm?

Die Spuren der Bodenhebung werden am deutlichsten am kleinen Bootshafen Darsena sichtbar, der direkt an die historischen Gebäude von Rione Terra grenzt. Dort ist auch die Messstation RITE installiert, die die höchste Bodenhebung von nun mehr als 142 Zentimetern registriert. Rione Terra und Darsena liegen nahe des geografischen Zentrums der Caldera und parallel zur Bodenhebung senkte sich relativ betrachtet der Meeresspiegel, weshalb der Hafen fast trockengefallen ist.




Trocken präsentierte sich auch das Schlammbecken in der Solfatara, das ich tatsächlich zum ersten Mal seit 30 Jahren komplett trockengefallen sah. Mit Hilfe einer kleinen Thermalkamera, die man via USB an einem Smartphone andocken kann, machte ich einige Thermalbilder vom Südhang der Caldera und musste feststellen, dass es fast überall heiße Gasaustritte zu geben scheint. Wenigstens deutete das der hohe Wärmefluss in einem Großteil des Hangs an. Irgendwo müssen ja die fast 5000 Tonnen Kohlendioxid ausströmen, die hier täglich emittiert werden.

Doch nicht nur der Kohlendioxid-Ausstoß ist erhöht, sondern auch die Emissionen an Schwefeldioxid und Schwefelwasserstoff. Letzteres Gas mit der Formel H₂S ist für den prägnanten Geruch nach faulen Eiern verantwortlich, der im Allgemeinen als Schwefelgeruch bekannt ist. Noch nie habe ich diesen im Bereich der Solfatara so stark wahrgenommen wie dieses Mal. Besonders während meiner letzten Nacht in der Region, in der es stark regnete, drang der Gestank bis in mein Zimmer ein. Am Abend zuvor, als ich auf meinem Bett saß, merkte ich ein leichtes Erzittern der Matratze, das wie ein schwacher Windhauch gerade so zu spüren gewesen war. Da ich keine Blähungen hatte, dachte ich mir: Nanu, ein Erdbeben! Als ich die Erdbebendaten beim INGV checkte, stellte ich fest, dass sich ca. 400 m von meinem Hotel entfernt, inmitten der Solfatara, ein schwacher Erdstoß der Magnitude 1,2 ereignet hatte, dessen Erdbebenherd in knapp 1000 m Tiefe lag. Dass man so schwache Erdstöße tatsächlich spüren kann, war neu für mich.

Fazit

Obgleich die Bewohner von Pozzuoli nichts dafür können, dass sie von den Naturgewalten in besonderem Maße heimgesucht werden, tragen sie eine gewisse Mitschuld an dem Zustand ihrer Gebäude. Viele der betagten Gemäuer, die ursprünglich wohl ziemlich robust waren, wurden im letzten Jahrhundert auf dilettantische Art und Weise und unter Missachtung jeglicher Bauvorschriften mit Stromleitungen und Gas- und Wasseranschlüssen nachgerüstet. Von außen wurden Halterungen für Klimaanlagen angebracht und Metallmatten zwischen Putz und Hauswand eingearbeitet. Durch feinste Risse im Putz dringt Wasser ein, das aufgrund des Salzgehaltes der Seeluft und der Schwefelaerosole aus der Solfatara besonders korrosiv wirkt. Dadurch rostet das Metall, dehnt sich aus und schafft Schwachstellen im Putz, durch die weiteres korrosives Wasser eindringt. Das destabilisiert die Außenverkleidung der Gebäude in einem Maße, dass sie bei den moderaten Erdbeben en masse abplatzt. Stellt sich die Frage, wie stabil oder instabil das darunter liegende Mauerwerk noch ist. Spätestens wenn es zu Erdbeben ab 5,4 kommen sollte, sehe ich einige Gebäude zumindest teilweise kollabieren.

Campi Flegrei: Vorhersage von Erdbeben

Fischereihafen von Pozzuoli aufgrund der Bodenhebung weitgehend trocken gefallen. © Marc Szeglat

Methode zur Vorhersage von Erdbeben entdeckt – Bodenhebung verlangsamt sich leicht

Die Wissenschaftler des INGV arbeiten an einer neuen Methode zur Vorhersage starker Erdbebenphasen. Erste Erfolge wurden heute in einer Pressemitteilung verkündet. Demnach stellten die Geowissenschaftler fest, dass es einige Wochen bis Tage vor einer Erdbebenphase zu einem Temperaturanstieg verschiedener Fumarolen kommt, der mithilfe von Thermalbildern detektiert werden kann. Auf dieser Grundlage wird nun eine Methode entwickelt, um stärkere Erdbeben vorherzusagen. Allerdings kann damit lediglich ein Gefahrenzeitraum eingegrenzt werden – der genaue Zeitpunkt eines stärkeren Erdbebens bleibt weiterhin unvorhersehbar. Für die Bevölkerung ist das zwar nur bedingt hilfreich, aber Einsatzkräfte und der Zivilschutz könnten sich so besser auf einen möglichen Einsatz vorbereiten.
Zudem gibt es weiterhin Diskussionen über den Ursprung des Bradyseismos. Tiziana Vanorio, eine Geophysikerin aus Pozzuoli, die an der Universität Stanford forscht, griff eine ältere These auf. Sie vermutet, dass der Bradyseismos durch meteorologisches Wasser verursacht wird, das durch einen tiefsitzenden Magmenkörper erwärmt wird und sich in den Poren des Hydrothermalsystems ausdehnt. Eine oberflächennahe Deckschicht dichte das System ab, sodass die Fluide nicht entweichen können. Dadurch werde der Boden so lange angehoben, bis er Risse bekommt und Erdbeben ausgelöst werden. Ich sehe jedoch ein Problem bei dieser These: Wenn das System an der Oberfläche abgedichtet ist, wie soll dann Regenwasser überhaupt bis ins Hydrothermalsystem gelangen?

Eine alternative These verfolgt einen ähnlichen Ansatz, geht jedoch davon aus, dass die Fluide magmatischen Ursprungs sind. In diesem Modell baut sich im Hydrothermalsystem so lange Druck auf, bis sich der Boden hebt, Risse entstehen und Gase entweichen. Die in den Fluiden enthaltenen Mineralien zementieren die Risse jedoch schnell wieder, sodass der Zyklus von Neuem beginnt.

Die aktuellen Beobachtungen aus den wöchentlichen INGV-Berichten sprechen eher für diese zweite Theorie. Nach den beiden Erdbeben der Magnituden 4,6 und 3,9, die mit einer beschleunigten Bodenhebung von bis zu 3 cm pro Monat einhergingen, deuten die jüngsten Daten darauf hin, dass sich die Hebegeschwindigkeit wieder verlangsamt.

Spaziergang durch Pozzuoli

Heute war ich selbst in Pozzuoli unterwegs, um mir ein Bild von der aktuellen Lage zu machen. Zwar wurde der Schutt aus den Straßen geräumt, doch überall sind große Löcher im Putz der Häuser zu sehen, und viele Balkone wirken schief. Zahlreiche Einsatzkräfte sind im Stadtgebiet unterwegs, ansonsten ist es aber recht ruhig – die Menschen gehen ihrem gewohnten Alltag nach. Die anhaltende Bodenhebung ist am kleinen Fischerhafen besonders gut sichtbar, der mittlerweile fast trockengefallen ist.

Laut dem aktuellen INGV-Bericht betrug die Gastemperatur der Pisciarelli-Fumarole in der vergangenen Woche 97 °C. Ich war ebenfalls dort und muss sagen: Der Geruch nach faulen Eiern ist wirklich heftig. So stark habe ich den Schwefelwasserstoff-Geruch hier noch nie wahrgenommen.

Campi Flegrei: Erdbeben Md 3,9

Weitere Erdbeben erschüttern Campi Flegrei bei Pozzuoli – Bürger aufgeregt

Datum 15.03.2025 | Zeit: 12:32:27 UTC | Koordinaten: 40.8297 14.1323 | Tiefe: 2,9 km | Md 3,9

In den Campi Flegrei ereignete sich um 12:32:27 UTC ein weiteres Erdbeben, das von den Bewohnern des Calderavulkans deutlich wahrgenommen wurde. Es hatte eine Magnitude von 3,9 und ein Hypozentrum in 2900 m Tiefe. Das Epizentrum lag wenige Hundert Meter westlich des Solfatara-Kraters. Insgesamt ereigneten sich heute bislang 19 Erschütterungen. Die Bodenhebung geht unverändert weiter und beschleunigte sich auf 30 mm im Monat. Die höchste monatliche Hebungsrate in dieser Hebungsphase, die im Jahr 2005 begann, wobei manche Autoren auch schreiben, dass sie erst ein Jahr später einsetzte.

Die Bodenhebung summierte sich seitdem auf gut 142 Zentimeter, was zusehends zum Problem wird: Die Bodenbewegungen zermürben die Bausubstanz, wodurch die Gebäude geschwächt werden und immer empfindlicher auf die Erdstöße reagieren. Diese werden durch die besondere Beckenstruktur der Caldera verstärkt und die Hypozentren liegen in geringen Tiefen, weswegen sich die Beben noch stärker an der Oberfläche auswirken, als es Erdbeben anderswo tun würden. Außerdem wurden die Erdbeben in den letzten Jahren immer stärker. Auch wenn sich die Magnituden nur langsam erhöhen, gilt zu bedenken, dass es sich bei den Magnitudenskalen um logarithmische Skalen handelt. Daher könnten kleine Magnitudenänderungen große Auswirkungen auf die Infrastruktur haben.

Die bis jetzt stärksten Erdbeben hatten Magnituden von 4,4. Es gibt eine steigende Tendenz über die Monate. Sollte sich demnächst ein Beben der Magnitude 4,6 ereignen, wären die Amplituden der Erdbebenwellen und damit die Bodenbewegungen um den Faktor 1,58 größer. Es würde das Doppelte an Energie freigesetzt werden wie bei Erdbeben der Magnitude 4,2.

Die Bodenhebung wirkt sich aber nicht nur auf die Gebäude aus, sondern hebt auch die Hafenanlagen an. Dadurch sinkt der Wasserpegel des Meeres relativ betrachtet. Das Wasser wird für Schiffe immer flacher und der Winkel der Entladerampen der Autofähren immer steiler, so dass schwere Fahrzeuge bereits jetzt ein Problem haben, die Fährrampen zu passieren.

Die Erdbeben haben auch viele Fernsehsender nach Pozzuoli gelockt, die Interviews mit den Bürgern führen. Diese geben sich oft sauer und von der Regierung enttäuscht. Wobei sich natürlich die Frage stellt, was die Regierung machen soll. Jeder hofft darauf, dass die Bradyseismos-Phase bald endet, doch Anzeichen dafür gibt es nicht. Langfristig betrachtet wird man sich für Pozzuoli und die Campi Flegrei wohl einen Plan B ausdenken müssen und sich fragen, ob es Sinn macht, immer wieder aufs Neue Millionen Euro in die Sanierung von Gebäuden zu stecken, nur damit sie nach ein paar Jahrzehnten wieder weichgerüttelt werden. Macht es Sinn, erdbebensicher zu bauen, wenn eines Tages ein Vulkanausbruch droht, der andere Probleme schafft?

Campi Flegrei: Folgen des Erdbebens vom 13.03.25

Zahlreiche Gebäudeschäden und verängstigte Anwohner in den Campi Flegrei- Nationale Mobilisierung des Zivilschutzes beschlossen

Gebäudeschäden, eine verletzte Frau, eingeschlossene Hausbewohner, beschädigte Autos und Schulschließungen sind die sicht- und spürbaren Auswirkungen des Erdbebens der Magnitude 4,4, das in der Nacht zum Donnerstag Pozzuoli erschütterte. Der Ort, der mitten in der Caldera des Vulkans Campi Flegrei liegt, findet seit Monaten nicht mehr zur Ruhe, denn immer häufiger treten immer stärkere Erdbeben auf, die im Zusammenhang mit einer magmatisch bedingten Bodenhebung ausgelöst werden.

Das Beben gestern war zusammen mit einem gleichstarken Erdstoß im Mai 2024 das stärkste Beben in den Campi Flegrei, das in den letzten Jahrzehnten registriert wurde. Selbst in der Hebungsphase 1982–1984 gab es nicht so starke Beben. Das stärkste Beben damals ereignete sich am 4. Oktober 1983 und hatte eine Magnitude von 4,2. In dieser kurzweiligen Hebungsphase hob sich der Boden um 179 cm, was eine deutlich schnellere Bodenhebung bedingte, als es in der aktuellen Hebungsphase der Fall ist, die nun schon seit 20 Jahren anhält. In diesem Zeitraum hob sich der Boden um 142 cm. Auffällig ist, dass alle vorangegangenen Hebungsphasen der Neuzeit (1950-1952, 1969-1972, 1982-1984) nur 2 bis 3 Jahre dauerten. Zuvor war der Vulkan gut 500 Jahre ruhig.

Die Prognosen für Pozzuoli sind nicht gut und selbst den optimistischen Forschern fallen immer weniger Gründe ein, warum es nicht zu einer Eskalation der Lage kommen könnte. Man hofft zwar darauf, dass die Bodenhebungsphase bald einfach enden könnte, doch Anzeichen hierfür gibt es nicht. Im Gegenteil, immer mehr Geowissenschaftler denken, dass sich die Seismizität weiter steigern wird und nicht nur die Anzahl der Beben zunehmen wird, sondern auch deren Stärke. Obgleich die Magnituden bis jetzt nur im mittleren Bereich liegen und man bei einem Erdbeben der Magnitude 4,4 nur marginale Schäden erwarten würde, fielen die tatsächlichen Schäden gestern größer aus. Das lag zum einen an der geringen Tiefe des Erdbebenherds und an der Beckenstruktur der Calder, die seismische Wellen reflektiert und verstärkt. Ein weiterer Grund ist der, dass die Infrastruktur durch die zahlreichen Erdbeben der letzten Jahre zunehmend weichgerüttelt und geschwächt wird. So kam es nicht nur zu Rissen in Hauswänden, sondern es stürzten Innendecken ein und Putz, Ziegel und Dachpfannen krachten auf Straßen und Autos. Möbel stürzten um und alles, was nicht niet- und nagelfest war, fiel aus Regalen und Schränken. Eine der eingestürzten Innendecken verletzte eine Frau. Sie wurde eingeschlossen und musste von der Feuerwehr geborgen werden. Aus ihrer misslichen Lage befreit werden mussten auch mehrere Hausbewohner anderer Gebäude, deren Türen von umgestürzten Gegenständen blockiert worden waren.

Die in Panik geratenen Menschen stürmten eine leerstehende Natobasis, in der Hoffnung, sich dort auf sicherem Terrain zu befinden. Auf den Straßen kam es zum Verkehrskollaps, nicht nur in der Nacht, als die Menschen aus ihren Häusern flüchteten, sondern auch am Morgen, als sie in diese zurückkehrten.

In den am meisten betroffenen Bezirken wurden bis Sonntag dauernde Schulschließungen angeordnet. Sie werden erst nach einer Inspektion der Bausubstanz wieder geöffnet. Die Behörden haben Sonderrufnummern freigeschaltet, bei denen Hausbesitzer, die Schäden an ihren Häusern feststellten, eine Inspektion durch Fachleute beantragen können. In den sozialen Medien gibt es mehrere Posts von erbosten Bürgern, die unter diesen Nummern nicht durchkommen, da sie offenbar überlastet sind.

Die Regierung beschloss gestern, die nationale Mobilisierung des Zivilschutzes auszurufen, damit schneller Hilfsmittel für die Bürger von Pozzuoli bereitgestellt werden können. Außerdem wurden Auffangzentren eingerichtet. Eines befindet sich auf dem Gelände der gestürmten Natobasis.

Campi Flegrei: Erdbeben M 4,4 verursachte Schäden


Datum 13.03.2025 | Zeit: 00:25:02 UTC | Koordinaten: 40.8175 ; 14.1490 | Tiefe: 2,5 km | Md 4,4

Mittelstarkes Erdbeben in geringer Tiefe erschütterte Campi Flegrei – Schäden in Pozzuoli

Der süditalienische Calderavulkan bleibt unruhig und erzeugt eine rasant steigende Bodenhebung, die Erdbeben auslöst. Heute Nacht ereignete sich um 00:25 UTC (Lokalzeit 01:25 Uhr) eines der stärksten Beben, die sich in der aktuellen Hebungsphase ereigneten. Es hatte eine Magnitude von 4,4 und ein flach liegendes Hypozentrum in 2,5 Kilometern Tiefe. Das Epizentrum lag kurz vor der Küste nahe der Straße Via Napoli im Osten Pozzuolis und ein paar Hundert Meter südöstlich des Solfatara-Kraters.

Das Beben war Teil eines stärkeren Erdbebenschwarms und konnte über Pozzuoli hinaus gespürt werden. Wahrnehmungsmeldungen liegen auch aus Neapel vor. Obwohl es sich um ein mittelstarkes Beben im unteren Intensitätsspektrum handelte, verursachte es Gebäudeschäden, vor allem im Stadtteil Bagnoli. Die Inspektionen laufen noch, doch nach dem, was ich an Bildern gesehen habe, dürften es sich um die stärksten Schäden handeln, die hier von einem Erdbeben in den letzten Jahren verursacht wurden. In einem Haus kamen Deckenteile herunter und ein Dachstuhl stürzte ein. Dabei wurde ein Mann eingeschlossen, der von der herbeigeeilten Feuerwehr geborgen werden musste und wahrscheinlich Verletzungen erlitt. Außerdem stürzten Fassadenteile und Dachpfannen auf Straßen und demolierten Fahrzeuge.

Zum Teil gerieten die Anwohner in Panik und versammelten sich auf Plätzen. Eine Gruppe aufgebrachter Bürger stürmte auch einen leerstehenden Militärstützpunkt. Offenbar vermutete man hier besseren Schutz.

Die Zivilschutzbehörde reagierte schnell und aktivierte das kommunale Operationszentrum. Es wurden einige Notfallzentren geöffnet und man errichtete auf den Sammelplätzen Pavillons. Von den Sammelplätzen aus soll im Notfall evakuiert werden. Doch dazu kam es bis jetzt nicht.

Der Alarmstatus bleibt erst einmal auf Gelb, obwohl einige Bürger mittlerweile eine Erhöhung der Alarmstufe fordern. Sie argumentieren, dass der gelbe Alarmstatus bereits 2023 ausgerufen wurde und sich die Situation seitdem deutlich verschärft hätte. Bei Alarmstufe Orange müssten erste Evakuierungsmaßnahmen eingeleitet werden. Offenbar wollen einige Bewohner die Gegend verlassen, schaffen es aber nicht mit eigenen finanziellen Mitteln und hoffen daher, dass der Staat ihnen abseits des Calderavulkans neue Unterkünfte zur Verfügung stellt.

Schlechte Langfristprognose für Pozzuoli und den Campi Flegrei

Wie so oft ist Katastrophenschutz ein Politikum und man hofft auf das Beste, ohne sich auf das Schlimmste ernsthaft vorzubereiten. Oft geht diese Taktik gut, aber natürlich nicht immer. Meiner Meinung nach wird man langfristig betrachtet nicht darum herumkommen Pozzuoli aufzugeben, denn selbst wenn in dieser Phase des Bradyseismos nichts weiter geschieht, werden mit großer Wahrscheinlichkeit über die Jahrzehnte hinweg weitere Phasen folgen, die die Bausubstanz zerfallen lassen.

Campi Flegrei: Signifikante Beschleunigung der Bodenhebung

Im Solfatara-Krater in den Campi Flegrei. © Marc Szeglat

Boden in den Campi Flegrei hebt sich deutlich schneller – zahlreiche Erdbeben detektiert

Zuerst die gute Nachricht: Nein, es gibt keine – zumindest nicht in Bezug auf den süditalienischen Calderavulkan Campi Flegrei. Die Erdbebenaktivität bleibt deutlich höher als normal, und die Schwarmbeben klingen nicht wirklich ab. Bis heute Morgen um 8:00 Uhr wurden bereits wieder mehr als 20 Beben registriert, gestern waren es über 50 Erschütterungen. Die meisten Beben ereigneten sich im Bereich des Solfatara-Kraters. Es gab aber auch Erdbeben entlang der Störungszone, die in NW-SE-Richtung streicht und im Golf von Pozzuoli liegt. Diese Störung mündet in der Region des Monte Nuovo, jenem Kraterkegel, der bei der jüngsten Eruption der Campi Flegrei entstand. Auch dort bebte es in den letzten Tagen vermehrt.

Gestern wurde der Wochenbericht für den Beobachtungszeitraum vom 03.–09. März veröffentlicht. Die Forscher des INGV detektierten in dieser Zeit 89 Erdbeben, das stärkste mit einer Magnitude von 3,2. Sie bestätigten nun auch eine deutlich höhere Bodenhebung, als sie bisher bekannt geben wollten – obwohl ich bereits in den letzten Wochen mehrfach darauf hingewiesen hatte, dass die Rohdaten eine stärkere Beschleunigung der Hebegeschwindigkeit andeuteten, als offiziell kommuniziert wurde.

Und das ist die eigentlich schlechte Nachricht: Die Hebungsrate liegt nun bei 30 mm pro Monat, was wohl den Spitzenwert der aktuellen Hebungsphase darstellt. Sie begann im Jahr 2005 und beschleunigte sich in mehreren Phasen. Insgesamt hob sich der Boden seitdem um gut 142 cm. Wenn man etwas Positives finden will, dann vielleicht das: Während der Hebungsphase Anfang der 1980er Jahre hob sich der Boden zeitweise noch schneller. Innerhalb von zwei Jahren kamen damals 180 cm Bodenhebung zusammen. Anschließend senkte sich der Boden um ca. 90 cm ab, bis die aktuelle Hebungsphase begann – eine der längsten in der jüngeren Vergangenheit. Netto blieben also 90 cm übrig. Rechnet man die aktuelle Hebung von 142 cm dazu, hob sich der Boden seit 1980 insgesamt um ca. 230 cm.

Ich kann mir gut vorstellen, dass die 90 Netto-Zentimeter der Hebungsphase aus den 1980er Jahren direkt auf eine Magmenintrusion zurückzuführen sind, während die restliche Hebung durch volatile Fluide verursacht wurde, die sich zunächst im Hydrothermalsystem ansammelten und sich dann während der Senkungsphase verflüchtigten.

Tatsächlich dauern die Aufladungsphasen von Aschestrom-Calderen sehr lange. Leider wissen wir vergleichsweise wenig über diese Vulkane, da es seit Beginn der modernen Vulkanbeobachtung keinen entsprechend starken Ausbruch gegeben hat. Eine gute Chance, mehr über große Calderavulkane zu erfahren, wurde jedoch vor zwei Jahren verpasst, als der Hunga-Tonga-Ha’apai ausbrach. Das Vulkaneiland lag zu abgelegen, um systematisch beobachtet zu werden. Zudem lag der Großteil des Vulkans bereits vor der Explosion unter Wasser, was die Beobachtung weiter erschwerte.

Magma der Campi Flegrei besonders explosiv

Die Magmenentstehung an Aschestrom-Calderen unterliegt anderen Prozessen als bei calderabildenden Vulkanen auf Hawaii oder Island. Während dort Magmen direkt aus dem Erdmantel aufsteigen und vergleichsweise dünnflüssig sind, entstehen Magmen explosiver Aschestrom-Calderen in erster Linie durch partielles Schmelzen von Krustengestein und anschließende fraktionierte Differentiation. Bei diesen Prozessen verändert sich das einmal entstandene Magma chemisch weiter: Einerseits wird Energie freigesetzt, die das Magma lange geschmolzen hält. Andererseits ändert sich der Chemismus, sodass Kristalle und Gas in der Schmelze entstehen – eine zunehmend explosivere Mischung.

Die langfristige Prognose für die Campi Flegrei ist nicht gut. Es mag noch Jahrzehnte oder sogar Jahrhunderte dauern, bis es zu einem großen Ausbruch kommt – aber aller Wahrscheinlichkeit nach wird er irgendwann eintreten. Und wenn es so weit ist, sollte sich dort kein Mensch mehr aufhalten.