Campi Flegrei: Nationaler Notstand ausgerufen

Panorama über Pozzuoli und Küste der Campi Flegrei. © Marc Szeglat

Ausrufung des nationalen Notstands für das Gebiet der Campi Flegrei aufgrund der Zunahme der Erdbebenaktivität

Das Erdbeben der Magnitude 4,4, das gestern den süditalienischen Calderavulkan Campi Flegrei bei Neapel erschütterte, verursachte nicht nur weitere Schäden in Pozzuoli und Umgebung, sondern verunsicherte die Bewohner des Areals zusätzlich: Viele Menschen flüchteten bei dem Erdbeben ins Freie, und der Bürgermeister von Pozzuoli forderte die Bevölkerung auf, dort zu verweilen, bis die Häuser kontrolliert wurden. In der Konsequenz wurde gestern Abend der Notstand für das Gebiet ausgerufen.

Für die Ausrufung des nationalen Notstandes verantwortlich zeigt sich Nello Musumeci, der Minister für Katastrophenschutz. Er appellierte an die Regierung, seiner Empfehlung nachzukommen, was dann auch schnell geschah: Der Ministerrat genehmigte den Antrag.

Der nationale Ausnahmezustand ist eine gesetzlich vorgesehene Maßnahme, die bei außergewöhnlichen Ereignissen wie Naturkatastrophen, großen Bränden oder gesundheitlichen Krisen ergriffen werden kann. Im Falle der Phlegräischen Felder wurde er aufgrund der zunehmenden seismischen Aktivität und des Bradyseismus verhängt. Mit dieser Maßnahme wird es Behörden ermöglicht, schneller und flexibler auf die Notlage zu reagieren. Dazu gehört die Möglichkeit, gesetzliche Vorgaben und Haushaltsgrenzen temporär zu umgehen, finanzielle Mittel bereitzustellen sowie ggf. persönliche Freiheiten einzuschränken, um die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten.

Die Gültigkeit eines nationalen Ausnahmezustands beträgt zunächst zwölf Monate und kann einmalig um weitere zwölf Monate verlängert werden. Ziel ist es, bestehende Verfahren zu beschleunigen und notwendige Hilfsmaßnahmen effizient umzusetzen, insbesondere im Hinblick auf Schutzmaßnahmen, Unterstützung der betroffenen Bevölkerung und mögliche Wiederaufbauarbeiten.




Das Ausrufen des nationalen Notstands zeigt, wie dramatisch die Lage in den Campi Flegrei ist und wie sehr die Menschen unter den fortwährenden Erdbeben leiden. Der Erdstoß gestern war der zweitstärkste, der jemals in dem vulkanischen Gebiet gemessen wurde. Nachdem ich gestern über das Erdbeben berichtet hatte, manifestierten sich zwei weitere Erdstöße mit Magnituden im Dreierbereich, die von den Anwohnern deutlich gespürt worden waren. Neben der Angst vor einem starken Erdbeben mit einer Magnitude über 5, das die von der anhaltenden Aktivität geschwächte Bausubstanz vermutlich stark zusetzen würde, schwebt noch das Damoklesschwert eines sich möglicherweise zusammenbrauenden Vulkanausbruchs.

Island: Erdbeben Md 5,0 an der TFZ

Erdbebenschwarm an der Tjörnes-Fracture-Zone nördlich von Island intensiviert – Stärkste Erdbeben Md 5,0

Datum: 14.05.2025 | Zeit: 05:20:49 UTC | Koordinaten: 66.547 ; -17.715 | Tiefe: 13,5 km | Md 5,0

Der Erdbebenschwarm nördlich von Island, der gestern begonnen hat, setzt sich heute nach einer temporären Abschwächung fort und brachte sogar das stärkste Beben des Schwarms hervor. Die Magnitudenangaben schwanken ein wenig und wurden beim IMO mit 5,0 angegeben. Beim EMSC kommt das Beben auf eine Magnitude von 4,6. Der Erdstoß war in weiten Teilen von Nordisland zu spüren gewesen.

Das Hypozentrum befand sich in einer Tiefe von 13,5 Kilometern. Das Epizentrum wurde 13 Kilometer östlich von Grimsey verortet, also in etwa dort, wo sich das submarine Vulkanfeld befindet. Allerdings befindet sich dort auch das Skjalfandadjup-Becken, bei dem es sich tektonisch betrachtet um einen Graben handelt, an dessen Randstörungen es durchaus zu Erdbeben kommen kann. Daher ist es momentan noch unklar, ob es sich um rein tektonische Erdbeben handelt oder ob Magma seine glühenden Finger im Spiel hat. Letzteres halte ich aufgrund der Tiefe der Erdbeben für durchaus möglich, denn die Beben ereignen sich in einer Zone unter der festen Erdkruste, an der Magma versuchen könnte, aufzusteigen, um in die Erdkruste einzudringen. Dass bereits ein submariner Vulkanausbruch begonnen hat, halte ich für wenig wahrscheinlich.

Das Erdbeben ereigne sich im gleichen Gebiet wie das Erdbeben der letzten Nacht mit einer Magnitude von 4,7. Obwohl in den IMO-Tabellen bis jetzt „nur“ knapp 500 Beben angezeigt werden, teilten die Vulkanologen mit, dass bis heute Morgen um 6:00 Uhr weit über 700 Erschütterungen auftraten.

In der gleichen IMO-Erklärung heißt es, dass die Beben rein tektonischer Natur seien und nichts mit Magmenbewegungen zu tun hätten. Ein Statement, das ich so nicht unterschreiben würde, da bei ähnlichen Ereignissen vor einigen Jahren Ähnliches behauptet wurde, man später aber doch einräumen musste, dass wohl Magma die treibende Kraft hinter den Ereignissen war. Ganz so wie wir es in den letzten Monaten bei zahlreichen starken Schwarmbeben sahen, die sich entlang tektonischer Gräben manifestierten. Ich denke da an Santorin und die Beben bei Awash in Äthiopien und natürlich auch bei den Rifting-Ereignissen auf Reykjanes. Hier scheint es einen tieferen Zusammenhang zu geben, der von den Wissenschaftlern noch nicht hinlänglich verstanden wurde. Natürlich ist das auch ein typisches Henne-Ei-Problem: Was war zuerst da, die tektonischen – meist divergenten – Bewegungen der Erdkruste oder das Magma?

Update: Die Magnitude wurde auf 4,9 korrigiert.

Kreta: Erdbeben Mw 6,1 östlich der Insel

Starkes Erdbeben Mw 6,1 erschüttert Inselwelt östlich on Kreta – Erdstoß war noch in Ägypten und Israel zu spüren gewesen

Datum: 13.05.2025 | Zeit: 22:51:15 UTC | Koordinaten: 35.250 ; 26.946 | Tiefe: 71 km | Mw 6,1

Die ägäische Inselwelt nahe Kreta wurde gestern Abend um 22:51:15 UTC (00:51:15 MESZ) erneut von einem starken Erdbeben erschüttert. Es erreichte eine Magnitude von 6,1 und hatte sein Epizentrum rund 61 Kilometer östlich von Kreta sowie 38 Kilometer südsüdwestlich der Inseln Kassos und Karpathos. Das Hypozentrum lag in einer Tiefe von 71 Kilometern, was als vergleichsweise tief gilt.

Diese Tiefe dürfte auch der Grund gewesen sein, warum das Beben weder größeren Schäden verursachte, noch einen Tsunami hervorbrachte und die Bewohner der Inseln mit dem Schrecken davonkamen. Wahrnehmungsmeldungen liegen aus einen mehrere Hundert Kilometer Durchmessenden Umkreis vor und selbst in Jerusalem soll das Beben zu spüren gewesen sein.

Das Ereignis macht erneut deutlich, dass im Untergrund entlang des Hellenischen Bogens erhebliche tektonische Spannungen bestehen und dass es an den dort verlaufenden Störungszonen jederzeit zu starken Erdbeben kommen kann.




Erdbeben manifestierte sich an einem Graben östlich von Kreta

Der Hellenische Bogen steht im Zusammenhang mit der Kollision der afrikanischen und eurasischen Kontinentalplatten, bei der die afrikanische Platte unter die eurasische abtaucht (Subduktion). Nördlich bzw. hinter dem Hellenischen Bogen, der südlich von Kreta verläuft, existiert ein komplexes tektonisches System aus einem nicht-vulkanischen Inselbogen, einem vulkanischen Inselbogen (z. B. Santorin) und einem Back-Arc-System. Südlich der Subduktionszone wiederum verläuft am Meeresboden ein Riftsystem, das auf Dehnungsprozesse in der übergeordneten Plattentektonik hinweist.

Das aktuelle Beben ereignete sich an einer kleineren tektonischen Beckenstruktur, die zwar mit dem Hellenischen Bogen in Verbindung steht, jedoch eigene aktive Verwerfungen aufweist. Diese liegen zwischen Kreta, Kassos und Karpathos. Bei dieser Struktur handelt es sich um einen etwa 50 Kilometer langen Graben, der durch Krustendehnung und Absenkung entlang zweier parallel verlaufender Störungen entstanden ist. Zusätzlich zeigen geophysikalische Daten, dass dort auch linksseitige horizontale Verschiebungen stattfinden – ein Hinweis auf ein kombiniertes Dehnungs- und Scherregime.

Dank einer Forschungskooperation zwischen Geophysikern der Universität Athen und der Universität Hamburg weiß man heute, dass dieser Graben Teil eines größeren tektonischen Systems ist, das sich zwischen Ostkreta und der Insel Gavdos erstreckt. Entlang dieses Systems ereignete sich im Jahr 1303 ein sehr starkes Erdbeben mit einer geschätzten Magnitude von 8, das einen verheerenden Tsunami verursachte – unter anderem wurde damals die Stadt Alexandria in Ägypten überschwemmt. Solche Naturkatastrophen sind auch heute im Mittelmeerraum nicht ausgeschlossen.

Einen direkten Zusammenhang zwischen dem aktuellen Erdbeben und den Aktivitäten bei Santorin gibt es nicht – sieht man einmal von den übergeordneten plattentektonischen Prozessen der Ägäis ab.