Neues Foto nach Lavaüberlauf Ende Mai zeigt Rotglut am Ol Doinyo Lengai – Transiente Inflation nachgewiesen
Arusha, 12.06.2025 – Erst vor wenigen Tagen berichtete ich über den Lavaüberlauf, der sich am 27. Mai am Ol Doinyo Lengai in Tansania ereignete. Daraufhin übermittelte mir Vereinsmitglied Jochen Felkl ein aktuelles Bild, das er von einem Lengai-Führer zugeschickt bekommen hatte. Auf dem Bild ist ein aktiver Hornito zu sehen, in dessen Schlot rotglühende Lava brodelt. Das Foto ist insofern ungewöhnlich, als die Lava am Lengai nicht so rot glüht. Früher wurde auf Bildern des Vulkans die Rotglut nur nachts auf langzeitbelichteten Fotos sichtbar. Das vorliegende Bild wurde zum Sonnenaufgang mit einem Handy aufgenommen, was darauf schließen lässt, dass die ungewöhnliche Lava des Vulkans heißer geworden ist. Eine Temperaturmessung wäre sicher spannend.

Betrachtet man das Bild genauer, erkennt man im Hintergrund am Kraterboden schwarze und somit frische Lava, was den Überlauf vom 27. Mai bestätigt. Am Lengai verwittert schwarze Lava innerhalb weniger Tage oder Wochen zu einem weißen Sodapulver.
Zwar wurden in der letzten Zeit meines Wissens nach keine Temperaturmessungen am Ol Doinyo Lengai durchgeführt, dafür aber Messungen anderer Art: Ein internationales Forscherteam um Sarah Stamps und Ntambila Daud vom Virginia Tech installierte bereits 2016 um und auf dem Lengai 6 GNNS-Messsensoren, mit denen sie kleinste Bodenbewegungen detektieren können. Sie stellten fest, dass es zwischen März 2022 und Dezember 2022 zu einer schnellen Bodenhebungsphase kam, die in eine länger anhaltende, stetige Hebung bis August 2023 überging. Davor und danach konnten keine Bodendeformationen detektiert werden. Modellrechnungen deuten darauf hin, dass die Hebung von einer aktiven, oberflächennahen magmatischen Quelle stammt. Die Vermutung liegt nahe, dass es zu einer Magmenintrusion kam, was auf eine Aufheizung des Vulkans hindeutet.
Tatsächlich ist der Lengai in einer Phase milder effusiver Eruption begriffen, die in früheren Perioden jahrzehntelang anhielt, bevor sie jäh von einer explosiven Eruptionsphase unterbrochen wurde. Gemittelt ereigneten sich explosive Phasen in Intervallen von grob 20 Jahren, wobei es durchaus Variationen der Intervalle zwischen 16 und 25 Jahren gab. Bei diesen explosiven Eruptionen unterlag der Kraterbereich stets großen morphologischen Veränderungen. Statistisch gesehen ist es also durchaus möglich, dass wir in den nächsten Jahren erneut einen Umbau des Kraters sehen werden.
Bei den besonders starken Explosionen der Eruptionsphase 2007–08 kam es zu einer Injektion silikatischer Lava in das Reservoir, in dem sich die besondere natriumkarbonatische Lava befand, für die der Lengai bekannt ist. Dieses Mischen von 2 unterschiedlichen Magmaarten kann generell starke Explosionen hervorrufen.
Die hier erwähnte Studie von Sarah Stamps erschien bereits Ende letzten Jahres. Kurz zuvor wurde eine andere Studie veröffentlicht, über die ich bereits berichtet habe. Diese steht im Widerspruch zu der jüngeren Studie, denn die Kernaussage war, dass sich der Gipfel des Lengai im Jahr um ca. 35 mm senkt. Allerdings könnte es auch sein, dass sich nur der 2007 entstandene Schlackenkegel auf dem Kraterplateau durch gravitativen Einfluss absenkt, ohne dass das Speichersystem des Vulkans davon betroffen ist.
Vor den letzten explosiven Eruptionen steigerte sich die Aktivität des Lengai über mehrere Monate hinweg und es kam oft zu stärkeren effusiven Ausbrüchen mit Lavaüberläufen im Kraterbereich. Wir werden sehen, ob es sich diesmal wieder so verhalten wird.
Bei einer Expedition während der aktiven Aufheizungsphase des Vulkans stürzte ein Träger in einen Lavastrom und zog sich so schwere Verbrennungen zu, dass beide Beine amputiert werden mussten. Vulkanspottern sei empfohlen, den Lengai nicht zu unterschätzen und Vorsicht walten zu lassen.
Übrigens schrieb ich am 8. Mai über ein Erdbeben Mb 4,5, das sich am Südufer des Lake Natrons ereignete, in nur 20 Kilometer Entfernung zum Lengai. Nicht ausgeschlossen, dass dieses Erdbeben letztendlich die erhöhte Aktivität am Vulkan triggerte.