Kopplung zwischen Sonnenaktivität und Vulkanausbrüchen

Gestern habe ich über die Sonnenaktivität geschrieben und möchte mich in diesem Artikel daran anlehnen. Es gibt Theorien, nach denen die vulkanische Aktivität der Erde an die Sonnenaktivität gekoppelt sein soll und so Eruptionszyklen entstehen. Wissenschaftliche Beweise kenne ich dafür bisher nicht. Trotzdem kann ja jeder mal die Sonnenaktivitätszyklen der letzten Jahrzehnte mit der vulkanischen Aktivität abgleichen. Spontan fallen mir zu den Maxima ein:

  • 1968 Ätna/Bocca Nuova entsteht
  • 1979 Ätna/Südostkrater entsteht
  • 1980 Mount St. Helens
  • 1991 Mount Pinatubo/Ätna Flanke
  • 2001-2003 Ätna Flankeneruptionen
  • 2011 Ätna Paroxysmen, Eyjafjallajökull, Grimsvötn

Aber auch im Bereich der Minima gab es beeindruckende Ausbrüche:

  • 1963 Surtsey
  • 1996 und 2009 Soufriere Hills
  • 1996 Grimsvötn
  • 2006, 2010, 2018 bis jetzt Merapi
  • 2014 Bardarbunga

Allerdings steigen und fallen die Kurven relativ schnell und haben recht lange Plateau-Phasen, so dass es natürlich genauso Zufall sein kann, dass viele bekannte Eruptionen der letzten Jahre auf ein Maximum, bzw. Minimum der Sonnenaktivität fallen. Als Beweis für die Existenz eines solar-gesteuerten Eruptionszyklus können diese Gedanken nicht aufgefasst werden, bestenfalls als ein erster Konnex. Schon um eine Hypothese aufzustellen bedarf es weiteren Datenabgleich.

Erdbeben und Gezeitenkräfte

Da ich von mehreren Lesern darauf angesprochen wurde, hier noch einige Gedanken zu Erdbebenzyklen. In den letzten Monaten habe ich oft auf eine Verbindung zwischen Neumond/Vollmond und einer Häufung von Erdbeben hingewiesen. Am auffälligsten finde ich, dass es besonders oft ab 2 Tage vor Neumond/Vollmond zu einer Häufung von Erdbeben mit Magnituden um 6 kommt. Wissenschaftliche Studien widersprachen bisher meistens einen entsprechenden Zusammenhang, doch bei Recherchen zu diesem Artikel bin ich auf eine Studie von 2016 gestoßen, die diesen Zusammenhang bestätigt. Es ist eigentlich auch logisch, dass die Gezeitenkräfte die Tektonik der Erde beeinflussen, denn sie verformen den Erdkörper messbar: der Tidenhub wirkt sich nicht nur auf die Ozeane aus, sondern kann das Gestein in der Vertikalen um bis zu 40 cm verschieben. Für verhakte Gesteinsplatten kann das Grund genug für ruckhafte Bewegungen sein. Wenn man diesen Gedanken weiterspinnt, kommt man natürlich auch zu der Frage, wie sich die Gezeiten-bedingte Deformation der Erde auf den Vulkanismus auswirkt. Durch die Gezeitenwelle, die durch den Erdkörper läuft, entsteht Reibung die Wärme produziert. Auf dem Jupiter-Monden Io entsteht Vulkanismus ausschließlich durch Wärme, die von der Gravitation des Gasriesen Jupiter erzeugt wird. Allerdings ist diese bis zu 6000 Mal stärker, als die Gezeitenkräfte, die zwischen Erde und Mond herrschen. Doch davon später mehr.

Eruptionszyklen: von Vulkanausbrüchen und Sonnenaktivität

Seit vielen Jahren versuchen Wissenschaftler herauszufinden, ob Vulkanausbrüche und Erdbeben in Zyklen stattfinden. Dabei stellt sich die Frage, ob sich solche Zyklen statistisch belegen lassen und was die treibende Kraft dahinter sein könnte. Diese Fragen werden kontrovers diskutiert und spalten die Fachwelt in 2 Lager. Viele Forscher dementieren die Existenz von Eruptionszyklen und Erdbebenzyklen, doch einige Befürworter versuchen diese Zyklen zu beweisen.

Ich selbst beobachte an meiner Berichterstattung im Newsblog, dass sich sowohl Erdbeben, als auch Vulkanausbrüche phasenweise häufen. Seit September 2017 beobachte ich eine weltweite Zunahme vulkanischer Aktivität, während es in den 2 Jahren zuvor relativ ruhig war. Dafür gab es zwischen 2014 und 2017 zahlreich starke Erdbeben, die meine Berichterstattung dominierten. Solche Verlagerungen der Berichtschwerpunkte beobachtete in den letzten 20 Jahren mehrmals. Doch dies ist noch kein Beweis für die Existenz von Zyklen, zumal meine Beobachtungen relativ kurz periodische Schwankungen implizieren. Statistisch gesehen sind solche kurz periodischen Schwankungen schwer zu erfassen und nicht geeignet Prozesse zu erklären, welche man in geologischen Zeitskalen erfassen müsste. Dies ist ein generelles Problem: da die Vulkanologie eine recht junge Wissenschaft ist, liegen nicht genug verlässliche Daten vor, um glaubhafte Statistiken in Bezug auf Eruptionszyklen zu erfassen. Nichtsdestotrotz wollen einige Forscher zyklische Phasen erhöhter vulkanischer Aktivität ausfindig gemacht haben und suchen nach den Kräften, welche diese Verursachen könnten.

Verminderte Sonnenaktivität als Auslöser verstärkter Eruptionstätigkeit

Als Kandidat, das Innere der Erde zu beeinflussen, kommt die Sonne infrage. Diese durchläuft einen 11 jährigen Aktivitätszyklus, welcher sich sichtbar in der Manifestation von Sonnenflecken widerspiegelt. Für 2018/2019 wird ein Minimum der Sonnenfleck-Aktivität erwartet. Während dieser Zeit treten auf der Sonne kaum Sonnenflecken auf und es kommt selten zu koronalen Massenauswürfen. Es gibt also wenige Sonnenwind der die Erde erreicht. Die Sonne strahl gleichmäßiger und auf ihrer Oberfläche ist es heißer, als während eines Sonnenfleck-Maximums. Es bilden sich nur sehr wenige Sonnenflecken. Zudem gibt es längere Perioden ungewöhnlich hoher, oder niedriger Sonnenaktivität. Während es logisch erscheint, dass ein solares Minima das Klima der Erdatmosphäre beeinflussen kann, ist es weniger augenfällig, wie es sich auf den Erdmantel auswirken soll. Forscher haben die Theorie aufgestellt, dass durch den Rückgang der Sonnenaktivität, die kosmischen Hintergrundstrahlung stärker auf das Erdinnere einwirkt. Diese Strahlung besteht überwiegend aus Neutronen, welche tief in die Erde eindringen können. Kollidieren diese mit Atomkernen, wird vergleichsweise viel Energie freigesetzt. Erst kürzlich ist es gelungen eine Quelle der kosmischen Hintergrundstrahlung aufzuspüren und tatsächlich eine Neutron-Atom-Kollision zu beobachten und die Energiefreisetzung zu ermitteln. Allerdings treffen Neutronen verdammt selten auf Atome und es ist völlig unklar, ob die freigesetzte Energie reicht, messbare Veränderungen im Erdinneren hervorzurufen. Grundlage dieser Theorie lieferte ein ungewöhnlich langes Sonnen-Minimum (Dalton-Minimum), welches eine kleine Eiszeit im späten 18. Jahrhundert ausgelöst haben soll. Diese kleine Eiszeit dauerte bis ins frühe 19. Jahrhundert. In dieser Periode ereigneten sich die katastrophalen Eruptionen von Laki und Tambora.

Änderungen im Gravitationsfeld durch besondere Planetenkonstellationen

Ein weiterer kosmischer Auslöser von Eruptionszyklen, könnten besondere Planeten-Konstellationen sein. Normalerweise liegt das gravitative Zentrum (Baryzentrum) des Sonnensystem in der Sonne. Als Mittelpunkt des Sonnensystems drehen sich die Planeten um unser Zentralgestirn. Allerdings haben die Massen der Planeten Einfluss auf die Lage des Baryzentrums. Besonders die massen-reichen Planeten Jupiter und Saturn zerren an dem Schwerpunkt des Systems. Befinden sich alle Planeten in einem Sektor, dann kann sich das Baryzentrum sogar um bis zu 2 Sonnendurchmesser außerhalb der Sonne verlagern. Diese Veränderung des gravitativen Zentrums des Systems wirkt sich auch auf die Planeten aus. Die Gezeitenkräfte auf der Erde, beeinflussen nicht nur Ebbe und Flut, sondern deformieren auch den gesamten Erdkörper. Änderungen in der Gravitation des Sonnensystems könnten die Reibungsverhältnisse im Erdinneren verändern und zusätzliche Energie in Form von Reibungshitze freisetzen. Zudem ist es denkbar, dass sich Stress und Strain in der Erdkruste ändern und somit auf bereits vorhandene Magmenkörpern einwirken. Tatsächlich lassen sich einige große Eruptionen der letzten Jahrzehnte mit einer Verlagerung des Baryzentrums außerhalb der Sonne korrelieren. Aber dies könnte natürlich Zufall sein. Das eine Große Konjunktion zwischen Jupiter und Saturn Vulkanausbrüche triggern können, halte ich für unwahrscheinlich. Wenigstens gab es diesbezüglich in den letzten 2 Jahrhunderten keine auffallenden Korrelationen. Nicht gänzlich außer acht lassen sollte man auch die Gravitation des Mondes. Diese ändert sich ebenfalls mit dem Abstand Erde-Mond zyklisch. Allerdings durchläuft der Mond mehrmals im Jahr sein Perigäum und wird zum Supermond.

Bufferung im Erdinneren

Qualitativ sind die Energieänderungen von gravitativen Kräften und Neutronen-Atomen-Kollisionen im Erdinneren nur sehr schwer zu erfassen. Während viele Forscher sagen, die Kräfte seien zu gering, um sich messbar auf das Erdinnere auszuwirken, gebe ich zu bedenken, dass laut Chaos-Theorie kleinste Änderungen in chaotischen Systemen große Auswirkungen haben können. Allerdings ist auch klar, dass das Erdinnere zwar dynamisch ist, dass Änderungen im System aber gebuffert werden und sich nur sehr langsam fortpflanzen. Wenn sich eine Energiezufuhr im Erdinneren nun auf die Bildung magmatischer Schmelze im oberen Erdmantel auswirken würde, dann würde es Äonen dauern, bis sich diese Änderungen bis zur Erdoberfläche fortpflanzen. Die treibenden Kräfte hinter Vulkanausbrüchen und Erdbeben sind mit der Konvektion plastischen Materials im Erdinneren korreliert. Dieses bewegt sich in Konvektionszellen, welche die Erdkrustenplatten wie auf einem Förderband verschieben. Allerdings sind diese Bewegungen langsam und spielen sich im Bereich weniger Zentimeter pro Jahr ab. Auch die Bildung neuer Schmelze ist ein recht langwieriger Prozess. So halte ich es für extrem unwahrscheinlich, dass sich extern verursachte Änderungen im System Erde tatsächlich fast zeitgleich an der Erdoberfläche auswirken. Wenn es eine Beeinflussung gib, dann müsste diese mit vielen Jahren Verzögerung eintreten. Kurzum, die aktuelle Häufung von Vulkanausbrüchen wird sehr wahrscheinlich nicht durch das aktuelle Sonnen-Minimum verursacht.

Alles nur Zufall?

Ist eine vermeintlich gesteigerte vulkanische Aktivität nun Zufall, oder existiert sie am Ende gar nicht? Eine Studie neueren Datums geht davon aus, dass wir Opfer unserer Wahrnehmung werden, wenn wir meinen, dass sich in den letzten Jahren Vulkanausbrüche und andere Naturkatastrophen häufen. Demnach gibt es einen Zusammenhang zwischen Populationszunahme, Digitalisierung und Informationsverbreitung: je mehr Menschen auf dem Planeten leben, desto mehr Ereignisse werden beobachtet. Dank der Digitalisierung verbreiten sich Nachrichten im globalen Dorf immer schneller. Dem möchte ich nicht widersprechen! Allerdings glaube ich nicht, dass dieser Effekt in den letzten 3 Jahren so groß geworden ist, dass er meine subjektive Wahrnehmung dermaßen beeinflusst. Ich stelle fest: derzeit gibt es eine Häufung von Vulkanausbrüchen. Ob diese Häufung zufällig auftritt, oder ein Indiz für Zyklen ist, vermag ich nicht zu sagen. Jenseits der hier diskutierten Möglichkeiten mag es noch andere Ursachen für Eruptionszyklen geben, denen die Forscher bisher nicht auf die Spur gekommen sind. Geologie, Vulkanologie und Seismologie sind vergleichsweise junge Wissenschaften und wir arbeiten mit Modellen die noch lange nicht in der Lage sind, sämtliche Phänomene der Erde zu erklären.

Update 25.09.20:

Im Minimum gefangen

Anfang 2020 ereignete sich am Taal-Vulkan auf den Philippinen der bis jetzt letzte bedeutende Vulkanausbruch. Meine -subjektive- Wahrnehmung sagt mir, dass wir uns nun in einem Eruptions-Minimum bewegen. Tatsächlich reduzierte sich die Zahl der eruptierenden Vulkane innerhalb von einem Jahr von 54 auf 44. Die Aktivität liegt unter dem langjährigen Durchschnitt von 50 eruptierenden Vulkanen pro Jahr.

Erdbebenzyklen

Statistische Untersuchungen in Bezug auf die Häufigkeit starker Erdbeben ließen einige Wissenschaftler die Hypothese aufstellen, dass es einen Erdbeben-Zyklus geben könnte. Die prominentesten Vertreter dieser Theorie sind der russische Seismologe Wladimir Kosobokow vom Internationalen Moskauer Institut für Seismographie und mathematische Geophysik, sowie sein chinesischer Kollege Professor Dr. Lei Jun von der Universität Peking. Sie untersuchten vor allem das Auftreten starker Erdbeben mit einer Magnitude größer 8.5. Das Resultat ihrer Untersuchungen ist, dass solche starken Erdbeben in Clustern vorkommen die einem 50 jährigen Zyklus unterliegen. In der Zeit zwischen dem gehäuften Auftreten starker Erdbeben gibt es zwar auch noch vereinzelte Beben katastrophalen Ausmaßes, diese seien aber weitaus seltener, als während der Hochphasen des Zyklus.

Zur Hochphase des letzten Zyklus ereigneten sich einige der stärksten Erdbeben seit Beginn der seismologischen Beobachtung. Das Stärkste Beben fand 1960 in Chile statt. Es hatte eine Magnitude von 9.5. In den Jahren 1957, 1964 und 1965 ereigneten sich Erdbeben in Alaska, die eine Magnitude zwischen 8.7 und 9.2 hatten. Es folgte eine Ruhephase, in denen es keine Erdbeben stärker als 8.5 gab. Erst 2004 kam es vor Sumatra zu dem katastrophalen Beben der Stärke 9.1, das den Tsunami auslöste, der mehr als 230.000 Menschen das Leben kostete.
Drei Monate später kam es ebenfalls vor Sumatra zu einem Erdbeben der Stärke 8.6. Nach diesem Ereignis stellte Wladimir Kosobokow einen Algorhytmus zur Vorhersage starker Erdbeben auf und vertrat die Hypothese, dass es in den nächsten Jahren zu einer erneuten Häufung von Erdbeben mit einer Magnitude größer als 8.5 kommen sollte. Als mögliche Orte zog die Westküste von Nordamerika, Sumatra, Kaschmir und Chile in Betracht. Mit dem Beben vom 27.02.2010 in Chile, das eine Magnitude von 8.8 erreichte, scheint sich seine Vorhersage bestätigt zu haben.
Da Erdbeben und Vulkanausbrüche oft miteinander assoziiert sind und sich in den gleichen Regionen ereignen, liegt die Vermutung nahe, dass auch der Vulkanismus einem Zyklus unterliegt, in dessen Hochphasen es vermehrt zu großen Vulkanausbrüchen kommt.
Fest steht, dass Erdbeben Vulkanausbrüche hervorrufen können. Starke Erdbeben sollen noch bis zu einem halben Jahr nachwirken und Vulkane in mehreren Hundert Kilometern Entfernung zum Epizentrum beeinflussen können.
Eine mögliche Ursache für Zyklen mit erhöhter geologischer Aktivität der Erde könnte in den Bewegungen der Konvektionsströme im Erdmantel liegen. Dort rotieren in riesigen Zellen Ströme aus plastischem Gestein und Magma. Diese Konvektionsströme sind der Motor hinter der Plattentektonik und sind noch unzureichend erforscht. Die Dynamik des Erdkörpers erzeugt neben Erdbeben und Vulkanausbrüchen auch das Erdmagnetfeld, das uns gegen kosmische Strahlung schützt. Vor allem der Sonnenwind ist von dem 11-jährigen Aktivitätszyklus der Sonne abhängig.