Ätna: neue Forschungsergebnisse

Über den Ätna auf Sizilien sind in den letzten Tagen gleich 2 neue Artikel über Forschungsergebnisse der Vulkanologen veröffentlicht worden, die ich hier zusammengefasst wiedergeben möchte.

Rasanter Magmenaufstieg am Ätna

Paroxysmus am Ätna

Der erste Artikel ist in Nature Scientific Reports erschienen. In ihm geht es um die Erforschung des Magmenaufstiegs am Ätna, welcher von Wissenschaftlern um Prof. Marco Viccaro der Uni Catania untersucht wurde. Die Geochemiker und Petrologen untersuchten Lavaproben des Vulkans, welche bei den Paroxysmen zwischen 2011 und 2013 gefördert wurden. Die Proben wurden mit Hilfe des Ionenmikroskops (Mikrosonde) untersucht. Besonderes Augenmerk lag dabei auf das Element Lithium, welches sich in zonierten Plagioklaskristallen fand. Lithium reagiert auf sich ändernde Druck/Temperaturbedingungen mit einer extrem schnellen Diffusion und verflüchtigt sich aus der Schmelze, bevor das Mineral zusammen mit der Lava erstarrt. Je schneller sich die Bedingungen ändern, desto schneller verflüchtigt sich das Lithium. Die sehr geringen Konzentration des Lithiums in den Plagioklaskristallen lies nun Rückschlüsse zu, wie schnell sich Druck und Temperatur änderten, bevor das Magma zu fester Lava erstarrte. Die Wissenschaftler kamen zu dem erstaunenden Ergebnis, dass der finale Magmenaufstieg während der paroxysmalen Eruptionen sehr viel schneller von statten geht, als bisher angenommen. Dieser erfolgt innerhalb von 1-2 Minuten, oder sogar in weniger als 1 Minute. Das aufsteigende Magma schießt dabei förmlich durch das Fördersystem und erreicht Geschwindigkeiten von bis zu 43 m/s. Diese großen Geschwindigkeiten erklären dabei auch die Höhe der Lavafontänen der Paroxysmen.

(Quelle: Prof. Marco Viccaro, „Ultrafast syn-eruptive degassing and ascent trigger high-energy basic eruptions“, scientific Reports 8, Article number: 147 (2018))

Ätna mit heißer Quelle verglichen

Wasserdampfwolke während einer Eruption.

Der 2. Artikel erschien in Earth-Science Reviews und stammt von Carmelo Ferlito, der ebenfalls Vulkanologe der Universität Catania ist. Er vergleicht den Ätna mit einer gigantischen heißen Quelle, da die enormen Dampfemissionen des Vulkans in einem großem Missverhältnis zur geförderten Lavamenge stehen. Normalerweise stammen die Gase, die aus einem Vulkan entweichen vom Magma im Inneren des Vulkans. Neben Wasserdampf werden überwiegend Schwefeldioxid und Kohlendioxid ausgestoßen. Um die Mengen an Dampf zu erklären, die vom Ätna ausgestoßen werden, müsste der Vulkan 10 Mal soviel Magma fördern, wie es derzeit der Fall ist. Daher vermutet Carmelo Ferlito, dass sich im Untergrund des Ätnas ein großes hydrothermales System befindet. Fluide sollen sich in unterirdischen Tasche und Pools ansammeln und entweichen, wenn sie vom Magma im Untergrund erhitzt werden, ähnlich wie es an heißen Quellen der Fall ist. Diese Theorie wird von Forschungsergebnissen anderer Wissenschaftler gestützt, die herausfanden, dass der Erdmantel viel mehr Fluide enthält, als bisher gedacht.

(Quelle: Carmelo Ferlito, „Mount Etna volcano (Italy). Just a giant hot spring!“, Earth-Science Reviews, 2017 )

El Hierro: weiteres Schwarmbeben

Update: die Anzal der Erdbeben wurde nach oben korrigiert. Am 18.06. waren es 34 Beben, einen Tag später 13. Der Tremor ist derzeit besonders niedrig und es wird praktische eine flatline angezeigt.

Die Zahl der Schwarmbeben wächst weiterhin: gestern Abend ereigneten sich 22 Beben, heute waren es bereits 7 Erdbeben. 3 Beben hatten eine Magnitude größer als 2. Die Hypozentren lagen wieder unter El Golfo, diesmal deutlich flacher als vergangene Woche. Die durchschnittliche Tiefe betrug 17,5 km.

Meiner Meinung nach handelt es sich nicht um Nachwehen der letzten Eruption, sondern um neu aufsteigendes Magma. Ob- und wann es zu einem neuen Vulkanausbruch auf der Kanareninsel kommen wird ist freilich ungewiss.

Neues Modell für Magmenaufstieg am Stromboli

Der Inselvulkan Stromboli  liegt nördlich von Sizilien und ist seit mehr als 2000 Jahren daueraktiv. Von einigen Pausen abgesehen, speit er normalerweise mehrmals stündlich Lava. Die Tephra erreicht bei diesen strombolianischen Eruptionen normalerweise  eine Höhe zwischen 80 und 250 Metern. Generell funktionieren explosive Vulkanausbrüche nach dem gleichen Schema: in der Magmakammer ist das Magma an Gasen übersättigt. Durch eine Änderung der Druck / Temperaturverhältnisse einerseits und Änderungen im Chemismus / Rheologie andererseits, wird das Gas freigesetzt. Das Magma steigt im Förderschlot auf und es bilden sich große Gasblasen. Diese steigen immer schneller auf und fragmentieren das Magma. An der Oberfläche explodieren die Gasblasen und schleudern Asche und Lavafetzen aus dem Förderschlot. In Bezug auf den Stromboli stellt sich nun die Frage, wie dieser Mechanismus seit Jahrtausenden funktioniert, besonders, da es einen großen Unterschied zwischen der ausgestoßenen Gasmenge und der tatsächlich geförderten Lavamenge gibt.

Messungen ergaben, dass der Vulkan täglich ca. 200 Tonnen Schwefeldioxid ausstößt. Das Magma des Strombolis enthält ca. 0,28% Schwefel. So müssen täglich 50.000 Tonnen Magma entgasen. Tatsächlich gefördert wird aber nur ein Bruchteil dieser Menge.

Nun liefern Wissenschaftler der Universität Bristol einen neuen Erklärungsversuch über den Verbleib der Schmelze und wie die strombolianischen Ausbrüche funktionieren könnten. Neben einer tief sitzenden Magmakammer postulierte Francis Beckett ein oberflächennahes Magmareservoir. Dort sammelt sich das Magma und steigt zur Oberfläche auf, wo es entgast und ein Teil davon als Lava bei den Eruptionen austritt. Die Restschmelze bildet weitere Kristalle und wird dichter und zähflüssiger. Daher sinkt sie wieder bis in das Reservoir ab.

Experimente mit Sirup haben gezeigt, dass zwei Materieströme verschiedener Viskosität, in einer vertikalen Förderleitung, in unterschiedliche Richtungen fließen können. Trotz des neuen Modells bleiben einige Fragen offen, etwa die, warum sich das Magma in den gleichzeitig auf- und absteigenden Strömen nicht vermischt.

Das sogenannte Magmamingling hat oft katastrophale Folgen. So wird angenommen, dass eine plötzliche Intrusion frischen Magmas in die Magmakammer des Krakataus die gewaltigen Explosionen auslöste, die im Jahr 1883 zum Untergang der Insel führten. Allerdings handelte es sich dabei um zwei sehr unterschiedliche Magmen. Der chemische Unterschied zwischen dem weitgehend entgasten Magma (Lava) das im Förderschlot des Strombolis wieder hinab sinkt, und dem aufsteigenden Magma ist weitaus geringer. Vielleicht verdankt der Stromboli seine langlebige Eruptivität aber auch genau diesem Umstand.

Magma-Ansammlung im Laacher See Gebiet über Jahrtausende

Ein Team aus deutschen und amerikanischen Geowissenschaftlern untersuchte die Kristallisationsgeschichte der Lavagesteine im Laacher-See-Gebiet und kam zu der Schlussfolgerung, dass sich das Magma über Jahrtausende in der Magmakammer ansammelte, bevor es zum Ausbruch vor knapp 13.000 Jahren kam.

In einem Artikel, der in den Wissenschaftszeitschriften Journal of Petrology und American Mineralogist erschien, schreiben die Forscher um Gerhard Wörner von der Universität Göttingen, dass man bisher wenig darüber wusste in welchen Zeiträumen sich das Magma akkumuliert. Bisherige Arbeiten konzentrierten sich auf die Rekonstruktion des eigentlichen Vulkanausbruchs, der in der Vulkaneifel eine mehrere Meter mächtige Bimsschicht ablagerte. Um die Geschichte des Magmenaufstieges zu rekonstruieren untersuchten die Geowissenschaftler die Minerale Zirkon und Pyrochlor, die sich als mikroskopische Einschlüsse in der Lava des Vulkanausbruches befinden. Sie weisen eine hohe Konzentration radioaktiver Isotope von Uran und Thorium auf. Über die radioaktive Zerfallsrate der Isotope lässt sich das Alter der Minerale bestimmen. Die Forscher untersuchten nun Mineralien in der Lava, die aus dem Randbereich der Magmakammer stammten und bereits vor dem Vulkanausbruch in der Magmakammer kristallisierten. Die Geowissenschaftler kamen zu dem Ergebnis, dass sich bereits vor 30.000 Jahren erste magmatische Schmelzen im Untergrund ansammelten und dort kristallisierten. Die meisten untersuchten Lavaproben zeigten, dass sich vor 17.000 Jahre besonders viele Minerale bildeten und sich die Magmakammer bereits 4.000 Jahre vor dem letzten Ausbruch stark vergrößerte.

Die Geowissenschaftler vermuten daher, dass das Magmasystem unter dem Laacher-See-Vulkan sehr langlebig und immer noch aktiv ist.

Als äußerst langlebig erweisen sich auch die Magmasysteme anderer Caldera-Vulkane, wie z.B. unter dem Yellowstone-Vulkan in den USA. Dort ereigneten sich sogenannte Supervulkan-Eruptionen in einem Zyklus von ca. 600.000 Jahren. Das besondere am Laacher-See-Vulkan ist der Umstand, das er Charakteristika eines Caldera-Vulkans und eines Maar-Vulkans aufweißt. Wie die Studien von Professor Volker Lorenz zeigten, kann der finale Magmaaufstieg an monogenetischen Maaren sehr schnell gehen und nur Tage, oder Stunden dauern.