Aktuelle Nachrichten über Vulkanausbrüche und Hintergrundinformationen über Vulkane gibt es in dieser Kategorie zu lesen. Im Fokus der Berichterstattung stehen die Eruptionen populärer Vulkane wie Ätna, Stromboli, Krakatau, Kilauea und Merapi. Es gibt aber auch Nachrichten über alle anderen Vulkane der Welt. Weiterführende Informational sind aus den Beiträgen aus verlinkt. So erhält man auch direkten Zugriff auf das WIKI über Vulkanismus.
Erste Bilder vom Vulkanausbruch am Piton Fournaise
Staat: Frankreich | Koordinaten: 21.23, -55.71 | Eruption: Spalteneruption
Heute Nachmittag wurden ersten Bilder vom Vulkanausbruch am Piton de la Fournaise veröffentlicht. Zu sehen sind bis zu 30 m hohe Lavafontänen aus der Eruptionsspalte am Kala-Pélé-Krater. Genaue Informationen über die Länge der Spalte liegen mir noch nicht vor, doch sie scheint länger zu sein wie die vorangegangenen Fissuren der letzten Ausbrüche. In der Initialphase der Eruption schoss der Tremor in die Höhe, fiel dann ebenso schnell wieder ab und stabilisierte sich auf niedrigem Niveau. MIROVA detektiert eine hohe Thermalstrahlung mit 830 MW Leistung. Der Wert könnte durch Bewölkung verfälscht sein. Vorhersagen zur Eruptionsdauer sind nicht machbar, doch erfahrungsgemäß halten solche Spalteneruptionen meistens 2-3 Wochen an. Es gab aber auch schon vulkanische Eintagsfliegen und Dauerbrenner.
Der Sangay in Ecuador emittiert heute eine sehr hohe Wärmestrahlung mit mehr als 1000 MW Leistung, wie von MIROVA festgestellt wurde. Das IGEPN teilte auf Twitter Aufnahmen von strombolianischen Eruptionen, die schnell hintereinander kamen. Wahrscheinlich entstand dabei ein Lavastrom, von dem die Wärmestrahlung ausging. Vulkanasche stieg bis zu 1500 m über Kraterhöhe auf. Es wurden 817 seismische Eruptionssignale aufgefangen.
Der neuseeländische Inselvulkan White Island stieß etwas Vulkanasche aus, die sich mit Dampf vermischte und eine kleine Asche-Dampf-Wolke erzeugte. Die Vulkanologen von GeoNet brachten eine entsprechende Warnung zur gesteigerten Aktivität heraus, beließen die Warnstufe aber auf „2“.
Staat: Frankreich | Koordinaten: 21.23, -55.71 | Eruption: Spalteneruption
Am Vulkan auf La Réunion hat ein neuer Vulkanausbruch angefangen. Das OVPF teilte mit, dass heute Morgen um 7:48 Uhr Ortszeit vulkanischer Tremor eingesetzt hatte. Gut 90 Minuten vorher begann eine seismische Krise, die den finalen Magmenaufstieg anzeigte. Die Eruption ereignet sich auf der Südwestflanke des Vulkans. Auf gut 2200 m Höhe öffnete sich eine Spalte. Sie liegt in der Nähe des Kraters Rivals.
Aufgrund des schlechten Wetters konnte die Eruption nicht visuell bestätigt werden, doch heiße Gase wurden detektiert, so dass es als gesichert gilt, dass es zu einer Eruption gekommen ist.
Aufgrund der unklaren Gefahrensituation wurde der Zugang zur Caldera Enclose gesperrt, egal, ob man vom Aussichtspunkt am Pas de Bellecombe kommt, oder von einem anderen Zugangspunkt startet. Das OVPF erinnert daran, dass das Landen mit Helikoptern in der Caldera einer Sondergenehmigung bedarf.
Vulkanausbruch kommt nicht überraschend
Die Eruption kommt nun nicht völlig überraschend, denn erst vor einigen Tagen gab es eine seismische Krise und Inflation. Schon zu diesem Zeitpunkt intrudierte ein Magmatischer Gang, der vom Magmenkörper ausging, doch die Schmelze schaffte es nicht bis zur Erdoberfläche und blieb im Boden stecken. Es war aber sehr wahrscheinlich, dass in absehbarer Zeit ein weiterer Ausbruchsversuch unternommen werden würde. Der heutige führte zum Erfolg.
Beim Piton de la Fournaise handelt es sich um einen 2631 m hohen Schildvulkan vom Hawaii-Typ. Die Lava stammt von einem Mantelplume und ist vergleichsweise dünnflüssig. Gelegentlich erreichen Lavaströme die Küste und fließen bis ins Meer. Das geschieht meistens, wenn sich Eruptionsspalten auf der Ostflanke des Vulkans öffnen.
Der bislang letzte Vulkanausbruch ereignete sich im Dezember letzten Jahres und endete im Januar.
Staat: Russland | Koordinaten: 50.85 ,155.55 | Eruption: Ascheeruption
Der Inselvulkan Alaid (Kurilen, Russland) emittiert eine sehr hohe Wärmestrahlung mit einer Leistung von 365 MW. MIROVA begann am 16. September erste Anzeichen einer Wärmestrahlung zu detektieren. Auf Sentinel-Satellitenbildern erkennt man im Infrarotbereich eine ausgeprägte Anomalie im Kraterbereich, die selbst eine dünne Wolkendecke durchdringen kann. Das VAAC Tokio brachte heute drei VONA-Warnungen heraus, nach denen Vulkanasche in einer Höhe von 3400 m detektiert wurde. Die Aschewolke driftete nach Nordosten. Auch der zuständige vulkanologische Dienst KVERT brachte eine Meldung zum Alaid heraus. Demnach rechnet man mit Aschewolken, die bis zu 6 km hoch aufsteigen könnten und dann niedrig fliegende Flugzeuge gefährden. Bislang soll die Asche eine Höhe von 2600 m erreicht haben. Auf einem Bild ist der Vulkan zu erahnen. Von seinem Gipfel geht eine dünne Asche-Dampf-Wolke aus. Die Vulkanologen vermuten hinter den Ereignissen strombolianische Eruptionen, die am 15. September begonnen haben könnten. Ein Wärmesignal von dieser Leistung wird aber nur in den seltensten Fällen von abgelagerter Tephra verursacht, die von strombolianischen Eruptionen gefördert wird. Dazu bedarf es kontinuierlichen Eruptionen (Lavafontäne), oder effusiv geförderter Lava.
Die Vulkaninsel Alaid liegt 30 km nordwestlich der Insel Paramushir und 70 km südwestlich von Kamtschatka entfernt. Der Vulkan kann starke explosive Eruptionen erzeugen und birgt ein entsprechend großes Gefährdungspotenzial, besonders für Flugzeuge, die Kamtschatka und die Kurilen überfliegen. Die Eruptionswolken können bis zu 15 km hoch aufsteigen und sich über Hunderte von Kilometern erstrecken. Die Dauer der Eruptionen kann mehrere Monate betragen. Die letzte größere Eruption des Alaid war 2015-2016.
Auf der Nachbarinsel Paramushir liegt der Vulkan Ebeko, der heute ebenfalls in den VONA-Meldungen auftaucht. Hier stieg die Aschewolke bis auf einer Höhe von 3100 m auf und driftete ebenfalls in Richtung Nordosten.
Der Ol Doinyo Lengai in Tansania ist aktuell sehr aktiv. MIROVA detektiert eine moderate thermische Anomalie im Krater des Vulkans. Sie hat eine Leistung von 15 MW. Während dieser Wert für einen normalen Vulkan nicht aufsehenerregend wäre, ist er es für den kältesten Vulkan der Welt schon. Die Natriumkarbonat-Lava am Ol Doinyo Lengai ist nur etwa halb so heiß, wie gewöhnliche Basaltschmelze und so fließfähig wie dünner Schlamm. Diese Lava-Art wird rezent nur am Ol Doinyo Lengai gefördert, darum übertreibt man nicht, wenn man den Vulkan als einzigartig bezeichnet. Die Anomalie erkennt man auch auf einem aktuellen Sentinel-Satellitenbild. Im normalen Lichtspektrum sieht man das Schwarz von frischer Lava, die aus dem zentralen Hornitokomplex stammt. Ausnahmsweise sind wir nicht nur auf die Fernanalyse von Satellitenbilder angewiesen, sondern es gibt ein tolles Video, das im Juni gedreht wurde.
Video zeigt Lavapool
Das Video wurde vom französischen Expeditionsanbieter „80 Jours Voyages“ online gestellt und dokumentiert sehr schön die aktuellen Vorgänge. Im zentralen Hornitokomplex kam es zum Kollaps von einem der Hornitos. In ihm brodelt ein Lavapond, wie es für den Ol Doinyo Lengai typisch ist. Ich konnte am Lengai bereits öfters den Kollaps von Hornitos miterleben. Damals war der Krater noch zugänglich gewesen und man geriet schnell in Teufelsküche, wenn so etwas passierte. Aufgrund der Nähe zum Geschehen gab es am Lengai früher oft schwere Unfälle, wenn es zu einem Duell „man versus lava“ kam. Da seit den Eruptionen 2007 ein neuer Kraterkegel entstand, der senkrecht abfallende Kraterwände hat, ist der Kraterboden nicht mehr erreichbar. Dadurch hatte der Vulkan viel an Attraktivität eingebüßt, doch seitdem sich der Krater immer weiter auffüllt und der Boden nach oben rückt, werden Beobachtungen der Eruptionen wieder einfacher. Daher finden wieder öfters Reisen zum Vulkan statt.
Das Video zeigt nicht nur den brodelnden Lavapool, sondern auch Lavaspattering aus verschiedenen Öffnungen in intakten Hornitos. Die herausspritzende Lava lässt die Hornitos wachsen und füllt den Krater weiter auf. Eine Besonderheit der natriumkarbonatitischen Lava ist, dass sie bei Kontakt mit Feuchtigkeit schnell zu einem weißen Pulver zerfällt.
Den Machern des Videos ist es tatsächlich gelungen, die schwache Rotglut der Lava zu dokumentieren. Das gelingt nun dank moderner, lichtempfindlicher Kamerasensoren.
Nach längerer Abstinenz gibt es wieder eine Meldung vom Vulkan Lewolotok. Er liegt auf der indonesischen Insel Lembata. Wie das VAAC Darwin berichtete, gab es eine Eruption, bei der Vulkanasche bis auf 3000 m Höhe aufstieg und in Richtung Südwesten driftete. Der Ausbruch ereignete sich gestern Abend um 21:09 WIT. Er generierte ein seismisches Signal von 39 Sekunden Dauer und einer Maximal-Amplitude von 21 mm. Heute folgten 2 weitere Ausbrüche, die sogar einen etwas stärkeren seismischen Fußabdruck hinterließen. Bei der ersten Eruption wurde auch rotglühende Lava gefördert, die eine langgestreckte thermische Anomalie erzeugte. Bis Mitte Juli war der Lewotolok hoch aktiv und erzeugte täglich mehrere Explosionen. Es wurde vulkanischer Tremor registriert. Seitdem war die Aktivität stark rückläufig.
Nach einer vergleichsweisen ruhigen Phase, steigerte sich die explosive Aktivität in den letzten Tagen. Pro Stunde werden zwischen 7-15 explosive Eruptionen gezählt. Damit verdoppelte sich ihre Anzahl fast. Vulkanasche erreicht eine Höhe von bis zu 4800 m über dem Meeresspiegel. Glühende Tephra wird bis zu 300 m über Kraterhöhe ausgeworfen. Es werden Schuttlawinen erzeugt, die durch verschiedenen Abflussrinnen abgehen. In den vergangenen Tagen wurden mehrere Lahare beobachtet. Starke Regenfälle lösten die Schlammlawinen aus.
Merapi: deutliche Zunahme der Seismizität
Staat: Indonesien | Koordinaten: -7.541, 110.445 | Eruption: Dom
Ende August nahm die Seismizität unter dem Merapi signifikant zu. Täglich werden um 150 vulkanisch bedingte Erdbeben registriert. Bei den meisten Beben handelt es sich um Hybriderdbeben, doch besonders auffällig ist die Zunahme tiefer vulkanotektonischer Erdbeben. Sie deuten an, dass sich in der Tiefe Magma akkumulierte, das nun aufsteigen könnte und den beiden Lavadomen bald einen Wachstumsschub bescheren könnte. Aktuell ist das Domwachstum relativ gering. Das meiste Material wird in Form von Schuttlawinen abgebaut. Täglich gibt es davon ca. 50 Stück.
Im Archipel von Tonga ist eine neue Vulkaninsel aufgetaucht. Sie stammt vom submarinen Home-Reef Vulkan, der nördlich von Hunga Tonga-Hunga Ha’apai liegt. Die neu aufgetauchte Vulkaninsel wurde auf Satellitenfotos erspäht, die von der Firma Planet-Labs bearbeitet und veröffentlicht wurden. Die Insel hat einen Durchmesser von 70 m und erhebt sich 10 m über dem Wasserspiegel. Ein erstes Foto vom Anfang August zeigte bereits Wasserverfärbungen, die auf submarine vulkanische Aktivität hindeuteten. Da aus dem Bereich keine Aschewolken gemeldet wurden, scheint es so, als würde die Eruption effusiv vonstatten gehen. Für mich sieht die kreisrunde Insel wie ein Lavadom aus. Bereits an Land sind Dome nicht sonderlich stabil und neigen zum kollabieren. Ob dem neuen Eiland ein langes, überseeisches Leben beschert sein wird ist daher ungewiss. Der Home-Reef Vulkan erzeugt schon früher kleine Vulkaninseln, die sich als instabil erwiesen und wieder versanken. Erste Eruptionen wurden im 19. Jahrhundert gemeldet. Im Jahr 1984 gab es eine größere Eruption, in deren Verlauf sich eine 1500 x 500 m große Insel bildete, die nach einiger Zeit erodiert wurde. Der bislang letzte Ausbruch ereignete sich 2006. Damals wurden Bimssteinteppiche gefördert.
Anders, als in der Twitter-Meldung unten dargestellt, liegt der Home-Reef Vulkan nicht im Bereich von Hunga Tonga, sondern ca. 200 km nördlich. Somit ist der Ausbruch nicht mit dem Hunga Tonga-Hunga Ha’api assoziiert, wie von mir zu Anfangs angenommen wurde. Im Januar sorgte dieser Vulkan für Aufsehen. Ob auch der Home-Reef Vulkan so große Eruptionen erzeugen kann ist ungewiss.
🌋Home Reef #Volcano Emerging From Ocean Waters In Hunga #Tonga Eruption Area In Pacific Ocean.
Erst im Januar vernichtete sich der überseeische Teil des Inselvulkans Hunga Tonga-Hunga Ha’apai in einer gigantischen Eruption selbst. Die Eruptionen am Hunga Tonga-Hunga Ha’apai begannen im Dezember 2021 und fanden ihren Höhepunkt am 15. Januar 2022. Gewaltige Eruptionen zerstörten die Vulkaninsel, die erst kurze Zeit zuvor aufgetaucht war. Bei der Insel handelte es sich um die Spitze einen Vulkankegels, der sich in einer submarinen Caldera gebildet hatte. Die Caldera ist ein Indiz dafür, dass sich hier bereits öfters große Ausbrüche ereignet hatten. Die finale Eruption war so gewaltig, dass der Schalldruck der Explosionen mehrfach um die ganze Erde wanderte. Große Tsunamis zerstörten nahe gelegene Inseln und ein Unterseekabel, dass eine wichtige Kommunikationsverbindung des Königreichs Tonga darstellt. Spätere Forschungen ergaben, dass sich am Meeresboden 7 Kubikkilometer Tephra abgelagert hatten. Die Eruption blies gewaltige Mengen Wasserdampf bis in die Stratosphäre. Sie stehen im Verdacht das Weltklima zu beeinflussen. Anders, als bei anderen Eruptionen, droht nicht ein Temperaturrückgang, sondern eine Erwärmung. Eine Spekulation meinerseits ist, dass der Wasserdampf mit ein Grund für die fatalen Überschwemmungen entlang der Subtropen unseres Planeten sind, die aktuell oft für Schlagzeilen sorgen. Doch ob es so ist, müssen Forschungen zeigen. Bislang wird der anthropogene Klimawandel und das Klimaphänomen La Nina dafür verantwortlich gemacht.
In Mexiko eruptierte der Popocatepetl erneut Vulkanasche. Laut VAAC stieg sie bis auf einer Höhe von 6400 m auf. Die seitliche Drift in Richtung Südwesten war gering, da schönstes Wetter herrschte und es nur schwach windig war. CENAPRED registrierte gestern 71 Asche-Dampf-Exhalationen und 173 Minuten Tremor. Ein Youtube-Video mit Bildern der Webcams dokumentiert die Eruptionen.
Gestern Abend zeigte sich auf der Thermalcam am Ätna eine Anomalie. Sie manifestierte sich im oberen Bereich der südwestlichen Fraktur des Neuen-Südostkraters. Der Ursprung de Anomalie ist nicht geklärt, aber es sieht so aus, als hätte es dort einen kleinen Lava-Austritt gegeben. Möglicherweise gab es eine kleine strombolianische Eruption. MIROVA detektierte eine schwache Thermalstrahlung mit 5 MW Leistung. Solche Anomalien tauchen häufig vor neuen Eruptionsphasen auf. Der Tremor ist verhältnismäßig hoch und die Seismizität nimmt seit August wieder zu. Es könnte sich also mittelfristig eine neue eruptive Phase anbahnen.
Suwanose-jima nimmt Fahrt auf
Staat: Japan | Koordinaten: 29.64, 129.72 | Eruption: Vulcanianisch
Am südjapanischen Inselvulkan steigerte sich die Aktivität etwas. Das VAAC brachte seit gestern 5 VONA-Meldungen heraus. Vulkanasche stieg bis auf einer Höhe von 3000 m auf und driftete in Richtung Nordwesten. Es wurden über 25 vulkanotektonische Erdbeben und 2 Tremorphasen registriert.
INSAR-Aufnahmen zeigen Bodenhebung im Süden von La Palma
Erst gestern schrieb ich über den Cumbre Vieja und muss mich korrigieren: offenbar geht die erhöhte Seismizität im Süden von La Palma doch mit einer Bodenhebung einher. Sie wird zwar nicht von den GPS-Stationen am Boden erfasst, ist aber auf einer INSAR-Aufnahme vom 10 September sichtbar. Die Bodenhebung beträgt demnach bis zu 6 cm. Die Vulkanologen sind nun angehalten, diese Daten mit Messungen am Boden zu verifizieren. An der Messstation LP 03 wird zwar keine Bodenhebung gemessen, dafür aber einen leichten horizontalen Versatz in Nord-Süd-Richtung. Die Bodendehnung liegt hier bei 6-7 mm und bildet einen längerfristigen Trend ab. Manche Autoren verweisen auf die „Zipper“ der Messungen in der Ost-West Richtung, doch dabei handelt es sich offenbar um Fehlmessungen.
Schwefelbrand am Tajogaite
In einem Artikel von „Volcanes y Ciencia Hoy“ wird auf ein -bisher nicht dokumentiertes- Phänomen am Cumbre Vieja hingewiesen. Dabei handelt es sich um blau brennende Schwefelgase, so wie wir sie vom Kawah Ijen her kennen. Die Schwefelgase entzünden sich, wenn sie mit Temperaturen von mehr als 600 Grad Celsius ausströmen. Tatsächlich gibt es am Kegel des Tajogaite (so wird der neu entstandenen Kraterkegel genannt) Fumarolen, die bis zu 1000 Grad heiße Gase ausstoßen. Um ihre Münder herum gibt es Schwefelablagerungen und bisweilen soll man auch Rotglut in den Öffnungen sehen. Schon alleine die hohen Gastemperaturen deuten darauf hin, dass sich in dem System Cumbre Vieja noch (oder schon wieder) Schmelze befindet. Die Seismizität in der Tiefe bildet den Magmenkörper in ca. 12 km Tiefe ab. In ihm wird 8-9 Mal soviel Schmelze vermutet, wie bei der Eruption gefördert wurde. Das Magma bewegt sich und verursacht die Seismizität. Bis jetzt steigt es aber nicht auf. Doch das könnte sich ändern, sobald weiteres Magma aus der Tiefe nachströmt.
Die Situation auf La Palma ist angespannt. Die Leute sind nervös und es gibt Spekulationen über eine Reaktivierung des Vulkanausbruchs. In den nächsten Tagen wird sich der Vulkan wohl nicht reaktivieren, doch der längerfristige Verlauf ist nicht absehbar.
Vor fast einem Jahr machte ich mich auf dem Weg zum Vulkanausbruch des Cumbre Vieja auf La Palma, der am 19. September begann. Damals hatte sich auf der Vulkanflanke eine Eruptionsspalte geöffnet. Sie befand sich kurz oberhalb des Ortsrand von El Paraiso. Innerhalb weniger Stunden erreichte die Lava den Ort und schnitt eine Schneise der Zerstörung durch den Westen der Insel. Nach gut 2 Wochen erreichten Lavaströme die Küste und hatten auf ihrem Weg Hunderte Häuser zerstört. Vulkanasche legte nicht nur den Betrieb des Inselflughafens lahm, sondern verschüttete Dutzend Häuser und Straßen. Pflanzungen erstickten. Im Dezember 2021 versiegten die Lavaströme und es wurde stiller um den Vulkan. Man begann mit den Aufräumarbeiten und lockerte langsam die Zugangsbeschränkungen zu den evakuierten Stadtteilen, wobei es den Bewohnern zahlreicher Häuser bis heute noch nicht gestattet wurde, diese wieder zu betreten. In einigen Gebäuden am Lavafeld werden noch extrem hohe Kohlendioxid-Konzentrationen gemessen. Dabei sammelt sich das geruchslose Gas in tödlichen Konzentrationen an.
Auch ein Dreivierteljahr, nachdem die letzte Lava eruptiert wurde, ist das Lavafeld im Untergrund heiß und der Vulkan unruhig: unter hohem Druck schießt Dampf aus Fumarolen am neu entstandenen Seitenkrater Tajogaite und es kommt zu schwachen Erdbeben. Im Laufe dieses Jahres nahm die Erdbebentätigkeit ab, doch seit Mitte August verzeichnen die Seismografen einen erneuten Anstieg der Aktivität. Die meisten Erschütterungen haben Magnituden im Bereich der Mikroseismizität, doch es gibt auch Erdstöße mit Magnituden im 2er-Bereich. Interessant ist, dass sich die Beben nicht nur in der Nähe des Seitenkraters Tajogaite ereignen, sondern auch unter der Südspitze der Insel. Die Hypozentren liegen in Tiefen zwischen 10 und 15 km und befinden sich damit in einem Bereich, der typisch für vulkanisch-bedingte Erdbeben ist, die durch Eindringen von Magma im Grenzbereich zur Erdkruste ausgelöst werden. In den Listen des IGN sind fast 120 Erdbeben aufgeführt, die sich in den letzten 10 Tagen ereigneten.
In den Sozialen Medien mehren sich die Spekulationen über eine bevorstehende Reaktivierung des Vulkans. Diese Spekulationen werden von Berichten der Anwohner geschürt, die vermehrt Ascheablagerungen in ihren Gärten beobachten und laute Geräusche vom Vulkan hören. Ob die Asche durch Wind remobilisiert wird, oder ob Gasjets aus den Fumarolen Asche ausstoßen ist nicht geklärt. Anwohner berichten davon, dass die Erde zittert und dass es zu starken Schlägen kommt. Tiere werden zunehmend nervös. Nervös sind die Anwohner auch, weil die Vulkan-Ampel immer noch auf „gelb“ steht. Das bedeutet generell, dass es ohne weiter Vorwarnungen zu Eruptionen kommen könnte. Der Zugang zum Tajogaite ist weiterhin gesperrt. Ob es tatsächlich zu einer Reaktivierung der Eruption kommen wird bleibt unklar. Einige geophysikalischen Parameter sind zwar weiterhin auffällig, doch vor einem neuen Ausbruch würde man stärkere Schwarmbeben und Inflation erwarten. Diese bleibt aktuell aus. Tatsächlich gibt es Hinweise auf Bodenhebung im Süden von La Palma
Magmenaufstieg am Cumbre Vieja begann 2008
Natürlich ist der Vulkan ein beliebtes Forschungsobjekt geworden. Die Auswertung der Daten zeigten, dass der Magmenaufstieg unter La Palma bereits im Zeitraum 2008-2013 begann. Damals veränderte sich das Verhältnis der Helium-Isotope, die in dem Wasser der kalten Kohlensäurequelle Dos Aguas nachgewiesen wurden. Es zeigte, dass sich Magma in der Lithosphäre unter der Insel sammelte. Der weitere Magmenaufstieg wurde durch eine Serie von Schwarmbeben markiert, die 2017-2018 auftraten. Damals wurde bereits ein Magmenkörper in 10-13 km Tiefe angelegt. Der oberste Magmenkörper intrudierte dann in den Monaten vor der Eruption. Diese Forschungen zeigen: „Gut (oder schlecht, je nach Standpunkt) Ding will Weile haben“.