Erdbeben-News 11.02.23: Reykjanes

Neuer Erdbebenschwarm vor der Südwestspitze der Reykjanes-Halbinsel

Datum: 10.02.23 | Zeit: 19:45:23 UTC | 63.805 ; -22.816 | Tiefe: 7 km | Md 3,7

Zum ersten Mal seit Wochen gab es wieder einen nennenswerten Erdbebenschwarm vor der Südwestspitze der isländischen Reykjanes-Halbinsel. Er begann gestern Abend und erzeugte in kurzer Zeit mehr als 80 Erschütterungen. Vier Beben hatten Magnituden im 3-er-Bereich und das Stärkste brachte es auf M 3,7. Das Hypozentrum lag in 10 km Tiefe. Das Epizentrum wurde 7,3 km westlich von Reykjanestá verortet. Neunundzwanzig beben hatten Magnituden zwischen 2,0 und 2,9. Vielleicht läutet das Beben ja eine neue Phase erhöhter Seismizität in dem Bereich ein? Die nächsten Wochen werden es zeigen. Stay tuned!

Unter ganz Island gab es übrigens 188 Beben innerhalb von 48 Stunden. Ein Beben M 3,1 manifestierte sich auch an der TFZ. Die Seismizität zog insgesamt wieder etwas an.

 

Vulkanausbruch im türkischen Erdbebengebiet?

Mögliche phreatische Eruption im türkischen Erdbebengebiet. © Twitter/ Prof. Dr. Övgün Ahmet Ercan

Die Erdbeben in der Türkei triggerten möglicherweise einen kleinen phreatischen Ausbruch

Nach den beiden verheerenden Erdbeben im Südwesten der Türkei, die am 6. Februar für große Zerstörungen mit Tausenden Todesopfern sorgten, wächst nun die Sorge vor einer weiteren Naturkatstrophe, denn in der Region gibt es viele Vulkane, die während des Holozäns eruptierten und teilweise als aktiv eingestuft werden. Tatsächlich geht auf Twitter ein Video viral, dass Spuren einer Eruption zeigt. Bei dem betroffenen Berg handelt es sich um den Kuşkayası Mountain, der nahe des Dorfes Büyükkızılcık (Gemeinde Göksun) in der Region Kahramanmaraş liegt. Zu sehen ist ein dampfender Bereich unter dem Berggipfel und ein dunkelgrauer Schuttfächer auf der unteren Flanke des Berges. Es sieht so aus, als wäre es hier zu einer kleinen seitwärts-gerichteten Eruption gekommen, wobei das ausgestoßene Material des Schuttfächers für mich nach Schlamm aussieht.

Es ist denkbar, dass es zu einer phreatischen Eruption gekommen ist und ein schlammartiges Gemisch aus Tephra und Wasser ausgestoßen wurde, das praktisch einen Lahar bildete. Durch die massiven Verschiebungen entlang der Ostanatolischen Verwerfungen könnten magmatische Fluide aus dem Boden gepresst worden sein, ähnlich als wenn man eine Zahnpastatube ausquetscht. Natürlich ist es auch möglich, dass es zu einem schnellen Aufstieg eines Magmenkörpers gekommen ist. Dann könnten weitere Eruptionen folgen. Die Frage ist, ob der Kuşkayası Mountain vulkanischen Ursprungs ist? Eruptionen abseits von bekannten Vulkanen sind mir in meiner Laufbahn noch nicht untergekommen. Ich bleibe an dem Thema dran!

Erdbeben können Vulkanausbrüche auslösen

Es ist bekannt, dass starke Erdbeben ab einer Magnitude von 6,0 Vulkanausbrüche triggern können. Doch normalerweise heißt es, dass der Vulkan dafür „geladen“ sein muss. Da es bislang keine Anzeichen für sich aufheizende Vulkane in der Türkei gab, habe ich diesmal auf entsprechende Hinweise in meinen Berichten zu den tragischen Ereignissen in der Türkei verzichtet. Wobei, ganz richtig ist diese Aussage auch nicht, denn nach einem der letzten stärkeren Erdbeben im Südwesten der Türkei wurden ähnliche Vorgänge beobachtet und man fürchtete ebenfalls einen bevorstehenden Vulkanausbruch, der dann aber ausblieb.

Das Video halte ich nicht für einen Fake, denn es wurde vom türkischen Geowissenschaftler Prof. Dr. Övgün Ahmet Ercan gepostet. Türkische Medien griffen die Meldung bereits auf und lieferten weitere Details, anhand derer ich die Lokation des betroffenen Berges als orangenen Marker in der Karte einzeichnen konnte. An dieser Stelle gab es bis jetzt keinen bekannten Vulkan. Diese haben grüne Vulkansymbole. Offensichtlich ist es aber, dass sich in der Region der auslaufenden und sich teilenden Ostanatolischen Verwerfungszone mehrere Vulkangebiete befinden, die laut Definition als aktiv eingestuft werden können. So liegt es im Bereich des möglichen, dass wir in der Region eines Tages einen Vulkanausbruch sehen werden. 

Update: Der unten ursprünglich zitierte Tweet von Professor Dr. Övgün Ahmet Ercan wurde inzwischen gelöscht! Ich habe ihn durch das entsprechende Youtube Video ersetzt. Eine andere Quelle schrieb mir, dass es sich bei dem Berg um den Büyük Kızılcık handelt. Weitere Recherchen ergaben, dass es sich dabei um ein Dorf handelt, das von Bergen umgeben ist. Bilder aus der Region zeigen schlammbeschmierte Kinder. Offenbar gibt es dort Schlammquellen. So könnte es sich bei dem eruptierten Fluid auch direkt um Schlamm handeln! Unklar ist, ob das Material unter Einwirkung von geothermaler Hitze eruptiert wurde oder ob es sich um ein rein tektonisch/seismologisches Phänomen handelt. Ich halte Letzteres mittlerweile für das wahrscheinlichere Szenario. Ich habe den Titel der Meldung daher mit einem Fragezeichen versehen. Hinweise, dass es sich bei den infrage kommenden Bergen um holozäne Vulkane handeln könnte, habe ich nicht gefunden.

Weiterführender Link: 

Vulkane und Erdbebenzonen der Türkei

Vulkan-News 10.02.23: Sakurajima

Staat: Japan | Koordinaten: 31.581, 130.659 | Aktivität: Explosiv

Sakurajima mit weiteren Asche-Eruptionen

In Südjapan eruptiert der Sakurajima weiterhin Aschewolken. Laut VAAC erreichen sie eine Höhe von bis zu 3700 m und driften in Richtung Norden. Bei einer der Eruptionen entstand gestern eine schnellaufsteigende, dichte Aschewolke, die auch rotglühende Tephra förderte, die zum Teil auf der Außenflanke des Vulkans niederging. Diese Vulkanausbrüche manifestierten sich im Krater Minamidake. Bei ihm handelt es sich um den aktiven Krater am Gipfel des Vulkans. Wie das JMA berichtete, stieg die Asche dieser Eruptionen bis zu 2000 m über Gipfelhöhe auf. Größere Tephrafragmente landeten in 900 m Entfernung zum Krater. Doch es kommt noch besser!

Der Showa-Krater ist dreimal ausgebrochen. Die höchste Vulkanfahne befindet sich 1.500 m über dem Kraterrand. Ein großer Vulkanblock, der sich bis zu 10 m erhebt und in einer Flugbahn verstreut ist, ist der größte an der 6. Station (Showa-Krater). Es reichte von 300 m bis 500 m). Außerdem beobachteten wir am selben Krater nachts mit einer hochempfindlichen Überwachungskamera den Schein des Feuers.

Erster Ausbruch des Showadake seit fast 5 Jahren

Spektakulärer ist die News, dass es vorgestern Eruptionen aus dem Showadake gab. Es war das erste Lebenszeichen dieses Kraters seit April 2018. Der Showadake liegt südöstlich des Gipfels und ist ein wenig unterhalb des Minamidake angeordnet. Als sich der Krater freisprengte, entstanden dichte Aschewolken, die vom Wind allerdings schnell niedergedrückt wurden. Im Bericht der Vulkanologen heißt es, dass ein großer Lavablock ausgestoßen wurde, der an der 6. Messstation niederging und somit in einer Entfernung von ca. 500 m vom Showadake landete. Insgesamt eruptierte dieser Krater drei Mal.

Auf den Livecam-Aufnahmen konnte ich keine Blitze entdecken, doch es besteht Hoffnung, dass es bald weitere Ausbrüche mit Blitzen gibt. Auf dem Bild von gestern sieht man weißen Dampf aus dem Showadake aufsteigen, während der Minamidake eruptiert.

Seit dem 14. Januar registrierten die Messinstrumente eine Inflation, in deren Folge sich der Boden verformte.

Naturkatastrophen am 10.02.23: Waldbrände in Chile

Waldbrände in Chile lösen Katastrophenalarm aus

Im Zentrum Chiles lodern seit Wochen Waldbrände, die sich immer weiter ausbreiten und bisher 26 Menschenleben forderten. Die Feuer wüten auf einer Fläche von mehr als 350.000 Hektar. Ungefähr 1200 Gebäude wurden zerstört. Nun wurde in den betroffenen Regionen Katastrophenalarm gegeben und Ausgangssperren verhängt. Sie gelten in den 3 Provinzen Araukanien, Bío Bío und Ñuble. Die Sperrstunde beginnt um Mitternacht. Ab 5 Uhr morgens dürfen die Menschen wieder ihre Wohnungen verlassen.

Waldbrände sind in Chile nichts Ungewöhnliches und praktisch in jedem Sommer lodern sie mit unterschiedlicher Intensität. Obwohl Faktoren wie Hitzewellen, Dürren und Winde eine große Rolle bei der Entstehung und Ausbreitung der Feuer spielen und diese Faktoren vom anthropogenen Klimawandel beeinflusst werden, gibt es einen weiteren wichtigen Grund, warum sich die Waldbrände rasch ausbreiten: Seit über 100 Jahren setzt man in der chilenischen Landwirtschaft auf die Pflanzung von schnellwachsenden Eukalyptus-Bäumen, die ursprünglich aus Australien kommen. Von dort kennt man ja auch verheerende Brandkatastrophen. Eukalyptusbäume sind sehr ölhaltig und explodieren regelrecht, wenn sie in Brand geraten. Durch diese Sprengwirkung werden glühende Holzsplitter weit verteilt, wodurch sich das Feuer enorm schnell ausbreitet. Außerdem speichern Eukalyptuswälder weniger Wasser als einheimische Gehölze, was ebenfalls ein ungünstiger Faktor ist. Neben Klimaschutzmaßnahmen würde es Chile gut tun, das profitorientierte Forstmanagement zu überdenken.

Leider brennen aber nicht nur Eukalyptuspflanzungen. Besonders in der Provinz Araukanien wachsen die namensgebenden Araukarien-Bäume. Die endmischen Bäume wachsen nur langsam und zählen zu den stark gefährdeten Pflanzenarten. Große Araukarien in natürlichen Wäldern sind oft zwischen 1000 und 2000 Jahren alt. Selbst Bäume, die gefällt werden, haben oft ein Alter von mehr als 500 Jahren. Mit ihren hohen kahlen Stämmen und messerartigen Blättern  an den peitschenähnlichen Ästen die die Kronen bilden, verfügen die Bäume über einen gewissen Schutz vor Waldbränden, aber wenn solche Wälder verloren gehen, sind sie praktisch unersetzbar.

Die Waldbrände sieht man auf Satellitenfotos, die ich auch immer für die Vulkanbeobachtung benutze. Die Rauchschwaden ziehen in nord-nordwestlicher Richtung und sollen sogar die Landeshauptstadt erreichen.

Vulkan-News 10.02.23: Askja

Staat: Island | Koordinaten: 65.03, -16.75 | Eruption:  Fumarolisch

Eisfreie Stellen im Calderasee der Askja

Seit September 2021 blickt man mit besonderer Sorge auf den isländischen Calderavulkan Askja. Damals setzte eine massive Bodenhebung ein, die mit Schwarmbeben einherging und der Alarmstatus des Vulkans wurde auf „gelb“ erhöht. Aber auch schon früher war die Askja unruhig und zeigte Anzeichen des Erwachens: immer wieder gab es Erdbeben, eine leichte Inflation und ein Anstieg der Fumarolentemperaturen wurde gemessen. Im Jahr 2014 kam es zu einem großen Erdrutsch. Jetzt berichteten Wissenschaftler der Universität Island von einem weiteren beunruhigenden Anzeichen, das für eine Beschleunigung des Aufheizprozesses des Vulkans spricht: Auf neuen Satellitenfotos der Askja erkennt man eine große eisfreie Stelle im Westen des Sees. Normalerweise ist der See zwischen Dezember und Juli zugefroren. Diese eisfreie Stelle zeugt von einer deutlich erhöhten Wassertemperatur in dem Bereich. Das Wasser wird vermutlich infolge erhöhter Geothermie aufgeheizt: Boden und Gase werden durch eine erhebliche Menge intrudierten Magma immer heißer. Von der Intrusion zeugt auch eine beachtliche Bodenhebung von 50 cm, die an der Messstation OLAC seit September 2021 gemessen wurde. Außerdem kommt es im Zuge der Bodendeformation ebenfalls zu einer horizontalen Verschiebung im Dezimeter-Bereich.

In den letzten Tagen nahm die Erdbebentätigkeit im Gebiet der Askja wieder zu. Es gab aber auch eine Zunahme der Seismizität in anderen Regionen der Insel. Hiervon besonders betroffen ist das Areal des Vatnajökulls, wo sich Anfang der Woche eine Erschütterung im 3-er-Bereich unter dem Bardarbunga ereignete.  Unter dem Gletscher Myrdalsjökull, der die Katla-Caldera bedeckt, gab es ebenfalls mehrere schwache Erdbeben. Heute sind vor allem die Regionen im Norden und Süden der Insel seismisch aktiv. So wurden entlang der TFZ 79 Beben innerhalb von 48 Stunden registriert. Im Süden der Insel einschließlich Reykjanes waren es mehr als 30 Erschütterungen.

In diesem Zusammenhang möchte ich auf eine Diskussion im Forum der neuen Vnet-Community aufmerksam machen. Was glaubt ihr, wird der Askja-Vulkan bald ausbrechen?

Vulkan-News 09.02.23: Santiaguito

Santiaguito erzeugt Ascheeruptionen

Staat: Guatemala | Koordinaten: 14.76, -91.55 | Aktivität: Dom

Der guatemaltekische Vulkan Santiaguito ist weiterhin extrusiv und explosiv aktiv. Die extrusive Aktivität manifestiert sich in Form von Domwachstum an der Caliente-Kuppe. Es gehen Schuttlawinen ab und INSIVUMEH warnt vor größeren Blöcken und der Möglichkeit, dass pyroklastische Ströme entstehen können. Über Lavastromaktivität wurde nichts berichtet. Auf dem jüngsten Thermalbild vom Sentinel-Satellitenprogramm vom 8. Februar erkennt man an der Lavafront einen winzigen Hotspot. Eine kleine Glutspur zieht sich vom Dom ausgehend über den oberen Bereich der Südwestflanke. Es sieht also so aus, als wäre der Lavastrom weitestgehend zum Stillstand gekommen. Diese Form der effusiven Aktivität kann man getrost als gering bezeichnen. Ewas munterer geht es in Bezug auf die explosive Aktivität zu. Die Vulkanologen berichten von Ascheeruptionen. Sie stoßen feine Vulkanasche bis zu 800 m über Kraterhöhe. Gestern driftete die Asche über bewohntes Gebiet und hinterließ auf Fahrzeugen eine feine Ascheschicht. Außerdem gibt es Dampfemissionen, die bis zu 700 m hoch aufsteigen.

Interessant ist, dass aktuell 2 internationale Forschungseinrichtungen neue Messgeräte am Santiaguito installierten. Hierbei handelt es sich um die MTU (US-Bundesstaat Michigan) und die Universität Durham. Es wurden seismische Anlagen und zwei Dopplerradare installiert, die die Ascheemissionen beobachten sollen. Eventuell können die Geräte eingesetzt werden, um vor pyroklastischen Strömen zu warnen. Es ist wohl die größte Installationskampagne seit der Katastrophe von 2018, bei der viele Messinstrumente zerstört wurden. Inwieweit die Daten der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, ist mir nicht bekannt.

Unsere Vulkanologische Gesellschaft e.V. steht ebenfalls in Kontakt mit INSIVUMEH und wir eruieren die Möglichkeit, am Santiaguito eine Livecam zu installieren. Allerdings gestaltet sich das Unterfangen als relativ aufwendig. Ein Problem besteht darin, einen geeigneten Installationsplatz mit vorhandener Stromversorgung und Internetverbindung zu finden. Eine Insellösung ist zu kostspielig und wartungsintensiv.


Weitere Kurz-Meldungen:

Popocatepetl mit Vulkanasche in 6400 m Höhe

Staat: Mexiko | Lokation: 19.028, -98.62 | Aktivität: Asche-Eruptionen

Der mexikanische Vulkan Popocatepetl bleibt aktiv und erzeugt Aschewolken, die heute bis auf einer Höhe von 6.400 m aufgestiegen sind und vom Wind in Richtung Osten verdriftet wurden. CENAPRED berichtet außerdem von 132 Asche-Dampf-Exhalationen, 70 Minuten Tremor und einem vulkanotektonischen Erdbeben.


Bromo mit Dampfwolke

Staat: Indonesien | Lokation: -7.95112.95 | Aktivität: Dampf-Emissionen

Der javanesische Vulkan Bromo emittiert immer noch vermehrt Dampf. Laut einem MAGMA-Update steigt die Dampfwolke bis zu 500 m hoch auf. Gestern wurden 2 vulkanotektonische Erdbeben registriert.

Erdbeben Türkei: Küstenabschnitte überflutet

Eine um gut 3 m versetzte Straße im Zentrum von Kahramanmaraş. © CNN Turkey

Bodenabsenkung und horizontaler Versatz nach Erdbebensequenz

Im türkisch-syrischen Erdbebengebiet schnellen die Opferzahlen weiter in die Höhe und haben sich gegenüber gestern verdoppelt: bis jetzt wurden mehr als 16.000 Todesopfer bestätigt. Die Zahlen werden weiter ansteigen. Angestiegen ist auch der Meeresspiegel an der Küste im Südwesten der Türkei, zumindest relativ: Da das Land infolge des Erdbebens abgesackt ist, wurden mehrere Küstengemeinden im Bezirk Iskenderun in der Provinz Hatay überflutet. In den Medienberichten ist die Rede davon, dass das Wasser bis zu 200 m weit ins Landesinnere vorgedrungen ist. Der Boden soll sich um bis zu 1 m abgesenkt haben. Auf einem Video sieht man Autos, die eine überflutete Straße passieren. Das Wasser reicht ihnen fast bis zu der Stoßstange, steht also ca. 20 cm hoch in den Straßen. Anders als bei einer Flut wird das Wasser nicht mehr zurückweichen, da sich ja der Boden dauerhaft abgesenkt hat.

Es gibt weitere Bilder, auf denen zu erkennen ist, dass Straßen und Schienen um gut 3 Meter horizontal versetzt wurden. Dieser Wert wurde von örtlichen Seismologen als Versatz infolge des Erdbebens bestätigt. Die Verwerfung brach auf einer Linie von Gölbaşıbis nach Türkoğlu. In den nächsten Tagen sollten weitere wissenschaftlich bestätigte Daten zu den geologischen und geografischen Auswirkungen der Erdbebensequenz veröffentlicht werden.

Großbrand im Hafen von Iskenderun

Neben den allgemeinen Zerstörungen und den Überflutungen gab es in Iskenderun ein weiteres Problem: Im Containerhafen war ein Großbrand ausgebrochen, der mit Hilfe von Löschflugzeugen bekämpft werden musste. Außerdem gab es mehrere kleine Brände zu bekämpfen. Aufgrund der verschütteten und blockierten Straßen haben Feuerwehren und Einsatzkräfte Probleme bis zu den Feuern vorzudringen. Das gleiche gilt auch für viele entlegene Orte jenseits des Ballungsraums. Viele Menschen stehen in den Trümmern ihrer Orte und suchen ohne Hilfe von außen nach Verschütteten. Viele Menschen sind obdachlos und müssen in Autos übernachten, da nicht einmal genug Notunterkünfte zur Verfügung stehen.

Mangelhafter Katastrophenschutz

Wie immer war man auf so eine große Katastrophe nicht vorbereitet, obwohl das Erdbeben vorprogrammiert war genauso wie es vergleichbare (oder schlimmere) Ereignisse auch in Zukunft geben wird! Das ist jetzt nicht einmal Kritik an amtierende Politiker, sondern eine Kritik am menschlichen Verhalten generell, dass solche existenziellen Gefahren ausblendet, nur weil sie vermeintlich in ferner Zukunft liegen. Wir in Deutschland wären auf Katastrophen vergleichbaren Ausmaßes nicht im geringsten vorbereitet. Als Beispiel kann man auf die Ahrtal-Katastrophe verweisen, die im Vergleich zu den Geschehnissen in der Türkei ein sehr begrenztes Gebiet erfasste! Katastrophenschutz und unbürokratische Hilfe sind auch hierzulande Fremdwörter.

Vulkan Karangetang heizt auf am 08.02.23

Staat: Indonesien | Koordinaten: 2,78, 125.40 | Eruption: Dom, strombolianisch

Vulkan der Molukken heizt nach Erdbebenserie auf

Der indonesische Vulkan Karangetang liegt auf der Insel Api Siau in der Molukkensee und zeigt Anzeichen einer Aktivitätssteigerung. Das geht aus Medienberichten und Updates der Vulkanologen des örtlichen Observatoriums hervor. Daher erhöhte das den Alarmstatus des Vulkans von Stufe „2“ auf „3“. Indonesien benutzt ein vierstufiges Alarmsystem und Stufe „3“ wird für gewöhnlich nur ausgerufen, wenn der Vulkan bereits in Eruption ist. Und genau das ist der Karangetang: Der amtierende Leiter des BPPTKG, Muhammad Wafid, berichtete von der Emission einer dichten Dampfwolke, strombolianischer Aktivität und Domwachstum. Somit steigt das Risiko für die Abgänge von Schuttlawinen und pyroklastischen Strömen. Tatsächlich gingen in den letzten beiden Tagen viele glühende Schuttlawinen ab. Gestern wurden 62 Abgänge gezählt. Darüber hinaus wurden mehrere Hybriderdbeben detektiert. Es bewegen sich also magmatische Fluide im Untergrund.

Mit der Erhöhung der Alarmstufe ging eine Ausweitung der Sperrzone einher. Sie hat einen Radius von 2,5 Kilometern um die beiden Krater des Karangetangs. In seinem Süden und Südwesten gilt eine erweiterte Sperrzone mit einem Radius von 3,5 km.

Im letzten Monat erschütterte eine Erdbebenserie die Molukkensee. Die beiden stärksten Erdstöße hatten die Magnituden Mw 7,0 und Mw 6,0. Außerdem gab es viele Beben im 5-er-Bereich. Damals mutmaßte ich bereits, dass die Erdbeben einen der nahegelegenen Vulkane wachrütteln könnten und hielt den Karangetang für einen wahrscheinlichen Kandidaten. Aber auch ohne Erdbeben bricht der Vulkan alle paar Jahre aus. Typisch ist die Bildung eines Lavadoms, von dem gerne zähflüssige Lavaströme abgehen. Von ihren Fronten gehen Steinschläge und Schuttlawinen ab und es kann zur Entstehung pyroklastischer Ströme kommen. Tatsächlich sieht es so aus, als würde der Karangetang auf sein typisches Ausbruchsverhalten zusteuern. Eine spannende Entwicklung, von der sich die meisten Bewohner der Insel weniger begeistert zeigen dürften.

Neben dem Vulkan ist Api Siau für den Gewürzanbau bekannt. Hier werden vor allem Muskat und Gewürznelken angebaut.

Weiterführender Link: Bildergalerie Karangetang 

Erdbeben in der Türkei: Opferzahlen steigen weiter

Mehr als 8600 Todesopfer wurden im Erdbebengebiet bestätigt

Am 2. Tag nach der verheerenden Erdbebensequenz im Südwesten der Türkei steigen die Opferzahlen weiter an und ein Ende ist noch nicht in Sicht. Bis jetzt wurden insgesamt 8600 Todesfälle bestätigt. Davon fallen mehr als 6200 auf die Türkei. Fast 40.000 Verletzte wurden registriert. Die Opferzahlen werden weiter stark steigen. Tausende Menschen gelten noch als Vermisst. Man steht noch am Anfang der Bergungsarbeiten, die in den entlegeneren Regionen Der Türkei und besonders in Syrien noch nicht einmal voll angelaufen sind: Winterwetter, zerstörte Verkehrswege und mangelnde Ausrüstung sind nur drei der Gründe, warum viele Menschen weiter auf Unterstützung warten müssen. Doch in den zentralen Gebieten der Erdbebenregion sind nach türkischen Angaben mehr als 16.000 Rettungsteams unterwegs. Insgesamt sollen 60.000 Helfer im Einsatz sein. Doch alleine in der Türkei wurde in 10 Provinzen der Notstand ausgerufen. Im gesamten Erdbebengebiet leben mehr als 13,5 Millionen Menschen. Viele von ihnen sich von der Strom, Wasser und Gasversorgung abgeschnitten und das bei strengem Frost. Lebensmittel und Benzin werden ebenfalls knapp. Am Rande Europas droht die nächste humanitäre Katastrophe.

Die starke Erdbebensequenz wirkte sich nicht nur auf Mensch und Infrastruktur aus, sondern versetzte beide beteiligten tektonischen Platten um mehrere Meter. Genaue Werte stehen noch aus, doch es gibt erste Gerüchte, dass der Versatz gut 4 m betragen soll. Auf Bildern einer zerstörten Straße sieht man auch einen vertikalen Versatz von mehreren Metern. Allerdings könnte es sich hier auch um ein lokales Phänomen handeln, da ein Berghang ein Stück abgerutscht sein könnte. Ebenso wissenschaftlich unbestätigt sind Aufnahmen, die überflutete Straßen an der Küste zeigen. Hier soll die Anatolische Platte abgesunken sein, sodass das Meer das Land überflutete. Doch da es sich bei der Ostanatolischen Verwerfung um eine Blattverschiebung handelt, die überwiegend horizontal versetzt, sind so große Höhenunterschiede eher unwahrscheinlich.

Vorprogrammierte Naturkatstrophe durch unsichere Bauten entlang einer Hauptstörungszone

Die Erdbebenkatstrophe macht den Menschen auf einmal bewusst, wie vergänglich sie sind und dass es vielleicht doch nicht klug ist, Megacitys direkt am Rand großer Störungszonen zu bauen! Im Falle des aktuellen Erdbebengebiets baute man Großstädte mit Hochhäusern, die alles andere als erdbebensicher sind, auch noch an einem Kreuzungspunkt wo sich die Ostanatolische Verwerfung in 2 Arme teilt. Sicher gründete man die Städte bereits vor langer Zeit, noch bevor der Verlauf von Störungszonen wissenschaftlich erforscht wurde. Und die Topografie der Landschaft war günstig, weil sich entlang der Störungszone ein langgestrecktes Tal auftut. Doch seit mindestens 50 Jahre weiß man um die realen Gefahren und trotzdem wurde in Sparbauweise gebaut: eine vorprogrammierte Katastrophe. Und sie wird sich widerholen! An der gleichen Stelle wahrscheinlich erst in ein paar Jahrhunderten, doch an anderer Stelle vielleicht schon morgen. Nicht nur hier, im Südwesten der Türkei, sondern auch an der Nordanatolischen Verwerfung, an der gegenüberliegenden Grenze der Anatolischen Platte, dort, wo der Europäische Kontinent beginnt und die Metropole Istanbul liegt. ein Damoklesschwert, dass den Menschen jetzt wieder bewusst wird- trotzdem gelingt es den Menschen immer wieder die Bedrohung zu verdrängen, obwohl sich nicht die Frage stellt, ob es zur Katastrophe kommen wird, sondern nur wann?

Doch nicht nur Megacitys in der Türkei sind bedroht. Davon gibt es leider viele. Die prominentesten Beispiele sind Tokio und San Francisco. Neue Gebäude in den gut entwickelten Metropolen sind zwar nach erdbebensicheren Standards gebaut, doch auch sie haben Grenzen. Außerdem gibt es in den Ballungsräumen noch mehr als genug Häuser, die eben nicht sicher sind. Bleibt zu hoffen, dass man aus der jüngsten Katastrophe Lehren zieht! Am erdbebensichersten wohnt man übrigens in einem Zelt oder Caravan.

Und nein, die Erde geht nicht unter, auch wenn es sich um eine schlimme Naturkatastrophe handelt! Die Erde ist ein dynamischer Planet und Erdbeben und Vulkanausbrüche sind notwendige Manifestationen der Erddynamik. Diese ist auch für unseren Schutzschirm, das Erdmagnetfeld verantwortlich, ohne das es kein Leben auf der Erde geben würde.

In unserer FB-Gruppe „Naturkatastrophen  und Naturphänomene“ wurden viele Medien zum Erdbeben in der Türkei geteilt. Ich kann hier immer nur einen Bruchteil einbinden.

Weiterführende Links bei Vnet:

Erdbeben und Seismik: Was Du schon immer darüber wissen wolltest

Vulkane und Erdbeben in der Türkei

Moment-Magnitude Mw

Erdbeben für Schüler