Cumbre Vieja mit Seismizität im September

Der neue Krater Tajogaite. © Martin Kinzel via FB

Cumbre Vieja: 1 Jahr danach

Staat: Spanien | Koordinaten: 28.57, -17.84 | Eruption: Fumarolisch

Vor fast einem Jahr machte ich mich auf dem Weg zum Vulkanausbruch des Cumbre Vieja auf La Palma, der am 19. September begann. Damals hatte sich auf der Vulkanflanke eine Eruptionsspalte geöffnet. Sie befand sich kurz oberhalb des Ortsrand von El Paraiso. Innerhalb weniger Stunden erreichte die Lava den Ort und schnitt eine Schneise der Zerstörung durch den Westen der Insel. Nach gut 2 Wochen erreichten Lavaströme die Küste und hatten auf ihrem Weg Hunderte Häuser zerstört. Vulkanasche legte nicht nur den Betrieb des Inselflughafens lahm, sondern verschüttete Dutzend Häuser und Straßen. Pflanzungen erstickten. Im Dezember 2021 versiegten die Lavaströme und es wurde stiller um den Vulkan. Man begann mit den Aufräumarbeiten und lockerte langsam die Zugangsbeschränkungen zu den evakuierten Stadtteilen, wobei es den Bewohnern zahlreicher Häuser bis heute noch nicht gestattet wurde, diese wieder zu betreten. In einigen Gebäuden am Lavafeld werden noch extrem hohe Kohlendioxid-Konzentrationen gemessen. Dabei sammelt sich das geruchslose Gas in tödlichen Konzentrationen an.

Auch ein Dreivierteljahr, nachdem die letzte Lava eruptiert wurde, ist das Lavafeld im Untergrund heiß und der Vulkan unruhig: unter hohem Druck schießt Dampf aus Fumarolen am neu entstandenen Seitenkrater Tajogaite und es kommt zu schwachen Erdbeben. Im Laufe dieses Jahres nahm die Erdbebentätigkeit ab, doch seit Mitte August verzeichnen die Seismografen einen erneuten Anstieg der Aktivität. Die meisten Erschütterungen haben Magnituden im Bereich der Mikroseismizität, doch es gibt auch Erdstöße mit Magnituden im 2er-Bereich. Interessant ist, dass sich die Beben nicht nur in der Nähe des Seitenkraters Tajogaite ereignen, sondern auch unter der Südspitze der Insel. Die Hypozentren liegen in Tiefen zwischen 10 und 15 km und befinden sich damit in einem Bereich, der typisch für vulkanisch-bedingte Erdbeben ist, die durch Eindringen von Magma im Grenzbereich zur Erdkruste ausgelöst werden. In den Listen des IGN sind fast 120 Erdbeben aufgeführt, die sich in den letzten 10 Tagen ereigneten.

In den Sozialen Medien mehren sich die Spekulationen über eine bevorstehende Reaktivierung des Vulkans. Diese Spekulationen werden von Berichten der Anwohner geschürt, die vermehrt Ascheablagerungen in ihren Gärten beobachten und laute Geräusche vom Vulkan hören. Ob die Asche durch Wind remobilisiert wird, oder ob Gasjets aus den Fumarolen Asche ausstoßen ist nicht geklärt. Anwohner berichten davon, dass die Erde zittert und dass es zu starken Schlägen kommt. Tiere werden zunehmend nervös. Nervös sind die Anwohner auch, weil die Vulkan-Ampel immer noch auf „gelb“ steht. Das bedeutet generell, dass es ohne weiter Vorwarnungen zu Eruptionen kommen könnte. Der Zugang zum Tajogaite ist weiterhin gesperrt. Ob es tatsächlich zu einer Reaktivierung der Eruption kommen wird bleibt unklar. Einige geophysikalischen Parameter sind zwar weiterhin auffällig, doch vor einem neuen Ausbruch würde man stärkere Schwarmbeben und Inflation erwarten. Diese bleibt aktuell aus. Tatsächlich gibt es Hinweise auf Bodenhebung im Süden von La Palma

Magmenaufstieg am Cumbre Vieja begann 2008

Natürlich ist der Vulkan ein beliebtes Forschungsobjekt geworden. Die Auswertung der Daten zeigten, dass der Magmenaufstieg unter La Palma bereits im Zeitraum 2008-2013 begann. Damals veränderte sich das Verhältnis der Helium-Isotope, die in dem Wasser der kalten Kohlensäurequelle Dos Aguas nachgewiesen wurden. Es zeigte, dass sich Magma in der Lithosphäre unter der Insel sammelte. Der weitere Magmenaufstieg wurde durch eine Serie von Schwarmbeben markiert, die 2017-2018 auftraten. Damals wurde bereits ein Magmenkörper in 10-13 km Tiefe angelegt. Der oberste Magmenkörper intrudierte dann in den Monaten vor der Eruption. Diese Forschungen zeigen: „Gut (oder schlecht, je nach Standpunkt) Ding will Weile haben“.

La Palma: Lahar am Vulkan Cumbre Vieja

  • Am Cumbre Vieja auf La Palma ging ein kleiner Lahar ab
  • Er wurde von starken Regenfällen ausgelöst
  • Die Geophysikalischen Parameter haben noch keine Normalwerte angenommen
  • Alarmstatus steht auf „gelb“

Lahar am Cumbre Vieja auf La Palma

Staat: Spanien | Koordinaten: 28.57, -17.84 | Eruption: Fumarolisch

Länger war es vergleichsweise still um den Cumbre Vieja auf La Palma, doch nun gibt es Neuigkeiten vom Vulkan: es gibt zwar keine neue Eruption, doch gestern ging ein kleiner Lahar ab. Er entstand, als starke Regenfälle abgelagerte Vulkanasche auf dem Vulkanhang mobilisierten. Der Schlammstrom überquerte eine Straße am Berghang und blockierte sie. Auf Facebook wurde ein Video des Geschehens geteilt.
Darüber hinaus ist man auf La Palma bemüht, die Schäden durch den Vulkanausbruch zu beseitigen und legt neue Straßen durch das Lavafeld an. Die Zugangsbeschränkungen zum Sperrgebiet wurden gelockert, doch es sind noch nicht alle Straßensperren verschwunden. Den Kraterbereich darf man sich nicht nähern, es sei denn, man verfügt über eine Sondergenehmigung, die nur an Wissenschaftlern ausgegeben wird, die mit der Betreuung eines Projektes beauftragt sind.

Erdbeben auf La Palma halten an

Der Alarmstatus des Cumbre Vieja steht auf „gelb“. Weiterhin werden die Geophysikalischen Parameter überwacht. In der 2. Aprilwoche wurden 43 Erdbeben detektiert. Das Stärkste brachte es auf M 3,1. In der letzten Woche wurden an einigen Entgasungsöffnungen des Lavastroms noch Temperaturen von bis zu 1000 Grad gemessen und es werden vulkanische Gase freigesetzt. Es wird davor gewarnt, das Lavafeld eigenmächtig zu betreten. Tatsächlich geht von den Entgasungslöchern eine ernste Gefahr aus. Tagsüber nimmt man sie meistens nur durch einen flimmernden Strom heißer Luft wahr. Entgeht einem dieses Signal kann es passieren, dass man das Entgasungsloch übersieht und reinlatscht, oder einen Schritt drüber macht, was starke Verbrennungen nach sich ziehen würde. Die Gefahr, durch eine Erstarrungskruste zu brechen ist dagegen gering. Das Innere des Lavafelds ist zwar noch heiß, aber die Lava sollte tragfähig sein, sofern es keine Kavernen gibt, durch dessen Dach mein brechen könnte. Da viele Häuser unter der Lava begraben wurden, besteht hier aber die Gefahr einzubrechen. Diese Gefahr bleibt über Jahre hinweg bestehen und vergrößert sich, je maroder die Ruinen unter der Lava werden. Das gilt insbesondere für Gebäude, die von Tephra bedeckt sind.

Neuer Erdbebenschwarm auf La Palma am 25.03.22

  • Das IGN registrierte unter La Palma 68 Erdbeben
  • Der Cumbre Vieja stößt noch Dampf aus
  • Die Räumarbeiten sind im vollen Gange

Unter dem Süden der Kanareninsel La Palma manifestiert sich ein neuer Erdbebenschwarm. Er begann gestern Abend gegen 17:30 Uhr. Seitdem registrierte das EMSC 56 schwache Erdbeben mit Magnituden ab 1,5. Das IGN zeigt 68 Erschütterungen an. Auffallend ist, dass es viele Erdbeben mit Magnituden größer 2 gibt. Das stärkste Beben brachte es auf Ml 3,0. Ich gehe davon aus, dass es sich überwiegend nicht um postvulkanische Setzungsbeben handelt, sondern um Erschütterungen, die mit der Bewegung Magmatischer Fluide in Verbindung stehen könnten. Damit gleicht der Schwarm jenen Ereignissen, die wir vor Eruptionsbeginn im September letzten Jahres gesehen haben. Bis jetzt wird aber keine signifikante Bodenhebung festgestellt. Freilich bedeutet der Erdbebenschwarm nicht unbedingt, dass sich die Eruption reaktivieren wird. Die Wahrscheinlichkeit dafür würde steigen, wenn wir in den nächsten Tagen/Wochen weitere Schwärme sehen.

Eruption auf La Palma gingen Schwarmbeben voran

Der Ausbruch auf La Palma begann am 19. September 2021. Er wurde von einer Phase intensiver Erdbebenschwärme angekündigt, die sich in den 8 Tagen vor der Eruption dramatisch zuspitzten. Doch erste Schwarmbeben mit Bodenhebung infolge von Magmenintrusion, wurden bereits im Oktober 2017 gemeldet. Damals zeigte man sich vor Ort schon beunruhigt, doch da es in den folgenden Monaten ruhig blieb, dachten man, es bestünde keine akute Gefahr. Doch Vulkanologen wissen, dass oft Jahre zwischen ersten Magmenintrusionen und dem finalen Magmenaufstieg vor Vulkanausbrüchen liegen können.

Eine ähnliche Situation sehen wir derzeit auf der Azoreninsel São Jorge, wo es in den letzten Tagen zu einem ersten Schwarmbeben kam. Seit gestern ist es rückläufig, doch auch heute kam es zu mehreren Beben. Das Stärkste brachte es auf Ml 3,0. Nicht zu vergessen ist die Seismizität unter der Campi Flegrei, die in den letzten Tagen ebenfalls hoch war. Ob es an diesen beiden Vulkanen in absehbarer Zeit zu Eruptionen kommen wird ist ungewiss. Gewiss ist allerdings, dass die Nachwehen der Eruption des Cumbre Vieja auf La Palma noch nicht vorbei sind, obwohl der Ausbruch am 25. Dezember offiziell für beendet erklärt wurde. Die Eruption dauerte 85 Tage. Vor Ort sind immer noch Vulkanologen unterwegs, die den Vulkan engmaschig überwachen. Die Räumarbeiten sind im vollen Gange. Grundstücke werden von Vulkanasche befreit und neue Pisten durch das Lavafeld angelegt.

Erdbeben-News 30.11.21: Papua Neuguinea

In Papua Neuguinea gab es ein starkes Erdbeben. Auf La Palma ist die Seismizität sehr hoch.

Papua Neuguinea: Erdbeben Mw 6,0

Datum: 30.11.2021 | Zeit: 10:36:18 UTC | Lokation:  3.42 S ; 151.09 E | Tiefe: 10 km | Mw 6,0

Im Norden von Papua Neuguinea ereignete sich heute ein Erdbeben der Magnitude 6,0. Das Hypozentrum lag 10 km tief. Das Epizentrum wurde 100 km süd-süd-östlich von Kavieng lokalisiert und lag somit offshore, vor der Küste von New Ireland. Es manifestierten sich mehrere Nachbeben. Das Stärkste brachte es auf Mw 5,7. Die Beben erschütterten die Erde in relativer Nähe mehrerer Vulkane, von denen die Rabaul-Caldera und der Ulawun am bekanntesten sein dürften. Letzterer scheint im Begriff zu sein zu erwachen.

Philippinen: Erdbeben Mw 5,1

Datum: 30.11.2021 | Zeit: 00:56:00 UTC | Lokation:  6.78 N ; 126.14 E | Tiefe: 60 km | Mw 5,1

Die philippinische Region Mindanao wurde von einem Erdbeben der Magnitude 5,1 erschüttert. Das Hypozentrum lag 60 km tief. Das Epizentrum wurde 8 km östlich von Batobato verortet.

Griechenland: Erdbeben Mw 4,9

Datum: 30.11.2021 | Zeit: 04:00:39 UTC | Lokation:  37.71 N ; 25.95 E | Tiefe: 10 km | Mw 4,9

Nördlich der griechischen Insel Ikaria ereignete sich ein Erdbeben der Magnitude 4,9. Die Tiefe des Hypozentrums wird mit 10 km angegeben. Das Epizentrum befand sich 32 km westlich von Agios Kirykos. Entlang der Subduktionszone des griechischen Inselbogens finden derzeit sehr viele Erdbeben statt.

La Palma: Mehr als 220 Erdbeben

Datum: 30.11.2021 | Zeit: 10:54:27 UTC | Lokation:  28.56 N ; 17.84 W | Tiefe: 13 km | Ml 4,2

Heute gab es bislang mehr als 220 Erdbeben auf La Palma. Der 2. höchste Wert seit Eruptionsbeginn und der Tag ist noch nicht vorbei, so dass ein neuer Rekord eingestellt werden könnte. Die stärkste Erschütterung brachte es auf Ml 4,2, in einer Tiefe von 13 km. Die Werte stammen vom EMSC. Die Bodendeformation hat die Null-Linie erreicht. Es gilt allerdings zu berücksichtigen, dass die Kurve vor der Eruption von -16 cm angestiegen ist. Es dürfte sich noch einiges Magma im Untergrund befinden.

Video: Cumbre Vieja auf La Palma

 

Videoaufnahmen der Eruption vom Cumbre Vieja auf La Palma

Hier seht ihr einen kurzen Clip meiner Videoaufnahmen vom Cumbre Vieja auf La Palma. Die Aufnahmen entstanden Ende September 2021. Unter dem Link findet ihr eine längere 4K-Fassung des Videos.

Vulkan-News 07.10.21: Cumbre Vieja

Cumbre Vieja: Lava analysiert

Staat: Spanien | Koordinaten: 28.57, -17.84 | Eruption: Hawaiianisch

Während die Eruption auf La Palma weiter geht, arbeiten Wissenschaftler auf Hochtouren daran, ihre Proben zu analysieren. Jetzt wurden die ersten Ergebnisse veröffentlicht, bei denen Lavaproben im Dünnschliff unter dem Polarisationsmikroskop untersucht wurden. Demnach handelte es sich bei der Lava der ersten Tage um Basalt, der relativ schnell aus dem Bereich des oberen Erdmantels aufgestiegen ist. Neben den typischen Mineralien wie Olivin, Pyroxen und Amphibol sind viele Plagioklase enthalten. Besonders auffällig ist die große Anzahl an winzigen Obsidian-Einsprenglingen. Obsidian ist ein vulkanisches Glas und entsteht für gewöhnlich, wenn Lava sehr schnell abgekühlt wird. Die untersuchten Lavaproben stammten von dem Lavastrom, der vor der Kirche von Todoque stoppte und normal schnell abkühlte. So kann der Obsidian Hinweise über das Fließverhalten der Lava liefern. Professor Domingo Gimeno (UNI Barcelona) geht zudem davon aus, dass es zu Magma-mixing gekommen ist: ein schnell aufgestiegenes Magma aus dem Erdmantel strömte in einen Magmakörper unterhalb des Vulkans, in dem sich bereits ältere Schmelze befand. Dieser Prozess könnte dann die Eruption ausgelöst haben. Nachdem die Forscher in den ersten Tagen ihre Priorität darin gesetzt hatten, den Verlauf des Lavastroms zu bestimmen, konzentrieren sie sich nun mehr auf die Probenanalysen, um Anhaltspunkte für den weiteren Verlauf der Eruption zu gewinnen.

Der Vulkan selbst zeigt sich davon unbeeindruckt und förderte in der Nacht wieder mehr Vulkanasche. Dadurch kam es erneut zur Beeinträchtigung des Flugverkehrs und zu Flugausfällen. Gestern zog die Seismizität wieder an und heute wurde eine leichte Inflation festgestellt: es steigt immer noch Magma aus dem Bereich der Asthenosphäre auf und sammelt sich unter dem Vulkan.  Ein baldiges Ende der Eruption ist nicht absehbar.

Cumbre Vieja: Im Bann der Lava auf La Palma


Am 19. September 2021 begann auf der Kanareninsel La Palma ein Vulkanausbruch. Der Eruption war eine seismische Krise vorausgegangen, die mehrere Tage anhielt und von aufsteigendem Magma verursacht wurde. Obwohl ein Ausbruch wahrscheinlich war, rechneten die Wenigsten damit, dass sich das Eruptionszentrum am Rand des besiedelten Gebiets von El Paso öffnete. In kürzester Zeit wurden Hunderte Häuser zerstört. Schon 3 Tage nach Eruptionsbeginn trafen die ersten Vulkanauten der Vulkanologischen Gesellschaft auf La Palma ein. Ich folgte am 8. Tag der Eruption.

Cumbre Vieja: Bilder einer Eruption

Ankunft auf La Palma

Pünktlich mit meiner Annäherung an die Insel setzte die Aktivität des Vulkans aus. Zu dieser Zeit befand ich mich auf dem Weg vom Flughafen auf Teneriffa zur Fähre nach La Palma und als ich auf die abgestürzte Tremorkurve blickte, staunte ich nicht schlecht. Das konnte jetzt doch nicht wahr sein?! Hieß es in den Statistiken nicht, dass die Eruption mindestens 24 Tage dauern sollte? Auch in den sozialen Medien kursierten schon wieder Bemerkungen über Marc, den Vulkanlöscher. Doch das brachte selbst Jesus nicht fertig, der ja bekanntermaßen Wasser in Wein verwandeln konnte, eine Eigenschaft, um die ich ihn sehr beneide. Also nix da, der Vulkan pausierte nur, und als ich dann am späten Nachmittag endlich in El Paso ankam, setzte die Tätigkeit wieder ein.

Ich machte Quartier bei Jochen, der ein genial gelegenes Apartment organisiert hatte: Von der Terrasse aus konnten wir den Vulkan beobachten, der sich in ca. 3 km Entfernung befand. Sein Grummeln und Donnern erfüllte die Luft und alles war voller Vulkanasche. Abends trafen wir Tom, Thorsten und Martin, die deutlich weiter entfernt untergekommen waren. Wir bezogen Stellung an einem der populärsten Aussichtspunkte in Vulkannähe, der zufällig am Ende jener Straße lag, an der sich unser Apartment befand. Irgendwie mag ich kurze Wege. Von dort konnten wir bequem die Lavafontänen beobachten, gelangten aber nicht bis an die Lavafront. Diese war besser bewacht als Fort Knox und jeder Weg war abgesperrt. Bequemlichkeit ist ein Ding, Nähe ein Anderes. So echtes Vulkanfeeling wollte bei mir nicht aufkommen. Jochen und ich beschlossen eine weitere Annäherung an den Feuerberg und suchten eine Straße auf einen Bergrücken, der der Eruptionsspalte vorgelagert war. Hier kamen wir etwas näher an die Spalte mit ihrem neuen Kegel ran, doch noch bevor sich das richtige Gefühl einstellen wollte, standen wir erneut vor einer Straßensperre. Der Blick auf die Lavafontäne war von hier aus schon ganz gut und es hatten sich mehrere Schaulustige eingefunden, darunter auch Steven, ein weiteres Mitglied unseres Vulkanvereins. Weitere Annäherungsversuche an den Kegel erwiesen sich zwar als abenteuerlich, stellten aber den gewünschten Erfolg nicht ein. So erkundeten wir noch am nächsten Tag die Gegend und loteten einige Möglichkeiten der Annäherung aus, die ich dann erst in den nächsten Tagen mit Andreas und Tom realisieren konnte, denn Jochen und die anderen Vulkanauten mussten wieder abreisen.

Mit Sondergenehmigung ins Sperrgebiet

An meinem dritten Tag auf La Palma bekamen wir dann endlich unsere Genehmigungen, um ins Sperrgebiet vordringen zu dürfen. Zuvor hatte ich beim Essen eine Gruppe internationaler Wissenschaftler getroffen, was den Genehmigungsprozess ein wenig beschleunigte. Andreas und ich beschlossen, mit dem Vulkan auf Tuchfühlung zu gehen, querten abends den bewaldeten Hang des Cumbre Vieja und arbeiteten uns bis auf ein paar hundert Meter an den neuen Kraterkegel heran. Unter ohrenbetäubendem Getöse schoss die Lava in die Höhe und prasselte auf den Kegel nieder. 3 Schlote förderten Tephra und aus einem vierten sprudelte dünnflüssige Schmelze, die den Lavastrom speiste. Seinen Weg konnten wir von hier oben aus mit den Augen verfolgen. Der Rückmarsch in der Dunkelheit erhielt einen Abenteuerpunkt, denn er führte über Stock und Stein und an recht tiefen Senken entlang.

Am folgenden Abend schlugen wir uns bis zur Abflussrinne des Lavastroms vor, die direkt unterhalb des Kraterkegels verlief. Ein nicht ungefährlicher Beobachtungsposten, aber einer der faszinierendsten. Hier konnte man sie spüren, die Hitze des Vulkans. Hier atmete man pures Schwefeldioxid und stand im Lapilli-Regen. Hier war man den Kräften des Erdinneren schutzlos ausgeliefert. Schiefgehen durfte nichts, denn es hätte für uns katastrophale Folgen gehabt. Ein schnell voranschreitender Lavaschwall, der Kollaps einer Kraterwand, die Öffnung eines tiefer gelegenen Förderschlotes oder eine plötzliche Explosion wären uns sicherlich nicht gut bekommen. Menschen sind ja so zerbrechlich! Tatsächlich konnten wir aus der Nähe erkennen, dass es einige Veränderungen in der nördlichen Kraterwand gab, und berichteten darüber noch am gleichen Abend im Hauptquartier der Einsatzkräfte. Zudem hatten wir an der Lavafront Proben gesammelt.

Nachts und am nächsten Morgen öffneten sich dann tatsächlich neue Schlote. Zwei von ihnen entsprangen gut 800 m vom Krater entfernt und nur 120 m östlich der Straße, auf der am Abend unser Wagen stand. Ein paar Stunden eher und der neue Lavastrom hätte uns den Rückweg von der Abflussrinne abgeschnitten, die nun praktisch unerreichbar war. Als Vulkanbeobachter braucht man manchmal einfach etwas Glück oder wenigstens das Ausbleiben von Pech!

An meinem letzten Abend auf La Palma wollten wir den Ocean Entry erkunden. Doch als wir uns auf dem Weg dorthin befanden, erschien eine gigantische Rauchsäule am Himmel. Ihre Quelle breitete sich am Boden rasend schnell aus und ich dachte zuerst an einen Aschestrom, der durch einen Kollaps am Ocean Entry entstanden sein könnte, oder dass sich eine Eruptionsspalte geöffnet hätte. Doch das war wohl eher Wunschdenken. Offenbar war ein mehrere Hundert Meter langes Bananen-Gewächshaus abgefackelt. Der Brand entstand durch den Lavastrom, kurz oberhalb der Steilküste, über die sich seit 2 Tagen die Lava stürzte. Binnen Minuten füllte sich das gesamte Tal mit schwarzem Rauch und es wurden Ausgangssperren verhängt. Nicht etwa wegen der Schadstoffbelastung durch den Brand der Plastikfolie, sondern aufgrund des bösen Vulkans. Nun ja, genau genommen nochmal Glück gehabt, denn eine halbe Stunde später wäre ich direkt neben dem Feuer gestanden. Heute war an den Ocean Entry kein Rankommen mehr. Es müssen ja auch noch Ziele für den nächsten Besuch auf La Palma bleiben.

Vulkan News 01.10.21: 2 neue Schlote

Die Situation am Vulkan auf La Palma bleibt dynamisch und angespannt.

Cumbre Vieja: 2 neue Schlote

Staat: Spanien | Koordinaten: 28.57, -17.84 | Eruption: Hawaiianisch

In der Nacht öffneten sich am Cumbre Vieja auf La Palma 2 neue Förderschlote nördlich des neuen Kegels und nur wenige 100 m von der Straße entfernt, die dem Vulkan am nächsten ist. Ein neuer Lavastrom wälzte sich schnell hangabwärts und zerstörte weitere Häuser. Zuvor entstanden bereits weitere Schlote im Bereich des Kegels. Auch hier entsprang ein neuer Lavastrom, der gestern Abend für Unruhe sorgte, da er die bekannte Abflussrinne verließ.

Inzwischen wird wieder Deflation registriert und die Bodenhebung betrug heute Morgen 20 cm. Es gibt weitere Erdbeben. Eines rüttelte mich aus meinem Mittagsschlaf. Es hatte die Magnitude 3,8. Die Lage ist nach wie vor angespannt und sehr dynamisch.

Inzwischen wird mir hier der Zugang zum Sperrgebiet gewährt und mir boten sich bereits ein paar ziemlich intensive Eindrücke von der Lavafront. Doch bereits morgen muss ich wieder meine Rückreise antreten.

Vulkan-News 30.09.21: Ocean Entry

Am Cumbre Vieja auf La Palma kam es zum Ocean Entry, als Lava in den Ozean floss.

Cumbre Vieja mit Ocean Entry

Staat: Spanien | Koordinaten: 28.57, -17.84 | Eruption: Hawaiianisch

In der Nacht vom Dienstag auf Mittwoch erreichte der Lavastrom die Küste und stürzte sich über die bis zu 90 m hohen Klippen ins Meer. Schnell bildete sich ein Lavadelta im Ozean, von dem relativ wenig Dampf aufsteigt. Die Gegend ist weiträumig abgesperrt. Da bei einer der letzten Eruptionen auf La Palma eine Person in der Dampfwolke eines Ocean Entrys erstickte, ist man hier besonders Vorsichtig.

Mein Apartment auf La Palma befindet sich ca. 3 km Luftlinie von den aktiven Schloten des Cumbre Vieja entfernt und Donnergrollen erfüllt die Luft. Vor gut 1 Stunde konnte ich ein Erdbeben spüren. Um die Eruption zu sehen, brauche ich nur aus dem Fenster zu Blicken: genau die richtige Atmosphäre, um über Vulkanausbrüche zu berichten. Einige Kollegen übertreiben es allerdings und schüren Panik. So konnte ich gestern eine Reporterin beobachten, die in ca. 4 km Entfernung zum Ocean Entry mit Gasmaske moderierte. Eine vollkommen unnötige Aktion, die nur Einschaltquote bringen sollte und bei den Anwohnern weitere Sorgen hervorgerufen haben dürfte. Ich konnte bereits mehrere Anwohner mit Gasmasken rumlaufen sehen, obwohl der starke Wind sämtliche Gase von ihnen Weg wehte. Dieser Ausbruch ist bestimmt nicht harmlos, aber wenn er sich in unbewohntem Gebiet ereignen würde, fände er in den Medien kaum Beachtung.

Die aktuellen Daten zu Seismizität und Bodendeformation legen nahe, dass weiter Magma aus größeren Tiefen aufsteigt und sich im Magmenkörper unter dem Vulkan sammelt. Es steigt mehr Magma auf als eruptiert wird und die Bodenhebung liegt wieder bei 25 cm. Als dieser Wert zuletzt erreicht wurde, steigerte sich die Aktivität des Vulkans deutlich. Die Erdbeben verlagerten sich mehr unter dem Gipfelbereich des Cumbre Vieja und es ist nicht auszuschließen, dass sich dort ein weiteres Eruptionszentrum bilden könnte. Die Situation erinnert mich an den Ätna-Ausbruch von 2001, der ebenfalls an der Flanke begann und bei dem sich Tage später weitere Spalten in Richtung Gipfel öffneten. Beim Mittagessen traf ich gestern den bekannten britischen Vulkanologen Clive Oppenheimer. Er wollte klugerweise keine Prognose zum weitern Verlauf abgeben, fühlte sich aber ebenfalls an die Ätna-Eruption von 2001 erinnert.