Seit einigen Tagen erzeugt der Ätna eine Serie von Dampfringen, die von der Bocca Nuova ausgehen. In unserer FB-Gruppe „volcanoes and volcanism“ wurden mehrere Fotos des Phänomens geteilt, wobei es gestern offenbar zu einem Höhepunkt der Dampfringerzeugung kam. Die Dampfringe entstehen für gewöhnlich, wenn es im Förderschlot tiefsitzende Eruptionen gibt, sodass der Aufstiegskanal des Schlots als Rohr dient, an dessen Rand der Dampf abgebremst wird, sodass es zu der typischen Konvektion in der Dampfwolke kommt, die letztendlich für die Ringbildung verantwortlich ist. Bei den Explosionen kann auch Tephra über den Schlotrand hinaus ausgeworfen werden, aber momentan ist das wohl nicht der Fall.
Wie genau so ein Dampfring entsteht, lest ihr unter dem Link im WIKI.
Eine Phase intensiver Dampfringbildung gab es in den Jahren des Milieuwechsels. Damals war die Bocca Nuova besonders aktiv. Diese mehrjährige Aktivitätsphase wurde von einer Serie starker Paroxysmen aus der Boca Nuova beendet.
Rückbau des Informationsangebots in Italien
Leider ist die Website des LGS weiter offline, sodass keine Livedaten zur Tätigkeit des Vulkans online sind, mit Ausnahme von Seismik und Tremor, den man beim INGV einsehen kann. Wichtige Parameter wie die Infraschalltätigkeit, anhand derer man Rückschlüsse über das explosive Geschehen ableiten konnte, bleiben der Öffentlichkeit somit verborgen. Da es keine Lavaströme am Ätna gibt, werden auch keine wöchentlichen Bulletins veröffentlicht. Warum das so ist, darüber kann ich nur spekulieren. Part man den Rückbau des Online-Informationsangebots mit dem Verhalten der verantwortlichen Behörden auf den Liparischen Inseln, der offenbaren Willkür und ständigen Änderungen der Zugangsbeschränkungen auf Stromboli ohne vernünftige Kennzeichnung vor Ort und mit Null Informationsangebot für Anwohner und Touristen, entsteht für mich ein absolut unzeitgemäßes Bild des Managements von Seiten der Verantwortlichen.
Bei meiner Reise zu den süditalienischen Vulkanen in der letzten Woche stattete ich auch dem Ätna einen kurzen Besuch ab. Irgendwie gibt es einen Paradigmenwechsel: Stand früher der Vulkan im Fokus des Interesses, scheint sich nun alles um die Skimöglichkeiten zu drehen. Sicher, es lag viel Schnee und das Skigebiet stand schon immer im touristischen Fokus der Seilbahnbetreiber, doch früher liefen in den Gastronomiebetrieben um die beiden Seilbahnstationen die ganze Zeit über Ätna-Vulkanvideos. Seit einigen Jahren schweigen die Monitore. Vielleicht liegt es daran, dass es nicht genug HD-Content gibt, obwohl eigentlich Material von den letzten Paroxysmen vorhanden sein sollte. Ich vermute aber vielmehr, dass es mit dem Generationswechsel und den auch hier geltenden Verschärfungen der Zugangsregeln zum Gipfelbereich des Ätna zusammenhängen könnte.
Was mich an meinem kurzen Ätnabesuch am meisten beeindruckte, war der Pelletofen in der Hütte, die Manfred und ich uns gemietet hatten. Der glühte schön und strahlte in kurzer Zeit eine enorme Wärme ab! Ansehnlich war auch der gespaltene Südostkraterkegel, der uns allerdings die kalte Schulter präsentierte. Auf einem aktuellen Sentinel-Foto erkennt man daher auch nur eine schwache Wärmeanomalie im Schlot der Bocca Nuova, von dem wahrscheinlich die Dampfringe ausgehen.
Erdbeben Mw 6,7 erschüttert Ecuador und richtet Schäden an
Datum 18.03.23 | Zeit: 17:12:55 UTC | 2.75 S ; 79.78 W | Tiefe: 80 km | Mw 6,7
Gestern Nachmittag bebte es in der ecuadorianischen Küstenregion. Das Beben brachte es auf eine Moment-Magnitude von 6,7 und hatte ein Hypozentrum in 80 km Tiefe. Örtliche Erdbebendienste ermittelten eine Lokal-Magnitude von 7,0. Das Epizentrum befand sich 20 km südwestlich des Küstenortes Naranjal. Aufgrund der Tiefe des Erdbebenherds wurde kein Tsunamialarm gegeben, es entstanden aber Schäden an der Infrastruktur. Nach vorläufigen Angaben starben mindestens 15 Personen. Mehr als 400 Menschen wurden verletzt.
Die tektonischen Prozesse Ecuadors werden in erster Linie durch die Subduktionszone vor der Küste gesteuert. Dort kollidiert die ozeanische Nazca-Platte mit der Platte des südamerikanischen Kontinents und wird subduziert. Parallel zur Subduktionszone, aber ein gutes Stück hinter der Küstenebene verlaufen die Anden, in denen es ebenfalls nord-südlich verlaufende Störungszonen gibt. Im Gebirge liegen die zahlreichen Vulkane Ecuadors, die auch bei Vulkane.net regelmäßig thematisiert werden und auf die sich das starke Erdbeben auswirken könnte. Der aktuelle Erdstoß ereignete sich aber weder an der Subduktionszone noch in den Anden, sondern im Bereich der Küstenebene dazwischen. Im Golf von Guayaquil, in dem sich das Erdbeben ereignete, mündet eine dextrale Blattverschiebung, die aus den Anden kommt und durch den Kanton Pallatanga verläuft. Diese Blattverschiebung zeigte sich möglicherweise für den Erdstoß verantwortlich. Aufgrund der Tiefe des Hypozentrums ist es aber auch möglich, dass sich das Beben an einem Stück subduzierter Nazca-Platte manifestierte, die sich in der Tiefe der Asthenosphäre verhakte. Nachbeben gab es nur wenige, was ebenfalls für die zweite Möglichkeit spricht.
Ein Blick auf die Shakemap zeigt, dass es in den letzten Tagen mehrere Erdbeben in Ecuador gab. Einige lagen im Bereich der Anden, andere entlang der Küste. Diese Beben waren aber nicht annähernd so stark wie das beschriebene Erdbeben von gestern Nachmittag.
Zu den oben erwähnten aktiven Vulkanen Ecuadors zählen Cotopaxi, Reventador und Sangay. In den vergangenen Tagen machte vor allem der Sangay von sich Reden, der wieder einen Lavastrom fördert.
Datum 17.03.23 | Zeit: 19:58:07 UTC | 38.07 S ; 176.67 E | Tiefe: 2 km | Mw 5,0
In einem großen Vulkangebiet auf der neuseeländischen Nordinsel kommt es seit gestern zu zahlreichen Erdbeben. Bis jetzt hat das EMSC fast 60 Erschütterungen mit Magnituden zwischen 5,0 und 3,0 registriert. Der stärkste Erdstoß hatte eine Moment-Magnitude von 5,0 und ein Hypozentrum in nur 2 km Tiefe. Das Epizentrum wurde 4 km nordwestlich von Kawerau lokalisiert.
Der stärkste Erdstoß war nicht das Initialbeben. Laut Definition kann man hier nicht von einem Erdbebenschwarm sprechen, sondern muss zwischen Hauptbeben und Vor- und Nachbeben unterscheiden. Wahrscheinlich sind die Beben tektonischen Ursprungs, doch sie könnten durch eine Änderung des Spannungsfeldes infolge einer Magmenintrusion ausgelöst worden sein.
Grund für die Vermutung liefert die Lokation der Beben: sie ereignen sich westlich der Basis des Mount Edgecumbe Vulkans. Hierbei handelt es sich um einen kleinen Stratovulkan aus Dazit. Er wird als das östlichste Vulkanzentrum der 16 x 26 km durchmessenden Okataina-Caldera (Haroharo-Caldera) gehandelt. Mount Edgecumbe bildete sich aber außerhalb der eigentlichen Caldera und auch die aktuellen Erdbeben ereignen sich nicht in der vulkanischen Depression.
Innerhalb der Okataina-Caldera befinden sich die Rotomā-Caldera und der gespaltene Vulkan Tarawera. Er liegt gut 20 km südwestlich des Erdbebengebiets. Sie bildete sich vor gut 9000 Jahren infolge einer großen Eruption. Der letzte Ausbruch des Tarawera ist wesentlich jüngeren Datums: er ereignete sich im Jahr 1886. Damals bildeten sich Lahare, die das Maori-Dorf Te Waiora zerstörten. Mehr als 150 Menschen starben. Die bekannte Roturora-Caldera befindet sich ca. 50 km westlich der Epizentren.
Die genannten vulkanischen Manifestationen sind Teil der Taupo-Vulkanzone, deren östliche Begrenzung etwa dort erläuft, wo sich Mount Edgecumbe und die Erdbeben befinden. Daher liegt die Vermutung nahe, dass sich die Beben an lokalen Störungszonen parallel der Begrenzung der Taupo-Vulkanzone ereignen.
Nahe der mexikanischen Hauptstadt ist der Popocatepetl weiter aktiv und eruptiert Vulkanasche. Heute morgen generierte eine besonders kraftvolle Eruption eine Aschewolke, die bis auf einer Höhe von 8200 m aufstieg und gen Nordosten verfrachtet wurde. Die Asche verteilte sich über ein relativ großes Gebiet und es kam zu Ascheniederschlägen. Gestern berichtete CENAPRED von einer explosiven Eruption, 236 Asche-Dampf-Exhalationen und 69 Minuten Tremor. Es wurde ein vulkanotektonisches Erdbeben festgestellt. MIROVA registrierte zuletzt vorgestern eine moderate Thermalstrahlung mit 26 MW Leistung. Ob sie von einem neuen Lavadom im Krater emittiert wurde, oder nur aus einem offenen Schlot stammt, ist unbekannt. Der Alarmstatus bleibt auf „gelb“.
CENAPRED bittet dringend darum, sich dem Vulkan und insbesondere dem Krater wegen der Gefahr herabfallender ballistischer Fragmente NICHT zu nähern und sich bei starken Regenfällen wegen der Gefahr von Schlamm- und Murgängen vom Boden der Schluchten fernzuhalten.
Popocatepetl ist ein 5462 m hoher Stratovulkan des zentralmexikanischen Vulkangürtels. Er liegt in Sichtweite der Hauptstadt und könnte im Falle einer großen Eruption das öffentliche Leben dort beeinträchtigen. Besonders der Betrieb des internationalen Flughafens könnte durch Vulkanasche gestört werden. Der Vulkan wird daher von den Vulkanologen entsprechend gut beobachtet. Hier wird praktisch alles an Beobachtungsinstrumenten eingesetzt, was die moderne Vulkanologie zu bieten hat. Dennoch gehörte der Popocatepetl nicht zu den Vulkanen des Dekadenprogramms, das von der UNO in den 1990er-Jahren ausgerufen wurde. Ein Jahrzehnt lang wurden 16 Vulkane, die wegen ihrer Lage nahe an Ballungsgebieten als besonders gefährlich eingestuft wurden, besonders gründlich überwacht. Die Ausstattung der örtlichen Vulkanologen wurde gefördert. Als Vertreter der mexikanischen Vulkane im Dekadenprogramm wurde der Colima ausgewählt. Er ist im Moment vergleichsweise still und nicht in Eruption begriffen.
Ebeko mit Ascheeruptionen
Staat: Russland | Koordinaten: 50.68, 156.01 | Aktivität: Ascheeruption
Auf der Kurileninsel Paramushir ist der Ebeko aktiv und löste in den letzten 24 Stunden 2 VONA-Warnungen aus. Demnach stieg Vulkanasche bis auf 3300 m Höhe auf und driftete in Richtung Nordosten.
In Ecuador macht der Sangay von sich Reden, indem er eine starke Wärmestrahlung emittiert. Vorgestern erreichte sie einen Wert von 704 MW. Heute sind es 227 MW. Im oberen Bereich der Scharte auf der Südostflanke ist ein zäher Blocklavastrom unterwegs. Von seiner Front gehen glühende Schuttlawinen ab. Darüber hinaus kommt es zu Ascheeruptionen, die Asche bis auf 6100 m Höhe aufsteigen lassen.
Stromboli ist der aktivste Vulkan der Liparischen Inseln nördlich von Sizilien. Gut 924 Meter erhebt sich der Inselvulkan über das Tyrrhenische Meer. Stromboli ist mindestens seit der Römerzeit daueraktiv und als Leuchtfeuer des Mittelmeers bekannt. Diesen Ruf verdiente sich der Lavaspeier wegen seinen zuverlässigen Eruptionen, die mehrmals in der Stunde glühende Schlacken in die Luft speien. Manchmal fliegen die Lavabrocken dabei bis zu 300 m hoch. Selten kommt es zu stärkeren Explosionen, bei denen die gesamte Kraterterrasse nebst dem Pizzo, der sich gut 200 m über den Krater erhebt, mit vulkanischen Förderprodukten eingedeckt wird. Eigentlich unnötig zu erwähnen, dass es dann für etwaige Vulkanbeobachter brenzlig wird. Über die Jahre hinweg kamen so mehrere Personen zu Schaden bzw. ums Leben. Doch das hielt kaum jemanden davon ab, den Gipfel des Vulkans zu erstürmen, um einen Blick in den Höllenschlund zu werfen.
Stromboli: Schicksalstage einer Vulkaninsel
So war das zumindest bis zum Jahr 2019, als Stromboli begann eine Serie paroxysmaler Eruptionen zu erzeugen, bei denen sogar pyroklastische Ströme entstanden, die über die Feuerrutsche Sciara del Fuoco glitten und aufs Meer hinaus liefen. Spätestens seitdem ist alles anders am Stromboli, der über Jahrzehnte hinweg ein Magnet für Vulkanbeobachter war, die sich auf Neudeutsch Volcano-Spotter oder Vulkanspotter schimpfen. Für viele dieser vom Aussterben bedrohten Art war Stromboli der Einsteigervulkan: Hier ging man auf Tuchfühlung mit dem Vulkan und stellte den ersten Kontakt mit rotglühender Lava her! Doch wie heißt es so schön? Alles Gute hat ein Ende! Im Jahr 2019 wurde der Aufstieg endgültig untersagt. Genau genommen wurde der Aufstieg ohne Führer schon im Jahr 2007 unter Bußgeldandrohung offiziell verboten, doch tatsächliche Sanktionen wurden selten verhängt. Der Niedergang der Freiheit auf Stromboli begann tatsächlich noch früher: Aufstiegsverbote wurden bereits nach einem Vorfall zur Jahreswende 2002/03 eingeführt. Bis zu diesem Zeitpunkt war man auf Stromboli so gut wie frei. Individualtouristen teilten sich den Vulkan mit geführten Gruppen und es gab eine (fast) friedliche Koexistenz. Natürlich wurde es im Sommer oftmals zu voll am Gipfel und auf der Cima, jenem Grat, der zum Gipfel führte und einen aufsteigenden Viertelkreis um den Krater zieht. Im Dezember 2002 kam es zu einer Flankeneruption, in dessen Folge ein Teil der Kraterwand kollabierte und ins Meer rutschte, was einen kleinen Tsunami verursachte, der die Küstenpromenade von Stromboli-Ort verwüstete. Das war der eigentliche Schicksalstag von Stromboli, denn nach dem Tsunami kamen die Vulkanologen, der Zivilschutz und die Polizei. Die einen spickten den Vulkan mit ihren Instrumenten, die anderen mit Verbotsschildern und Bußgeldzetteln. Bis zu diesem Zeitpunkt wurde der italienische Inselvulkan- von dem man zu Unrecht annahm, er sei harmlos- nur rudimentär überwacht. Jahrelang befand sich der einzige analoge Seismograf in der Obhut eines deutschen Vulkanfotografen, der auf Stromboli lebte und den Vulkan als sein Künstleratelier betrachtete. Nach dem Mini-Tsunami durfte man nur noch in geführten Gruppen zum Krater aufsteigen, die sich nur kurze Zeit dort aufhielten. Für alle anderen war an einem Aussichtpunkt auf 400 Höhenmeter Schluss. Wer alleine aufstieg und oben erwischt wurde, wurde für gewöhnlich postwendend wieder runtergeschickt, nachdem seine Personalien aufgenommen wurden. Wiederholungstäter wurden mit einem Bußgeld sanktioniert. Trotzdem hatte man in der Nachsaison noch eine Chance auf ein unbeschwertes Vulkanerlebnis.
Sperrung eines Vulkans
Nach den Paroxysmen von 2019 also das offizielle Besteigungsverbot für alle, auch für geführte Gruppen. Seitdem kam und kommt es immer wieder zu Phasen erhöhter Aktivität am Stromboli, die einen Aufenthalt in der Gipfelregion tatsächlich gefährlicher machen als es zuvor der Fall gewesen war. In ruhigeren Phasen wurden einige Versuche unternommen, den Vulkan wieder für Gruppen zu öffnen, doch diese währten nicht lange. Immerhin konnten Individualtouristen noch bis zu einem ersten Aussichtspunkt auf 290 Höhenmeter wandern. Gruppen wurden bis auf 400 Höhenmeter geführt. Der Strom an Vulkantouristen ließ merklich nach. Dann folgten die weltweit unsäglich dumm gemanagten Coronajahre und der Tourismus brach völlig zusammen. Im letzten Jahresviertel 2022 erfolgte eine neue Phase erhöhter Aktivität, bei der Lavaströme aus dem Krater überliefen. Bei einigen dieser Ereignisse entstanden abermals pyroklastische Ströme. Soviel zur apokalyptischen Vorgeschichte der letzten Jahre.
Alte Liebe rostet!
Die Hauptgeschichte ist schnell erzählt: im März 2023 kehrte ich nach 7-jähriger Abstinenz auf Stromboli zurück. Es war wie die zufällige Begegnung mit einer alten Liebschaft. Zuerst verhält man sich ein wenig verlegen, um dann wieder vertraut und ein wenig wärmer zu werden. Erinnerungen an die gemeinsame Zeit werden wach, doch die alte Leidenschaft ist verblasst. Zu weit entfernt loderte das Erdfeuer von Quota 400 aus gesehen, als dass ich voll entflammt wäre, obwohl die Eruptionen durchaus ansehnlich waren und mit einem Teleobjektiv mit 200 mm Brennweite eingefangen werden konnten. Dabei bewegte ich mich bereits auf Quota 400 im verbotenen Areal. Ein umgekipptes Schild am Aussichtspunkt auf 290 Höhenmeter wies darauf hin, dass man sich in höheren Lagen nicht erwischen lassen sollte, denn das könnte mit Geldbußen von 500 € bestraft werden. Aufgrund des Verbots, des starken Windes und dem kontinuierlichen Lavaspattering aus einem Schlot im Nordkrater sah ich von einem Aufstieg bis zum Gipfel ab. Zwar kann man eine Aktivitätssteigerung am Stromboli nicht immer anhand geophysikalischer Parameter prognostizieren, aber das Lavaspattering ist ein recht sicheres Vorzeichen, dass sich die Aktivität innerhalb von Tagen oder Stunden ändern wird. So kam es auch, denn am nächsten Morgen lief ein Lavastrom aus dem Krater über. Doch zu dieser Zeit schlummerte ich selig in meinem Pensionszimmer.
Sanktioniertes Stromboli
Mein Pensionsgastgeber erzählte, dass die Sanktionen von Seiten der Polizei völlig willkürlich verhängt werden und dass es kein festes Muster der Kontrollen gäbe: Erst letztens musste ein Paar 1000 € bezahlen. Tatsächlich empfing ich ein paar Tage später eine E-Mail von einer befreundeten Vulkanfotografin, dass sie und ihre Begleitung erwischt worden seien und mit 1000 € sanktioniert wurden. Allerdings haben sie sich nicht auf Quota 400 befunden, sondern am unteren Aussichtspunkt auf 290 Höhenmetern. Nach ihrer Aussage sind Wanderungen bis auf 290 Höhenmeter jetzt nur noch mit Führer erlaubt. Die Quota 400 ist bereits für alle Sperrgebiet. Explizite Warnschilder gibt es bis zur Quota 290 nicht, sieht man einmal davon ab, dass der Aufstiegsweg kurz vor der Pizzeria am Punta Labronza wegen Bauarbeiten gesperrt ist. Bei den verheerenden Unwettern letztes Jahr wurde ein gutes Stück des Weges weggeschwemmt. An einer Stelle klafft ein fast 3 m tiefer Abgrund, an dem man sich auf einem schmalen Streifen vorbeiquetschen muss. Wer hier nachts nicht aufpasst, stürzt schnell ab. Auch an anderen Stellen am Ortsrand klafften Erdfälle. Einige Haustüren waren im unteren Bereich mit Brettern verbarrikadiert, als Schutz vor etwaigen Schlammmassen, sollte es zu weiteren Unwettern kommen. Die Piazza zwischen Kirche und Café Ingrid wurde komplett aufgerissen und saniert. Die verbrannten Hänge infolge des Macchiabrandes vom Mai 2022 waren bei bestem Willen nicht zu ignorieren. Zwar gab es an einigen Stellen wieder zartes Grün niedriger Bodenbedecker, doch das ägyptische Schilf und die Ginsterbüsche schlagen wohl so schnell nicht mehr aus.
Paradoxe Sicherheitspolitik
Der Zustand der meisten Gebäude war etwas besser als ich es kurz zuvor noch auf Vulcano erlebte, doch auch hier war die Patina, die vielen Gebäuden anhaftete, kaum zu übersehen und für meinen Geschmack etwas dick aufgetragen. Was mich auch ein wenig erstaunte, war der Umstand, dass jegliche Innovationen an Stromboli vorbeigegangen zu sein scheinen. Anstatt Energie über Erdwärme, Solarzellen und kleine Windturbinen zu generieren, befeuert man noch das alte Heizölkraftwerk an der Küstenpromenade. Wer einen Kamin hat, heizt mit Holz, das umweltfreundlich per Schiff zur Insel transportiert werden muss. Die Gästezimmer werden ebenfalls umweltfreundlichst per stromsparender Klimaanlage geheizt. Und das zu Zeiten, in denen man uns in Deutschland immer weiter knebeln will! Doch geknebelt sind die Strombolianer genug, das Aufstiegsverbot trifft viele Menschen hart, denn zum großen Teil lebte man hier bislang vom Vulkantourismus. Nicht nur ich stelle die Frage, in was sich unsere sicherheitsverwöhnte Gesellschaft da hineinmanövriert, indem man die Sicherheit der Menschen dadurch gewährleisten will, dass man jene, die bereit sind Risiken einzugehen, mit Bußgeldern belegt und wie Verbrecher verfolgt?! Eine Praxis, die sich seit der Einführung der (sicher sinnvollen) Anschnallpflicht wohl immer weiter durchsetzt. Neben Freiheitseinschränkungen für Vulkanspotter und Fotografen werden hunderte Menschen ihrer finanziellen Lebensgrundlage beraubt, darunter fallen nicht nur die Gastronomen, Hoteliers und Vulkanführer von Stromboli, sondern auch reisende Vulkanfotografen und Schreiberlinge wie ich einer bin. Ob man mit dieser Mentalität den Wilden Westen besiedelt hätte oder Menschen zum Mond geflogen wären? Wohl kaum!
Rauchen gefährdet ihre Gesundheit
Nicht nachvollziehbar und geradezu paradox ist es für mich unter Sicherheitsaspekten, dass Bergsteiger ungehindert halsbrecherische Gratwanderungen machen können und Skifahrer Lawinen auslösen dürfen ohne bestraft zu werden. Warum schließt man nicht alle Gipfel des Hochgebirges? Unfälle mit Todesfolge sind an Vulkanen bestimmt nicht dramatisch höher als im alpinen Extremsportbereich. Und wie viele Menschen ertrinken jährlich in Flüssen, Seen und der Brandung gefährlicher Ozeane? Trotzdem gibt es (noch) kein generelles Badeverbot. Würde es nicht reichen, Vulkantouristen über die Gefahren aufzuklären, die sie an einem aktiven Vulkan erwarten? Vielleicht sollte man dem Beispiel der Zigarettenindustrie folgen und abschreckende Bilder verbrannter Leichen am Vulkanaufstieg aufhängen, ganz nach dem Motto „Rauchen gefährdet ihre Gesundheit und endet meistens tödlich“. Wobei eins sicher ist: Lebendig kommen wir alle nicht aus dem Leben raus! Der Konsum von gesundheitsschädlichen Drogen, Extremsport und schnellfahrenden Autos sind gesellschaftlich akzeptiert. Sogar Sex kann tödlich enden, nicht nur für männliche Spinnen und Gottesanbeter. Wird er deshalb verboten? (O.K. das kommt bestimmt auch noch, in manchen Bereichen mischt sich der Gesetzgeber ja dort bereits ein und ich frage mich generell, wer schützt uns vor dem Schutz?) Die Kosten für Folgeschäden teilt sich die Gesellschaft. Wer einen aktiven Vulkan besteigt, gilt oftmals als verantwortungsloser Idiot. Aus einem einzigen Grund: Die meisten Menschen haben einfach keine Ahnung vom Vulkanismus (allerdings auch nicht von männlichen Spinnen und Gottesanbetern) und können die tatsächlichen Gefahren nicht einschätzen. Dazu zählen scheinbar auch Behörden, die wahrscheinlich weniger an die Sicherheit der Vulkanstürmer interessiert sind, als daran, sich juristisch unangreifbar zu machen. Man fürchtet (zu recht) Anwälte der Angehörigen potentieller Opfer des Vulkans und das vermeintlich Unbekannte. Und klar, Vulkane haben keine Lobby. Das zu ändern versuche ich seit über 30 Jahren. Leider mit bescheidenem Erfolg bei den betreffenden Behörden.
Alternative Ziele für potenzielle Selbstmörder
Was bleibt? Für mich ein fahler Nachgeschmack! Sollten die Restriktionen am Stromboli nicht deutlich gelockert werden, sehe ich für den Vulkantourismus dort schwarz, was natürlich Ziel einer kommunalen Regierung ist, die den Menschen keine brauchbaren Alternativen bietet und die Insel bestimmt am liebsten räumen würde. Um ein wenig Baden zu gehen, gibt es attraktivere Ziele, die schneller zu erreichen sind, mehr Komfort bieten und billiger sind. Um es attraktiver zu machen, müsste man zum Zustand vor 2019 zurückkehren und Individualtouristen wenigstens nicht jagen und bestrafen, wenn sie trotz offiziellem Verbot das Risiko in Kauf nehmen zum Gipfel aufsteigen. Ansonsten kann ich echten Vulkanspottern keine Empfehlung für Stromboli aussprechen, außer vielleicht, wenn sie mit Kindern unterwegs sind, die einmal die Lavagaben aus der Ferne sehen sollen. Der Ätna ist nur in aktiven Zeiten eine Alternative zum Stromboli, denn hier sieht man vergleichsweise selten eruptive Tätigkeit. Sicher kann man beide Vulkane besuchen, wenn man ein wenig Vulkanluft schnuppern will und die Landschaften genießen möchte, doch echtes Vulkanfeeling kommt nur bedingt auf. Wer einen ersten Vollkontakt mit einem daueraktiven Vulkan sucht, der ist im Augenblick am Fuego in Guatemala ganz gut aufgehoben. Die Anreise dauert kaum länger, als wenn man sich zum Stromboli aufmacht, ist dafür aber natürlich teurer. Zwar ist man am Fuego im Camp am Acatenango auch relativ weit von den Eruptionen entfernt, aber man befindet sich wenigstens (fast) auf Augenhöhe mit dem Gipfel und den Verantwortlichen vor Ort. Zudem sind die Eruptionen oft stärker als am Stromboli. Wer es wagt, kann auch auf den Grat zwischen Fuego und Acatenango steigen und die Eruptionen aus nächster Nähe erleben, geht dabei aber ein entsprechendes Risiko für Leib und Leben ein. Diese Annäherung ist zwar auch Verboten, wird aber oft praktiziert und wurde bis jetzt meins Wissens nach noch nicht sanktioniert. Und bitte, springt nicht gleich in den Krater! Respekt erlangt man weder durch Selbstmord, noch dadurch einfach alt zu werden und zu sterben.
Sicherlich kann man diesen Artikel und meine Meinung zu der Überreglementierung unserer Gesellschaft kontrovers diskutieren. Im neuen Forum könnt ihr das gerne tun! Vielleicht habt ihr auch andere Informationen zu den Aufstiegsbedingungen?
Neue Auswertung alter Radarbilder der Venus lässt aktiven Vulkan vermuten
Auf der Venus ist es höllisch heiß, was größtenteils der dichten Treibhausgas-Atmosphäre geschuldet ist, die zum überwiegenden Teil aus Kohlendioxid besteht. Doch nun fanden Wissenschaftler heraus, dass unser Nachbarplanet auch noch vulkanisch aktiv sein könnte.
Zu dieser Erkenntnis gelangten die Forscher Robert Herrick und Scott Hensley von der University of Alaska in Fairbanks, als sie radaraufnahmen der Venusoberfläche untersuchten, die im Rahmen der Magellan-Mission zwischen den Jahren 1989 bis 1994 gemacht wurden. Dabei stellten sie fest, dass sich der Krater des 8 km hohen und damit höchsten Venusvulkans Maat Mons innerhalb weniger Monate verändert hatte. Die Veränderungen wurden sichtbar, als sie zwei Aufnahmen verglichen, die im Februar 1991 und Oktober 1991 entstanden waren. Auf der ersten Aufnahme hatte der kreisförmige Krater eine Fläche von 2,2 Quadratkilometern. Auf der Vergleichsaufnahme verdoppelte sich die Kraterfläche fast und maß 4 Quadratkilometer. Zudem war sein Umriss nicht länger kreisförmig, sondern unregelmäßig. Die Forscher deuteten die Veränderung so, dass sich im Krater zunächst ein Lavasee gebildet hatte, der dann ausgelaufen war und ein Lavafeld bildete.
Bereits frühere Untersuchungen der Venusoberfläche hatten ergeben, dass es auf der Venus Zehntausende vulkanische Strukturen gibt, doch vor wenigen Jahren ging man noch davon aus, dass der Vulkanismus auf der Venus erloschen sei. Grund für diese Annahme war, dass man davon ausging, dass die Venus tektonisch „tot“ sei, denn man fand keine Hinweise auf plattentektonische Prozesse. Auch das sehr schwache Magnetfeld der Venus sprach für diese These. Doch im Jahr 2015 wurden sieben Jahre alte Daten der Mission „Venus Express“ ausgewertet und man entdeckte thermische Anomalien mit Temperaturen von bis zu 830 Grad Celsius. Bereits damals vermutete man einen vulkanischen Ursprung der Thermalstrahlung.
Wie allerdings der Vulkanismus auf der Venus zustande kommt, ist ungeklärt. Zwar vermutet man, dass unser Nachbarplanet wie die Erde über einen Kern aus Nickel und Eisen verfügt, doch dieser dürfte weitaus kleiner als der irdische Erdkern sein. Dafür soll der Venusmantel mächtiger sein als der Erdmantel. Das Fehlen von plattentektonischen Prozessen legt aber nahe, dass es im Venusmantel keine Konvektion plastischen Gesteins gibt. Auch Prozesse, die zum partiellen Schmelzen von Mantelmaterial führen, sind ohne Plattentektonik schwer vorstellbar. Ob radioaktiver Zerfall und erhöhter Druck dazu ausreichen, ist ungewiss. So muss man die Schmelzentstehung auf der Venus neu denken, was vielleicht auch neue Erkenntnisse in Bezug auf irdische Schmelzentstehung mit sich bringen könnte.
Staat: USA | Lokation: 19.42, -155.29 | Aktivität: Fumarolisch
Schwarmbeben und Inflation am Kilauea
Vergangenen Monat hatte der hawaiianische Vulkan Kilauea seine sichtbare Lavasee-Tätigkeit im Hamema’uma’u-Krater so gut wie eingestellt, trotzdem brodelt im Untergrund weiterhin Magma. Davon zeugen schwache Erdbeben, deren Anzahl seit letzter Woche wieder deutlich zugenommen hat. Einen vorläufigen Höhepunkt erfuhr die Seismizität am 11. März, als an einem Tag 80 Erschütterungen unter dem Kilauea-Gipfelbereich registriert wurden. Bereits am 7. März hatte die Bodenhebung im Bereich der Caldera zugenommen und erreichte mit dem Erdbebenschwarm ihr Maximum. Erdbeben und Bodenhebung wurden durch aufsteigendes Magma verursacht und das HVO warnte davor, dass möglicherweise eine neue Eruption bevorsteht. Das Finale der Episode bildete dann aber keine Eruption, sondern ein Erdbeben Ml 3,4. Das Epizentrum wurde 4 km südwestlich von Volcano lokalisiert. Das Hypozentrum befand sich in nur 1 km Tiefe. Dieses Erdbeben wurde lokal gespürt und löste einen Felssturz in der Nähe von Uēaloha im Hawaii Volcanoes National Park aus. Die Seismizität nahm um ca. 12:00 Uhr HST ab. Aktuell werden um die 50 Erschütterungen am Tag registriert, was immer noch über dem normalen Niveau liegt.
Die Kurve der Bodenhebung nahm steil zu und stieg bis auf ein Plus von 20 cm an. Damit lag sie 10 cm über dem Niveau, das vor dem Eruptionsbeginn erreicht wurde. Augenblicklich ist die Bodendeformation aber wieder negativ und es sieht so aus, als würde ein Teil des aufgestiegenen Magmas wieder unterirdisch abfließen. Wohin ist ungewiss. Zuletzt hieß es beim HVO, dass im Ostrift keine ungewöhnliche Aktivität festgestellt wurde. Daher liegt die Vermutung nahe, dass das Magma einfach wieder in tiefere Stockwerke des Fördersystems absackte. Dennoch kann es in den nächsten Wochen zu einer neuerlichen Eruption kommen. Bevor es soweit ist, erwarte ich einen neuen Schwarm, bei dem es zahlreiche Beben mit Magnituden über 2 gibt, was bei dem Schwarm am Samstag nicht der Fall gewesen ist.
Erdbeben Mw 7,0 bei den neuseeländischen Kermadec-Inseln
Datum 16.03.23 | Zeit: 00:56:02 UTC | 30.13 S ; 176.22 W | Tiefe: 22 km | Mw 7,0
Ein starkes Erdbeben der Magnitude 7,0 erschütterte die neuseeländischen Kermadec-Inseln. Da das Hypozentrum in 22 km Tiefe lag, wurde kein Tsunami-Alarm gegeben. Das Epizentrum am Kermadec-Graben lag 972 km nord-nordöstlich von Hicks Bay auf Neuseeland. Nuku‘alofa auf Tonga liegt 1005 km nördlich. Das deutet darauf hin, dass der Kermadec-Graben in den Tonga-Graben übergeht und dass die Tektonik der Region von der Subduktion entlang des Kermadec-Tonga-Grabens bestimmt wird. Das Grabensystem bildet die kontinentale Nacht zwischen der australischen Platte im Westen und der Pazifikplatte im Osten.
Unterwasservulkan Havre in der Nähe des Epizentrums
Im Süden des Kermadec-Grabens liegt ein vulkanischer Inselbogen submariner Vulkane, der in die Vulkanzone der neuseeländischen Nordinsel mündet. Bekannt ist auch der Havre Seamount, der nur ca. 250 km westlich des Epizentrums liegt. Es ist gut möglich, dass sich der aktuelle Erdstoß auf das Verhalten des Havre Seamounts auswirken wird. Darüber hinaus gab es in der letzten Woche mehrere Erdbeben mit Magnituden zwischen 3 und 5 in direkter Nachbarschaft zum Vulkan.
Im Jahr 2012 ereignete sich eine große submarine Eruption am Havre Seamount, der bis zu diesem Zeitpunkt praktisch unbekannt war und dessen Gipfel in einer Wassertiefe von 1000 m liegt. Er befindet sich in der Nähe der L’Esperance und L’Havre Rocks, kleinen Felseninseln, die wahrscheinlich die Reste von Teilen des Vulkans sind, die einst über Wasser lagen und inzwischen erodierten. Die Eruption förderte große Mengen Bimssteine, die zur Wasseroberfläche aufstiegen und einen 400 Quadratkilometer großes Bimsfloß erzeugten. Die Bimssteine trieben mit der Zeit auseinander und bildeten nach drei Monaten einen Bimsteinteppich von der doppelten Größe Neuseelands. Dabei war der Bimsteppich bis zu 3,5 Meter mächtig. Spätere Studien ergaben, dass bei der Eruption 1,5 Kubikkilometer Lava gefördert wurden. Hätte sich die Eruption über der Wasserlinie zugetragen, wäre sie auf einen VEI 5 gekommen. Submarin wurde sie vom GVP mit VEI 1 eingestuft.
Weitere relevante Erdbeben-Meldungen:
Iran: Erdbeben Mb 5,1
Datum 16.03.23 | Zeit: 11:47:19 UTC | 38.44 N ; 45.22 E | Tiefe: 50 km | Mb 5,1
Im Nordwesten des Irans bebte die Erde mit einer Magnitude von 5,1. Das Epizentrum wurde 26 km östlich von Khowy lokalisiert. Der Erdbebenherd befand sich nach Angaben des EMSC in 50 km Tiefe.
Lang anhaltende Regenfälle und Schneeschmelze in den Höhenlagen führten zu starken Überflutungen im Südosten der Türkei. Zahlreiche Flüsse traten über die Ufer und lösten eine neue Naturkatastrophe aus, die die Erdbebenkatastrophe überlagert. Besonders hart traf es dabei die Menschen der Erdbebenregion, die in provisorischen Notunterkünften wie Zelten und Containern untergebracht sind. Durch Straßen in der Provinz Hatay schossen Flutwellen, die Autos mit sich rissen und Straßen und Brücken beschädigten. Eine vom Erdbeben vorgeschädigte Brücke stürzte ganz ein.
In der Stadt Iskenderun drang Wasser in Zelte ein. In der Provinz Adiyaman wurde ein Wohncontainer von den Fluten mitgerissen. Ein Mensch kam dabei ums Leben. 4 weitere Personen, die den Container bewohnten, gelten als vermisst. Insgesamt sind mindestens 9 weitere Personen Opfer der Hochwasserkatastrophe geworden. 10 Personen gelten als vermisst und könnten ebenfalls gestorben sein. Der Katastrophenschutz befürchtet, dass es eine große Dunkelziffer der Opfer gibt, da noch nicht alle Fälle gemeldet worden seien.
Der türkische Innenminister Süleyman Soylu rief die Anwohner der betroffenen Provinzen auf, zuhause zu bleiben oder in sichere Regionen zu flüchten. Ein Aufruf, der bestimmt vielen Menschen half!
Die starken Regenfälle sollen noch mindestens 2 Tage anhalten und werden die Lage weiter verschärfen. Die Wassermassen erschweren zudem die Aufräumarbeiten in der Erdbebenregion und bergen eine weitere Gefahr: Unter den Trümmern liegen noch unzählige verwesende Leichen. Das Wasser wird kontaminiert und es drohen Seuchen.
Zu starken Regenfällen ist es auch entlang der türkischen Mittelmeerküste während der kalten Jahreszeit schon immer gekommen, doch in den letzten Jahren häufen sich die Unwetter. Ein Grund hierfür ist der augenblicklich extrem mäandrierende Jetstream, der es kalten und feuchten Luftmassen aus dem Norden ermöglicht bis weit in den Süden vorzudringen. Es kommt zur berüchtigten Omega-Wetterlage, wobei die betroffene Region der Türkei nebst Vorderasien unter permanenten Tiefdruckeinfluss geraten ist. Deutschland befindet sich derzeit in der Grenzregion zwischen Tief- und Hochdruckgebiet und ist daher großen Temperaturschwankungen unterworfen.