Vulkan-News 22.02.23: Karangetang

Karangetang mit zahlreichen Abgängen

Der Vulkan Karangetang auf der indonesischen Insel Api Siau ist in den letzten Tagen sehr munter und produziert Abgänge glühender Schuttlawinen, die auf langzeitbelichteten Fotos beeindruckende Glutspuren hinterlassen. Zu diesen Abgängen kommt es, wenn der Lavadom im Krater des Vulkans über seinen Rand hinauswächst. Dabei können auch zähflüssige Lavaströme entstehen, die sich über die Vulkanflanken ergießen. Sporadisch kann es auch zu Explosionen kommen, die viel glühende Tephra ausstoßen und in dessen Folge ebenfalls glühende Schuttlawinen abgehen.

Die Seismizität ist dafür vergleichsweise unspektakulär und geringer als im Vorfeld des erhöhten Domwachstums. Ein Anzeichen dafür, dass die Aufstiegswege des Magmas frei sind. Stutzig macht es, dass die Seismometer keine Schuttlawinenabgänge zu registrieren scheinen, obwohl diese auf Fotos dokumentiert werden. Vor 14 Tagen sah das noch anders aus, da wurden zu Spitzenzeiten bis zu 50 Abgänge am Tag registriert. Ich vermute daher, dass die entsprechenden Messstationen offline sind.

Auf jeden Fall enthüllt ein aktuelles Sentinel-Satellitenfoto ausgeprägte thermische Anomalien auf der Westflanke des Vulkans. Diese gehen vom Südkrater aus und können von den glühenden Schuttlawinen oder/ und Lavaströmen stammen. Die Süd- und Ostflanken waren zum Zeitpunkt der Aufnahme wolkenverhüllt. Zudem sieht man eine kleinere Anomalie im Nordkrater. Dieser wird überwiegend strombolianisch aktiv sein. Denkbar ist auch die Genese eines kleineren Lavadoms. Gestern wurde von MIROVA eine hohe Thermalstrahlung mit 151 MW Leistung detektiert. Heute bringt sie es gerade einmal auf 20 MW, was aber wahrscheinlich der Bewölkung geschuldet sein wird.

Alles in Allem sieht es so aus, als wäre die überwiegend effusive Eruption am Karangetang stabiler und nicht nur ein kurzes Strohfeuer. Entsprechend hoch ist das Gefahrenpotenzial einzuschätzen. Neben Lavaströmen und Schuttlawinen- die bereits bis zur Vegetationsgrenze vorgedrungen sind- besteht die Gefahr, dass pyroklastische Ströme entstehen könnten, die bewohntes Gebiet erreichen.

Weitere Meldungen findet ihr wieder in der Seitenleiste rechts.

Vulkan Askja am 22. Februar 2023

Staat: Island | Koordinaten: 65.03, -16.75 | Aktivität: Fumarolisch

Temperaturmessungen im Calderasee der Askja ergebnislos

In der letzten Woche berichtete ich darüber, dass isländische Forscher Thermometer in den Öskjuvatn warfen, um der Eisschmelze auf die Spur zu kommen, die uns seit fast 2 Wochen beschäftigt. Wir erinnern uns: Am 10. Februar tauchten Meldungen auf, dass das Eis auf dem Calderasee der Askja zu schmelzen anfing. Damals wurde schon ein vergleichsweise großes Loch in der Eisschicht gefunden, die normalerweise erst im Juni verschwunden ist. Als Grund für die frühe Eisschmelze vermutet man, dass es einen erhöhten Wärmefluss vom Grund des Sees gibt, der durch aufsteigendes Magma verursacht wird. Somit könnte der Vulkan kurz vor einem Ausbruch stehen. Man befürchtet sogar einen großen Ausbruch, denn seit September 2021 schwoll der Boden um bis zu 50 cm an. Gestern nun die Meldung, dass der zuständige Geowissenschaftler Ármann Höskuldsson per Heli zur Askja flog, um die Thermometer zu bergen. Diese hatte man letzte Woche von einem Flugzeug aus abgeworfen. Leider war keines der schwimmenden Thermometer auffindbar. Ármann vermutet, dass sie unter die verbliebende Eisschicht im Osten des Sees geraten sind. Jetzt plant der Geowissenschaftler, neue Thermometer mit GPS-Sendern auszustatten, damit sie sich orten und wiederfinden lassen. Als Laie fragt man sich schon irgendwie, ob es nicht ein wenig optimistisch war, Thermometer in einen 4,5 km durchmessenden See zu werfen und zu hoffen, sie am Ufer wieder auflesen zu können. Genauso, wie die Frage gestattet sein mag, warum man denn dann nicht wenigstens vor Ort ein paar Messungen durchführte und Wasserproben sammelte, wenn man sowieso die Thermometer wieder einsammeln musste und sie ihre Daten nicht automatisch übertrugen? Ich habe so das Gefühl, dass man es nicht ganz so ernst mit der Erforschung des Phänomens nimmt.

In einem neuen Mbl-Interview mit Ármann Höskuldsson stellt der Wissenschaftler klar, dass er es für unwahrscheinlich hält, dass ein meteorologisches Phänomen für die frühe Eisschmelze verantwortlich ist. Nach dieser Theorie sollen starke Winde für eine vertikale Durchmischung des Seewassers verantwortlich sein: während des Winters sind tiefere Wasserschichten immer wärmer als flachere und wenn das wärmere Wasser an die Oberfläche steigt, könnte es das Eis zum Schmelzen bringen. Aus meiner Sicht hat diese Theorie einen entscheidenden Pferdefuß, denn der See war zuvor komplett zugefroren. Wie soll dann der Wind angreifen und das Wasser vertikal durchmischen? Dazu wäre wohl eine vertikale Strömung infolge von Upwelling nötig. Am wahrscheinlichsten kommt diese durch Wärmefluss aus dem Untergrund zustande oder indem direkt Fluide am Seegrund austreten. Diese sollten den Chemismus des Seewassers ändern. Hilfreich wäre da schon eine simple Messreihe des pH-Wertes des Seewassers.

Im Bereich Askja-Herdubreid gab es einige weitere schwache Erdbeben. Langsam scheint die seismische Aktivität zu steigen, doch sie liegt immer noch weit hinter dem, was man erwarten würde, wenn es zu einem finalen Magmenaufstieg kommt. Dieser lässt wohl noch auf sich warten. Aber die Aufstiegswege bis in ca. 3 km Tiefe könnten weitestgehend frei sein, so dass sich die Schmelze auch weiterhin ansammeln und im Untergrund über bereits offene Wege verteilen kann. Für mich sieht es so aus, als würde das Magma von der Askja in Richtung Herdubreid abfließen und sich 5-6 km südwestlich des Tafelvulkans im Untergrund ansammeln. Grund für meine Vermutung ist, dass sich dort aktuell die meisten schwachen Erdbeben im Askja-Herdubreid-System ereignen.