Studie schreibt Rolle des magmatischen Kohlendioxids neu

Studie will Kohlendioxid als treibende Kraft des Aufstiegs basaltischer Magmen identifiziert haben

Eine kürzlich veröffentlichte Studie könnte möglicherweise einen Paradigmenwechsel in der Vulkanologie einleiten: Bisher gingen Vulkanforscher davon aus, dass Wasserdampf eine wesentliche Rolle beim Aufstieg von Magma spiele und Kohlendioxid lediglich ein Begleitgas sei. Doch nun hat ein Team von Forschern der amerikanischen Cornell-Universität herausgefunden, dass Kohlendioxid eine bedeutendere Rolle spielt als bisher angenommen. Wasser und Kohlendioxid existieren im Erdmantel in Form von Flüssigphasen und können je nach Druck- und Temperaturbedingungen verschiedene Aggregatzustände annehmen. Sie beeinflussen die Dichte und Fließeigenschaften der Schmelze und wirken sich auf den Druck innerhalb eines Magmakörpers aus, was letztlich den Aufstieg und das eruptive Verhalten des Magmas beeinflusst.

Bisher wurde Kohlendioxid zwar als eine Komponente betrachtet, die dazu beiträgt festzustellen, ob eine Schmelze in die Erdkruste eindringt und aufsteigt. Oft bleibt ein Magmakörper in der Erdkruste stecken und differenziert, bevor es zum endgültigen Aufstieg des Magmas und zum Vulkanausbruch kommt. Im Magmakörper finden chemische und physikalische Prozesse statt, bei denen Kristalle und Flüssigphasen entstehen. Irgendwann steigt der Gasdruck im Magmakörper so stark an, dass die Schmelze aufsteigt und ausbricht. Allerdings bildet sich nicht bei jedem Vulkanausbruch Monate oder Jahre vorher ein Magmakörper in der Erdkruste. Besonders bei Vulkanen, die basaltisches Magma ausstoßen und nicht an Kontinentalrändern liegen, wurde in den letzten Jahren beobachtet, dass die Schmelze direkt aus dem Erdmantel aufzusteigen scheint. Bei einigen dieser Eruptionen trat zuerst eine magmatische Ganggesteinsintrusion auf, die in den ersten Tagen des Ausbruchs leer lief. Das anschließend aufsteigende Magma stammte aus Tiefen von mehr als 20 km und schien direkt ohne Unterbrechung in der Erdkruste aufzusteigen. Dies wurde bei der ersten Eruption am isländischen Fagradalsfjall, auf La Palma und Hawaii sowie am Pico do Fogo auf den Kapverdischen Inseln beobachtet.

Die Forscher um den Studienleiter Esteban Gazel untersuchten Proben dieses Vulkanausbruchs, bei dem im Jahr 2014 eine ganze Ortschaft dem Erdboden gleichgemacht wurde. Sie verwendeten eine neu entwickelte Methode zur Quantifizierung winziger Flüssigkeitseinschlüsse in Kristallen. Diese Methode basiert auf einer Weiterentwicklung der Raman-Spektroskopie und nutzt eine Laser-Mikrosonde. Gazel vergleicht die untersuchten Fluideinschlüsse mit Zeitkapseln, die Aufschluss über die Entstehungsgeschichte des zugrunde liegenden Magmas geben können. Es stellte sich heraus, dass die Fluideinschlüsse deutlich mehr Kohlendioxid als Wasser enthielten. Daraus schließen die Forscher, dass eben dieses Kohlendioxid eine entscheidende Rolle in den eruptiven Prozessen gespielt hat.

In Zukunft könnte Kohlendioxid also eine größere Rolle bei der Vorhersage von Vulkanausbrüchen spielen. Dies gilt insbesondere für basaltische Intraplattenvulkane, die oft über sogenannten Hotspots liegen. Übrigens zählen auch die Vulkane der Eifel zu diesen Vulkanen. Besonders am Laacher-See-Vulkan tritt vulkanisches Kohlendioxid aus. Die neue Studie könnte somit eine Grundlage dafür liefern, den Vulkanismus in der Eifel neu zu bewerten.

Vulkan-News 13.08.23: Stromboli

Staat: Italien | Koordinaten: 38.79; 15.21 | Aktivität: Lavastrom

Stromboli mit weiteren Lavaüberlauf und morphologischen Änderungen

Am Stromboli kam es gestern wieder zur Bildung eines Lavastroms, der aus einem Schlot im nordöstlichen Kratersektor überlief. Wie bei den vorhergegangenen Episoden, gab es im Vorfeld der Aktivitätssteigerung keine nennenswerte Änderungen der geophysikalischen Parameter, mit Ausnahme eines Anstiegs der Tremoramplitude. Die zugehörige Grafik beschreibt einen entsprechenden Peak bis in den unteren roten Bereich. Dabei erreichte sie nicht den Wert der vorangegangenen Episode, die von einer stärkeren explosiven Eruption begleitet wurde. Fotos dokumentieren, dass die aktuelle Episode aber ebenfalls von einer lebhaften strombolianischen Aktivität nebst Lavaspattering begleitet wurde. Die Aktivität steigerte sich bereits in den Morgenstunden. Bis zum Mittag war der Lavastrom erst 100 m lang. Von seiner Front gingen Schuttlawinen ab.

Vulkanbeobachter Wolfgang meldete in unserer Vulkangruppe auf FB, dass es am Krater morphologische Veränderungen gegeben hat. Im Zuge der Initialphase der Lavastromtätigkeit ist wohl ein kleines Segment der Kraterwand abgerutscht.

Situation auf Vulcano

Während die Seismizität am Stromboli gering ist, manifestierten sich einige Erdbeben in anderen Regionen des Liparischen Archipels. In der letzten Woche ereigneten sich 3 Erdbeben zwischen den Inseln Alicudi und Filicudi. Zwei schwache Erschütterungen gab es im Bereich von Vulcano. Die allgemeine vulkanische Situation dort hat sich in den letzten Wochen nur leicht entspannt. Die Fumarolen-Temperaturen am Kraterrand haben sich auf relativ hohe Werte stabilisiert und liegen zwischen 336 und 348 °C. Der Kohlendioxidausstoß lag am Kraterrand bei moderaten 3400 g pro Quadratmeter und Tag. An den meisten Messstationen im Ort hat die Gaskonzentration normale Werte angenommen, mit Ausnahme der Messstation P4, wo weiterhin hohe Kohlendioxid-Konzentrationen nachgewiesen werden. Vor Ort sieht man die Situation inzwischen relativ entspannt und befürchtet wohl keinen mittelbar bevorstehenden Vulkanausbruch mehr.

Gefahreneinschätzung am Stromboli

Während Urlauber auf den Liparischen Inseln ihre Ferien unbesorgt genießen können- sieht man einmal von der latenten Unwettergefahr infolge der hohen Wassertemperaturen des Mittelmeeres ab- muss man am Stromboli eine gewisse Vorsicht walten lassen. Die Erfahrung zeigt, dass es in Phasen mit Lavaspattering und Lavaüberläufen plötzlich und unvermittelt zu Kollapsereignissen am Krater kommen kann, bei denen pyroklastische Ströme entstehen können. Selbst wenn dies für gewöhnlich entlang der Sciara del Fuoco gleiten, stellen sie eine Gefahr für Bootsfahrer vor der Ostküste der Insel da. Auch Vulkanwanderer, die an einem der Aussichtspunkte unterwegs sind, können plötzlich in einer dichten Aschewolke stehen. Von daher empfehle ich jedem, wenigstens eine vernünftige Staubmaske griffbereit zu haben. Am besten so ein Modell aus Neopren mit Aktivkohle-Pad.

Erdbeben Mb 5,0 bei Kreta – News vom 13.08.23

Moderates Erdbeben erschüttert griechische Insel Kreta

Datum 13.08.23 | Zeit: 07:49:32 UTC |  35.247 ; 23.878 | Tiefe: 10 km | Mb 5,0

Update: Das Beben wurde auf Mb 4,6 herabgestuft. Trotzdem war es stark genug um einen Steinschlag auszulösen, der einen Touristen schwer verletzte.

Originalmeldung: Die griechische Ferieninsel Kreta wurde heute Morgen von einem moderaten Erdbeben der Magnitude 5,0 erschüttert. Das Hypozentrum wurde vom EMSC in 10 km Tiefe verortet. Diese Tiefe wird gerne angegeben, wenn zwar fest steht, dass sich das Erdbeben in flachen Bereichen der Erdkruste zutrug, aber die genaue Tiefe (noch) nicht ermittelt werden konnte. Das Epizentrum lag wenige Kilometer von der Südwestküste und wurde 18 km ost-nordöstlich von Palaióchora verortet. Die Inselhauptstadt Heraklion liegt 115 km vom Epizentrum entfernt. Mit Nachbeben muss gerechnet werden.

Erdbeben dieser Magnitude und Lage können von den Anwohnern in einem größeren Umkreis deutlich gespürt werden. An betagter Bausubstanz oder an vorgeschädigten Gebäuden können leichte bis moderate Schäden entstehen. Da sich der Erdstoß erst vor wenigen Minuten ereignete -bei der UTC muss man bei uns +2 Stunden rechnen- liegen noch keine Berichte aus Kreta vor. Auch die Daten zum Erdstoß könnten noch korrigiert werden. So zeigt das GFZ eine Magnitude von 4,9 an. Sollten sich Schäden ereignet haben, gibt es hier ein Update.

Tektonische Situation bei Kreta

Kreta liegt hinter der Subduktionszone, die die Plattengrenze zwischen den Kontinenten Eurasien und Afrika bildet, wobei die kleinere Ägäische Platte, auf der Kreta liegt, dem Eurasischen Kontinent vorgelagert ist. Die Ägäische Platte ist zwischen den beiden großen Kontinentalplatten wie ein Werkstück in einem Schraubstock eingespannt und gerät dabei mächtig unter Spannungen. Interessanterweise wird die Afrikanische Platte unter die Ägäische Platte subduziert. Die Relativbewegung der beiden Platten zueinander beträgt ca. 50 mm pro Jahr. Die Subduktionszone manifestiert sich im Hellenischen Graben, der bis zu 5000 m tief ist. Zwischen dem Graben und dem Afrikanischen Kontinent liegt noch der Akkretionskeil des Mediterranen Rückens, an dem es zahlreiche Störungszonen unterschiedlichen Charakters gibt. Sie werden je nach Autor auf den Karten unterschiedlich eingezeichnet, sodass ich davon ausgehen, dass die tektonische Situation der unzugänglichen Stelle am Meeresboden so komplex ist, dass sie in ihrer Gänze noch nicht erforscht bzw. verstanden worden ist. Ich selbst habe während meines Studiums an der Südküste Kretas kartiert und bin dort auf Gesteinen gestoßen, die aus der Asthenosphäre stammten und von den komplexen Störungssystemen zeugten. Wie auch immer, das aktuelle Erdbeben stand im Zusammenhang mit den Erdkrustenbewegungen entlang des Hellenischen Bogens.