Island: Daten neuer GPS Stationen online

Neue Daten wurden der Öffentlichkeit zugänglich gemacht – Lokal weiter hohe Bodenhebungsraten

Auf Island hört man offenbar auf Kritik, denn heute wurde die Website mit den öffentlich zugänglichen GPS-Daten überarbeitet. Die Werte wurden nicht nur durch neue Skalierungen ergänzt, sondern auch durch das Hinzufügen der Datensätze mehrerer neuer GPS-Messstationen. Sie liefern jetzt ein deutlich detaillierteres Bild der Bodenhebung. Zu sehen ist, dass sich die Bodenhebung bei Svartsengi abschwächte, aber auch, dass sie im Bereich zwischen Hagafell und Sýlingarfell weiterhin hoch ist. Dort befindet sich das Areal, an dem die Wissenschaftler das Ausbruchsrisiko besonders groß einschätzen.

Der emeritierte Professor Haraldur Sigurðsson forderte noch vor ein paar Tagen, dass man die Daten der Öffentlichkeit zugänglich machen sollte.

Andere Wissenschaftler vertreten in den Medien die Meinung, dass man über die Reaktionen auf die Bildung des magmatischen Gangs diskutieren und die Situation neu bewerten müsse. Aus jedem neuen Szenario würde man lernen. Gemeint ist damit die Frage, ob die Evakuierung von Grindavik gerechtfertigt war, was sie meiner Meinung nach war. Geoforscher Freysteinn Sigmundsson meinte, dass man in der Fachwelt über die Geschwindigkeit erstaunt war, mit der sich der magmatische Gang bildete. Er geht davon aus, dass sich in den Jahrhunderten der Ruhe auf Reykjanes große tektonische Zugspannungen aufbauten, die ihren Teil zu der rasanten Entwicklung des Rifts beitrugen. Wie ich bereits früher anmerkte, muss man sich die Frage stellen, ob das Magma nicht nur der Auslöser eines Ereignisses war, das sich später auch ohne sein Zutun ereignet hätte.

Klar ist, dass auch Wissenschaft und Erfahrung Fehleinschätzungen nicht vermeiden können. Letztendlich weiß niemand genau, was unter unseren Füßen vorgeht und wann Magma bereit ist zu eruptieren. Ich persönlich war davon überzeugt, dass ein Ausbruch unmittelbar bevorsteht. Hieraus ist inzwischen eine Mittelbar geworden. Geologische Ereignisse haben ihre eigene Zeitskala.

Kilauea mit hoher Seismizität am 25.11.23

Erdbebentätigkeit am Kilauea hat wieder angezogen

Seit gestern bebt auf Hawaii die Erde wieder besonders oft. Das HVO registrierte am Kilauea mehr als 220 Erdbeben. Viele davon manifestierten sich entlang des oberen Südwestrifts, aber auch das Südostrift war betroffen gewesen. Diese Beben lagen alle in geringen Tiefen und deuten auf Bewegungen magmatischer Fluide hin. Insbesondere trifft dies zu, da auch eine hohe Inflation registriert wird. Insgesamt herrscht im Gipfelbereich des Kīlaueas ein hohes Inflationsniveau, das über dem Niveau vor dem jüngsten Ausbruch im September 2023 liegt und den höchsten Stand seit der Leilani-Eruption in 2018 aufweist. Bei den effusiven Eruptionen, die wir in den letzten Jahren im Halema’uma’u-Krater bewundern durften, akkumulierte sich das Magma vor der Eruption häufig nordwestlich oder südlich des Kraters, reichte aber nicht so weit das Südwestrift hinunter, wie es jetzt der Fall ist. Daher kann man nicht mit Bestimmtheit sagen, dass sich die kommende Eruption nicht außerhalb des Kraters ereignen wird.

Nachdem es im Sommer zu einem Rückgang der Seismizität im Küstenbereich von Pahala kam, zieht die Tätigkeit dort seit einigen Tagen wieder an. Es steigt also mehr Schmelze vom Mantelplume unter Hawaii auf und speist die tief gelegenen Speichersysteme der beiden Vulkane Kilauea und Mauna Loa.

Am Mauna Loa gibt es auch noch eine leichte Bodenhebung, doch seit meinen letzten Berichten im Frühjahr hat sie deutlich nachgelassen. Von meiner Seite aus gab es lange kein Update zum Mauna Loa, weil die Messwerte zur Bodendeformation offline waren. Nun sind sie seit einigen Wochen aber wieder online und man sieht im Graf deutlich, dass sich die Kurve abgeflacht hat. Mit der aktuellen Verstärkung der Bebentätigkeit unter Pahala könnte sich dieser Umstand aber bald ändern und wieder eine höhere Inflation nebst Bodenhebung einsetzten. Von einem neuen Ausbruch scheinen wir aber weit entfernt zu sein.

Erta Alé mit Wärmestrahlung

Wo wir gerade bei Schildvulkanen sind: Ein weiterer Vertreter dieses Vulkantyps liegt in der äthiopischen Wüste Danakil. Hier wurde nachts eine hohe Wärmestrahlung mit 102 MW Leistung detektiert. Sie könnte von verstärkter effusiver Aktivität aus einem der drei tätigen Hornitos stammen. Auf einen neuen Lavasee dürfte man dort erst einmal vergeblich hoffen, einfach weil es keinen Krater mehr gibt. Neue Drohnenaufnahmen bestätigen, was schon länger vermutet wurde: Die Lavastromeruptionen der letzten Monate füllten den Krater komplett auf.

Island: Atempause für Grindavik

Nur wenige Erdbeben am Dyke – Experten entwickeln Notfallpläne für Kampf gegen Lava

Heute Nacht wurden seit Mitternacht nur 90 Erdbeben entlang des Dykes bei Grindavik detektiert. Ihre Anzahl hat weiter abgenommen. Rückläufig ist auch die Bodenhebung bei Svartsengi, die ungefähr auf die Werte zurückgekehrt ist, wie wir sie vor dem 10. November sahen. Ob es ein langfristiger Trend ist oder nur eine kurze Verschnaufpause, werden die nächsten GPS-Messugnen zeigen.

IMO-Wissenschaftlerin Kristín Jónsdóttir meinte in einem Interview mit isländischen Medien, dass die Geowissenschaftler von der Schnelle der Entwicklung des magmatischen Gangs überrascht worden seien. Vielfach wird die Situation mit den Vorgängen am Vulkan Krafla verglichen, der zwischen 1975 und 1984 aktiv war. Allerdings verhält sich jeder Vulkan zumindest in Details anders, so dass man Erfahrungen von dem einen Vulkan nicht 1:1 auf den anderen übertragen kann. Die 1970iger Jahre stehen bei den Isländern gerade hoch im Kurs, denn neben den Krafla-Bränden gab es in dieser Dekade noch einen anderen bemerkenswerten Vulkanausbruch auf Island: 1974 brach auf der Westmännerinsel der Vulkan Eldfjall aus. Er befindet sich auf der Insel Heimaey und bildete sich direkt hinter dem gleichnamigen Fischerort. Lava strömte in die Stadt, schnitt eine Schneise durch sie und drohte die schmale Hafeneinfahrt zu verschütten. Damals nahm man den Kampf gegen die Gesteinsschmelze auf, baute Erdwälle und pumpte große Mengen Meerwasser auf die Lavaströme, um sie abzukühlen. Tatsächlich gelang es zu verhindern, dass die Hafeneinfahrt komplett blockiert wurde. Gestern besichtigten Experten der EU Grindavik, um zu prüfen, ob man im Falle einer Eruption hier ähnlich wie auf Heimaey vorgehen könne.

Wasser spielt auch eine Rolle bei dem Erdbebenschwarm, der sich gestern beim Geothermalkraftwerk Hellisheiði im Osten der Reykjanes-Halbinsel ereignete. Wie oben genannte IMO-Wissenschaftlerin meinte, würden die Beben dort nicht natürlichen Ursprungs sein, sondern durch eine Wasserinjektion in den Untergrund hervorgerufen werden. Offenbar pumpt man große Mengen Wasser in die Bohrlöcher am Kraftwerk, um Erdwärme zu gewinnen. Das löste gestern Abend sogar noch ein Erdbeben M 3,4 aus.