Island: Verstärkung der Bodenhebung am 30.11.23

Verstärkte Seismizität und Bodenhebung bei Svartsengi

Letzte Nacht ereigneten sich 250 schwache Erdstöße entlang des magmatischen Gangs. Am Vortag manifestierten sich im Tagesverlauf 360 Beben. Nachts registrierte man 180 Erschütterungen, also hat die Seismizität wieder zugenommen.

Gestern Abend veröffentlichte IMO ein Statement zu den Geschehnissen, und im Wesentlichen wurde bestätigt, was ich zuvor geschrieben hatte. Die Bodenhebung betrug gestern weniger als 1 cm innerhalb von 24 Stunden. Seitdem steigerte sie sich im Bereich von Svartsengi und bei Sýlingarfell wieder. Die letzte Messung von heute Abend zeigt eine Hebungsrate von gut 1,5 cm am Tag. Nach wie vor wird eine Eruption für möglich gehalten. Allerdings betont man auf der Website von IMO nicht mehr eine hohe Wahrscheinlichkeit für eine Eruption. Aber hat die Ausbruchswahrscheinlichkeit tatsächlich deutlich abgenommen, oder steigt sie nicht weiter an, je mehr Magma in das oberflächennahe System strömt?

Ich persönlich habe so mein Problem damit, mir vorzustellen, dass der Sill unter Svartsengi im Zuge der Riftbildung am 10. November komplett leer gelaufen sein soll und dass die Schmelze das Rift gefüllt hat. Zwar ist es richtig, dass das Areal bei Svartsengi während der Riftbildung abgesackt ist, aber war daran tatsächlich ein seitliches Abfließen der Schmelze schuld, oder eher der Umstand, dass sich das Areal durch den tektonischen Effekt der Riftbildung absenkte? Was mich stutzig macht, ist, dass sich das Areal deutlich bis unterhalb der Nulllinie absenkte, von der aus überhaupt erst einmal die Bodenhebung infolge der Magmeninflation anfing. Wie kann die Absenkung des Bodens 3 Mal höher sein als die vorherige Anhebung ohne einen tektonischen Prozess dahinter? Seit dem 10. November hob sich der Boden um gut 23 cm und dürfte bei gleichbleibender Hebungsgeschwindigkeit am Wochenende wieder die Nulllinie erreichen. Geht man davon aus, dass das vorherrschende Denkmodell richtig ist, und Schmelze, die unter Svartsengi aufsteigt, dann in Richtung Osten in den Dyke fließt und bei Sýlingarfell den Boden ebenfalls um mehr als 1 cm am Tag anhebt, müssen immer noch enorme Mengen Magma aufsteigen. Sollte die Schmelze aus dem Sill gar nicht in den Dyke geflossen sein, sondern sich immer noch unter Svartsengi befinden, sitzt man dort auf einer gewaltigen Magmablase, die irgendwann platzt.

Anak Krakatau: Angst vor weiterer Aktivitätssteigerung

Angst vor Aktivitätssteigerung – Katastrophenalarm gegeben

Der Anak Krakatau durchlebte am 27. und 28. November eine Phase deutlich gesteigerter Aktivität, als es pro Tag ca. 50 Explosionen gab. Vulkanasche stieg dabei bis zu 2000 m über Kraterhöhe auf. Gestern gab es deutlich weniger Explosionen, dennoch wurde laut einem Medienbericht Katastrophenalarm gegeben, da man sich besonders entlang den Küsten am Sunda Strait vor einer Wiederholung der Ereignisse von 2018 fürchtet. Damals kam es zu einem Flankenkollaps des Vulkans und ein kleiner Tsunami brandete gegen die Küsten. Dabei starben 116 Menschen, vor allem an der Küste der Provinz Lampung auf Sumatra. Einige Wochen vor dem Kollaps war Anak Krakatau ebenfalls sehr aktiv und es kam sogar zu Paroxysmen. Da die Aktivität der letzten Tage an die Eruptionen vor dem Flankenkollaps erinnerte, ist es verständlich, dass man vor Ort beunruhigt ist. Besonders, da man bei besonders starken Explosionen das dabei entstehende Grummeln auch an der Küste Sumatras hören kann. In einem Zeitungsbericht der Lokalpresse ist zu lesen, dass einige Anwohner der Küstenregion nervös werden und anfangen, an der Küste entlang zu patrouillieren, damit sie im Falle eines Tsunamis andere Menschen rechtzeitig warnen können und natürlich auch selbst rechtzeitig flüchten können.

Die Aktivitätssteigerung kündigte sich durch eine Vielzahl an vulkanisch bedingten Erdbeben an. Deren Zahl begann bereits im September deutlich zu steigen und erlebte Ende Oktober eine Hochphase. Vor allem wurden Hybriderdbeben und niedrigfrequente Erschütterungen registriert, die mit unterirdischen Magmenbewegungen in Verbindung standen. Es gab aber auch vulkanotektonische Erschütterungen, die durch Gesteinsbruch infolge von Magmenaufstieg verursacht wurden und werden. Dazu gesellten sich seit Beginn der Eruptionen intensive Phasen mit harmonischen Tremor.

Laut Hendra Gunawan, dem Leiter des Zentrums für Vulkanologie und geologische Katastrophenvorsorge (PVMBG) der Geologischen Agentur Indonesiens, gibt es Anzeichen dafür, dass im Krater des Vulkans ein Lavadom wächst, was besonders beunruhigt. In der Tat bildete sich bereits vor 2 Jahren eine entsprechende Struktur im Krater. Aktuelle Aufnahmen zeigen, dass die Explosionen aus dem Zentrum des Doms kommen. Der Vulkan befindet sich auf Warnstufe „Orange“.

Heute zeigt sich Anak Krakatau ruhiger als in den beiden vorangegangenen Tagen und erzeugt sporadische Eruptionen, wie sie in den letzten Jahren öfter in Phasen vorkamen. Weitere Entwicklung ungewiss.

Ätna: Strombolianische Tätigkeit hält auch am 30.11.23 an

Staat: Italien | Koordinaten: 37.73, 15.00 | Aktivität: Strombolianisch

Strombolianische Tätigkeit am Ätna geht weiter – Tremor oszilliert

Seit nun einer Woche hält die strombolianische Tätigkeit am Ätna auf vergleichsweise hohem Niveau an. Das Besondere an dieser Aktivität ist, dass der Tremor im Stundentakt oszilliert und zwischen moderaten und hohen Amplituden schwankt. Dabei fällt und steigt die explosive Tätigkeit. Auf den Höhepunkten der Phasen wird neben glühender Tephra auch etwas Vulkanasche ausgeworfen. Wie das INGV heute Morgen mitteilte, weht der Wind die Asche in Richtung Osten. Zum größten Teil geht sie aber in Kraternähe nieder.
Bereits bevor die Tätigkeit mit dem oszillierenden Tremor einsetzte, gab es sporadische strombolianische Eruptionen. Eine drei Tage dauernde ähnliche Tätigkeit sahen wir bereits nach dem Paroxysmus vom 12. November. Zu nächst hatte ich die strombolianischen Eruptionen für das Vorspiel des nächsten Paroxysmus gehalten, doch mittlerweile bin ich mir nicht mehr so sicher, ob es sich nicht doch um eine neue strombolianische Tätigkeitsphase unabhängig von paroxysmalen Eruptionen handelt. Solche rein strombolianischen Phasen gab es am Südostkrater in den 1900er-Jahren, als sich der ursprüngliche Südostkrater aufbaute. Damals konnte man ihn noch mit einer Schüssel vergleichen: Es handelte sich um einen recht großen Krater mit niedrigen Flanken. Durch die strombolianische Tätigkeit baute sich ein Intrakraterkegel auf. Die Aktivität hielt Monate an und ließ den Kegel langsam wachsen, bis dann doch Paroxysmen einsetzten, die für einen enormen Wachstumsschub des Kraters sorgten.

Tatsächlich erkennt man auf den fantastischen Fotos, die lokale Fotografen in den letzten Tagen fertigten, dass sich um den am meisten aktiven Schlot ein kleiner Kegel zu formen beginnt. Ein beeindruckendes Naturschauspiel gerade jetzt zum Vollmond.

Es ist praktisch unmöglich, wissenschaftlich fundierte Prognosen zum weiteren Verlauf des Geschehens abzugeben. Wie immer gibt es mehrere Szenarien, wie es weitergehen könnte. Paroxysmen sind weiter möglich. Prinzipiell können sie am Ätna immer ohne große Vorwarnung beginnen, besonders wenn der Vulkan strombolianisch aktiv ist.