Island: Magma in 400 m Tiefe vermutet

Erdbebentätigkeit bleibt stabil – Magma soll weiter aufsteigen

Aus dem isländischen Erdbebengebiet gibt es eine gute und eine schlechte Nachricht. Die gute Nachricht lautet, dass sich die Magmenbewegungen im Dyke entschleunigt haben. An den Enden des Magmaschlauchs soll die Bewegung der Schmelze sogar fast ganz aufgehört haben. Ein Indiz dafür, dass sich das Magma abkühlt. Die schlechte Nachricht ist, dass weiterhin Magma aufsteigt, und zwar sowohl aus der Tiefe bis in den Dyke als auch vom Dyke weiter Richtung Oberfläche.

Neuen Analysen zufolge soll sich das Magma heute Morgen in gut 400 m Tiefe befunden haben und langsam weiter aufsteigen. Die Aktivität konzentriert sich auf einen Bereich bei der vulkanischen Erhebung Hagafell, die gut 3 km nördlich von Grindavik liegt und sich damit fast auf Augenhöhe mit dem bekannteren Thorbjörn befindet. Daher halten Experten nun diesen Bereich für einen möglichen Eruptionsort. Völlig offen ist noch, wie groß eine vermeidliche Spalte letztendlich wird. Doch auch hier zeigen sich einige Wissenschaftler vorsichtig optimistisch und nehmen ihre Prognosen für ein wahrscheinliches Worst-Case-Scenario ein Stück weit zurück. So sagte Freysteinn Sigmundsson, ein Geowissenschaftler der Uni Reykjavik, dass er nun etwa mit einer Eruption in der Größenordnung der ersten Fagradalsfjall-Eruption rechnet. Grund für die Herabstufung seiner persönlichen Einschätzung des Eruptionsrisikos sei die deutlich verringerte Magmenbewegung innerhalb des Dykes.

Den Bewohnern von Grindavik, die in den letzten beiden Tagen noch nicht zu ihren Wohnungen zurückkehren konnten, wurde heute ein Besuch des Ortes gestattet, damit sie ihre beweglichen Güter bergen könnten. Offenbar waren die Schwefeldioxid-Konzentrationen in der Nacht wieder zurückgegangen, nachdem sie gestern Mittag deutlich angestiegen waren. Interessant ist vielleicht auch, dass hier neue Messtationen eingerichtet wurden, die die Gaskonzentration großräumiger erfassten, als es kleine Handgeräte machen. Die Konzentration des Gases in der Luft ist nicht nur von seiner Emissionsrate abhängig, sondern natürlich auch vom Wind und Regen, die das Gas verteilen bzw. auswaschen können.

Island: Seismizität am 15.11.23 leicht rückläufig

Seismizität hat leicht abgenommen – Ausbruchsgefahr bleibt bestehen

Zwischen Mitternacht und heute Morgen um 8 Uhr ereigneten sich gut 600 schwache Erdbeben im Bereich des magmatischen Gangs auf der isländischen Reykjanes-Halbinsel. Das sind immer noch sehr viele Erdbeben, aber etwas weniger als wir in den vergangenen Tagen gesehen haben. Die stärksten Erdbeben hatten Magnituden im 2er-Bereich, sodass die freigesetzte Gesamtenergie geringer ist als in den vergangenen Tagen. Nichtsdestotrotz akkumuliert sich weiter Magma im Gang, was sich auch in weiteren Bodendeformationen widerspiegelt, wobei es ein recht inhomogenes Bild gibt: Während in Grindavik der Boden weiter absackt, hebt er sich bei Svartsengi und im Süden des Fagradalsfjall an. An den meisten Stationen wird eine anhaltende horizontale Bodenverschiebung um mehrere Millimeter pro Tag registriert.

Nachdem gestern Nachmittag Grindavik aufgrund erhöhter Schwefeldioxid-Konzentrationen geräumt wurde, wartet man heute noch auf das O. K. der Behörden, damit die Bewohner des Ortes für einige Stunden in ihre Wohnungen zurückkehren können, um ihre Sachen zu bergen. Offenbar gibt es auf Island eine Pflichtversicherung gegen Elementarschäden, so dass die meisten Betroffenen letztendlich abgesichert sind und nicht vor einem finanziellen Ruin stehen, wenn sie ihre Häuser komplett verlieren sollten. Der Wert der versicherten Immobilien in Grindavik wird auf 14 Milliarden ISK geschätzt, was 90 Millionen Euro entspricht.

IMO-Wissenschaftler kommentierten gestern, dass das Schwefeldioxid dem Magma im Gang entströmt. Die Schmelze müsse in einer Tiefe von weniger als 500 m stehen, damit das Gas die Erdoberfläche erreicht. Natürlich kann aber auch Gas aus größerer Tiefe aufsteigen, wenn es offene Risse gibt, die bis zur Oberfläche durchdringen. Die meisten Erdbeben spielen sich weiterhin in der Tiefe der Hauptintrusion ab und zeigen keinen Magmenaufstieg zur Oberfläche an.

Die beiden Forscher Kristín Jónsdóttir, Seismologe am Isländischen Meteorologischen Amt, und Freysteinn Sigmundsson, Geowissenschaftler an der Universität Island, diskutierten gestern im Fernsehen über die Naturkatastrophe in Grindavík. Sie meinten, dass die Evakuierung von Grindavik mindestens ein paar Wochen andauern werde, selbst wenn es nicht zu einem Vulkanausbruch kommen wird. Es wird ein schwieriger Entscheidungsprozess werden, den Menschen eine Rückkehr zu erlauben. Grundvoraussetzung dazu sei, dass der Magmenzustrom im Untergrund stoppt. Aber selbst dann sitzt man in Grindavik auf eine tickende Zeitbombe. Im Zuge der Diskussion wurde auch klar, dass selbst die führenden Wissenschaftler auf Island nicht genau wissen, was im Untergrund abläuft und welches Ausmaß die zu erwartende Katastrophe annehmen wird.

Was mir in all den Berichten zu kurz kommt, ist eine Einschätzung der Situation in Bezug auf die zu erwartenden Gasemissionen auf Reykjanes und in Südisland. Schließlich lebt hier der größte Teil der Inselbevölkerung. Zwischen Grindavik und der Hauptstadt Reykjavik liegen gerade einmal 40 km Luftlinie. Zwar herrschen normalerweise Windrichtungen vor, die das Gas von der Hauptstadt fernhalten würden, doch bei ungünstigen Wetterlagen hat man im Worst-Case-Fall schon mit starker Beeinträchtigung zu rechnen.

Die meisten Forscher sind sich einig, dass ein Vulkanausbruch droht, der viel, viel größer werden könnte als das, was man in den letzten Jahren auf Reykjanes gesehen hat. Wie schlimm so ein Ausbruch werden kann, zeigt die Laki-Eruption von 1783. Hier öffnete sich eine mächtige Eruptionsspalte über dem Island-Mantelplume. Während des Initialstadiums war die Spalte 12 km lang (der aktuelle Gang hat eine Länge von mindestens 15 km) und erweiterte sich im Laufe der mehrmonatigen Eruption auf 27 km Länge. Damals zogen die Gaswolken bis nach Irland und England und lösten eine Kälteperiode aus. Tausende Menschen verhungerten und selbst in Deutschland gab es ungewöhnlich strenge Winter mit anschließendem Hochwasser.

Statistisch gesehen dürfte es gar nicht zu so einem starken Ausbruch kommen, denn erst vor 2 Jahren erlebte die Welt die Hunga Tonga-Hunga Ha’apai Eruption, die das Klima beeinflusst. Solche Eruptionen kommen bestenfalls alle paar Jahrzehnte vor. Aber was stören sich Vulkane an Statistiken?

Popocatepetl mit hohem Tremor am 15.11.23

Staat: Mexiko | Lokation: 19.028, -98.62 | Aktivität: Asche-Eruptionen

Vulkan Popocatepetl ist seismisch unruhig – Verstärkung der Aktivität deutet sich an

In Mexiko ist der Popocatepetl weiterhin aktiv und fördert Aschewolken, die bis auf eine Höhe von 5700 m aufsteigen und vom Wind in Richtung Südwesten verfrachtet werden. Gelegentlich kommt es zu Ascheniederschlägen in Ortschaften am Fuß des Vulkans. Darüber hinaus meldet das zuständige Observatorium CENAPRED Ascheexhalationen und den Ausstoß von Dampfwolken. Von diesen gab es gestern nur 9 Stück, was relativ wenig ist. Dafür war der vulkanische Tremor signifikant erhöht: er hatte eine Dauer von 1323 Minuten oder 22,05 Stunden. Der Untergrund zitterte also praktisch den ganzen Tag. Ein Trend, der auch schon in den letzten Tagen zu beobachten war.

Tremor ist ein niederfrequentes seismisches Signal, das sich aus einer kontinuierlichen Folge schwacher Erdbeben zusammensetzt, die so schnell hintereinander kommen, dass man die einzelnen Erdschütterungen nicht mehr voneinander unterscheiden kann. So entsteht ein beständiges Zittern des Untergrunds. Es wird durch die Bewegung magmatischer Fluide ausgelöst. Dabei kann es sich um Gas oder Tiefenwasser handeln, aber auch um Gesteinsschmelze, wie es sehr wahrscheinlich am Popocatepetl der Fall ist. Es ist also einiges an Magma im Fördersystem des Vulkans unterwegs, das auf seine Eruption wartet. Die geringe Anzahl der Emissionen könnte ein Indiz dafür sein, dass mindestens ein Förderschlot blockiert ist. Es könnte bald ein Lavadom wachsen, der dann wieder in stärkeren Explosionen ausgeblasen wird.

Die Vulkanalarm-Ampel steht nach wie vor auf „Gelb Phase 2“

CENAPRED veröffentlicht folgende Anordnungen: Versuchen Sie nicht, den Vulkan zu besteigen, da es zu Explosionen kommt, die glühende Fragmente auswerfen, wie kürzlich beobachtet wurde. Beachten Sie den Ausschlussradius von 12 Kilometern vom Krater, da der Aufenthalt in diesem Bereich nicht sicher ist. Halten Sie sich bei starkem Regen vom Grund der Schluchten fern, da die Gefahr von Schlamm- und Murgängen besteht.