Island: Erdbeben beschädigte Straße

Straße riss auf und versetzte vertikal

Auf Island entstanden durch die jüngste Erdbebenserie leichte Schäden an der Infrastruktur. Die Straße 43, die von Grindavik an Svartsengi vorbei in Richtung Norden führt, ist kurz hinter dem Ort gesperrt. In der Nähe von Thorbjörn bildete sich ein Riss und die Straße wurde vertikal versetzt. Es gibt eine Umleitungsstrecke über Nebenstraßen. Außerdem wurde im Geothermalkraftwerk Alarm gegeben und es wurde auf Schäden untersucht. Auf einem Livestream sieht man Einsatzfahrzeuge mit Blaulicht, die am Kraftwerk unterwegs sind.

Ähnliche Bilder kennen wir von Hawaii, wo sich im Jahr 2018 vergleichbare Szenen abgespielt haben, kurz bevor es bei Leilani zu einer Eruption kam. Damals versetzte eine große Magmenintrusion die Straße. Es würde mich nicht wundern, wenn es sich auf Island ähnlich verhält. Auf Hawaii dauerte es noch einige Tage, bis nach den ersten Intrusionen der Vulkanausbruch begann. Er startete mit mehreren kleinen Eruptionen, die sich im Verlauf einiger Tage signifikant verstärkten. Es öffneten sich zahlreiche Risse entlang der kilometerlangen Intrusion. Einige davon lagen mitten in der Siedlung Leilani. Tausende Häuser wurden zerstört.

In den sozialen Medien wurden auch zahlreiche Videos von Anwohnern in Grindavik geteilt, die dokumentierten, wie die Erdbeben ihre Wohnungen und Häuser rockten. Teilweise gibt es eine echt beeindruckende Geräuschkulisse zu hören! Es handelt sich um das typische Grollen von Erdbeben, das ich auch schon das eine oder andere Mal erleben durfte. Ein Geräusch, dass man nicht mehr vergisst. Es kann einen aber auch vor Schlimmeren bewahren, denn es trifft meistens Sekunden vor den Erdbebenwellen ein und es bleibt etwas Zeit, um das Haus zu verlassen oder Deckung neben massiven Möbeln zu suchen. Ich bin sehr gespannt auf das, was da noch kommen mag!

Island: Massives Schwarmbeben in Progress

Die seismische Aktivität unter Reykjanes steigerte sich weiter – stärkstes Erdbeben M 5,2

Die Erdbebenaktivität unter der isländischen Reykjanes-Halbinsel steuert ihrem neuen Höhepunkt entgegen und könnte tatsächlich auch durch einen finalen Magmenaufstieg im Bereich der Sundhnúkar-Kraterreihe getriggert werden. In den letzten Stunden ereigneten sich gut 170 Erdbeben mit Magnituden ab 3. Der stärkste Erdstoß, der vom automatischen System detektiert wurde, hatte eine Magnitude von 5,2. Es könnte aber sein, dass die Daten noch korrigiert werden, sobald sie von einem Geophysiker überprüft wurden.

Wie dem auch sein, es ist eines der stärksten Schwarmbeben auf Island, über das ich hier bisher berichten konnte. Ähnlich starke Ereignisse hatten wir vor der ersten Fagradalsfjall-Eruption 2021 und vor der Bardarbunga-Eruption 2014. Selbst wenn das Magma nicht in den nächsten Stunden/Tagen ausbrechen sollte, kann ich mir kaum vorstellen, dass es längerfristig im Untergrund hängen bleibt. Grund für diese Annahme liefern zahlreiche Erdbeben mit Magnituden ab 3 in Tiefen von 1-2 km, die sich in den letzten Minuten manifestierten. Wahrscheinlich bricht dort das Gestein auf, weil Magma sich seinen Weg bahnt.

Sollte die Schmelze nicht in den nächsten Stunden den finalen Aufstieg schaffen, gibt es eine vergleichsweise große Magmenansammlung in geringer Tiefe, die nur auf einen weiteren Schubs wartet um auszubrechen.

Auf einem der Livestreams sieht man Blaulicht und einsatzfahrzeuge am Kraftwerk Svartsengi. Außerdem wurde die Straße beschädigt. Auf einem Foto ist zu erkennen, dass sich ein Riss gebildet hat an dem es einen Versatz von mehreren zehner Zentimetern gibt.

Interessanterweise droht nicht nur auf Reykjanes ein Vulkanausbruch, sondern auch am Ätna. Wie unsere Vereinsmitglied Tobias L. und Andreas B. gerade in unserer WA-Gruppe diskutierten, konnte man auf der Livecam kurz einen kleinen Lavastrom erspähen, der in der Scharte des Neuen Südostkraters unterwegs ist. Der Tremor stieg deutlich an und befindet sich an der Grenze zum roten Bereich. Hier droht entweder ein Paroxysmus, oder einen neue Episode mit Lavastromtätigkeit. Typisch Ätna halt, hasst es, wenn ihm andere Vulkane die Show stehlen! Vulkanspotter stehen dann mal wieder vor der Wahl der Qual, wo mehrere Monate lang keine interessante Eruption in erreichbaren Gefilden stattfand. Sollte es zu einem Ausbruch kommen, zieht es mich trotz der Jahreszeit wohl ehr nach Island als zum Ätna, obwohl ich auch mal wieder einen schönen Ätna-Paroxysmus vertragen könnte!

Reykjanes: Neuer Bebenschub am 10.11.23

Schwarmbeben verstärkte sich wieder – Bodenhebung verlagert sich in Richtung Süden

Datum 10.11.23 | Zeit: 12:44:59 UTC | Lokation: 63.885  ; -22.390 | Tiefe: 5,4 km | Mb 4,3

Heute Vormittag intensivierte sich die Bebentätigkeit unter Reykjanes wieder. Es gab einen neuen Bebenschub und in den Tabellen von IMO sind mehr als 1000 Erdbeben aufgeführt, die sich in den letzten 48 Stunden manifestierten. Erfahrungsgemäß werden hier nicht alle Beben angezeigt, denn es gibt immer eine recht große Abweichung zwischen den Listen und der Anzahl der Beben in den Reviews des IMOs.

Der stärkste Erdstoß der Sequenz brachte es auf eine Magnitude 4,3 und hatte einen Erdbebenherd in 5,4 km Tiefe. Das Epizentrum wurde 5,8 km nordnordöstlich von Grindavík verortet. Generell ist festzustellen, dass sich der Bebenspot in östliche Richtung verlagerte und sich nun in der Region Sýlingafell konzentriert. Darüber hinaus gibt es auch wieder zahlreich Spannungsbeben, die in einem großen Umfeld entlang des Reykajnes-Ridge streuen.

Nicht nur die Erdbebenzentren verlagerten sich, sondern auch die Bodenhebung. Seit dem späten Vormittag kommen wieder GPS-Messdaten herein, und man sieht, dass in der Region Thorbjörn-Svartsengi Subsidenz eingesetzt hat, während an den Messstationen weiter nördlich und südlich Bodenhebung durch Inflation zu sehen ist. Besonders bei Grindavik hob sich der Boden weiter. Ein Teil der Schmelze scheint auch weiter in Richtung der Messstation LITKA zu wandern bzw. aufzusteigen. Interessant ist auch, dass sich die Richtung des horizontalen Versatzes bei Thorbjörn umkehrte.

Es schaut so aus, als würde die Schmelze vom Zentrum der Region Thorbjörn-Svartsengi zu deren Rändern wandern. Wie ich schon früher gemutmaßt habe, muss eine Eruption nicht unbedingt im Bereich der aktuell höchsten Bodenhebung bei Svartsengi starten. Die Schmelze kann weiter horizontal migrieren und sich einen geeigneteren Austrittspunkt suchen. Noch ist es allerdings nicht klar, ob es kurzfristig überhaupt zu einem Vulkanausbruch kommen wird.

Blaue Lagune-Svartsengi-Thorbjörn Livecam

Aufgrund der anhaltenden seismischen Aktivität nebst Bodenhebung auf der isländischen Reykjaneshalbinsel richteten mehrere lokale Mediendienstanbieter ihre Webcams auf das betroffene Gebiet um die Blaue Lagune und das Geothermalkraftwerk Svartsengi. Die meisten Kameras stehen auf der vulkanischen Erhebung Thorbjörn, unter der es selbst zu einer signifikanten Bodenhebung kommt. Auf dieser Seite bette ich auch Livedaten zur Seismik und Bodenhebung ein.



Multiview-Blick

Livestream vom Husafell

 

Livecam mit Blick auf die 4. Eruption zwischen Stóra-Skógfell und Sundhnúkar

LiveCam der Eruption. Die Kamera wird von MBL betrieben

Einen Grindavik-Livestream (der sich nicht einbinden lässt) gibt es hier bei YT.

Karte des Eruptionsgebiets

Karte der Lage der Eruptionsspalte zwischen Stóra-Skógfell und Sundhnúkar. © IMO

Seismogramm der Messstation Grindavik

Die Seismizität auf Reykjanes wird von mehreren seismischen Messstationen erfasst. Von den öffentlich einsehbaren Geräten ist jenes bei Grindavik dem Geschehen am nächsten. Auf dem Seismogramm kann man die Erdbebensignale gut sehen. © IMO

Der Tremor wird mit besonders empfindlich eingestellten Seismometern erfasst, der überwiegend Schwingungen mit niedrigen Frequenzen erfasst. Die hier eingebaute Grafik zeigt den Tremor der Messstation Litla Skogfell, die nordöstlich vom Thorbjörn steht. © IMO

Bodendeformation im Bereich Grindavik


Diese GPS-Messstation zeigt detektiert die Bodenhebung bei Svartsengi. © IMO

Das Reykjanes-Svartsengi-Vulkansystem auf Island

Am 25. Oktober 2023 setzte im Südwesten der Reykjanes-Halbinsel ein starkes Schwarmbeben an. Zwei Tage später begann eine Bodenhebung im Bereich des Vulkansystems Svartsengi, die schnell an Fahrt aufnahm. Die Bodenhebung wird von Magma verursacht, dass sich in 4-5 km Tiefe in einer horizontal liegenden Schicht akkumuliert. Betroffen ist ein recht großes Areal um den Vulkan Thorbjörn, der während der letzten Eiszeit unter der Gletscherbedeckung entstand und daher die Form eines Tafelvulkans hat. Obwohl sich Erdbeben und Bodenhebung auf einem Gebiet nordwestlich von Thorbjörn konzentrieren, gibt es auch Erdbeben im Nordosten und im Süden des Areals. Dort reichen sie bis an den Ort Grindavik heran. Im Nordosten liegen die vulkanischen Erhebungen von Sýlingafell und Stora-Skogfell. Dazwischen spannt sich eine kleine Kraterreihe entlang einer früheren Eruptionsspalte auf. Im Nordwesten liegt das Geothermalkraftwerk Svartsengi mit der Blauen Lagune und westlich davon befindet sich die Schlackenkegelreihe Eldvörp, an der es im 13. Jahrhundert Eruptionen gab, die mehrere Lavafelder bildeten.

Die beschriebenen vulkanischen Manifestationen um Svartsengi werden von einigen Autoren als Teil des größeren Reykjanes-Vulkansystems betrachtet. Andere Autoren sehen in ihnen ein eigenständiges Vulkansystem.

Generell betrachtet liegt das Reykjanes-Vulkansystem an der südwestlichen Spitze der Reykjanes-Halbinsel, wo sich der Mittelatlantische Rücken über den Meeresspiegel erhebt. Es besteht aus einem weiten Gebiet postglazialer Basaltkraterreihen und kleiner Schildvulkane. Das submarine Vulkansystem Reykjaneshryggur grenzt an das Reykjanes-Vulkansystem und wird als Teil desselben betrachtet. Es ist das westlichste System einer Reihe von fünf dicht beieinander liegenden, gestaffelten Spaltsystemen, die sich diagonal über die Reykjanes-Halbinsel erstrecken. Östlich des beschriebenen Systems befindet sich das Vulkansystem des Fagradalsfjalls, das zuletzt im Sommer 2023 ausbrach.

Trotz der starken Bodenhebung im November 2023 ist es noch nicht als sicher anzusehen, dass es auch zu einen Vulkanausbruch hier kommen wird. Bereits Ende 2020 kam es zu eine starken Bodenhebung. Drei Monate später startete dann einer Eruption am Fagradalsfjall.

Update: Inzwischen gab es 4 Eruptionen im Svartsengi System. Hier eine Chronik.

Erste Straßensperrung auf Reykjanes

Erdbebentätigkeit rückläufig, trotzdem erste Straßensperrung bei Svartsengi

Seit dem starken Erdbebenschub gestern hat die Schwarmbebentätigkeit etwas nachgelassen, dennoch wurden letzte Nacht mehr als 200 schwache Beben registriert. Die stärksten Erschütterungen hatten Magnituden im Zweierbereich. Neben Erdbeben im bekannten Gebiet von Svartsengi bebte es auch in dem weiter östlich gelegenen Hengil-Spaltensystem. Die Magnitude des starken Erdbebens gestern wurde von M 5,0 auf M 4,8 herabgestuft.

Obwohl das Erdbeben etwas schwächer war als zuerst angegeben, wurde gestern sichtbar, dass es leichte Schäden an einigen Häusern nahe des Epizentrums verursachte: es kam zu Rissbildungen im Mauerwerk einiger Gebäude. Risse bildeten sich auch auf Straßen und in der isländischen Zeitung MBL wurde ein Foto einer kleineren Bodensenkung veröffentlicht.

Der Zivilschutz ordnete die Sperrung einer Straße an, die in Grindavik als Nordlichtroute bekannt ist. Es handelt sich um eine Schotterpiste, die nördlich von Grindavik in Richtung Westen abzweigt, am Thorbjörn vorbeiführt und nördlich des Svartsengikraftwerks wieder in die Hauptstraße mündet. Mitarbeiter des Geothermalkraftwerks dürfen die Straße noch passieren. Als Grund für die Sperrung wird die erhöhte Erdbebenaktivität angegeben, aber es ist klar, dass man hier auch Vulkanspotter fernhalten will, denn der Weg führt am Rand des Gebiets mit der größten Bodenhebung entlang und könnte im Falle einer Eruption ziemlich nahe an eine mögliche Eruptionsstelle führen.

Gesperrt wurde nach dem Desaster gestern auch das Thermalbad Blaue Lagune. Es soll für mindestens eine Woche geschlossen bleiben. Nach dem Erdbeben versuchten gut 40 Gäste des angeschlossenen Hotels zu fliehen, was allerdings nur wenigen gelang, da keine Transportmittel zur Verfügung standen.

Derweilen gibt es immer noch keine neuen GPS-Messungen zur Bodenhebung in dem betroffenen Areal. Gut möglich, dass der starke Erdstoß da einiges durcheinander brachte. Die nächstgelegenen GPS-Stationen im Süden Islands zeigen eine Bodenhebung von mehr als 20 cm. Möglich, dass hier neu geeicht werden muss.

In dem Gebiet der stärksten Bodenhebung installieren IMO-Techniker mobile Messinstrumente, um engmaschiger überwachen zu können und genauere Daten zu erhalten.