Island: Bodendeformation hält am 17.11.23 an

Weitere Bodenhebung bei Svartsengi – Geophysiker vergleicht Situation mit 1975

Heute Nachmittag kamen neue GPS-daten zur Bodendeformation herein. Demnach geht die Bodendeformation im Erdbebengebiet der Reykjanes-Halbinsel weiter. An signifikantesten war sich in den letzten Stunden im Bereich von Svartsengi, wo sich der Boden um weitere 3 mm hob. Auch der horizontale Versatz hält an. Seit Mitternacht wurden 1800 schwache Erschütterungen registriert. Die meisten manifestierten sich im Bereich des Gangs, aber es gab auch zahlreiche Erdbeben in der Keilir-Gegend.

Heute war auf der Website von RUV ein Interview mit dem Geophysiker Páll Einarsson zu lesen, der die aktuelle Situation mit Vorgängen in den 1970iger Jahren vergleicht, als es eine ähnliche Riftbildung im Norden von Island gab. Auch damals ging sie mit einer bedeutenden Magmenintrusion einher. Das Rift damals erstreckte sich ebenfalls unter besiedelten Gebiet hinweg, war allerdings deutlich größer als das jetzige. Es entwickelte sich über mehrere Monate hinweg in mehreren Schüben und gipfelte letztendlich in eine mehrjährige Eruption des Vulkans Krafla.

Die Krafla-Brände bezeichneten eine Abfolge von effusiven Vulkanausbrüchen, die sich über den Zeitraum 20. Dezember 1975 bis 18. September 1984 in der ereigneten. Während dieser Periode wurde das Krafla-Kraftwerk errichtet. Der Beginn der Bauarbeiten Mitte 1975 fiel zeitgleich mit einem deutlichen Anstieg der seismischen Aktivität in der Krafla-Region zusammen. Am 20. Dezember 1975 kulminierte diese Aktivität in einem Vulkanausbruch bei Leirhnjúk. Dieser anfänglich kleine Lavafluss markierte den Beginn der Krafla-Brände. Zuvor floss das Magma der Intrusion bis unter die Krafla-Caldera und akkumulierte sich dort.

Mit zunehmendem Druck in der Magmakammer kam es zu neun Episoden mit Lavastromtätigkeit. 24 Mal wurden Magmaintrusionen registriert. Währenddessen zeigten sich Landhebungen und Landsenkungen in und um Kräfluskja, begleitet von entsprechenden Erdverschiebungen. Das resultierende Lavafeld aus diesen Eruptionen wird als Leirhnjúk-Lava bezeichnet und bedeckt eine Fläche von 33 km².

Auch wenn man die Situation von damals nicht 1:1 mit den aktuellen Vorgängen vergleichen kann, zeigen sie doch, dass die Eruptionsgefahr hoch bleibt, selbst wenn es länger bis zum Ausbruch dauern kann als man zuerst angenommen hat.

Starkes Erdbeben erschüttert Philippinen am 17.11.23

Erdbeben Mw 6,7 vor der Südküste der Philippinen

Datum 17.11.23 | Zeit: 08:14:13UTC | Lokation:  5.644 ; 125.096 | Tiefe: 70 km | Mw 6,7

Heute Morgen erschütterte ein starker Erdstoß der Momentmagnitude 6,7 den Süden des philippinischen Archipels. Das Epizentrum lag offshore vor der Insel Mindanao und wurde vom EMSC 23 km südsüdöstlich von Glan verortet. Zum Glück lag das Hypozentrum mit 70 km vergleichsweise tief, sodass die Auswirkungen an der Oberfläche weniger stark ausfielen, als man anhand der Magnitude vermutet hätte. So gab es bis jetzt keine Meldungen über größere Schäden und auch Tsunamialarm wurde nicht gegeben. Dennoch wurde das Erdbeben in einem großen Umkreis wahrgenommen und dem EMSC liegen zahlreiche Meldungen von Bebenzeugen vor. Die Menschen nahe des Epizentrums beschreiben den Erdstoß als außerordentlich stark, und für sie war es der stärkste Erdstoß seit 2019. Selbst aus dem fast 500 km entfernten Manado auf der indonesischen Insel Sulawesi konnte das Beben gespürt werden. In der Region zwischen Indonesien und den Philippinen liegen zahlreiche aktive Inselvulkanen, darunter die Vulkane Awu, Karangetang, Dukono und Ibu. Aller drei Vulkane sind aktiv oder zeigen zumindest Anzeichen vulkanischer Unruhe, und es ist interessant zu beobachten, ob sich hier die Aktivität aufgrund des Bebens verstärken wird.

Wie das Vorhandensein zahlreicher Vulkane vermuten lässt, liegt die Erdbebenregion am Pazifischen Feuerring, einem Gebiet mit hoher seismischer Aktivität und vielen Vulkanausbrüchen, aufgrund der Verschiebung und Kollision mehrerer tektonischer Platten. Die Tektonik der südlichen Philippinen wird von der komplexen Interaktion mehrerer tektonischer Platten beeinflusst, denn hier stößt die Philippinenplatte mit der Pazifischen Platte, der Sundaplatte und der Platte Eurasiens zusammen.

Einige Teile der südlichen Philippinen werden von der Subduktion der Philippinischen Platte unter die Eurasische Platte beeinflusst. Dies hat zur Bildung von Tiefseegräben, Vulkanen und Inselbögen geführt. Von Süden her kommen mehrere Verwerfungszonen, die vor der Südküste Mindanaos auslaufen. Westlich des Epizentrums liegt z. B. die Cotabato-Störung, so dass sich das Beben nur schwer einer Störungszone zuordnen lässt. Die Tiefe des Hypozentrums lässt vermuten, dass sich der Erdstoß an einem Stück subduzierter Kruste ereignete und nicht direkt an einer Störung.

Island: Weiterhin viele Erdbeben – Bericht vom 17.11.23

Erdbebentätigkeit auf hohem Niveau stabil – Situation bleibt angespannt

In den ersten 6 Stunden des Tages registrierte das seismische Netzwerk auf der isländischen Reykjanes-Halbinsel gut 500 Erdbeben. Die stärkste Erschütterung manifestierte sich heute Morgen und hatte eine Magnitude von 3. Das Epizentrum befand sich 3,7 km nordnordöstlich von Grindavík, und das Hypozentrum wurde in 5,1 km Tiefe ausgemacht. Es lag also in der Gegend von Halgafell in einer Tiefe, in der der magmatische Gang am aktivsten ist. Die Magmenbewegungen im Gang sollen sich weiter verlangsamt haben, dennoch scheint viel Schmelze in dem beschriebenen Gebiet des Erdbebens aufzusteigen. Ein Grund, warum es bis jetzt nicht zur Eruption gekommen ist, liegt vermutlich darin, dass der Dyke länger geworden ist und nun 20 km lang sein soll. Er breitete sich vor allem an seinem Nordende aus. Der Gasdruck im Gang reicht offenbar nicht aus, um die Schmelze Richtung Erdoberfläche zu treiben. Dabei wird sie in nur ca. 400-500 m Tiefe vermutet.

Gestern unternahm man Messungen in einem Bohrloch, das zum Geothermalkraftwerk Svartsengi gehört, und detektierte Schwefeldioxidgas. Das Bohrloch wurde diagonal abgeteuft und reicht bis unter den Vulkanhügel Halgafell in einer Tiefe von 2,5 km. Manche Autoren schreiben auch, dass es in Richtung der Kraterreihe Sundhnúksgigur führt. Jedenfalls wird in dem Areal das Zentrum des Magmenaufstiegs vermutet. Das Schwefeldioxid im Bohrloch wird als Beweis dafür angesehen, dass sich in der Tiefe tatsächlich Mama akkumuliert.

Die Vulkanologen von IMO fertigten eine neue Karte an, auf der nicht nur der magmatische Gang eingezeichnet ist, sondern auch die beiden Störungszonen des Rifts, an denen sich der Boden um 25 cm absenkte. Die Subsidenz ist noch nicht abgeschlossen. Der Boden senkt sich zudem nicht nur ab, sondern driftet auch noch weiter auseinander. Es sieht so aus, als wären wir Zeugen einer tektonischen Grabenbildung geworden, die im Zusammenhang mit der Kontinentaldrift steht: Island liegt auf dem mittelatlantischen Rücken, der die divergente Naht zwischen Eurasien und Nordamerika darstellt. Während sich Europa kaum bewegt, driftet Nordamerika mit einer Rate von bis zu 2 cm pro Jahr nach Westen. Diese Krustenbewegung zerrt an Island und die Erdkruste gibt dem Stress von Zeit zu Zeit nach und reißt. Manche Forscher wie der in den USA lebende Vulkanologe Haraldur Sigurðsson sehen diesen Prozess als Grund für die Bildung des Rifts an und nicht die Intrusion des Magma. Das Magma schoss demnach nach oben, als sich der Spalt aufgrund der tektonischen Kräfte öffnete, und verfügt demnach (noch) nicht über genug Gasdruck, als dass es eruptieren könnte. Gesteinsschmelze ist zwar leichter als das feste umgebende Gestein und steigt wie ein Korken im Wasser auf, doch dieser Dichteunterschied ist in ca. 5 km Tiefe ausgeglichen, weshalb sich dort normalerweise die obersten Magmenkörper bilden. Für den weiteren Aufstieg muss der Gasdruck in der Schmelze größer als der Umgebungsdruck sein, was bis jetzt scheinbar nicht der Fall ist.

Selbst wenn man davon ausgeht, dass sich der Graben aufgrund tektonischer Prozesse formierte, dürfen wir nicht vergessen, dass sich bereits vor letzter Woche Freitag, als sich der Riss öffnete, Magma im Untergrund ansammelt. Diese Magmenakkumulation scheint unabhängig der Grabenbildung weiter zu gehen, denn die GPS-Messungen zeigen wieder eine Bodenhebung in Gegenden außerhalb des Grabens an. Vor allem hebt sich der Boden im Bereich vom Fagradalsfjall. Daher könnten wir auch dort bald wieder einen Vulkanausbruch sehen.

Entlang des magmatischen Gangs besteht weiterhin eine hohe Ausbruchsgefahr. Einige isländische Vulkanologen meinen, dass diese für die nächsten 2 Wochen hoch bleibt. Sollte es bis dahin nicht zu einem Ausbruch gekommen sein, würde die Gefahr abnehmen.