Island: großflächige Bodenhebung am 20.11.23

Interferogramm bestätigt schnelle Bodenhebung unter Svartsengi – Nachlassen der Bebentätigkeit beobachtet

Heute wurden im Tagesverlauf deutlich weniger Erdbeben entlang des magmatischen Gangs registriert als es in den letzten Tagen der Fall war. IMO meldet nur ca. 700 Beben anstatt der gut 1500 Erschütterungen der letzten Tage. Auf den Diagrammen zur Bebenhäufigkeit ist das Ausdünnen der Bebenpunkte sehr anschaulich. Nachdem es zum ersten Mal zu einem deutlichen Rückgang der Seismizität gekommen war, das war am Samstag, hatte es noch geheißen, dass der erwartete Vulkanausbruch unmittelbar bevorsteht. Inzwischen ist man mit den Prognosen deutlich vorsichtiger geworden, dennoch hält man einen Ausbruch immer noch für sehr wahrscheinlich. Nur auf den Zeitrahmen mag man sich nicht mehr festlegen, obwohl das Nachlassen der Bebentätigkeit seit heute Nachmittag signifikant und auffällig ist. Nicht ausgeschlossen ist, dass der starke Wind aktuell die Registrierung der schwachen Erdbeben behindert, so dass es in Wirklichkeit mehr Beben gibt als dargestellt werden.

Tatsächlich ist die Bebentätigkeit entlang des Dykes am intensivsten, obwohl sich der Boden westlich des Mittelteils des Dykes am stärksten hebt. Das ist bei Svartsengi. Am Wochenende betrug die Bodenhebung 30 mm, was in einem neuen Interferogramm schön visualisiert wird. Was ich erstaunlich finde ist die Größe des betroffenen Areals! Hier müssen sich gewaltige Mengen von was auch immer ansammeln.

Da die Hebung praktisch unter Ausschluss von Erdbeben stattfindet, halten die Vulkanologen die kurzfristige Ausbruchswahrscheinlichkeit bei Svartsengi für relativ gering. Man sieht die Quelle der Bodenhebung in 4 bis 5 km Tiefe und keine Anzeichen dafür, dass Magma in flachere Gefilde vordringt. Sofern es sich tatsächlich um Gesteinsschmelze handelt und nicht um magmatische Fluide. Wäre auch echt blöd wenn es das Kraftwerk nebst Blaue Lagune verschlingen würde, insbesondere da man gerade Schutzwälle gegen die Lava errichtet, die aus Richtung des Gangs kommen soll.

Früher im Jahr detektierte man ebenfalls eine starke Bodenhebung im Bereich der Askja, und praktisch jeder Geowissenschaftler hätte darauf gewettet, dass wir dort den nächsten Ausbruch auf Island sehen, bis dann im Juli der dritte Ausbruch am Fagradalsfjall los ging. Inzwischen ist Askja aus dem Fokus des Interesses gerückt, nicht zuletzt, weil die Bodenhebung gegen Ende des Sommers praktisch stoppte, nachdem sich der Boden um 68 cm gehoben hatte. Das zeigt deutlich, wie unberechenbar die Vorgänge im Erdinneren sind, und selbst wenn sie sich nur ein paar Hundert Meter tief unter unseren Füßen abspielen, können wir immer noch nicht genau sagen, was vor sich geht, geschweige denn zuverlässige Prognosen abgeben. So bleibt es rätselhaft an den Vulkanen der Welt, und diese Unbestimmtheit ist ja auch ein Teil der Faszination geschuldet, die der Vulkanismus auf viele Menschen ausübt.

Übrigens wurde eine neue Gefahrenkarte herausgebracht, doch davon morgen früh mehr.

DomRep: Tote nach Unwettern

Unwetter verursachen Todesopfer in der Dominikanischen Republik

In der Dominikanischen Republik kam es zu starken Unwettern mit sintflutartigen Regenfällen, die starke Überflutungen auslösten. Es wurde der Ausnahmezustand ausgerufen. Nach vorläufigen Einschätzungen fanden nach offiziellen Behördenangaben mindestens 21 Menschen den Tot. Die Opferzahlen könnten aber höher sein. In einer Lokalzeitung ist von zusätzlichen acht Opfern die Rede. Unter ihnen sind mehrere Kinder.

In der Hauptstadt Santo Domingo starben neun Menschen durch den Einsturz einer Mauer, die entlang einer viel befahrenen Hauptstraße verläuft und mehrere Fahrzeuge unter sich begrub. Weiterhin sind unter den Opfern mindestens vier US-Bürger.

Durch die Überflutungen wurden gut 13.000 Menschen aus ihren Wohnungen vertrieben. Sie wurden in Notunterkünften oder bei Angehörigen untergebracht. Es kam zu Stromausfällen. Schulen und öffentliche Gebäude bleiben bis Mittwoch geschlossen.

Präsident Luis Abinader sprach von einer der schlimmsten Regenkatastrophen in der Geschichte des Landes. Der Nationale Katastrophenschutz warnte die Einwohner unter davor, Flüsse und Bäche zu überqueren. Es drohen plötzlich auftretende Sturzfluten.

Aktuell herrscht Regenzeit in dieser Region der Karibik. Sie beginnt im November und endet im Januar. Während der Regenzeit muss man mit mindestens an 12 Tagen pro Monat mit starken Niederschlägen rechnen. In diesem Jahr könnten zwei Naturphänomene die Niederschlage verstärken: El Nino und die Klimaveränderungen durch die Hunga-Tonga Eruption vor 2 Jahren. Darüber hinaus kann sich natürlich auch der lokale Klimawandel negativ auswirken und extreme Wetterlagen verursachen.

Überflutungen und Wetterextreme gibt es dieser Tage aber auch in anderen Erdteilen. So gab es letzte Woche starke Regenfälle nebst Überschwemmungen in Teilen Ostafrikas. Der Regen beendete eine lang anhaltende Dürre. Auch die Region der Arabischen Halbinsel und insbesondere die Vereinigten Emirate waren betroffen. In Dubai verwandelten sich Straßen in Flüsse. Anders sieht es hingegen in Brasilien aus. Hier leiden die Menschen unter einer Hitzewelle. Es herrschen Temperaturen von mehr als 40 Grad.

In Deutschland erleidete der Kampf gegen den Klimawandel einen herben Rückschlag, als das Bundesverfassungsgericht sich gegen die Umschichtung von Geldern aus Töpfen der Coronahilfen in den Klimawandelfonds aussprach. Förderprogramme stehen auf der Kippe. Mir stellt sich schon lange die Sinnfrage nach staatlichen Subventionen, denn oftmals verhindern sie eine natürliche Regulierung des Marktes und Preise – z. B. jene von eAutos und Wärmepumpen – werden künstlich hoch gehalten, so dass von den Förderungen weniger einkommensschwache Haushalte profitieren, sondern jene, die so oder so mehr als genug haben. Man möchte den Kampf gegen den Klimawandel so gestalten, dass auch hiervon einige in besonderem Maße profitieren, und natürlich muss die Wirtschaft weiter brummen. Was mir fehlt, sind finanzinteressenlose Projekte, wie z.B. massive Wiederaufforstung auf der ganzen Welt.

Ulawun eruptiert hohe Aschewolke am 20.11.23

Staat: Papua Neuguinea | Koordinaten: -5.05, 151.33 | Eruption: Ascheeruption

Ulawun in Papua Neuguinea ausgebrochen – Vulkanasche in 15 km Höhe

Während wir gespannt in Richtung Island und Ätna blicken, ist im fernen Papua Neuguinea der Vulkan Ulawun ausgebrochen. Das VAAC Darwin registriert eine Wolke aus Vulkanasche in einer Höhe von 15 km. Damit stellt sie eine Gefahr für den Flugverkehr dar. Flugzeuge, die in diese Aschewolken fliegen, könnten ernste Probleme bekommen. Zum einen können die Cockpitscheiben sandgestrahlt werden, so dass die Piloten nichts mehr sehen, zum anderen besteht die Gefahr eines Triebwerkausfalls. Daher gilt für den Flugverkehr die Alarmstufe „Rot“.

Kurios ist, dass in Medienberichten zu lesen ist, dass japanische Vulkanologen vor einem möglichen Tsunami warnen. Es ist zwar richtig, dass ein großer Erdrutsch, der in den Ozean kracht, einen Tsunami auslösen kann, aber der Ulawun liegt ca. 9 km von der Küste entfernt, so dass es schon zu einem gewaltigen Flankenkollaps kommen müsste, damit die Gesteinsmassen das Meer erreichen. Außerdem handelt es sich zwar um eine hoch aufsteigende Aschewolke, doch diese kommen am Ulawun relativ häufig vor. Berichte über eine ungewöhnlich starke Eruption liegen bis jetzt nicht vor. Alles, was man weiß, basiert einzig auf erwähnter VONA-Meldung.

Bereits in der letzten Woche gab es Ascheemissionen vom Ulawun, sodass der aktuelle Ausbruch nicht völlig überraschend kam.
Ganz ungefährlich sind die Eruptionen am Ulawun nicht. In den 1970er Jahren kam es zu einer Serie starker Eruptionen, bei denen pyroklastische Ströme entstanden. Die Glutlawinen erreichten besiedelte Gebiete und töteten mehr als 1000 Menschen.

Seit 2019 kommt es vermehrt zu Eruptionen, die mit dem aktuellen Ausbruch vergleichbar sind. Infolge stärkerer Eruptionen wurde auch ein Ort evakuiert und 7000 Menschen wurden vertrieben.

Ulawun ist ein 2334 m hoher Stratovulkan auf Papua und liegt nahe der Küste der Bismarcksee. Dort gibt es weitere Inselvulkane, von denen Manam und Kadovar in den letzten Jahren am aktivsten waren. Außerdem gab es dieses Jahr in der Region mehrere starke Erdbeben, die sich auf die Aktivität des Vulkans ausgewirkt haben könnten.

Island: Bodenhebung bei Svartsengi beschleunigt

Erdbebenaktivität stabil – Bodenhebung bei Svartsengi beschleunigte sich

Letzte Nacht manifestierten sich laut IMO 530 Erdbeben entlang des magmatischen Gangs auf Reykjanes. Das waren gut 60 Beben mehr als im vergleichbaren Zeitraum am Sonntag. Da es immer Fluktuationen in der Aktivität gibt, kann man sagen, dass die Erdbebentätigkeit auf hohem Niveau stabil ist. Auch die Bodenverformungen halten an und die Ausbruchswahrscheinlichkeit gilt weiterhin als hoch.

Am wahrscheinlichsten erscheint eine Eruption entlang des magmatischen Gangs zu sein. Aber auch jenseits der Dyke-Intrusion gibt es magmatische Aktivität im Untergrund. Zuletzt beschleunigte sich die Landhebung im Bereich des Geothermalkraftwerks Svartsengi wieder. Vor der Entstehung des Dykes befürchtete man, dass sich hier eine Eruption anbahnen könnte. Magma soll sich in flachen, linsenförmigen Schichten sammeln, die der Fachmann auf Neudeutsch Sills nennt. Diesbezüglich äußerte sich gestern Abend Vulkanologe Þorvald Þórðarson auf MBL, dass sich der Boden in dem Areal nun 5,5 Mal schneller hebt, als es noch von der Dyke-Intrusion der Fall war. Der Magmenzufluss sei etwa um den Faktor 10 größer geworden. Anfang November betrug der Zustrom 5–7 Kubikmeter pro Sekunde, jetzt seien es etwa 50 Kubikmeter. Das Magma bildet einen Sill in etwa 4,5 km Tiefe. Leider wurde in der letzten Zeit nicht kommuniziert, wieviel Schmelze man nun insgesamt im Untergrund des Systems vermutet, aber mir dünkt es, dass wir langsam auf Dimensionen zusteuern, wie man sie vor der Bardarbunga-Eruption in 2014 hatte. Der mehrmonatige Ausbruch brachte ca. 1,2 Kubikkilometer Lava hervor und schuf das größte Lavafeld, das auf Island seit der Laki-Eruption entstanden war.

Inzwischen gibt es wissenschaftliche Diskussionen, dass man den Vulkanismus auf Reykjanes neu bewerten muss. Insbesondere steht zur Diskussion, dass die fünf Spaltensysteme nicht als eigenständige Vulkansysteme betrachtet werden müssen, sondern dass sie untereinander verknüpft sein könnten. Die Verbindung könnte eine gemeinsame Magmenquelle in größerer Tiefe darstellen, die die Systeme mit Schmelze versorgt. Während vorangegangener Eruptionsphasen kam es häufig zu Eruptionen der verschiedenen Systeme. Auch jetzt sind ja bereits zwei unterschiedliche Spaltensysteme involviert, denn die drei Eruptionen beim Fagradalsfjall gehören zu einem anderen System als die aktuellen Geschehnisse bei Svartsengi. Der magmatische Gang verläuft überdies diagonal durch beide Systeme. Da stellt sich die Frage, ob es Sinn macht, von unterschiedlichen Systemen zu sprechen?

für die Menschen vor Ort sind diese wissenschaftlich ambitionierten Gedankengänge von untergeordneter Wichtigkeit. Ob so oder so, die Gefahr einer Eruption bleibt bestehen. Die Grindavikings bangen weiter um ihre Existenzgrundlage. Heute dürfen wieder 120 Stadtbewohner zu ihren Häusern um Wertgegenstände zu bergen.

Italien: Erdbeben nahe Marsili Seamont

Erdbeben M 4,7 nahe Marsili Seamount in Italien

Datum 20.11.2023 | Zeit: 06:46:28 UTC | Lokation: 39.728 ; 13.733 | Tiefe: 403 km | Mb 4,7

Das Tyrrhenische Meer wurde heute Morgen um 6:46 UTC von einem moderaten Erdbeben der Magnitude 4,7 erschüttert. Das Epizentrum wurde 101 km südsüdwestlich der Insel Capri im Golf von Neapel ausgemacht. Betrachtet man die Shakemap beim GFZ, dann stellt man fest, dass der Marsili-Seamount nur wenige Kilometer vom Epizentrum entfernt liegt. Der große Unterwasservulkan bereitet den italienischen Geoforschern Sorgen, da eine Eruption unabsehbare Folgen hätte. Auch ein Erdbeben könnte einen Hangrutsch triggern, der wiederum einen Tsunami im Mittelmeer auslöst. Von einer Riesenwelle geht ein großes Zerstörungspotenzial aus. Der aktuelle Erdstoß hatte allerdings ein Hypozentrum in mehr als 400 km Tiefe und ereignete sich somit im Erdmantel, Er war an der Oberfläche kaum zu spüren gewesen und es bestand keine größere Gefahr, dass der Vulkan beeinflusst wird. Vielmehr stand der Erdstoß mit der Subduktion unter dem Tyrrhenischen Meer in Verbindung: Von Süden her gleitet die Ionische Platte unter die Mikroplatte des Tyrrhenischen Meers und taucht bis in den Erdmantel hinab. Normalerweise schmilzt die Platte und schafft so den Rohstoff der Lava, die an den Vulkanen Süditalien eruptiert wird. Aber offenbar schaffte es ein Teil der Platte, dem Schmelzprozess zu entgehen, und löste den Erdstoß aus.

Der Marsili Seamount hat eine Höhe von gut 3000 Metern und ist damit ähnlich hoch wie der Stromboli. Sein Gipfel liegt ca. 450 Meter unter der Wasseroberfläche. Aufgrund der großen Wassertiefe wären die sichtbaren Spuren einer Eruption vergleichsweise gering und würden sich wahrscheinlich auf Wasserverfärbungen beschränken. Allerdings könnten Flöße aus schwimmenden Bimssteinen entstehen, die den Schiffsverkehr beeinträchtigen.

Wann der Unterwasservulkan zuletzt eruptierte, ist unsicher, dennoch gibt es hydrothermale Aktivität und der Vulkan wird als potenziell aktiv eingestuft.

Ätna strombolianisch tätig – News vom 20.11.23

Staat: Italien | Koordinaten: 37.73, 15.00 | Aktivität: Strombolianisch

Tremor am Ätna fluktuiert – Warnung vor strombolianischen Eruptionen

Auf Sizilien ist der Ätna strombolianisch aktiv. Gestern Abend konnte man die sporadisch stattfindenden Eruptionen auf der Livecam verfolgen, wobei es immer wieder Phasen erhöhter Aktivität gab. Zeitweise war minutenlang ein roter Lichtschein über dem Krater zu beobachten gewesen. Der Tremor fluktuiert, so dass auf dem zugehörigen Graphen eine Zackenlinie entsteht. Die Peaks reichen dabei bis in den roten Bereich herein. Das INGV brachte gestern gegen 17:30 UTC eine Warnung vor den Eruptionen heraus und setzte den VONA-Alarmstatus auf „Gelb“. Seitdem hat sich wenig verändert. Größere Aschemengen wurden bis jetzt nicht ausgestoßen.

Oft sind länger anhaltende strombolianische Phasen Vorzeichen eines sich zusammenbrauenden Paroxysmus am Ätna. Den jüngsten dieser heftigen Ausbrüche gab es am 12. November. Vor 8 Tagen spekulierte ich über den Beginn einer neuen paroxysmalen Phase, und ich halte es für nicht unwahrscheinlich, dass wir in nächster Zeit weitere dieser Ausbrüche sehen werden. Wissenschaftliche Indizien dafür sind mir allerdings nicht bekannt. Meine Spekulation fußt auf das typische Verhalten des Vulkans, wobei man anmerken muss, dass es in Abständen von mehreren Wochen bis Monaten immer wieder zu einzelnen Paroxysmen kam. Allerdings, ohne dass es nach mehreren Tagen noch bzw. wieder Strombolianer gab.

Die Erdbebentätigkeit ist in diesem Monat bisher niedrig, was eigentlich gegen eine größere Phase paroxysmaler Eruptionen spricht. Die letzten Schwarmbeben sind bereits einige Monate her. Dennoch könnte sich unter dem Vulkan Magma akkumulieren. Es gibt quasi immer einen schwachen Magmenzufluss unter dem Vulkan.

Die Forscher vom INGV zeigen sich bedeckt und bringen aktuell nur noch Monatsbulletins heraus. Daran änderte auch der letzte Paroxysmus bis jetzt nichts. Es sieht so aus, als würde es keine signifikanten Änderungen der geophysikalischen Parameter geben. Trotzdem dürfen wir gespannt sein, wie es weitergeht am Ätna.