Ätna schießt sich ein – News vom 24.11.23

Staat: Italien | Koordinaten: 37.73, 15.00 | Aktivität: Strombolianisch

Ätna mit frequenten strombolianischen Eruptionen – Paroxysmus könnte bald anfangen

Der Ätna ist aktuell in seinem Gipfelbereich nicht nur wolkenfrei, sondern erzeugt auch am laufenden Band strombolianische Eruptionen, die sich auf den Livecams gut beobachten lassen. Auf einer der Kameras vom Neuen Südostkrater sieht es so aus, als würde durch die Scharte in der Südflanke bereits glühende Lava fließen. Auf den Standbildern lässt sich schlecht beurteilen, ob es sich um glühende Tephra handelt, die über den Boden rollt, oder ob tatsächlich ein Lavastrom unterwegs ist. Der Tremor erzeugt aber noch sein Zackenmuster, ohne definitiv durchzustarten. Von daher könnte der Paroxysmus noch etwas auf sich warten lassen, sofern es denn einen geben wird.

Über Nacht blieb der Paroxysmus aus. Dafür gab es gemäß des fluktuierenden Tremor kurzlebige Phasen erhöhter strombolianischer Tätigkeit, die es heute Morgen sogar bis in die deutschen Nachrichtensender schaffte. Die Szenerie ist atemberaubend, denn im Laufe der Woche fiel viel Schnee und der fast volle Mond beleuchtete die Szenerie. Entsprechend tolle Fotos wurden in den sozialen Medien geteilt.

Die Eruptionen förderten eine größere Menge glühender Tephra, die sich im Kraterbereich, aber auch auf den Flanken des Neuen Südostkraters ablagerten bzw. die Flanken hinabrollten. Das verursachte eine moderte Wärmestrahlung mit 85 MW Leistung. Vor gut 10 Jahren erlebte ich am Ätna selbst einmal so eine lange Aufheizphase vor einem Paroxysmus. Sie zog sich gut 5 Tage hin, und als dann endlich der Hauptausbruch begann, befand ich mich wieder auf dem Weg zum Flughafen. Ich bin gespannt, wie lange das aktuelle Spielchen weitergeht? Natürlich muss es nicht zwingend zu einer paroxysmalen Eruption kommen, doch die Wahrscheinlichkeit dafür ist groß. Aber wie wir in den letzten 2 Wochen am Beispiel Island gesehen haben: Vulkane scheren sich einen Dreck um Erwartungen und Wahrscheinlichkeiten.

Erdbeben Mw 6,9 bei den Mariannen am 24.11.23

Starkes Erdbeben MW 6,9 erschüttert pazifische Inselregion des Mariannenbogens

Datum 24.11.2023 | Zeit: 09:05:03 UTC | Lokation: 20.123 ; 145.556  | Tiefe: 10 km | Mw 6,9

Heute Morgen gab es ein starkes Erdbeben der Magnitude 6,9 bei den Marianneninseln des zirkumpazifischen Feuergürtels. Das Hypozentrum befand sich in nur 10 km Tiefe. Das Epizentrum wurde 546 km nordnordwestlich von Saipan verortet. Saipan ist die größte Insel der Nördlichen Marianen, einem Außengebiet der USA. Somit obliegt auch die seismologische und vulkanologische Überwachung der Region dem USGS. Während die hier veröffentlichten Daten vom EMSC stammen, kam das USGS auf andere Werte zum Erdbeben: Demnach lag die Magnitude bei 7,1 und die Tiefe bei 12,4 km. Trotz der Stärke des Erdbebens und der vergleichsweise geringen Tiefe wurde kein Tsunamialarm gegeben. Berichte über Schäden gibt es auch nicht, da sich der Erdstoß fernab der Zivilisation ereignete. Es wurde auch eine Reihe von Nachbeben detektiert. Von ihnen hatten acht Erschütterungen Magnituden im 5er-Bereich.

Das Erdbeben stand vermutlich mit der Subduktion der pazifischen Platte unter die Mikroplatte der Mariannen entlang des Mariannengrabens in Verbindung. Diese grenzt im Westen an die Philippinenplatte und bildet dort eine divergente Plattengrenze. Das Epizentrum befand sich etwa in der Mitte der Mariannenplatte zwischen den beiden tektonischen Begrenzungen. Und hier kommt mein „vermutlich“ am Anfang dieses Absatzes ins Spiel, denn das Beben manifestierte sich wenige Kilometer östlich der Vulkane Supply Reef (submarin) und Maug Island und könnte auch mit den Vulkanen in Verbindung stehen, obwohl es für ein vulkanisch bedingtes Erdbeben eigentlich zu stark war. Auch der größte Inselvulkan der Mariannen -Agrigan (unterer Kartenrand)- ist nicht weit vom Epizentrum entfernt gelegen.

Generell ist die Inselkette der Mariannen vulkanischen Ursprungs. Die Aktivität der Vulkane könnte durch das Erdbeben beeinflusst werden. Damit eine Eruption ausgelöst wird, müsste es aber bereits einen geladenen Vulkan geben.

Island: Schwarmbeben im Osten von Reykjanes

Schwarmbeben im Hengil-System – Spalten in Grindavik werden verfüllt

Heute Morgen gab es einen kleinen Erdbebenschwarm im Osten der Reykjaneshalbinsel. Es manifestierte sich in der Nähe eines weiteren Geothermalkraftwerks nahe Reykjavik, das auf den Namen Hellisheiði hört. Es liegt in einem Areal, das zum Spaltensystem Hengill gehört, das genaugenommen zwischen Reykjanes und Südisland liegt.

Darüber hinaus gab es weitere Erschütterungen im Bereich des magmatischen Gangs bei Grindavik. Wie IMO berichtet, gab es gestern rund 650 Erdbeben dort, was deutlich mehr ist, als man anhand der Erdbebentabelle auf der Website der isländischen Wetterbehörde hat ablesen können. Das Seismogramm, das ich in dem Bericht von gestern Abend veröffentlicht habe, deutete sowas an. Zwischen Mitternacht und den frühen Morgenstunden wurden 300 weitere Erdbeben registriert. Gegenüber der Hochphase der seismischen Aktivität mag das wenig erscheinen, doch immer noch kann man von einer regen Erdbebentätigkeit sprechen, die in ruhigeren Zeiten bereits eine Meldung wert gewesen wäre. Die letzten GPS-Messungen wiesen auf anhaltende Bodenhebung im Bereich von Svartsengi hin, die in den letzten Stunden aber etwas nachgelassen haben soll. Die Ausbruchsgefahr bleibt hoch, auch wenn sich das Risiko für eine Eruption im südlichen Bereich des magmatischen Gangs reduziert hat.

Im Gegensatz zu den Sizilianern am Ätna, die in der Literatur oft für fatalistisch gehalten werden, gibt man sich auf Island kampfbereit. Dort hat man bereits gestern angefangen, die großen Erdspalten, die sich am 10. November geöffnet hatten, mit Schotter zu verfüllen. Sicherlich mehr als nur eine Sicherheitsmaßnahme, um zu verhindern, dass neugierige Journalisten in die Spalten stürzen: Kaum wurde die Gefahrenstufe etwas reduziert, arbeitet man offensichtlich daran, den Bewohnern der Stadt eine Rückkehr in ihre Häuser zu ermöglichen. Ich finde es toll, da ich Grindavik als Ausgangsbasis zu Touren auf Reykjanes mag, doch aufgrund der anhaltenden Magmenakkumulation unter Svartsengi halte ich allzu viel Optimismus für verfrüht. Aber wie ich die Isländer einschätze, kehren die Anwohner auch nach Grindavik zurück, wenn sich weiter nördlich eine Eruptionsspalte öffnen sollte.

Ätna wird unruhiger – News vom 24.11.23

Staat: Italien | Koordinaten: 37.73, 15.00 | Aktivität: Fumarolisch

Zunahme der strombolianischen Aktivität am Ätna – Vulkan hängt in Wolken

Heute Nacht hatte der diensthabende Vulkanologe vom INGV Catania ein bisschen was zu tun, als er auf seine Monitore schaute und die Instrumente am Vulkan Ätna überwachte: Via LiveCam beobachtete er eine Zunahme der strombolianischen Aktivität und brachte um 4:22 UTC eine Meldung heraus, die auf der Website des INGV veröffentlicht wurde. Darin hieß es, dass neben glühender Tephra auch etwas Vulkanasche ausgestoßen wurde, die nach Modellberechnungen in Richtung Nordnordost driftete. Die Vulkanasche stieg aber nicht so hoch auf, dass eine VONA-Warnung für den Flugverkehr ausgegeben wurde.

Während die normale Erdbebentätigkeit unter dem Vulkan gering bleibt, fährt der Tremor wieder Achterbahn bzw. versucht sich an dem Zackennahtprogramm einer Nähmaschine. Es gibt einen frequenten Wechsel der Tremoramplitude und die Peaks reichen bis in den roten Bereich hinein. Außerdem registrierte MIROVA nachts eine moderate Wärmestrahlung mit 140 MW Leistung. Für mich sieht es nach wie vor aus, als würde sich der Vulkan auf einen neuen Paroxysmus vorbereiten. Wann es soweit sein wird, lässt sich aber nicht bestimmen.

Lavastrom vom ursprünglichen Südostkrater während Paroxysmus

Aufgrund des Paroxysmus und der gesteigerten Aktivität des Ätnas veröffentlichte das INGV am Dienstag wieder ein Wochenbulletin, das die Aktivität der Periode vom 1. bis 19. November dokumentierte. In erster Linie beschrieb man die Auswirkungen der paroxysmalen Episode vom 12.11.2023 und konzentrierte sich auf die Verbreitung der Lavaströme, die bei diesem Ereignis gefördert wurde. Besonders interessant ist, dass ein kleinerer Lavastrom von einem neuen Förderschlot im ursprünglichen Südostkrater ausging, der seit mindestens 12 Jahren inaktiv war. Eine spannende Entwicklung, wie ich finde. Auf der Karte sieht man auch gut, dass alle Förderschlote -auch die in der Bocca Nuova- praktisch auf einer Linie liegen. Sie markiert wahrscheinlich einen Riss durch den Gipfelbereich des Vulkans Ätna.

Interessant ist auch der Umstand, dass sich der Tremor auf einen Bereich unterhalb des Südostkraterkomplexes konzentrierte, so wie man es schon im letzten Monatsbulletin lesen konnte. Offenbar steckt ein Magmenkörper in einer Tiefe von 2700 bis 2900 m über dem Meeresspiegel. Unklar ist, ob neues Magma aus größerer Tiefe aufsteigt. Wenn dem so ist, dann ist der Aufstiegsweg frei und das Magma migriert ohne größere Blasenbildung nach oben. Dagegen spricht, dass chemische Analysen des paroxysmal eruptierten Materials weiter entwickelt waren als die Lava, die in den vorherigen Eruptionsphasen eruptiert wurde. Das spricht für eine längere Verweildauer der Schmelze in einem Magmenkörper. Kurz vor dem Paroxysmus gab es eine signifikante Bodenhebung von ca. 3 µrad. In erster Linie sprangen Klinometer oberhalb der Höhe der Tremorquelle an, aber auch auf der Nordostflanke gab es Klinometer, die auf 1400 und 1200 m Höhe installiert sind, die eine erhebliche Bodenverformung gemessen haben. Die Vermutung liegt nahe, dass vor dem Paroxysmus Magma aus einem Reservoir aufstieg, das sich im Frühsommer unter der Nordflanke des Vulkans gebildet haben könnte, als es dort zu zwei Schwarmbeben kam. Dass die Schmelze während des finalen Aufstiegs aber keinen Tremor erzeugte oder Erdbeben auslöste, ist schon seltsam.

Campi Flegrei: Erdbeben Md 3,1

Erdbeben der Magnitude 3,1 unter der Campi Flegrei

Datum 24.11.2023 | Zeit: 18:41:46 UTC | Lokation: 40.8315 ; 14.1365  | Tiefe: 2,8 km | Md 3,1

Gestern schrieb ich noch, dass die seismische Aktivität unter dem süditalienischen Calderavulkan Campi Flegrei deutlich abgenommen hat. Da gab es dann auch gleich eine Reaktion vom Vulkan: Sie kam in Form von 4 Erdstößen, von denen der Stärkste eine Magnitude von 3,1 hatte. Das Hypozentrum befand sich in 2,8 km Tiefe. Das Epizentrum lag auf dem nordwestlichen Kraterrand der Solfatara. Ein Schwarmbeben, wie man es vor dem Abflauen der Aktivität gesehen hätte, blieb erst einmal aus. Allerdings setzte heute Morgen wieder Erdbebentätigkeit ein und es gab seitdem 10 schwache Erschütterungen. Die Erdbebensequenz zeigt, dass die Campi Flegrei wahrscheinlich nur etwas verschnaufte und ihre aktuelle Hebungsphase noch nicht für beendet erklärt werden kann – besonders, da sich der Boden ja noch leicht hebt.

Dieses Heben und Senken des Untergrundes der Caldera ist kein neues Phänomen der Region, denn Spuren von Bohrmuscheln an den Säulen des Marcellums aus der Römerzeit zeugen davon, dass das ganze Areal damals um mehrere Meter tiefer lag als heute. Tatsächlich finden sich vor der Küste von Pozzuoli römische Artefakte Unterwasser. Sie sind im archäologischen Unterwasserpark von Baiae zu bewundern. Natürlich nur wenn man eine Genehmigung hat, dort abzutauchen. Die Artefakte liegen in Wassertiefen zwischen 5 und 13 m und belegen, dass die Küste tatsächlich einmal bis zu 15 m höher lag als heute. Also hat es bereits zu Zeiten der Römer erhebliche Bodenbewegungen gegeben, ohne dass es zu einem Vulkanausbruch gekommen wäre. Den letzten Ausbruch vor der Römerzeit gab es im 17. vorchristlichen Jahrhundert. Er hatte einen VEI von 4. Die erste Eruption nach der römischen Epoche, die zwischen den Jahren 753 v. Chr. bis 476 n. Chr. definiert wird, ereignete sich erst im 12. Jahrhundert nach Christus. Also gab es einen Zeitraum von 2900 Jahren ohne nennenswerte eruptive Tätigkeit, während der sich der Boden im Küstenbereich von Pozzuoli um gut 15 Meter verformte. Offenbar hatten die Römer ihre Gebäude an der Küste zu einem Zeitpunkt errichtet, als sich die Bodenhebung nahe eines Maximums befand.

Die Bodenhebung der aktuellen Phase, die im Jahr 2005 anfing und zunächst nur eine geringe Bodenverformung aufwies, nahm im Jahr 2011 Fahrt auf. Seitdem hob sich der Boden um 112 cm. Mir ist nicht bekannt, wo die natürliche Nulllinie liegt, aber berücksichtigt man die Ruinen in 13 m Wassertiefe, dürfte noch deutlich mehr Bodenhebung drin sein, bevor es zu einer Eruption kommt. Was jetzt nicht heißen soll, dass es erst zu einem Ausbruch kommen wird, wenn sich der Boden um mindestens weitere 13 Meter gehoben hat.

Das Phänomen hinter der Bodendeformation von Pozzuoli nennt man Bradyseismos. Er wird sehr wahrscheinlich von magmatischen Fluiden hervorgerufen, die in das Hydrothermalsystem der Caldera eindringen. Unklar ist, was in größeren Tiefen passiert und ob dort die Bodenhebung von einem großvolumigen Magmenkörper gesteuert wird. Klar scheint zu sein, dass die Fluide irgendwoher kommen müssen. Wahrscheinlich stammen sie aus dem Magma in größeren Tiefen. Dafür sprechen chemische Analysen der Fluide, die in der Solfatara austreten. Es gibt aber auch ältere Spekulationen, dass vor der Küste Meerwasser in den Untergrund verschwindet, sich durch Magma in großen Tiefen erwärmt und unter dem Vulkan aufsteigt und so den Boden hebt.

Mir scheint es so, als wäre noch einiges an Forschungsarbeit nötigt, bevor man die Vorgänge in der Caldera wirklich versteht. Übrigens, wer sich die Shakemap genauer anschaut, erkennt, dass viele Erdbeben wie die Perlen auf einer Schnur geometrisch angeordnet zu sein scheinen. Ein Phänomen, dass bereits früher beobachtet wurde und wahrscheinlich auf Messungenauigkeiten zurückzuführen ist.