Stromboli: Insel der verbotenen Patina

-Eine ernst gemeinte Gesellschaftssatire-

Stromboli ist der aktivste Vulkan der Liparischen Inseln nördlich von Sizilien. Gut 924 Meter erhebt sich der Inselvulkan über das Tyrrhenische Meer. Stromboli ist mindestens seit der Römerzeit daueraktiv und als Leuchtfeuer des Mittelmeers bekannt. Diesen Ruf verdiente sich der Lavaspeier wegen seinen zuverlässigen Eruptionen, die mehrmals in der Stunde glühende Schlacken in die Luft speien. Manchmal fliegen die Lavabrocken dabei bis zu 300 m hoch. Selten kommt es zu stärkeren Explosionen, bei denen die gesamte Kraterterrasse nebst dem Pizzo, der sich gut 200 m über den Krater erhebt, mit vulkanischen Förderprodukten eingedeckt wird. Eigentlich unnötig zu erwähnen, dass es dann für etwaige Vulkanbeobachter brenzlig wird. Über die Jahre hinweg kamen so mehrere Personen zu Schaden bzw. ums Leben. Doch das hielt kaum jemanden davon ab, den Gipfel des Vulkans zu erstürmen, um einen Blick in den Höllenschlund zu werfen.

Stromboli: Schicksalstage einer Vulkaninsel

So war das zumindest bis zum Jahr 2019, als Stromboli begann eine Serie paroxysmaler Eruptionen zu erzeugen, bei denen sogar pyroklastische Ströme entstanden, die über die Feuerrutsche Sciara del Fuoco glitten und aufs Meer hinaus liefen. Spätestens seitdem ist alles anders am Stromboli, der über Jahrzehnte hinweg ein Magnet für Vulkanbeobachter war, die sich auf Neudeutsch Volcano-Spotter oder Vulkanspotter schimpfen. Für viele dieser vom Aussterben bedrohten Art war Stromboli der Einsteigervulkan: Hier ging man auf Tuchfühlung mit dem Vulkan und stellte den ersten Kontakt mit rotglühender Lava her! Doch wie heißt es so schön? Alles Gute hat ein Ende! Im Jahr 2019 wurde der Aufstieg endgültig untersagt. Genau genommen wurde der Aufstieg ohne Führer schon im Jahr 2007 unter Bußgeldandrohung offiziell verboten, doch tatsächliche Sanktionen wurden selten verhängt. Der Niedergang der Freiheit auf Stromboli begann tatsächlich noch früher: Aufstiegsverbote wurden bereits nach einem Vorfall zur Jahreswende 2002/03 eingeführt. Bis zu diesem Zeitpunkt war man auf Stromboli so gut wie frei. Individualtouristen teilten sich den Vulkan mit geführten Gruppen und es gab eine (fast) friedliche Koexistenz. Natürlich wurde es im Sommer oftmals zu voll am Gipfel und auf der Cima, jenem Grat, der zum Gipfel führte und einen aufsteigenden Viertelkreis um den Krater zieht. Im Dezember 2002 kam es zu einer Flankeneruption, in dessen Folge ein Teil der Kraterwand kollabierte und ins Meer rutschte, was einen kleinen Tsunami verursachte, der die Küstenpromenade von Stromboli-Ort verwüstete. Das war der eigentliche Schicksalstag von Stromboli, denn nach dem Tsunami kamen die Vulkanologen, der Zivilschutz und die Polizei. Die einen spickten den Vulkan mit ihren Instrumenten, die anderen mit Verbotsschildern und Bußgeldzetteln. Bis zu diesem Zeitpunkt wurde der italienische Inselvulkan- von dem man zu Unrecht annahm, er sei harmlos- nur rudimentär überwacht. Jahrelang befand sich der einzige analoge Seismograf in der Obhut eines deutschen Vulkanfotografen, der auf Stromboli lebte und den Vulkan als sein Künstleratelier betrachtete. Nach dem Mini-Tsunami durfte man nur noch in geführten Gruppen zum Krater aufsteigen, die sich nur kurze Zeit dort aufhielten. Für alle anderen war an einem Aussichtpunkt auf 400 Höhenmeter Schluss. Wer alleine aufstieg und oben erwischt wurde, wurde für gewöhnlich postwendend wieder runtergeschickt, nachdem seine Personalien aufgenommen wurden. Wiederholungstäter wurden mit einem Bußgeld sanktioniert. Trotzdem hatte man in der Nachsaison noch eine Chance auf ein unbeschwertes Vulkanerlebnis.

Sperrung eines Vulkans

Nach den Paroxysmen von 2019 also das offizielle Besteigungsverbot für alle, auch für geführte Gruppen. Seitdem kam und kommt es immer wieder zu Phasen erhöhter Aktivität am Stromboli, die einen Aufenthalt in der Gipfelregion tatsächlich gefährlicher machen als es zuvor der Fall gewesen war. In ruhigeren Phasen wurden einige Versuche unternommen, den Vulkan wieder für Gruppen zu öffnen, doch diese währten nicht lange. Immerhin konnten Individualtouristen noch bis zu einem ersten Aussichtspunkt auf 290 Höhenmeter wandern. Gruppen wurden bis auf 400 Höhenmeter geführt. Der Strom an Vulkantouristen ließ merklich nach. Dann folgten die weltweit unsäglich dumm gemanagten Coronajahre und der Tourismus brach völlig zusammen. Im letzten Jahresviertel 2022 erfolgte eine neue Phase erhöhter Aktivität, bei der Lavaströme aus dem Krater überliefen. Bei einigen dieser Ereignisse entstanden abermals pyroklastische Ströme. Soviel zur apokalyptischen Vorgeschichte der letzten Jahre.

Alte Liebe rostet!

Die Hauptgeschichte ist schnell erzählt: im März 2023 kehrte ich nach 7-jähriger Abstinenz auf Stromboli zurück. Es war wie die zufällige Begegnung mit einer alten Liebschaft. Zuerst verhält man sich ein wenig verlegen, um dann wieder vertraut und ein wenig wärmer zu werden. Erinnerungen an die gemeinsame Zeit werden wach, doch die alte Leidenschaft ist verblasst. Zu weit entfernt loderte das Erdfeuer von Quota 400 aus gesehen, als dass ich voll entflammt wäre, obwohl die Eruptionen durchaus ansehnlich waren und mit einem Teleobjektiv mit 200 mm Brennweite eingefangen werden konnten. Dabei bewegte ich mich bereits auf Quota 400 im verbotenen Areal. Ein umgekipptes Schild am Aussichtspunkt auf 290 Höhenmeter wies darauf hin, dass man sich in höheren Lagen nicht erwischen lassen sollte, denn das könnte mit Geldbußen von 500 € bestraft werden. Aufgrund des Verbots, des starken Windes und dem kontinuierlichen Lavaspattering aus einem Schlot im Nordkrater sah ich von einem Aufstieg bis zum Gipfel ab. Zwar kann man eine Aktivitätssteigerung am Stromboli nicht immer anhand geophysikalischer Parameter prognostizieren, aber das Lavaspattering ist ein recht sicheres Vorzeichen, dass sich die Aktivität innerhalb von Tagen oder Stunden ändern wird. So kam es auch, denn am nächsten Morgen lief ein Lavastrom aus dem Krater über. Doch zu dieser Zeit schlummerte ich selig in meinem Pensionszimmer.

Sanktioniertes Stromboli

Mein Pensionsgastgeber erzählte, dass die Sanktionen von Seiten der Polizei völlig willkürlich verhängt werden und dass es kein festes Muster der Kontrollen gäbe: Erst letztens musste ein Paar 1000 € bezahlen. Tatsächlich empfing ich ein paar Tage später eine E-Mail von einer befreundeten Vulkanfotografin, dass sie und ihre Begleitung erwischt worden seien und mit 1000 € sanktioniert wurden. Allerdings haben sie sich nicht auf Quota 400 befunden, sondern am unteren Aussichtspunkt auf 290 Höhenmetern. Nach ihrer Aussage sind Wanderungen bis auf 290 Höhenmeter jetzt nur noch mit Führer erlaubt. Die Quota 400 ist bereits für alle Sperrgebiet. Explizite Warnschilder gibt es bis zur Quota 290 nicht, sieht man einmal davon ab, dass der Aufstiegsweg kurz vor der Pizzeria am Punta Labronza wegen Bauarbeiten gesperrt ist. Bei den verheerenden Unwettern letztes Jahr wurde ein gutes Stück des Weges weggeschwemmt. An einer Stelle klafft ein fast 3 m tiefer Abgrund, an dem man sich auf einem schmalen Streifen vorbeiquetschen muss. Wer hier nachts nicht aufpasst, stürzt schnell ab. Auch an anderen Stellen am Ortsrand klafften Erdfälle. Einige Haustüren waren im unteren Bereich mit Brettern verbarrikadiert, als Schutz vor etwaigen Schlammmassen, sollte es zu weiteren Unwettern kommen. Die Piazza zwischen Kirche und Café Ingrid wurde komplett aufgerissen und saniert. Die verbrannten Hänge infolge des Macchiabrandes vom Mai 2022 waren bei bestem Willen nicht zu ignorieren. Zwar gab es an einigen Stellen wieder zartes Grün niedriger Bodenbedecker, doch das ägyptische Schilf und die Ginsterbüsche schlagen wohl so schnell nicht mehr aus.

Paradoxe Sicherheitspolitik

Der Zustand der meisten Gebäude war etwas besser als ich es kurz zuvor noch auf Vulcano erlebte, doch auch hier war die Patina, die vielen Gebäuden anhaftete, kaum zu übersehen und für meinen Geschmack etwas dick aufgetragen. Was mich auch ein wenig erstaunte, war der Umstand, dass jegliche Innovationen an Stromboli vorbeigegangen zu sein scheinen. Anstatt Energie über Erdwärme, Solarzellen und kleine Windturbinen zu generieren, befeuert man noch das alte Heizölkraftwerk an der Küstenpromenade. Wer einen Kamin hat, heizt mit Holz, das umweltfreundlich per Schiff zur Insel transportiert werden muss. Die Gästezimmer werden ebenfalls umweltfreundlichst per stromsparender Klimaanlage geheizt. Und das zu Zeiten, in denen man uns in Deutschland immer weiter knebeln will! Doch geknebelt sind die Strombolianer genug, das Aufstiegsverbot trifft viele Menschen hart, denn zum großen Teil lebte man hier bislang vom Vulkantourismus. Nicht nur ich stelle die Frage, in was sich unsere sicherheitsverwöhnte Gesellschaft da hineinmanövriert, indem man die Sicherheit der Menschen dadurch gewährleisten will, dass man jene, die bereit sind Risiken einzugehen, mit Bußgeldern belegt und wie Verbrecher verfolgt?! Eine Praxis, die sich seit der Einführung der (sicher sinnvollen) Anschnallpflicht wohl immer weiter durchsetzt. Neben Freiheitseinschränkungen für Vulkanspotter und Fotografen werden hunderte Menschen ihrer finanziellen Lebensgrundlage beraubt, darunter fallen nicht nur die Gastronomen, Hoteliers und Vulkanführer von Stromboli, sondern auch reisende Vulkanfotografen und Schreiberlinge wie ich einer bin. Ob man mit dieser Mentalität den Wilden Westen besiedelt hätte oder Menschen zum Mond geflogen wären? Wohl kaum!

Rauchen gefährdet ihre Gesundheit

Nicht nachvollziehbar und geradezu paradox ist es für mich unter Sicherheitsaspekten, dass Bergsteiger ungehindert halsbrecherische Gratwanderungen machen können und Skifahrer Lawinen auslösen dürfen ohne bestraft zu werden. Warum schließt man nicht alle Gipfel des Hochgebirges? Unfälle mit Todesfolge sind an Vulkanen bestimmt nicht dramatisch höher als im alpinen Extremsportbereich. Und wie viele Menschen ertrinken jährlich in Flüssen, Seen und der Brandung gefährlicher Ozeane? Trotzdem gibt es (noch) kein generelles Badeverbot. Würde es nicht reichen, Vulkantouristen über die Gefahren aufzuklären, die sie an einem aktiven Vulkan erwarten? Vielleicht sollte man dem Beispiel der Zigarettenindustrie folgen und abschreckende Bilder verbrannter Leichen am Vulkanaufstieg aufhängen, ganz nach dem Motto „Rauchen gefährdet ihre Gesundheit und endet meistens tödlich“. Wobei eins sicher ist: Lebendig kommen wir alle nicht aus dem Leben raus! Der Konsum von gesundheitsschädlichen Drogen, Extremsport und schnellfahrenden Autos sind gesellschaftlich akzeptiert. Sogar Sex kann tödlich enden, nicht nur für männliche Spinnen und Gottesanbeter. Wird er deshalb verboten? (O.K. das kommt bestimmt auch noch, in manchen Bereichen mischt sich der Gesetzgeber ja dort bereits ein und ich frage mich generell, wer schützt uns vor dem Schutz?) Die Kosten für Folgeschäden teilt sich die Gesellschaft. Wer einen aktiven Vulkan besteigt, gilt oftmals als verantwortungsloser Idiot. Aus einem einzigen Grund: Die meisten Menschen haben einfach keine Ahnung vom Vulkanismus (allerdings auch nicht von männlichen Spinnen und Gottesanbetern) und können die tatsächlichen Gefahren nicht einschätzen. Dazu zählen scheinbar auch Behörden, die wahrscheinlich weniger an die Sicherheit der Vulkanstürmer interessiert sind, als daran, sich juristisch unangreifbar zu machen. Man fürchtet (zu recht) Anwälte der Angehörigen potentieller Opfer des Vulkans und das vermeintlich Unbekannte. Und klar, Vulkane haben keine Lobby. Das zu ändern versuche ich seit über 30 Jahren. Leider mit bescheidenem Erfolg bei den betreffenden Behörden.

Alternative Ziele für potenzielle Selbstmörder

Was bleibt? Für mich ein fahler Nachgeschmack! Sollten die Restriktionen am Stromboli nicht deutlich gelockert werden, sehe ich für den Vulkantourismus dort schwarz, was natürlich Ziel einer kommunalen Regierung ist, die den Menschen keine brauchbaren Alternativen bietet und die Insel bestimmt am liebsten räumen würde. Um ein wenig Baden zu gehen, gibt es attraktivere Ziele, die schneller zu erreichen sind, mehr Komfort bieten und billiger sind. Um es attraktiver zu machen, müsste man zum Zustand vor 2019 zurückkehren und Individualtouristen wenigstens nicht jagen und bestrafen, wenn sie trotz offiziellem Verbot das Risiko in Kauf nehmen zum Gipfel aufsteigen. Ansonsten kann ich echten Vulkanspottern keine Empfehlung für Stromboli aussprechen, außer vielleicht, wenn sie mit Kindern unterwegs sind, die einmal die Lavagaben aus der Ferne sehen sollen. Der Ätna ist nur in aktiven Zeiten eine Alternative zum Stromboli, denn hier sieht man vergleichsweise selten eruptive Tätigkeit. Sicher kann man beide Vulkane besuchen, wenn man ein wenig Vulkanluft schnuppern will und die Landschaften genießen möchte, doch echtes Vulkanfeeling kommt nur bedingt auf. Wer einen ersten Vollkontakt mit einem daueraktiven Vulkan sucht, der ist im Augenblick am Fuego in Guatemala ganz gut aufgehoben. Die Anreise dauert kaum länger, als wenn man sich zum Stromboli aufmacht, ist dafür aber natürlich teurer. Zwar ist man am Fuego im Camp am Acatenango auch relativ weit von den Eruptionen entfernt, aber man befindet sich wenigstens (fast) auf Augenhöhe mit dem Gipfel und den Verantwortlichen vor Ort. Zudem sind die Eruptionen oft stärker als am Stromboli. Wer es wagt, kann auch auf den Grat zwischen Fuego und Acatenango steigen und die Eruptionen aus nächster Nähe erleben, geht dabei aber ein entsprechendes Risiko für Leib und Leben ein. Diese Annäherung ist zwar auch Verboten, wird aber oft praktiziert und wurde bis jetzt meins Wissens nach noch nicht sanktioniert. Und bitte, springt nicht gleich in den Krater! Respekt erlangt man weder durch Selbstmord, noch dadurch einfach alt zu werden und zu sterben.

Sicherlich kann man diesen Artikel und meine Meinung zu der Überreglementierung unserer Gesellschaft kontrovers diskutieren. Im neuen Forum könnt ihr das gerne tun! Vielleicht habt ihr auch andere Informationen zu den Aufstiegsbedingungen?

Vulkan-News 12.03.23

Nach meiner Reise zu den Liparischen Inseln Vulcano und Stromboli bin ich nun wieder daheim und setzte die Updates in gewohnter Weise fort. Hier ein kleiner Überblick über die vulkanische Aktivität der letzten Tage. Zu meinen Reiseerfahrungen kommen in den nächsten Tagen Berichte über Stromboli und Vulcano. Leider ist es um die Zugänglichkeit der Vulkane dort nicht gut bestellt und der Tourismus daher auf dem absteigenden Ast, doch davon später mehr.

Aktuelle Meldungen:

Anak Krakatau mit Ascheeruption

Der indonesische Inselvulkan Anak Krakatau eruptierte gestern Vulkanasche. Das VAAC Darwin meldete Aschewolken in 1 km Höhe. Darüber hinaus kommt es zu starken Entgasungen. Dampfwolken sind auf Bildern der Überwachungskamera sichtbar. Die Seismizität ist gering, mit einer stärkeren Eruptionsphase rechne ich momentan weniger.


Nisyros mit Erdbebenschwarm

Vor der Südküste der griechischen Vulkaninsel Nisyros ereignete sich ein Schwarmbeben. Es wurden 12 Erschütterungen mit Magnituden zwischen 3,8 und 2,3 registriert. Die Hypozentren befanden sich in 5 km Tiefe.


Popocatepetl eruptiert weiter

In Mexiko bleibt der Popocatepetl aktiv und erzeugt sporadische Ascheeruptionen, bei denen die Vulkanasche aktuell bis auf einer Höhe von 6400 m aufsteigt und in Richtung Nordosten driftet. CENAPRED meldete gestern zudem 232 Asche-Dampf-Exhalationen und 347 Minuten Tremor. Dieser Wert ist vergleichsweise hoch und deutet an, dass sich magmatische Fluide im Fördersystem bewegen. Mit weiteren Eruptionen ist zu rechnen.

Popocatepetl liegt in Sichtweiter der mexikanischen Hauptstadt und ist der aktivste Vulkan des Landes. Da sich die Eruptionen auf die Hauptstadt und dem internationalen Flughafen auswirken könnten, wird der Vulkans bestens überwacht.


San Miguel eruptierte Vulkanasche

Der Vulkan San Miguel liegt in El Salvador und eruptierte am 8. März Aschewolken, die bis zu einer Höhe von 3000 m aufstiegen und nach Süden drifteten. Die Eruptionen wurden von starkem Gasausstoß begleitet und hielten bis zum Folgetag an.


Shiveluch sehr aktiv

Auf der sibirischen Halbinsel Kamtschatka ist der Shiveluch sehr aktiv und löst mit seinen Aschewolken mehrere VONA-Warnungen aus. Demnach steigt die Vulkanasche bis auf 4200 m Höhe und driftet in Richtung Südosten. Laut KVERT werden die Aschewolken explosiv erzeugt und steigen bis zu 2500 m über Gipfelhöhe auf. Scheinbar sind die Eruptionen nicht mit der Generierung pyroklastischer Ströme gekoppelt.


Stromboli mit Lavaüberläufen

Am Stromboli kommt es weiterhin zu periodisch auftretenden Lavaüberläufen aus einem Schlot im Nordostsektor des Kraters. Besonders zu Beginn der Überläufe gehen Schuttlawinen ab und es können pyroklastische Dichteströme entstehen. Als ich Mitte der Woche vor Ort war, schaffte es die Lavafront bis auf ca. 350 m Höhe. Von der Lavafront gingen Steinschläge glühender Lavabrocken ab, die es bis zur Küste hinabschafften und ins Meer klatschten.


Takawangha mit erhöhter Seismizität

In Alaska steht der Vulkan Takawangha möglicherweise kurz vor einem Vulkanausbruch. In den letzten Tagen ist die Erdbebentätigkeit unter dem Vulkan deutlich gestiegen. Das AVO berichtet von mehreren Erschütterungen pro Minute. Die stärksten Erschütterungen liegen im 4-er-Bereich. Betroffen ist auch der Nachbarvulkan Tanaga.

Stromboli am 08.03.23: Lavastrom

Lavaspattering und Lavastrom am Stromboli

Gestern Abend befand ich mich auf Beobachtungsposten am Stromboli und konnte intensives Lavaspattering und strombolianische Eruptionen beobachten. Das Lavaspattering fand nicht aus dem gut sichtbaren Hornito im nordöstlichen Kraterbereich statt, sondern aus einem anderen Schlot im gleichen Kratersektor. Das Spattering hielt nahezu kontinuierlich an und warf glühende Tephra bis zu 30 m hoch aus. Damit befand sich das Spattering schon im Übergangsbereich zu kontinuierlicher strombolianischer Tätigkeit. Pro Stunde ereigneten sich bis zu 8 größere strombolianische Eruptionen. Vor der Abenddämmerung gab es aber auch mehrstündige Phasen ohne nennenswerte Explosionen.

Heute Morgen um 05.20 UTC begann dann ein neuer Lavaüberlauf. Während der Initialphase gab es mehrere kleine Pyroklastische Ströme und Abgänge von Schuttlawinen, die bis zur Küste hinab reichten. Zu dieser Zeit war ich allerdings nicht mehr am Vulkan. Von Stromboli-Ort aus konnte ich morgens einen Dampfring beobachten.

Gestern war eigentlich erst einmal der Explorationstag. Die Insel befindet sich im Winterschlaf, doch darüber hinaus leidet man unter einem Rückgang der Besucherzahlen, da der Aufstieg zum Vulkan verboten bleibt. Ohne Führer kann man bis auf einer Höhe von 290 m aufsteigen. Mit Führer darf man bis auf Quota 400 aufsteigen. Ein umgestürztes Schild droht eine Strafe von 500 € an, sollte man sich an diese Regel nicht halten. Problematisch sind die zerstörten Aufstiegsrouten. Selbst der alte gepflasterte Hauptweg entlang der Pizzeria am Punta Labronza wurde durch die beiden Starkregenereignisse letzten Jahres teilweise zerstört und ist noch vor der Pizzeria gesperrt. Im oberen Bereich ist der Pfad stark ausgewaschen und rollig.

Da sich momentan kaum Touristen auf der Insel befinden, wurde zumindest gestern keine geführte Tour angeboten. Unser Hotelier warnte Manfred und mich ausdrücklich davor auf eigener Faust aufzusteigen, denn es sollen sporadische Kontrollen durch Polizei und Zivilschutz stattfinden. Dabei sollen bereits Strafen von bis zu 1000 € verhängt worden sein, obwohl offiziell nur 500 € angedroht werden. Er selbst meinte, die Situation sei vollkommen unberechenbar und zeigte sich wenig zufrieden mit der Handhabung der Situation.

Die Ereignisse heute Morgen und das Lavaspattering zeigen, dass nicht nur die politische Situation unberechenbar ist, sondern dass Stromboli nicht mehr als gutmütig eingestuft werden kann. Die Warnungen der Vulkanologen erscheinen mir durchaus berechtigt zu sein.

Update: Mittlerweile erreichte mich eine Meldung, nach der auch der Aufstieg bis auf 290 m nicht mehr ohne Führer gestattet ist. Leute die dort ohne Führer unterwegs waren, wurden mit 500 € zur Kasse gebeten. Verbotsschilder stehen dort nicht!

Erdbeben-News 03.03.23: Türkei

Nachbeben Mb 5,0 im Südosten der Türkei

Datum: 03.03.23 | Zeit: 02:53:43 UTC | 37.85 N ; 36.65 E | Tiefe: 4 km | Mb 5,0

Nachdem Anzahl und Stärke der Nachbeben entlang der Ostanatolischen Verwerfung in den letzten Tagen nachgelassen hatten, löste heute ein Erdbeben Mb 5,0 eine neue Serie weiterer Nachbeben aus, die sich entlang der Verwerfung verteilen. Das Beben Mb 5,0 manifestierte sich am nördlichen Abzweig der Ostanatolischen Verwerfung und hatte eine Herdtiefe von nur 4 km. Das Epizentrum wurde 23 km südwestlich von Göksun verortet. Insgesamt gab es seit dem 6. Februar mehr als 9000 Nachbeben.

Gut dreieinhalb Wochen nach der größten Naturkatastrophe der letzten 100 Jahre auf dem europäischen Kontinent wurde gestern noch ein Hund lebend aus den Trümmern der Stadt Antakya geborgen. Die Rettungsmission ist längt in eine Leichenbergungsaktion transformiert worden, umso erfreulicher war es für die Einsatzkräfte noch ein lebendes Wesen zu bergen. Die Opferzahlen werden kaum noch aktualisiert. Zuletzt hat es geheißen, dass mehr als 50.000 Menschen nur tot geborgen  werden konnten. Wie viele noch unter den Trümmern liegen, ist unklar. Klar hingegen ist langsam das finanzielle Ausmaß der Katastrophe: alleine in der Türkei ist nach Einschätzungen der Weltbank ein Sachschaden von ca. 32 Milliarden Euro entstanden. Nach Türkischen Angaben soll sich der Schaden im Bereich von 80 Milliarden bewegen.

Hoch ist auch der Imageverlust der türkischen Regierung. Trotz -oder gerade wegen- der Katastrophe will Erdogan bereits im Mai Neuwahlen. Er hofft auf eine Bestätigung seiner Politik und möchte das Vertrauen der Bürger zurückgewinnen. Dass es bereits bei früheren Wahlen den Verdacht der Wahlmanipulation gab, lässt natürlich nichts Gutes vermuten.

In Istanbul, der Metropole an der Nordanatolischen Verwerfung, herrscht derweilen unter Hausbesitzern Verunsicherung. Viele wollen die Bauwerke auf ihre Standhaftigkeit im Falle eines starken Erdbebens überprüfen lassen. Viele Hauseigentümer, die ihre Gebäude ohne Baugenehmigung errichtet haben und vielleicht sogar wissen, dass es Pfusch am Bau gab, dürften inzwischen nicht mehr besonders gut schlafen.


Weitere Erdbebenmeldungen:

Vanuatu: Erdbeben Mw 6,5

Datum: 02.03.23 | Zeit: 18:04:32 UTC | 15.33 S ; 166.49 E | Tiefe: 10 km | Mw 6,5

Das stärkste Erdbeben der letzten Tage manifestierte sich gestern Abend in Vanuatu. Es hatte eine Magnitude von 6,5 und ein Hypozentrum in 10 km Tiefe. Das Epizentrum lag offshore und wurde 75 km westlich von Luganville verortet.


South Sandwich-Inseln: Erdbeben Mw 5,6

Datum: 03.03.23 | Zeit: 04:53:56 UTC | 59.45 S ; 17.97 W | Tiefe: 10 km | Mw 5,6

Ein starkes Erdbeben der Magnitude 5,6 ereignete sich östlich der South-Sandwich-Inseln. Der Erdbebenherd befand sich in 10 km Tiefe. Das Epizentrum wurde 2605 km östlich von Stanley auf den Falklandinseln festgestellt.


Stromboli: Erdbeben ML 2,3

Datum: 03.03.23 | Zeit: 01:30:13 UTC | 38.86 N ; 15.16 E | Tiefe: 109 km | ML 2,3

Wenige Kilometer vor der Nordküste der Vulkaninsel Stromboli manifestierte sich ein schwacher Erdstoß der Magnitude 2,3. Das Epizentrum wurde 47 km nord-nordöstlich von Lipari verortet. Das Hypozentrum lag in einer Tiefe von 109 km und könnte sich an der subduzierten Ionischen Platte ereignet haben. In dieser Region der Asthenosphäre kommt es auch zur Entstehung von Magmen infolge partiellen Schmelzens. In diesem Fall könnte die Schmelzbildung vom Material der subduzierten Platte ausgehen. Generell sind Erdbeben im Bereich von Stromboli relativ selten und daher messe ich ihnen eine besondere Bedeutung zu, da sie oft einer erhöhten Aktivitätsphase des Vulkans vorangehen, zumindest wenn sie flacher liegen. Im aktuellen Fall bin ich mir nicht sicher, ob man das Beben als Precursor interpretieren kann. Doch wie wir erst Anfang der Woche sahen, scheint der Vulkan weiterhin bereit zu sein, Lavaströme zu erzeugen. Ich selbst bin in der nächsten Woche ein paar Tage vor Ort. Stay tuned!

Vulkan Stromboli am 28.02.23: Tremor hoch

Staat: Italien | Koordinaten: 38.79; 15.21 | Aktivität: Lavaspattering

Hoher Tremor und Lavaspattering am Stromboli

Der Lavastrom, der gestern am Stromboli geflossen ist und aus dem nordöstlichsten Schlot des Kraters entsprang, hat seine Aktivität mehr oder weniger eingestellt. Allerdings ist der Tremor heute Morgen stark angestiegen und erzeugte drei Peaks, die bis in den roten Bereich vordrangen, während es zu Zeiten der Lavastromaktivität gestern nur einen moderaten Tremorpeak gab. Mit Einbruch der Abenddämmerung würde auf den Livecams Lavaspattering sichtbar. Ein Indiz dafür, dass Stromboli noch nicht fertig hat!

In den letzten Monaten gab es mehrere Lavastrom-Überläufe. In den Pausen der Lavastromaktivität -oder kurz vor dem Erscheinen der Lavaströme- spatterte der Nordostkrater. Auch einige Paroxysmen kündigten sich in den letzten Jahren so an.

Das INGV hat heute sein Wochenbulletin für den Beobachtungszeitraum 20- 26. Februar 2023 veröffentlicht. Darin wird dem Vulkan eine normale Aktivität attestiert. Die strombolianische Tätigkeit wird in Bezug auf Häufigkeit und Stärke der Eruptionen als schwach-moderat beschrieben. Pro Stunde wurden zwischen 4 und 11 Eruptionen gezählt. Lapilli wurde zwischen 80 und 150 m hoch ausgeworfen. Nur selten wurde die 150 m Marke überschritten. Die etwas stärkeren Eruptionen ereigneten sich meistens aus dem zentralen Kraterbereich.

Anzahl und Magnitude der Erdbeben mit sehr langen Amplituden waren gering und schwach. Das gleiche galt für die seismischen Explosionssignale.

Die sonstigen geophysikalischen Parameter waren unauffällig und wiesen keine größeren Abweichungen von den Werten auf, die typisch für die normalen strombolianischen Eruptionsphasen sind. Die Vulkanologen gehen davon aus, dass diese Tätigkeit anhalten wird und weisen darauf hin, dass sie von Lavastromtätigkeit begleitet werden kann, ganz so, wie es gestern der Fall gewesen ist. Rückblickend lässt sich sagen, dass sich das eruptive Verhalten des Strombolis anhand des Monitorings praktisch nicht vorhersagen lässt.

Erdbeben-News 28.02.23: Tyrrhenisches Meer

Erdbeben M 4,5 erschüttert das Tyrrhenische Meer

Datum: 27.02.23 | Zeit: 21:50:10 UTC |  39.78 N ; 13.74 E | Tiefe: 414 km | Mb 4,5

Gestern Abend erschütterte ein moderates Erdbeben der Magnitude 4,5 das Tyrrhenische Meer zwischen Sizilien und dem Golf von Neapel. Das Epizentrum wurde 96 km süd-südwestlich der Insel Capri registriert. Neapel liegt 127 km vom Epizentrum des Bebens entfernt. Noch näher liegt der Marsili Seamount, der sich gut 70 km südöstlich des Epizentrums befindet. Die Tiefe des Hypozentrums ist allerdings überraschend und wird vom EMSC mit 414 km angegeben. Somit lag der Erdbebenherd mitten im oberen Erdmantel. Im Allgemeinen nimmt man an, dass die Gesteine des oberen Erdmantels aufgrund der Temperatur dort plastisch sind. Das heißt, sie sind zwar nicht komplett geschmolzen, verhalten sich aber wie Knetgummi, weshalb es eigentlich nicht zu Erdbeben kommen kann. Daher manifestieren sich Erdbeben am Erdmantel für gewöhnlich an einem Stück subduzierter Erdkruste, das noch nicht plastisch verformbar ist.

Tektonische Situation im Tyrrhenischen Meer

Schaut man sich die Shakemap an, dann erkennt man, dass im Bereich des Tyrrhenischen Meeres vergleichsweise viel Bewegung herrscht. Vor allem um die Liparischen Inseln herum gibt es einiges an Seismizität. Im Westen erkennt man einen kleinen Bebencluster bei Alicudi. Im Osten manifestieren sich Erdbeben zwischen Vulcano und Kalabrien. Die Beben dort treten nach meinen Beobachtungen besonders häufig auf, wenn sich am Inselvulkan Stromboli eine Periode erhöhter Aktivität anbahnt. Bei diesen Beobachtungen handelt es sich um eine Korrelation, nicht um einen wissenschaftlichen Beweis. Die Erdbeben ereignen sich in dem Bereich der subduzierten Ionischen Platte, auf dessen westlicher Naht sich die Vulkane Ätna, Vulcano und die liparischen Feuerberge aufreihen. Stromboli liegt ein wenig nach Osten versetzt und befindet sich in etwa dort, wo man einen Knick an der abtauchenden Ionischen Platte vermutet. An diesem Knick versteilt sich der Winkel, in dem die Platte abtaucht. Außerdem sitzt Stromboli am Rand des Marsili-Beckens, an dem sich eine Schwächezone in der Erdkruste befinden dürfte.

Stromboli ist übrigens noch aktiv und eruptiert einen Lavastrom, der aus einem Schlot im nordöstlichen Kratersektor überläuft.


Weitere Erdbeben-Meldungen:

Erdbeben Mb 3,2 am Ätna

Datum: 28.02.23 | Zeit: 11:16:21 UTC |  37.73 N ; 15.10 E | Tiefe: 8 km | Ml 3,5

Zu der Titel-Meldung passt, dass sich heute Vormittag ein Erdbeben der Magnitude 3,2 im Osten des Ätnas ereignete. Das Hypozentrum lag in einer Tiefe von 8 km. Das Epizentrum wurde 15 km nordwestlich von Acireale verortet. Das Beben manifestierte sich an einer bekannten Störungszone, die früher schon durch Änderungen des Spannungsfeldes infolge von Magmenaufstieg aktiviert wurde. Auffällig ist auch, dass der Tremor gestern nach einem kleinen Peak fiel. Ähnliches Verhalten war bereits mehrfach vor einer Änderung der Aktivität zu beobachten gewesen. Heute müsste noch ein Wochenbericht vom INGV erscheinen. Stay tuned!

Vulkan Stromboli am 27.01.23

Neuer Lavastrom am Stromboli

Staat: Italien | Koordinaten: 38.79; 15.21 | Aktivität: Lavastrom

Heute Morgen gegen 06:00 UTC hat ein neuer Lavaüberlauf aus einem Schlot des Nordostkraterbereichs begonnen. Das Ereignis lässt sich besonders gut auf der Thermalcam des INGVs verfolgen. Die Lava fließt im oberen Bereich der Sciara del Fuoco und verschwindet in der neuen Scharte unterhalb des Kraters. Schuttlawinen wirbeln abgelagerte Asche auf. Aus einer Meldung des Observatoriums geht hervor, dass die geophysikalischen Parameter unverändert sich. Der Tremorgraph hatte einen kleinen Peak, ohne den roten Bereich zu erreichen. Inflation wurde ebenfalls nicht festgestellt. Es ist der erste Lavaüberlauf in diesem Monat. Zwischen Oktober und Januar gab es mehrere dieser Ereignisse. Gestern Abend konnte man auf der LiveCam eine eine permanent angeleuchtete Dampfwolke erkennen. Die Lava stand also bereits zu diesem Zeitpunkt hoch im Schlot.

Neue Videoaufnahmen die mit einer Drohen aufgenommen wurden zeigen, dass sich ein kleiner Lavafall gebildet hat. Er entstand ein einem steilen Abbruch am Eingang der Schlucht unterhalb des Gipfels. Die Lava stürzt brockenweise mehrere zehner Meter hinunter. Der speisende Lavastrom ist wenig breiter als 2-3 m. Alles in allem ist die Förderrat gering, dennoch ein schön anzusehendes Ereignis. Das Video kann ich aufgrund seiner copyright-Einstellungen hier leider nicht teilen. Ihr könnt es aber in unserer FB-Gruppe „volcanoes and volcanism“ bewundern.

Ich habe nach längere Abstinenz nun auch beschlossen Stromboli mal wieder einen Besuche abzustatten. Auch wenn die Bedingungen nicht mehr als optimal bezeichnet werden können, wird es nach 6 Jahren mal wieder Zeit. Es ist die längste Stromboli-Pause meines Erwachsenenlebens. Grund für die Pause war -neben dem Corona-Reisechaos der letzten Jahre- die Sperrung des Aufstiegs zum Gipfel. Da diese aber wahrscheinlich nie mehr aufgehoben wird, muss man sich mit dem Verbot halt arrangieren.

Vulkan Stromboli am 30.01.23

Staat: Italien | Koordinaten: 38.79; 15.21 | Aktivität: Ascheeruption

Stärkere explosive Sequenz am Stromboli

In den letzten Monaten stand der italienische Inselvulkan Stromboli in erster Linie wegen seiner Lavaströme im Fokus der Berichterstattung auf vulkane.net, doch heute kann ich eine explosive Sequenz melden, die sich laut INGV in den Morgenstunden zutrug. Demnach begann die Explosionsserie um 09:08 UTC. Sie bestand aus mehreren Explosionen, bei denen Tephra einige Hundert Meter über der Kraterhöhe ausgestoßen wurde. Das grobe pyroklastische Material deckte die Kraterterrasse und den oberen Bereich der Sciara del Fuoco ein. Das mit der Sequenz einhergehende seismische Signal hielt gut 3 Minuten an. Es gab einen kurzweiligen Tremoranstieg. Darüber hinaus konnten aber keine abnormalen geophysikalischen Parameter detektiert werden. Das gilt insbesondere für die Bodenverformung. Es stieg also nicht ungewöhnlich viel Magma auf.

Zu solchen stärkeren Eruptionen kann es u. a. kommen, wenn der Schlot kurzfristig verstopfte und es längere Zeit (im Fall des Stromboli sind damit Stunden gemeint) keine Eruptionen gab. Dann kann der Gasdruck steigen, bis das verstopfende Material explosiv ausgestoßen wird.

In diesem Fall ist es interessant zu wissen, dass die Schlote am Stromboli sehr unterschiedlich angelegt sein können. Auf der einen Seite gibt es freie Schlote, die oft weniger als 1 m Durchmesser haben und die man sich tatsächlich wie einen Kamin vorstellen kann. Ich konnte aber auch schon explosive Eruptionen aus Kratern filmen, in denen es keine sichtbaren Schlotöffnungen gab: der Krater war mit Pyroklastika gefüllt und in den Sekunden vor der Explosion blähte sich der ganze Boden auf, die frische Lava wurde ausgeworfen und ein Teil der abgekühlten Pyroklastika wurde mit ausgeschleudert. Ein Großteil des eruptierten Materials fiel wieder in den Krater zurück. So ist es nicht verwunderlich, dass besonders solche aufgefüllten Schlote schnell verstopfen können und freigesprengt werden müssen. Ob das tatsächlich zu der heutigen Sequenz führte, ist spekulativ.
Oft erfolgen solche explosiven Sequenzen in Serie, mit Abständen, die Tage oder Wochen betragen können.

Vulkan Stromboli am 24.01.23

Staat: Italien | Koordinaten: 38.79; 15.21 | Aktivität: Lavastrom

Neuer Lavaüberlauf und Hangrutsch

Wie das INGV heute Nachmittag berichtete, begann um 14.20 UTC ein neuer Lavaüberlauf. Zwei Minuten später ereignete sich ein Hangrutsch aus instabilem Material, der den Fuß der Sciara del Fuoco erreichte und ins Meer krachte. sehr wahrscheinlich hat der Lavastrom den Hangrutsch ausgelöst. Zu einem pyroklastischen Strom sit es scheinbar nicht gekommen. Der Tremor stieg an, erreichte aber nicht den roten Bereich und blieb somit moderat. Die Daten aus den Bodenverformungsmessnetzen zeigen keine signifikanten Schwankungen. Da die INGV Livecams am Stromboli allesamt offline sind, kann ich leider keine neuen Bilder mit Blick auf die Sciara liefern. Einzig die Livecam von ilvulcanoapiedi.it arbeitet, dort sieht man aber leider nur einen Anschnitt des Stroms.

Überblick über die Aktivität der letzten Woche

Im heute veröffentlichten INGV-Wochenbulletin für den Beobachtungszeitraum 16.-22. Januar wurde dem Stromboli eine normale explosive Schlackenwurftätigkeit attestiert, wobei die Häufigkeit der Eruptionen pro Stunde variierte: Mal war sie mit 3 Ereignissen pro Stunde niedrig, um später mittelhohe Werte mit 9 Ereignissen pro Stunde anzunehmen. Die Intensität der Explosionen im Nordkrater wurde als überwiegend niedrig beschrieben. Zudem kam es dort zu Phasen mit Lavaspattering. Im zentralen Kraterbereich gab es einige stärkere Eruptionen. Am 17. Januar 2023 kam es zu einem kleineren Lavaüberlauf aus dem nördlichen Kraterbereich. Parallel zu diesem Ereignis wurde eine starke Wärmeanomalie detektiert.

Die Seismizität war in der letzten Woche unauffällig und der Tremor nahm niedrige bis mittelhohe Werte an. Es wurden keine signifikanten Schwankungen der Bodenverformung detektiert. Auch der Gasflux zeigte keine großen Veränderungen gegenüber der Vorwoche: Es wurden moderate Mengen Schwefeldioxid ausgestoßen. Der Kohlendioxid-Ausstoß erreichte mittelhohe bis hohe Werte. Das deutet darauf hin, dass aus der Tiefe Magma aufsteigt.

Die Vulkanologen rechnen nicht mit einer großartigen Änderung des eruptiven Geschehens und weisen darauf hin, dass im Zuge der Lavaüberläufe Schuttlawinen und pyroklastische Ströme entstehen könnten. Sekundäre Explosionen durch den Kontakt von Lava mit Meerwasser könnten Lavatrümmer einige Hundert Meter weit schleudern. Das Auftreten überdurchschnittlich starker Explosionen kann nicht ausgeschlossen werden.