Naturkatastrophen-News 15.03.23: Türkei

Überflutungen treffen türkische Erdbebenregion hart

Lang anhaltende Regenfälle und Schneeschmelze in den Höhenlagen führten zu starken Überflutungen im Südosten der Türkei. Zahlreiche Flüsse traten über die Ufer und lösten eine neue Naturkatastrophe aus, die die Erdbebenkatastrophe überlagert. Besonders hart traf es dabei die Menschen der Erdbebenregion, die in provisorischen Notunterkünften wie Zelten und Containern untergebracht sind. Durch Straßen in der Provinz Hatay schossen Flutwellen, die Autos mit sich rissen und Straßen und Brücken beschädigten. Eine vom Erdbeben vorgeschädigte Brücke stürzte ganz ein.

In der Stadt Iskenderun drang Wasser in Zelte ein. In der Provinz Adiyaman wurde ein Wohncontainer von den Fluten mitgerissen. Ein Mensch kam dabei ums Leben. 4 weitere Personen, die den Container bewohnten, gelten als vermisst. Insgesamt sind mindestens 9 weitere Personen Opfer der Hochwasserkatastrophe geworden. 10 Personen gelten als vermisst und könnten ebenfalls gestorben sein. Der Katastrophenschutz befürchtet, dass es eine große Dunkelziffer der Opfer gibt, da noch nicht alle Fälle gemeldet worden seien.

Der türkische Innenminister Süleyman Soylu rief die Anwohner der betroffenen Provinzen auf, zuhause zu bleiben oder in sichere Regionen zu flüchten. Ein Aufruf, der bestimmt vielen Menschen half!

Die starken Regenfälle sollen noch mindestens 2 Tage anhalten und werden die Lage weiter verschärfen. Die Wassermassen erschweren zudem die Aufräumarbeiten in der Erdbebenregion und bergen eine weitere Gefahr: Unter den Trümmern liegen noch unzählige verwesende Leichen. Das Wasser wird kontaminiert und es drohen Seuchen.

Zu starken Regenfällen ist es auch entlang der türkischen Mittelmeerküste während der kalten Jahreszeit schon immer gekommen, doch in den letzten Jahren häufen sich die Unwetter. Ein Grund hierfür ist der augenblicklich extrem mäandrierende Jetstream, der es kalten und feuchten Luftmassen aus dem Norden ermöglicht bis weit in den Süden vorzudringen. Es kommt zur berüchtigten Omega-Wetterlage, wobei die betroffene Region der Türkei nebst Vorderasien unter permanenten Tiefdruckeinfluss geraten ist. Deutschland befindet sich derzeit in der Grenzregion zwischen Tief- und Hochdruckgebiet und ist daher großen Temperaturschwankungen unterworfen.

Vulkan Merapi am 15.03.23

Weitere pyroklastische Ströme am Merapi

Staat: Indonesien | Koordinaten: -7.541, 110.445 | Aktivität: Pyroklastische Ströme

Der indonesische Vulkan Merapi ist weiterhin unruhig: Gestern gingen drei weitere pyroklastische Ströme ab. Sie erzeugten seismische Signale mit Maximalamplituden von 70 mm und einer Laufzeit von bis zu 159 Sekunden. Die Gleitstrecken schätze ich aufgrund der Laufzeiten auf 1500 m bis 2000 m. Darüber hinaus wurden 140 Abgänge von Schuttlawinen und größeren Steinschlägen registriert. Auf nächtlichen Aufnahmen ist zu sehen, dass die Schuttlawinen eine Glutspur hinterließen. Die Asche der pyroklastischen Ströme stieg bis auf einer Höhe von 4300 m auf und löste VONA-Alarm aus.

Die seismische Aktivität deutet auf eine Steigerung der vulkanischen Aktivität infolge von Magmenaufstieg hin. Meiner Meinung nach ist nicht einzig eine Dom-Instabilität Grund für die Abgänge von pyroklastischen Strömen und Schuttlawinen. Darauf weisen insbesondere der starke Rückgang vulkanotektonischer Erdbeben bei gleichzeitiger Zunahme von Hybriderdbeben hin. Monatelang versuchte das Magma aus größerer Tiefe aufzusteigen, schaffte es aber nicht in ausreichendem Maße, sich einen Weg zu Bahnen. Letztendlich sind die Blockaden dann aber doch überwunden worden und frisches Magma stieg bis zum Lavadom aus und verursachte den partiellen Kollaps des südwestlichen Doms. In Abhängigkeit der Förderrate neuen Materials im Verhältnis zu den Abgängen werden wir in den nächsten Tagen vermutlich wieder Domwachstum erleben.

Im Wochenbericht des BPPTKG für den Beobachtungszeitraum 03.-09. März, der gestern veröffentlicht wurde, heißt es, dass die beiden Lavadome nicht gewachsen sind. Für die südwestliche Kuppel wurde ein Volumen von 1.598.700 m3 festgestellt. Der zentrale Dom brachte es auf ein Volumen von 267.400 m3. Der Haken hierbei liegt allerdings darin, dass die Volumenbestimmungen anhand von Luftaufnahmen vom 13. Januar 2023 ermittelt wurden. Der Öffentlichkeit werden seit Wochen alte Daten präsentiert. Angeblich gab es auch keine signifikante Veränderung in Bezug auf die Bodenhebung, obwohl sich die GPS-Daten von Woche zu Woche schon um einige Zentimeter unterscheiden.


Weitere Meldungen:

Arenal mit Dampfentwicklung

Staat: Costa Rica | Koordinaten: 10.46, -84.70 | Aktivität: Fumarolisch

Die Anwohner des costa-ricanischen Vulkans Arenal reagierten laut lokalen Medienberichten besorgt über eine Dampfentwicklung, die seit einigen Tagen vom Vulkan Arenal ausgeht. Doch das zuständige Observatorium beschwichtigte, dass der Dampf durch starke Regenfälle verursacht wird. Das Regenwasser versickert im Katerbereich, der von früheren Eruptionen aber noch warm ist. Das Wasser verdampft schnell und in der Folge bildet sich durch Kondensation eine Dampffahne. Anzeichen einer bevorstehenden Eruption gibt es demnach nicht.


Vulkan Lascar mit erhöhter Seismizität

Staat: Chile | Koordinaten: -23.36, -67.73 | Aktivität: Seismizität

In der chilenischen wüste Atacama ist es der Vulkan Lascar, der wegen erhöhter Seismizität Sorgen bereitet. Gestern gab es ein neuerliches Schwarmbeben, das durch aufsteigendes Magma getriggert worden sein könnte. Daher wird der Alarmstaus „orange“ aufrecht erhalten. Der Lascar war zuletzt im Dezember 2022 ausgebrochen.

Caldera Campi Flegrei am 15.03.23

Campi Flegrei: Erdbeben, Bodenhebung und neue Erkenntnisse zum Kohlendioxid

Unter dem italienischen Calderavulkan Campi Flegrei gab es weitere Erdbeben. Die stärkste Erschütterung der letzten Wochen ereignete sich am Montag und hatte eine Magnitude von 2,8. Das Hypozentrum befand sich in 2,7 km Tiefe. Das Epizentrum lag einige Hundert Meter nördlich der Solfatara und südlich des Kraters Astroni. Seitdem gab es 11 schwächere Erschütterungen.

Im Wochenbulletin für den Beobachtungszeitraum 6.-12. März 2023 heißt es, dass 29 Erdbeben registriert wurden. Das Stärkste brachte es auf eine Magnitude von 2,2. Die Bodenhebung bliebt bei 15 mm im Monat und beträgt seit 2005 mehr als 105 cm. Betrachtet man die Bodenhebung seit 2011, dann kommt man auf einen Wert von 95 cm. Die Gastemperaturen der Pisciarell-Hauptfumarole schwankten zwischen 79 und 95 Grad und hatten einen Durchschnittswert von 82 Grad. Die großen Schwankungen beruhen wahrscheinlich auf meteorologischen Effekten, denn es wird in 5 m Entfernung zum Gasaustritt gemessen.

Neue Studie enthüllt Herkunft des Kohlendioxids

Es wurde eine neue INGV-Studie veröffentlicht, die den steigenden Kohlendioxid-Ausstoß der letzten Jahre zum Untersuchungsgegenstand hatte. Seit dem Jahr 2005 stieg der Kohlendioxid-Ausstoß kontinuierlich an. Damit ging eine Erhöhung der Fumarolentemperaturen einher. Die Studie kommt zu dem Schluss, dass zwischen 20% und 40% des ausgestoßenen Kohlendioxids von nicht magmatischen Quellen stammt. Laut Aussage der INGV-Forscherin Lucia Pappalardo stößt der Calderavulkan aktuell täglich zwischen 3000-5000 Tonnen Kohlendioxid pro Tag aus. Das meiste Gas entweicht dabei den Fumarolen im Bereich der Solfatara. Der Gasausstoß liegt in dem Bereich, wie er für eruptierende Vulkane typisch ist. So entwichen dem Kilauea-Lavasee zuletzt gut 2800 Tonnen Kohlendioxid am Tag. Das geruchslose Gas ist nach Wasser die zweitflüchtigste Substanz im Magma, doch besonders in großen Calderen mit einem ausgeprägten Hydrothermalsystem kann das Kohlendioxid auch aus anderen Quellen als dem Magma stammen. Um ein möglichst genaues Bild der Prozesse im Untergrund zu erhalten, ist es wichtig zu verstehen, woher das Kohlendioxid stammt.

Der INGV-Forscher Gianmarco Buon erklärte, dass bis zu 40 Prozent des emittierten Kohlendioxids aus der Auflösung von hydrothermalem Kalzit in den Gesteinen des Untergrunds stammen, während der Rest aus tiefen magmatischen Quellen kommt. Saure hydrothermale Lösungen lösen chemische Reaktionen im umgebenden Kalkgestein aus. Somit steigt deutlich weniger Kohlendioxid direkt aus dem Magmenkörper des Vulkans auf, als man auf den ersten Blick vermuten könnte. Dennoch ist der Wert des emittierten magmatischen Kohlendioxids immer noch hoch. (Quelle: Geology: “Discriminating carbon dioxide sources during volcanic unrest: The case of Campi Flegrei caldera“ und Pressemeldung INGV)