Ätna: Paroxysmale Eruption am 01.12.23

Staat: Italien | Koordinaten: 37.73, 15.00 | Aktivität: Paroxysmal

Ätna startet mit neuem Paroxysmus durch

Und er tat es doch: der Ätna startete heute Abend mit einem Paroxysmus durch. Das INGV veröffentlichte um 18:02 Uhr UTC (19:02 Uhr Lokalzeit) die Nachricht, dass ein Paroxysmus im Gang ist und eine Lavafontäne beobachtet werden kann. Aktuell kann man sie immer noch auf den Livecams beobachten. Auch das Local Team ist unterwegs und streamt live.

Das Ätna-Observatorium des INGV Catania teilte mit, dass die Bildanalyse des Überwachungskameranetzwerks den paroxysmalen Vulkanausbruch erfasst hat. Das Prognosemodell zur Ausbreitung der Aschewolke zeigt möglichen Ascheniederschlag auf der nordöstlichen Seite des Vulkans
Die durchschnittliche Amplitude der vulkanischen Erschütterungen haben deutlich zugenommen und hohe Werte erreicht. Die Tremorquellne bleiben in der Tiefe auf das südöstliche Kratergebiet beschränkt und befinden sich ca. 2900 m über dem Meeresspiegel.
Infraschallaktivität zeigt eine deutliche Steigerung. Lokalisierte Infraschallereignisse werden vom Südostkrater erzeugt.
Die Analyse der klinometrischen Daten zeigt eine Abweichung von etwa 0,3 Mikroradian im Gipfelbereich des Vulkans, was mit der üblichen Dynamik einer Lavafontäne im Einklang steht.

Auf den Livecams sieht man nicht nur eine Lavafontäne, sondern auch zwei Lavaströme. sie fließen aus den beiden Scharten im Südwesten und Osten des Kegels.

Nicht nur das INGV bringt Meldungen zum Geschehen heraus, sondern auch das VAAC Toulouse. Es meldet Vulkanasche in einer Höhe von 9100 m. Aschewolken in dieser Höhe stellen eine ernste Gefahr für den Flugverkehr dar. Am Ätna sind Aschewolken von besonderer Brisanz, da selbst weniger hoch aufsteigende Vulkanasche Flugzeuge im Landeanflug oder beim Starten am Flughafen Catania gefährden könnten. Je nach Windrichtung und Ascheausbreitung kommt es bei größeren Vulkanausbrüchen auch oft zur Schließung des Flughafens.

Der Paroxysmus startete aus der bereits früher beschriebenen Phase fluktuierender strombolianischer Tätigkeit heraus. Heute Morgen gab es bereits eine Erhöhung des Tremors, doch erst am Abend startete der Ausbruch durch. Erst gestern hatte ich in Frage gestellt, ob wir die fluktuierende strombolianische Tätigkeit als Vorboten einen Paroxysmus sehen könnten oder ob es sich vielleicht nicht doch um eine davon unabhängige Aktivität handeln könnte? Nun kennen wir die Antwort. Es war der zweite Paroxysmus innerhalb von 18 Tagen. Die neue Frage ist, ob es nun weitere Paroxysmen geben wird und der Ätna in eine neue paroxysmale Phase eingetreten ist? Die nächsten Strombolianer könnten eine Antwort liefern: Nach dem Ausbruch ist vor dem Ausbruch!

Island: Neue Erdlöcher in Grindavik

Neue Erdlöcher und Gebäudeschäden in Grindavik – Erde bewegt sich noch

Letzte Nacht registrierte IMO ca. 90 Erdbeben am Dyke. Das ist wieder deutlich weniger als am Vortag und die seismische Aktivität fluktuiert. Neue GPS-Messungen liegen noch nicht vor, aber man kann erwarten, dass sie sich parallel zur Seismizität verhält und ebenfalls wieder rückläufig ist. Doch trotz der Fluktuationen bewegen sich Seismizität und Bodenhebung immer noch auf relativ hohem Niveau, besonders wenn man bedenkt, dass es bereits mehrere Wochen lang so geht. Die Riftbildung ist heute 3 Wochen her, doch bereits vorher gab es besorgniserregende Bodenhebung.

Dass es im Untergrund von Grindavik auch nicht ganz so still geworden ist, wie die geophysikalischen Parameter vielleicht nahe legen, sieht man daran, dass gestern neue Erdfälle entdeckt wurden. Einige der Löcher hat man mit einem Senklot vermessen und festgestellt, dass sie mehr als 20 m tief sind. In den Löchern sammelt sich Grundwasser. Es entstanden auch neue Gebäuderisse. Wahrscheinlich sind dies Spätfolgen der Riftbildung, die jetzt erst langsam an die Oberfläche durchgereicht werden, indem sich Hohlräume, die bereits am 10. November in der Tiefe entstanden, nun nachsacken. Dennoch kann es natürlich weitere Verschiebungen aufgrund der magmatotektonischen Ereigniskette geben. Horizontale Verschiebungen waren in den letzten Wochen in Grindavik größer als vertikaler Bodenversatz. Noch auch eine seitliche Verschiebung des Erdbodens kann neue Hohlräume im Untergrund schaffen, die dann nachgeben.

RUV berichtet, dass gestern Vertreter der Naturkatastrophenversicherung in Grindavik unterwegs waren. Sie begutachteten u.a. das Restaurant Salthúsið, das zu den Häusern gehört, die bereits während der Riftbildung stark beschädigt wurden und durch die neusten Bodenbewegungen weiter in Mitleidenschaft gezogen wurden. Der Eigentümer, Þorlákur Guðmundsson, durfte aus Sicherheitsgründen die Tür des Gebäudes nicht überschreiten, um sein Haus zu betreten. Entsprechend deprimiert klingen seine Statements, aus denen Hoffnungslosigkeit und Resignation herauszuhören sind. Er hatte nicht einmal Gelegenheit, die Lebensmittel aus seiner Speisekammer zu retten, die nun verfaulen und einen üblen Geruch verbreiten.

Ich sehe gewisse Parallelen zu der schnellen Evakuierung des Ortes Plymouth auf Montserrat in den 1990er-Jahren. Dort musste die Bevölkerung auch ihre Häuser binnen Minuten verlassen. Noch heute sieht man in den Ruinen der teilweise verschütteten Stadt die zurückgelassenen Habseligkeiten der einstigen Stadtbewohner.

Vulkan Villarrica mit Aktivitätssteigerung am 01.12.23

Villarrica am 27. November. Credit: European Union, Copernicus Sentinel-Sentinel-2A and Sentinel-2B image.

Vulkan in Chile steigert Aktivität – Strombolianische Eruptionen beobachtet

In den letzten 3 Tagen wurde am chilenischen Vulkan Villarrica eine Aktivitätssteigerung beobachtet. Es ereignen sich frequente strombolianische Eruptionen, bei denen glühende Tephra über den Kraterrand hinaus aufsteigt. Einige Brocken landen dabei auch auf dem Kraterrand. Vom Krater selbst geht eine hohe Thermalstrahlung aus, die eine Leistung von 114 MW hat. Sie deutet an, dass es Schmelze im Fördersystem gibt. Sehr wahrscheinlich hat sich wieder eine Lavalinse gebildet.

Einhergehend mit der Steigerung der vulkanischen Aktivität steigerte sich auch die Seismizität und SERNAGEOMIN berichte von einer deutlichen Zunahme der vulkanotektonischen Erdbeben. Diese entstehen durch Gesteinsbruch aufgrund von Magmenaufstieg. Die Steigerung begann am 23. November und erlebte ihren vorläufigen Höhepunkt 5 Tage später, als 91 VT-Erdbeben registriert wurden. Auch die Anzahl langperiodischer Erdbeben stieg signifikant: Am 29. November wurden 1835 dieser Signale aufgefangen. Es gab auch einen Peak im Schwefeldioxid-Ausstoß, der zeitweise bei mehr als 3000 Tonnen am Tag lag.

Vergleichbare Aktivitätssteigerungen sieht man am Villarrica immer wieder. Meistens hält die Aktivität einige Tage bis Wochen auf diesem Niveau an und schwächt sich dann wieder ab. Seltener entwickeln sich hieraus Phasen mit paroxysmalen Eruptionen, die für gewöhnlich aber nicht ganz so stark wie am Ätna werden. Typische Daueraktivität des Vulkans findet in Form brodelnder Lava in einer Lavalinse (Lavateich) statt, die sich im Förderschlot bildet. Platzende Lavablasen sorgen dann für strombolianische Eruptionen und Lavaspattering innerhalb des Kraters.

Obwohl sich die Aktivitätssteigerung bereits letzte Woche durch eine Erhöhung der Seismizität abzeichnete, reduzierte man zu diesem Zeitpunkt die Zugangsbeschränkungen im Gipfelbereich und erlaubt es Vulkanbesteigern, wieder näher an den Krater heranzugehen. Sehr wahrscheinlich wird die Sperrzone zeitnah wieder vergrößert.

Villarrica ist ein 2847 m hoher Stratovulkan im nördlichen Seendistrikt von Chile. An seinem Gipfel gibt es einen kleinen Gletscher. Bei größeren Eruptionen besteht Lahargefahr.